Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 133 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Hochwertiger Baustahl. (Kurt Scheid.) Nachdruck
verboten! Seitdem das Eisen zu Bauzwecken, besonders für Brücken Verwendung findet,
haben Baustoffe und Bauarten verschiedentlich Wandlungen erfahren. Zu allererst
wunden Brücken aus Gußeisen hergestellt; da dieses aber nur Druckkräfte übertragen
kann, waren die Brücken schwierig in der Bauart und sehr schwer im Gewicht.
Sobald man gelernt hatte, das Eisen zu walzen, wurden Formeisen (Profileisen) von
doppelt ⊤-förmigem, ∪-förmigem, winkelförmigem Querschnitt usw. gewalzt, mit denen
man die Gitter und Bogen der Brücken zusammensetzen konnte. Für Brückenbauten wurde bisher
im allgemeinen gewalztes Flußeisen verwendet, das eine Zerreißfestigkeit von 37 bis
44 Kilogramm auf den Quadratmillimeter hat, bei 20 vom Hundert Dehnung. Das heißt,
jeder Quadratmillimeter des Querschnittes muß mindestens mit 37 Kilogramm auf Zug
belastet werden können, ehe der Stab reißt. Dabei schnürt sich das Eisen an der
Reißstelle soweit ein, daß die Länge des Stabes 20 vom Hundert größer wird. Es ist
nun klar, daß, je größer die freitragende Länge einer Brücke wird, desto mehr Anteil
der Tragfähigkeit auf das eigene Gewicht und desto weniger auf die Verkehrslast
kommt; sichljießlich gibt es den Grenzfall, daß die Brücke sich nicht mehr selbst
tragen würde. Bei einer zweigleisigen Eisenbahnbrücke ist bei 140 Meter freier
Stützweite etwa das Eigengewicht gleich der Verkehrslast. Die obere Grenze, bis zu
der man das obengenannte Flußeisen verwenden kann, beträgt bei Balken- oder
Bogenbrücken 300 Meter, bei Hängebrücken 700 Meter. Nun ist es aber durchaus
erwünscht, daß man möglichst große Stützweiten anwenden kann, denn Pfeiler,
besonders in tiefen Strömen, sind teuer im Bau und in der Unterhaltung, oft wegen
schlechten Baugrundes überhaupt kaum ausführbar; sie hindern die Schiffahrt und
bedeuten bei Eisgang große Gefahrquellen, weil sich das Treibeis staut und dadurch
Verstopfungen und Ueberschwemmungen verursacht.
Man verwendet daher seit Jahren für Brücken größerer Spannweiten hochwertige
Baustahle, das sind Eisensorten, die durch höheren Kohlenstoffgehalt und Zusätze von
Nickel, Chrom usw. größere Festigkeit erhalten. Im allgemeinen wird die
Zerreißfestigkeit dadurch von 37 bis 44 Kilogramm auf 55 bis 65 Kilogramm für jeden
Quadratzentimeter erhöht, und die Streckgrenze, d.h. die Belastung, bei der der
Stoff anfängt, bleibende Veränderungen anzunehmen, wird um die Hälfte bis drei
Viertel verbessert. Dadurch werden die Stäbe und Träger dünner, so daß das
Eigengewicht sinkt. Die wirtschaftliche Stützweite wird dadurch für Bogenbrücken von
300 auf 400 bis 500 Meter und für Hängebrücken von 700 auf 900 bis 1100 Meter
vergrößert. Abgesehen von der Möglichkeit, größere Spannweiten zu erzielen, bietet
die leichtere Bauart auch Vorteile dadurch, daß die Beförderung zur Baustelle und
die Aufstellung billiger werden. Wie bei Brückenbauten kann der hochwertige Baustahl
natürlich auch für andere Zwecke, hohe Masten für Antennen, Gerippe von
Wolkenkratzern und dergleichen Bauten verwendet werden. Bei hohen Masten ergibt sich
noch der Vorteil, daß die dünneren Stäbe dem Winddruck weniger Fläche bieten, so daß
die Standsicherheit mit geringeren Eisengewichten erkauft wird als bei Verwendung
des handelsüblichen Flußeisens.
