Titel: | Die elektrische Roheisenerzeugung in Schweden. |
Autor: | H. Kalpers |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 177 |
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Die elektrische Roheisenerzeugung in
Schweden.
Von Dr.-Ing. H. Kalpers, Partenkirchen.
Kalpers, Die elektrische Roheisenerzeugung in Schweden.
Schweden ist das Land, das als erstes die Verhüttung von Eisenerzen im
elektrischen Hochofen vorgenommen hat. Vor etwa 15 bis 20 Jahren wurde der erste
brauchbare elektrische Hochofen in Domnarfvet in Betrieb genommen, dem im Laufe der
Jahre nach Durchführung weiterer Verbesserungen und Sammlung von Erfahrungen bald
eine Reihe von weiteren Oefen folgte. Wenn in Deutschland in dieser Richtung nichts
unternommen wurde, so liegt das etwa nicht daran, daß man sich in technischer
Beziehung hier hat überflügeln lassen, sondern es sprechen lediglich wirtschaftliche
Gründe in diesem Falle mit. Ein elektrischer Hochofenbetrieb ist nur dann
durchführbar, wenn der benötigte Strom möglichst billig bezogen werden kann.
Schweden verfügt über reiche Eisenerzlager und ausgezeichnete Wasserkräfte, dagegen
nicht über genügende Kohlenlagerstätten, während Deutschland von der Natur in weitem
Maße mit Kohlen ausgestattet worden ist. Solange Kohle und Koks billiger sind als
die elektrische Kraft, scheidet für deutsche Verhältnisse jede Erörterung über den
Ersatz des Blashochofens durch den elektrischen Hochofen vollständig aus. Aber
immerhin ist es doch von Interesse, zu verfolgen, wie sich die elektrische
Roheisengewinnung im Laufe der Jahre gestaltet hat. Es sollen daher in folgendem
zunächst die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Eisenerze, des
gewonnenen Eisens, dann die Reduktionsmittel, die Elektroden, das Hochofengas, die
Wirtschaftlichkeit des elektrischen Hochofenbetriebes und schließlich die heute in
Schweden bestehenden elektrischen Hochofenwerke besprochen werden.
Das wirtschaftliche Ausbringen der elektrischen Roheisengewinnung hängt in weitem
Maße von dem Eisengehalt des Erzes und seinen anderen Bestandteilen ab. Ein Erz mit
hohem Eisengehalt und einer solchen Zusammensetzung, daß diese eine leicht flüssige.
Schlacke bildet, eignet sich am besten für das Verfahren, vorausgesetzt, daß es sich
um Stückerz ohne Stauberz handelt. Das volumetrische Verhältnis zwischen dem
Reduktionsmittel und dem Erz ist bei diesem Verfahren wesentlich geringer als im
Blashochofen, und weiter ist die physikalische Beschaffenheit des Erzes von größerem
Einfluß bei dem Durchgang der Gase durch den Ofenschacht. In manchen Fällen ist es
möglich, 20 bis 30% Stauberz zu verwenden, doch hängt dies sehr von der
Beschaffenheit des Reduktionsmittels ab.
Als Reduktionsmittel dient in dem elektrischen Schachtofen, dem
„Elektro-Metallofen“, in Schweden ausschließlich Holzkohle, die sich mit
Rücksicht auf ihre Reinheit von Phosphor und Schwefel, ihren verhältnismäßig
geringen Aschegehalt und ihr niedriges spezifisches Gewicht für diesen Zweck
besonders eignet. Weitere Vorteile bieten ihr großer Porositätsgrad und die
Tatsache, daß sie nicht bei Temperaturen, bei denen die Aschenbestandteile
schmelzen, sintert; auch ist kein Zusatz von Kalksteinen zum Schmelzen der Asche
erforderlich. Mit einem derartigen Reduktionsmittel kann ein wirksamer Gasdurchgang
im Schacht leicht bewerkstelligt und die Reduktion mit Kohlenoxyd so in höchstem
Grade erreicht werden. Die Holzkohle wird fast immer aus Nadelholz gewonnen, sie
besitzt ein Gewicht in trockenem Zustand von 110 bis 140 kg/m3 und enthält gewöhnlich 7 bis 15% Feuchtigkeit.
Ofenholzkohle aus rundem Holz hat sich als sehr geeignet für elektrische Schachtöfen
bewährt. Die schmale, flache Holzkohle, so wie sie von den Sägewerken geliefert
wird, eignet sich weniger, da sie sehr oft Betriebsstörungen verursacht hat.
In Schweden verwendet man fast ausschließlich runde Kohlenelektroden, die entweder in
Schweden selbst angefertigt oder aus Deutschland oder den Vereinigten Staaten
eingeführt werden. Ihr üblicher Durchmesser beträgt 61 cm, ihre Länge 183 bis 230
cm. Elektroden von 71 cm Durchmesser und bis zu 3 m Länge sind für große Oefen
gebräuchlich.