Silizierter Baustahl. In den letzten Monaten sind
wiederholt Nachrichten über einen Stahl veröffentlicht worden, der den üblicherweise
verwandten Stählen für Bauwerke überlegen erscheint, wie die mitgeteilten
Festigkeitswerte zeigten. Besonders betont wurde, daß es sich um keinen legierten
Stahl handelt, wohl mit Rücksicht darauf, daß bei unseren Edelstahlen, die
allerdings wegen des hohen Preises als Ersatz für gewöhnlichen Flußstahl nicht in
Frage kommen, weil höhere Eigenschaften, als die mitgeteilten, nichts Neues
darstellen. Dieser Stahl wurde bei der Berliner A.-G. für Eisengießerei und
Maschinenfabrikation vorm. J. C. Freund & Co. hergestellt, und zwar in einem
sogenannten Boßhardt-Ofen. Die günstigen Eigenschaften, die der im Boßhardt-Ofen
erzeugte Stahl hatte, sollten nach den Mitteilungen auf das Schmelzverfahren
zurückzuführen sein. Als besonders bemerkenswert bei dem Stahl wurde hervorgehoben,
daß die Streckgrenze im Verhältnis zur Festigkeit außerordentlich hoch liegt, höher
als man es sonst bei unlegierten Kohlenstoff-Baustählen gewöhnt war. Bei dem
Fachmann mußten diese Mitteilungen berechtigtes Aufsehen erregen, da bisher noch
niemals festgestellt worden war, daß das Herstellungsverfahren, sei es Martin-,
Thomas-, Tiegel- oder Elektroverfahren, gerade auf dieses Verhältnis einen
besonderen Einfluß ausübt. Vielmehr ist es bekannt, daß eine Aenderung dieses
Verhältnisses nur hervorgerufen werden kann durch Aenderung der chemischen
Zusammensetzung, durch Vergüten oder besondere Art der Verarbeitung. Sehr bald
stellte es sich denn auch heraus, daß dieser Stahl ein legierter Stahl war, und zwar
war das Legierungselement das Silizium. Silizium-Stähle sind aber durchaus nichts
Unbekanntes. Insonderheit ist es den Metallurgen bekannt, daß durch Silizium die
Elastizitätsgrenze bezw. die Streckgrenze wesentlich erhöht werden kann, und neben
sehr vielen anderen Verwendungszwecken machte man von dieser Eigenschaft des
Siliziums, vor allen Dingen bei der Herstellung von Federstählen, Gebrauch. Bei den
Siliziumstählen, die heute Verwendung finden, handelt es sich im allgemeinen jedoch
um solche mit etwas höherem Kohlenstoff-Gehalt, als ihn der sogenannte Freund-Stahl
aufweist, wenn man von Dynamo- und Transformatoren-Material absieht, bei dem das
Silizium besonders mit Rücksicht auf die magnetischen und elektrischen Eigenschaften
zugesetzt wird. Silizium-Stähle mit niedrigem Kohlenstoff-Gehalt sind dagegen in
neuerer Zeit nicht in großem Umfange hergestellt worden, dagegen sind solche vor
längeren Jahren vielfach, um nur ein Beispiel herauszugreifen, für Schienen,
verwendet worden, außerdem ist er vielfach im Schrifttum erwähnt. Die umfangreiche
Einführung dieser Stähle, insbesondere als Baustahl, ist wohl aber bisher immer
daran gescheitert, daß die Behörden nicht gewillt waren, die besseren Werte der
physikalischen Proben auch restlos durch eine höhere Beanspruchung des Stahles in
den Bauwerken auszunutzen. Auf diese Weise wurde für die höherwertigen Stähle eine
Wirtschaftlichkeit nicht erreicht. Die Verhältnisse haben sich heute nach diesei;
Richtung geändert, wie das Beispiel der Deutschen Reichsbahn zeigt, die vor kurzem
zu der Verwendung eines höhergekohlten Stahles, des sogenannten St 48, tibergegangen
ist und auch der Frage des Siliziumstahles ein besonderes Interesse entgegenbringt.
Aus all dem vorher Gesagten geht hervor, daß durch die verschiedensten bisherigen
Veröffentlichungen eine Klarstellung der Verhältnisse für den Fachmann noch nicht
gegeben war. Es ist deshalb besonders zu begrüßen, daß neuerdings von fachmännischer
Seite die Frage des hochsiliziumhaltigen Baustahles einer Untersuchung unterzogen
worden ist. Die in einer eingehenden Arbeit in der Zeitschrift „Stahl und
Eisen“ 46 (1926) Nr. 15, S. 493 veröffentlichten Ergebnisse beziehen sich
auf 6 verschiedene Schmelzen, die in dem kleinen 3-t-Boß-hardtofen bei der
Freund-A.-G. hergestellt worden sind. Die Ergebnisse bestätigen die günstigen
Erwartungen, die man an einen Stahl mit einem derartig hohen Si-Gehalt stellen kann,
wenn auch die Werte nicht so hoch liegen wie die in den ersten Veröffentlichungen
mitgeteilten. Die Mittelwerte der in dieser Veröffentlichung mitgeteilten
physikalischen Werte sind folgende:
Zugfestigkeit etwa 51 kg/mm2,
Streckgrenze etwa 36 kg/mm2,
Verhältnis Streckgrenze: Zugfestigkeit etwa 69%
Dehnung etwa 28%,
Einschnürung etwa 65%
Diese Werte entsprechen durchaus denen, die aus dem
Schrifttum schon lange für Siliziumstähle der in Frage stehenden Zusammensetzung
bekannt sind. Sie wurden, wie schon gesagt, an den im 3-t-Boßhardtofen erschmolzenen
Stählen erhalten. Nun kann aber die Erschmelzung in so kleinen Oefen nicht
beibehalten werden, wenn wirklich der Stahl in großem Umfange Verwendung finden
soll. Man muß dann selbstverständlich zum Großbetrieb übergehen; und ob sich auch
unter diesen Verhältnissen diese oder doch wenigstens annähernde Werte erreichen
lassen, ist eine Frage, die von besonderer Bedeutung ist. Auch hierüber gibt uns die
Veröffentlichung Aufschluß. Es sind nämlich auf verschiedenen Hüttenwerken einige
Versuchsschmelzen in einer Zusammensetzung, die ungefähr der von der
Freund-Aktiengesellschaft gewählten entspricht, in Martin-Oefen üblicher Bauart, in
einem Elektroofen und in einer Thomasbirne erzeugt worden. Aus einem Vergleich
dieser Ergebnisse geht deutlich hervor, daß die eingangs geäußerte Ansicht, wonach
die Erhöhung der physikalischen Werte des Siliziumstahles gegenüber reinen
Kohlenstoffstählen nicht etwa auf das Herstellungsverfahren, sondern auf den
Legierungszusatz zurückzuführen ist, ihre volle Bestätigung findet. Denn die Werte
der in den üblichen metallurgischen Apparaten hergestellten Stähle liegen durchaus
in dem Rahmen dessen, was der in dem kleinen Boßhardt-Ofen erzeugte Stahl leistet,
so daß also der Schluß berechtigt ist, daß es möglich ist, auch in der Thomasbirne,
im Siemens-Martin-Ofen üblicher Bauart, erst recht im Elektroofen ein Erzeugnis zu
gewinnen, das in seinen Festigkeitseigenschaften hinter dem sogenannten Freundstahl
nicht zurücksteht. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, daß es sich bei den in
Vergleich gesetzten Schmelzungen der Hüttenwerke durchaus um erste
Versuchsschmelzungen dieser Zusammensetzung handelt. Weitere Erfahrungen der
Stahlwerke lassen eine Verbesserung der bisher erzielten Werte erhoffen. Es ist
deshalb wohl anzunehmen, daß dieser hochwertigere Stahl bald eine umfangreiche
Verwendung für alle Zwecke, bei denen eine Höherwertigkeit des Stahles von Vorteil
ist, finden wird.
Was ist Stahl? (Dipl.-Ing. A. Weiske.) (Nachdruck verboten.) Wohl keine Werkstoffbezeichnung' ist im
Laufe der Zeit so verschieden gedeutet worden wie der arme „Stahl“. Zunächst
bezeichnete man als Stahl die Sorten des schmiedbaren Eisens, die sich härten
lassen, und versuchte den Kohlenstoffgehalt des Eisens als Grenze zwischen Stahl und
Schmiedeeisen festzulegen. Das erwies sich aber als unzweckmäßig. Die Hartnäckigkeit
hängt von zu vielen verschiedenen Bedingungen ab, als daß man sie als eindeutiges
Unterscheidungsmerkmal nehmen könnte, und ähnlich ist es mit dem Kohlenstoffgehalt.
Zwischen diesem und der Härtbarkeit des Eisens besteht allerdings ein enger
Zusammenhang, da es der Kohlenstoff als Härtungskohle ja meist ist, der dem Eisen
seine Härte verleiht. Eisen mit ganz geringem Kohlenstoffgehalt – etwa unter 0,4 vom
Hundert – läßt sich überhaupt nicht härten; aber wo die genaue Grenze liegt, das ist
kaum feststellbar, weil auch andere Beimengungen, wie Chrom, Nickel, Vanadium,
Molybdän usw., härtend auf das Eisen einwirken.
Da man also einsehen mußte, daß auf diesem Wege keine scharfe Grenze zwischen Stahl
und Schmiedeisein gezogen werden kann, so entschloß man sich, die Festigkeit des
Eisens für die Unterscheidung heranzuziehen. Nach den Vorschlägen des „Deutschen
Verbandes für die Materialprüfungen der Technik“ bestimmte im Jahre
1899 die Preußische Eisenbahnverwaltung, daß jedes Eisen, dessen Zerreißfestigkeit
mehr als 50 Kilogramm für ein Quadratmillimeter beträgt, als Stahl zu bezeichnen
sei.
Aber auch diese Erklärung konnte auf die Dauer nicht befriedigen. Mit Recht machte
man als Bedenken geltend, daß ein Eisenstab durch mechanische Bearbeitung, wie z.B.
durch Ziehen, Walzen und dergleichen, ferner aber auch durch geeignete
Wärmebehandlung seine Festigkeitseigenschaften wesentlich ändert. Es kann also
vorkommen, daß ein und derselbe Eisenstab vor einer solchen Behandlung als
Schmiedeeisen, nachher aber als Stahl bezeichnet werden muß, weil er dabei gerade
die Grenze von 50 Kilogramm für 1 Quadratmillimeter überschritten hat. Aber noch ein
anderes schweres Bedenken wurde immer wieder hervorgehoben, nämlich die
Verschiedenheit des Begriffes „Stahl“ in Deutschland und den meisten anderen
Ländern. In Amerika, England und Frankreich, überhaupt in allen Ländern mit
englischer oder französischer Sprache, kennt man von jeher keinen Unterschied
zwischen Schmiedeeisen und Stahl; es gibt dort nur „steel“ und
„acier“. Will man die Art des Stahles näher bezeichnen, so geschieht es in
eindeutiger Weise durch geeignete Zusätze, wie „Harter Stahl“,
„Werkzeugstahl“ usw.
Es hat recht lange gedauert, bis man sich von der Zweckmäßigkeit dieser
Werkstoffbezeichnung auch in Deutschland überzeugt hat, aber nun sind wir auch so
weit. Nach den in diesem Jahre erlassenen Bestimmungen gibt es bloß
„Schweißeisen“ und „Flußstahl“. Da sich die Verwendung des im
Puddelofen in schweißwarmem Zustande gewonnenen Scheißeisens und somit auch seine
Herstellung lediglich auf einige Sonderzwecke beschränkt, so bleibt eigentlich nur
noch der „Flußstahl“, d.h. jede Sorte von Eisen, die im Siemens-Martin-Ofen,
in der Bessemer- oder Thomasbirne oder auch im Elektroofen in flüssigem Zustande
erzeugt wurde. Den Namen „Schmiedeeisen“ aber hat man ganz fallen lassen.
Diese Neuerung ist sehr zu begrüßen, wenn man sich auch klar sein muß, daß es recht
schwer halten wird, der neuen Namengebung allgemein Geltung zu verschaffen. Wenn
aber die Hüttenwerke als Stahlerzeuger keine andere Bezeichnung mehr gebrauchen, so
wird sie sich schon allmählich einbürgern. In den „Bestimmungen über die bei
Hochbauten anzunehmenden Belastungen und über die zulässigen Beanspruchungen der
Baustoffe“, die in diesem Jahre in 5. Auflage erschienen sind, wird außer
von „Schweißeisen“ noch von „Flußstahl“ und „hochwertigem
Baustahl“ gesprochen. Während bei Flußstahl die zulässige Zugbeanspruchung
bis 1200 Kilogramm für 1 Quadratzentimeter geht – wie bisher bei Schmiedeeisen –,
darf hochwertiger Baustahl bis 1560 Kilogramm für 1 Quadratzentimeter auf Zug
beansprucht werden. Um diesen aber als „hochwertig“ sofort kenntlich zu
machen, ist bestimmt worden, daß Walzeisen durch eine Markenlinie, die über die
ganze Länge des Stückes eingepreßt sein muß, gekennzeichnet wird, während Niete und
Schrauben mit einem stark erhobenen Zeichen H zu versehen sind.
Das Wort „Eisen“ bezeichnet also jetzt im wesentlichen die Formgebung, d.h.
man spricht von Winkeleisen, Rundeisen und dergleichen, während man den Werkstoff,
aus dem sie bestehen, „Flußstahl“ oder „hochwertigen Baustahl“ nennt.
Es ist zu hoffen, daß diese Bezeichnungen recht bald Allgemeingut der deutschen
Technik werden.
Die Aufbereitung gebrauchter Oele. Die
wirtschaftliche Not und die Abhängigkeit Deutschlands vom Auslandsmarkt zwingt die
Betriebe, mit Schmierölen, zu denen in weiterem Sinne auch die Isolieröle
(Transformatoren- und Schalteröle) zu rechnen sind, sparsam umzugehen. Es ist
deshalb auf die Wiedergewinnung gebrauchter Oele großer Wert zu legen. Neben der
einfachen Reinigung durch Filtern oder Schleudern zur Entfernung von festen
Verunreinigungen und Wasser kommt die Wiederaufbereitung der gebrauchten Oele in
Frage. An allen Stellen, an denen Schmieröle oder Isolieröle verwendet werden,
können durch Anwendung dieses Verfahrens große Ersparnisse erzielt werden. Ein
einfaches, wirksames Mittel, unbrauchbar gewordene Oele aufzubereiten, bildet die
Bleicherde in den Betrieben, in denen keine Oelfachleute zur Verfügung stehen.
Bleicherde hat die Eigenschaft, neben den mechanischen Verunreinigungen des Oeles
auch darin gelöste Asphaltstoffe und Säuren zu adsorbieren. Die mit Bleicherde
behandelten Oele sind aufgehellt, und der Säuregehalt ist beträchtlich
herabgedrückt. Die Anwendung der Bleicherde kann auf zweierlei Art geschehen, durch
das Filtrationsverfahren und das Mischverfahren. Für das Filtrationsverfahren
braucht man ein sachgemäß eingerichtetes Filter – solche Filter können von
einschlägigen Firmen bezogen werden –, auf dem die Bleicherde in bestimmter
Schichthöhe ausgebreitet ist. Das Oel wird oben eingegossen, um unten gereinigt
herauszufließen. Man hat für die Bedienung nichts weiter zu tun, als die Bleicherde
in bestimmten Abständen auszuwechseln. Bei technisch gut ausgebildeten Filtern kann
aus der Bleicherde mittels Luftleere der größte Teil des festgehaltenen Oeles
herausgesaugt werden. Beim Filtrationsverfahren wird gekörnte Bleicherde angewendet,
da bei den feinpulvrigen Erden die Filtrationsgeschwindigkeit zu gering ist. Für das
Mischverfahren verwendet man einen mit Dampfmantel versehenen Rührmischer und eine
Filterpresse. Das erwärmte Gemisch von Oel und Bleicherde wird in dem Mischer mit
der Bleicherde umgerührt und durch die; Filterpresse
abfiltriert. Das Mischverfahren bietet die Vorteile, daß die feinpulvrige Bleicherde
infolge der großen Oberfläche besser ausgenutzt wird und daß sich in der
Filterpresse das in der Bleicherde zurückgehaltene Oel durch den hohen Druck
weitgehend abpressen läßt. Der Nachteil gegenüber dem Filtrationsverfahren ist die
unbequeme Arbeitsweise. 100 kg guter Bleicherde kosten rd. 20 Mk. Bei Oelen, die
nicht zu weitgehend verändert sind, genügen 5 bis 10 v. H. für eine ausreichende
Reinigung. Die Kosten dei; Bleicherde betragen also höchstens 2 Pf. für ein kg Oel.
Die Menge des von der Bleicherde festgehaltenen Oeles beträgt nach Absaugen oder
Abpressen meist nicht über 50 v. H., bei gewöhnlichem Abtropfenlassen zwischen 60
und 100 v. H. vom Gewicht der Bleicherde. Die Kosten für eine Bleicherdebehandlung
sind also mäßig, besonders da in den meisten Betrieben eine besondere Arbeitskraft
für die geringen Bedienungsarbeiten nicht notwendig sein wird. Die
Bleicherdereinigung eignet sich besonders für solche Oele, deren Versäuerung noch
nicht allzu stark fortgeschritten ist. Es dürfte sich also empfehlen, die Oele in
bestimmten Zeiträumen, bevor sie zu stark versäuert sind, einer Bleicherdebehandlung
zu unterziehen. (Z. d. V. D. L, Bd. 70, Nr. 12, S. 401.)
Sbr.
Die Analysen-Quarzlampe. Sehr viele Körper oder Stoffe
zeigen bei intensiver Belichtung eine ihnen eigene besondere Fluoreszenz von meist
aber nur so schwacher Intensität, daß ihr eigenes Selbstleuchten während der
Bestrahlung mit gewöhnlichen Lichtquellen nicht wahrnehmbar ist. Man bedarf
also einer Lichtquelle, die ein für das Auge dunkles Licht aussendet, das aber
trotzdem genügend Aktinität bietet, um das Fluoreszenzlicht hervorzurufen. Eine
solche Lichtquelle fand man in der Quarzlampe, nachdem es gelungen war, bequem zu
handhabende Filter herzustellen, die von der Gesamtstrahlung des Quarzbrenners nur
das unsichtbare, dunkle Ultraviolett durchlassen. Bei diesem neuen Filterglas der
Analysen-Quarzlampe handelt es sich um ein für das Auge in der Durchsicht so gut wie
schwarz erscheinendes Glas. Man sieht die Sonne ganz dunkelrot hindurchleuchten, den
Quarzbrenner selbst ganz dunkelviolett. Das wirksame Ultraviolett der Quarzlampe,
das für das Auge unsichtbar ist, geht jedoch hindurch. Durch diese besonders
aktinische Strahlung werden nun bei gleichzeitiger Auschaltung jedes sichtbaren
Lichtes die charakteristischen Fluoreszenzen in außerordentlicher Intensität
hervorgerufen. Wegen der Dunkelheit der Umgebung werden sie sehr deutlich sichtbar.
In dem oberen kastenförmigen Aufbau der Analysen-Quarzlampe ist der Brenner
lichtdicht eingeschlossen. Genau unter dem Brenner befindet sich das eben erwähnte
Dunkelfilter, durch das die Ultraviolett-Dunkelstrahlung in den sehr geräumig
ausgebildeten unteren Beobachtungsraum fällt. Der Boden der oberen Brennerkammer ist
nach vorn herunterklappbar, was einmal für leichte Auswechselung der Scheibe
dienlich ist, um sie für gewisse besondere Proben durch andere Gläser ersetzen zu
können, dann aber auch, um mit dem un-filtrierten, reinen Quarzlicht unter dem
Brenner Bleichproben, Farbechtheitsprüfungen und sonstige allgemeine photochemische
Versuche vornehmen zu können. Der dann außerordentlich helle Beobachtungsraum wird
seitlich durch Vorhänge abgeschlossen und vorn bis auf etwa 5 cm vom Boden (zum
Einschieben der Probe) durch die heruntergeklappte Kastenwand selbst. Die Hinterwand
der Brennerkammer, die ein gewöhnliches dunkelgraues Glas zur Beobachtung des
Brenners enthält, ist ebenfalls abklappbar, wodurch eine wagerechte Ausstrahlung des
Brenners erzielt wird, die vorteilhaft zur Mikroskopbeleuchtung und manchen anderen
Belichtungszwecken benutzt werden kann, die starkes aktinisches Licht erfordern. Das
dunkle Filterglas kann man auch an die Stelle des grauen Beobachtungsglases bringen,
um im verdunkelten Arbeitsraum in wagerechter Richtung auf beliebig große
Entfernungen mit dem abgefilterten Dunkel-Ultraviolett auf größerer Fläche Versuche
anzustellen. Das praktische Anwendungsgebiet der Analysen-Quarzlampe ist sehr
umfangreich. So kann man z.B. mit ihrer Hilfe sofort Fälschungen von Banknoten
erkennen. Ferner wird man mit Sicherheit Hausdiebe überführen können, wenn man die
Waren, von denen man verdächtigen Abgang bemerkt, mit Spuren eines unscheinbaren
Salzes bestäubt, die im normalen Licht vollkommen unbemerkt bleiben, im
Dunkel-Ultraviolett aber klar in die Erscheinung treten. Von besonderer Bedeutung
ist der Apparat für gerichtsärztliche Untersuchungen. Auch sollen Edelsteine und
Perlen je nach ihrem Ursprünge verschiedenartig fluoreszieren; z.B. unterscheiden
sich gezüchtete japanische Perlen deutlich von natürlichen. Durch Beobachtung im
dunklen Ultraviolett läßt sich auch Wolle von Baumwolle und Seide, sowie
vegetabilisches Oel von Mineralöl deutlich auseinanderhalten.
F. K.
Elektrischer Baumschäler. Von der Billingsley Comp.,
Cincinnati, Ohio, stammt ein neuer elektrischer Schäler für Baumstämme, der sich im
Betriebe sehr bewährt hat. Er besteht aus einem auf einen Oberleitung laufenden
Stromabnehmer-Rollengestell, an dem eine wagerecht aufgehängte Tragstange hängt.
Das eine Ende der Tragstange trägt einen 2-PS-Drehstrommotor für 220 V. Am anderen
Ende der Stange befindet sich ein vom Motor durch Riementrieb angetriebenes
Uebersetzungsgetriebe nebst Gestänge und Antriebswelle für den unten angehängten
Schäler. Die Gewichte beiderseits des Aufhängepunktes der Tragstange sind
ausgeglichen. Der Schäler besteht aus auswechselbaren umlaufenden Messern. Die Trag-
und Stromzuleitung ist ein 15 mm Stahlkabel mit 53 m Spannweite. An dem einen Ende
befindet sich ein Holzhäuschen von 3 × 1,8 × 3,6 m Größe, in dem das Gerät in Ruhe
untergebracht wird und in dem sich der Hauptschalter und der Elektrizitätszähler
befinden. Auch können dort die Messer nachgeschliffen werden. Die beiden
Leitungsmaste sind aus Beton und so hoch, daß das Seil etwa 3,5 bis 4 m über Erde
hängt.
In einer Stunde kann ein Mann 8 bis 11 Kastanienstämme von 11 m Länge schälen,
während früher zum Schälen durch Handarbeit hierfür 5 Mann erforderlich waren. Die
Vibration ist sehr gering. Die Arbeit kann im Winter wie im Sommer erfolgen. Das
Aussehen des motorisch geschälten Stammes ist besser als das des handgeschälten. Es
ist gleichgültig, ob der Stamm gerade oder krumm ist. Die Stammdurchmesser müssen
möglichst genau angegeben sein, damit der Arbeiter die Messer mit der richtigen
Krümmung wählen kann.
Von der Electric Comp. in Malden (Mass.) sind mit diesem Geräte in einem Jahre 1500
Stämme geschält worden. Die Spandicke wird durch einen Schuh am Grunde des
Messerblattes geregelt. Die einzige Art von Betriebsstörung wurde durch
Riemenfeuchtigkeit verursacht. Dem wurde durch Verwendung eines wasserdichten Gurtes
begegnet. Mit je einem Messer können 4 bis 12 Stämme geschält werden. (Electrical
World. Bd. 87, H. 8, S. 407.)
H.
Erfahrungen mit dem Torkret-Verfahren im Bergbau. Auf
einem Kaliwerk war das eiserne Gehäuse des Ventilators vollständig zerfressen, so
daß es einzustürzen drohte. Das Instandsetzen in Eisen hätte nach vorliegenden
Angeboten 2500 bis 3000 Mark ohne Montage erfordert. Infolge dieser hohen Kosten
entschloß man sich zur Verwendung des Torkretverfahrens. Zu diesem Zwecke wurde ein
Apparat gemietet. Die Arbeit konnte nur Sonntags ausgeführt werden. Zunächst wurde
das Gehäuse mittels des Torkretapparates vom Rost gereinigt, wobei große Löcher in
den Blechen entstanden, die mit eisernem Maschendraht bewehrt werden mußten. Sodann
wurde die Zementschicht eingepreßt. Die Arbeit war in 1 ½ Tagen beendet.
Wiederhergesellt wurden 92 qm Fläche, wobei 32 Schichten für Gerüstbau,
Rostentfernung und Torkretieren verfahren wurden. Die Gesamtkosten betrugen
einschließlich Löhne für den Torkretmeister und Miete für die Maschine 1100,- Mark.
(„Technische Mitteilungen und Nachrichtenblatt der Bergbaulichen Werkstoff-
und Seilprüfungsstelle Berlin“, 3. Heft, März 1926, Jahrg. 6.)
Sbr.
Technisch-Wissenschaftliche Lehrmittelzentrale (TWL). Die
Geschäftsstelle ist nach Berlin NW. 7, Dorotheenstr. 35, III (Fernruf Zentrum 3330)
verlegt worden. Die von der TWL hergestellten und vertriebenen Lehrmittel
(Diapositive, Lehrmodelle, Projektionsapparate) sind in der Geschäftsstelle zu
besichtigen.
Da häufig angefragt wird, auf welche Weise Lehrer oder Vortragende sich Diapositive
aus der Sammlung der TWL auswählen können, sei darauf hingewiesen, daß unter der
Bezeichnung „Lehrmittelverzeichnis“ (7. Ausgabe November 1925) eine
Liste der Fachgruppen, aus denen Diapositive vorhanden sind, nebst einem,
Verzeichnis der planmäßig zugesammengestellten, mit Unterstützung von
Sonderfachleuten durchgearbeiteten Lichtbildreihen erschienen ist. Die Papierabzüge der Diapositive aus beliebigen Fachgebieten
werden auf Wunsch leihweise übersandt, so daß eine sichere Auswahl der
geeigneten Diapositive möglich ist. Bei Bestellung braucht dann lediglich die in der
rechten unteren Ecke angebrachte TWL-Nummer angegeben zu werden. Die Diapositive
sind sowohl leihweise wie käuflich zu erhalten.
Demnächst wird zu den wichtigsten Reihen auch ein Sonderverzeichnis der einzelnen
Diapositive erscheinen.
Forschungs-Institut für Wasserbau und Wasserkraft am
Walchensee. Der Wasserbau und die Ausnützung der Wasserkräfte spielen im
wirtschaftlichen Leben aller Völker eine so bedeutende Rolle, daß schon seit
längerer Zeit besondere Forschungs-Institute teils im Anschluß an die technischen
Hochschulen, wie zum Beispiel in Braunschweig, Dresden, Karlsruhe, München, Wien
usw., teils im Anschluß an die staatlichen Baubehörden, wie in Berlin, Wilhelmshaven
usw. errichtet wurden. In diesen Forschungs-Instituten wird allgemein mit Modellen
von Kanalanlagen, Wehrbauten, Turbinen usw. in kleinem Maßstab gearbeitet. Diese
Modellversuche haben bereits auf den verschiedensten Gebieten zu außerordentlich
wertvollen Ergebnissen geführt wie z.B. zur Ermittelung günstiger Kanalprofile, zur
Erforschung der Kolkbildung, zur Konstruktion neuer Turbinenformen usw., ferner zur
Absbildung neuartiger Laufrad- und Saugrohrformen für Turbinen und der hierdurch
erzielten großen Schnelläufigkeit usw.
Gleichwohl erscheint es wünschenswert, die im kleinen Maßstab angestellten Versuche
im großen zu ergänzen und zu überprüfen und dieselben nicht nur im Laboratorium,
sondern auch in der freien Natur durchzuführen, weil verschiedene Fragen zu ihrer
Klärung die Heranziehung von großen Wassermengen, von natürlichen Geschieben und
dergl. erfordern, wie sie in Laboratorien nicht zur Verfügung stehen; weil der
Einfluß der Witterungsverhältnisse auf die Baumaterialien, auf die Frage der
Eisbildung in Kanälen und dergl. nus im Freien studiert werden kann und die Dauer
der Versuche bei Vorhandensein natürlicher Wasserläufe ohne besondere Kosten sich
beliebig verlängern läßt.
Für ein derartiges Forschungs-Insitut bildet das Walchenseegebiet einen besonders
geeigneten Platz, denn es stehen dort auf denkbar kleinstem Raum die verschiedenen
Geländeformationen, verschiedene Bodenarten, verschiedene Wasserläufe, Seen mit
erheblichen Spiegelschwankungen usw. für Untersuchungen zur Verfügung; es sind
ferner zahlreiche Bauten wie Wehre, Einlaufbauwerke, Absturzbauwerke, Kanäle,
Tunnels Rohrleitungen usw. vorhanden, an welchen ständige Beobachtungen möglich
sind. Dazu kommt die für Versuchszwecke außerordentlich wichtige Möglichkeit der
beliebigen Wasserumleitung, die durch den unterhalb der Versuchsstrecke liegenden
Walchenseespeicher ermöglicht wird.
Unter Würdigung dieser Verhältnisse hat Dr. Oskar von Miller bei der
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft angeregt, ein Wasserbau- und
Wasserkraft-Forschungs-Institut am Walchensee zu errichten. Es wurde eine Kommission
gebildet, welcher als Sachverständige die Professoren Dantscher, Thoma und Engels,
die Ministerialbeamten, Freytag, Holler, Sommer, Bürner, die Leiter der
bayerischenSEITE nr=„997“/> Großwasserkräfte, sowie Ministerialdir. Professor
Gleichmann vom Reichsverkehrsministerium usw. angehören. Die Kommission hat eine
Denkschrift ausgearbeitet, auf Grund deren das Reich und das Land Bayern, die
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der Kreis Oberbayern, die Stadt München sowie die
bayerischen Wasserkraftgesellschaften zur Teilnahme an den Arbeiten bestimmt wurden.
Die Zuziehung weiterer deutscher Behörden und Unternehmungen, für welche die
Wasserbau- und Wasserkraft-Forschungen von Interesse sind, ist in Aussicht genommen.
Die Gründung des Institutes soll in nächster Zeit erfolgen und es hat deshalb am 30.
März eine örtliche Besichtigung stattgefunden, an welcher Reichsverkehrsminister Dr.
Krohne mit den Fachreferenten für Wasserbau, die bayerischen Staatsminister Held und
Stützel, der Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft Exz. von Harnack, die an
der Bearbeitung der Denkschrift beteiligten Sachverständigen, der Direktor der
Landesanstalt für Gewässerkunde, die Vorstände der staatlichen
Wasserkraftgesellschaften usw. teilnahmen.
Die Bauanlagen wurden eingehend besichtigt und die Pläne sowie die gedachte
Arbeitsweise durch Herrn von Miller, Professor Dr. Thoma, Direktor Sommer erläutert.
Von allen Seiten wurde der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß das zu gründende
Institut eine notwendige Ergänzung der vorhandenen Laboratorien und
Versuchsanstalten bildet und daß von ihm ein außerordentlich großer Nutzen für die
gesamte deutsche Wasserwirtschaft und eine Erhöhung des Ansehens deutscher
Wissenschaft und Technik in der ganzen Welt zu erwarten ist.