In den neuzeitlichen elektrischen' Hochöfen Schwedens werden verschiedene Arten von
Roheisen erzeugt, nämlich saures und basisches Bessemereisen und Eisen für den
Martin-Ofen und das „Lancashire“-Verfahren. Einige Analysen von elektrisch
gewonnenem Roheisen sind folgende:
Eisenart
Kohlenstoff
Silizium
Mangan
Schwefel
Phosphor
Saures Bessemereisen
–
1–1,5
3–3,5
0,008
0,016
Basisches „
–
0,50
0,60
0,010
2,000
Martinoten-Eisen
3–3,5
0,65
0,31
0,018
0,015
„
3,65
0,33
0,39
0,010
0,016
Lancashire-Eisen
–
0,28
0,31
0,018
0.016
„
2,88
0,41
0,22
0,018
0,042
Die Schlacke aus dem elektrischen Hochofen ist von genau der gleichen Beschaffenheit,
wie die aus dem Blashochofen bei Benutzung desselben Erzes.
Der elektrische Hochofen liefert rund 600 m3
Gas je Tonne Roheisen, also 1/7 von der im Blashochofen erhaltenen Menge. Da ohne
Gebläsewind gearbeitet wird, enthält das Gas lediglich Elemente, die aus dem Erz,
Kalkstein und Reduktionsmittel herrühren. Seine Zusammensetzung ist demnach
grundverschieden von derjenigen der Kokshochofengase und besteht im Durchschnitt aus
15 bis 30% Kohlendioxyd, 55 bis 70% Kohlenoxyd, 8 bis 12% Wasserstoff, 0,5 bis 2%
Methan und 0,5 bis 2% Stickstoff, sein Heizwert beträgt in trockenem Zustand 1900
bis 2600 Wärmeeinheiten/m3.
Einige Faktoren, die die Kosten der Roheisengewinnung bei diesem Verfahren
beeinflussen, sind kurz folgende:
Im Gegensatz zum gewöhnlichen Hochofenprozeß übt der Eisengehalt der Charge keinen
Einfluß auf den Verbrauch am Reduktionsmittel aus; vielmehr ist hier die Möglichkeit
einer wirksamen Reduktion mit Kohlenoxyd von Bedeutung, die ein Gas mit möglichst
hohem Kohlen-dioxydgehalt ergibt. Dies hängt hauptsächlich von dem Gasdurchlauf und
der Reduktionsfähigkeit der Charge ab. Der geringste Holzkohlenverbrauch beträgt 305
kg je Tonne erzeugten Roheisens, der durchschnittliche Verbrauch 350 bis 400 kg.
Der Verbrauch an elektrischer Energie richtet sich in der Hauptsache nach dem
Eisengehalt der Charge, sowie nach der elektrischen Anlage, der Form und der Größe
des Ofens. Ferner spielt die Art des zu erzeugenden Eisens eine Rolle. Wenn das
Eisen einen niedrigen Mangan- und Siliziumgehalt aufweisen soll, wird der Ofen
„kalt“ arbeiten und die Strahlungs- und Leitungsverluste werden geringer
sein, als wenn ein an Mangan und Silizium reiches Eisen gewonnen und infolgedessen
„heiß“ gearbeitet wird. Infolge dieser verschiedenen Umstände schwankt
der Kraftverbrauch zwischen 2000 und 3000 Kilowatt-Stunden je Tonne Roheisen. An
einem Ofen von Trollhättan vorgenommene Beobachtungen ergaben, daß rund 75% der dem
Ofen zugeführten elektrischen Energie, gemessen an der Hochspannungsseite des
Transformators, für das Verfahren verzehrt worden waren. Es ist aber anzunehmen, daß
bei den neuen Oefen die elektrische Energie besser ausgenutzt wird. In diesem
Zusammenhange ist auch das Belastungsvermögen zu berücksichtigen. Wenn z.B. ein Werk
einen Vertrag abgeschlossen hat, der die Belieferung einer gewissen Anzahl der
Stromeinheiten im Jahr zu einem bestimmten Preise vorsieht, wird dieses Hochofenwerk
danach trachten, die elektrische Energie zwecks möglichster Erniedrigung der
Kraftunkosten für die Tonne Roheisen vollständig zu verwerten.
Der Elektrodenabbrand hängt fast ganz von der Beschaffenheit der Elektrode selbst ab.
Während des Krieges war es unmöglich, Elektroden von einwandfreier Güte zu erhalten,
und der Verbrauch war infolgedessen oft mit 15 bis 20 kg für die Tonne Roheisen sehr
groß. Bei guten Elektroden dürfte der Abbrand 5 kg/t nicht übersteigen,
vorausgesetzt, daß der Ofen gleichmäßig geht. Bei besonders günstigen Bedingungen
beträgt er etwa 3 kg.
Die Kosten für die Instandhaltung des Ofens sind im wesentlichen abhängig von dem
Mangan- und Siliziumgehalt des Roheisens. Ist dieser Anteil hoch, arbeitet also der
Ofen „heiß“, so werden Ofenfutter und -gewölbe schnell zerstört, bei
niedrigem Gehalt dieser Elemente dagegen wird die Zerstörung langsamer vor sich
gehen, so daß dann auch die Unterhaltungskosten geringer werden.
Die Belegschaft für eine elektrische Hochofenanlage von 3 Oefen mit einer
Jahreserzeugung von 30000 t umfaßt 75 Mann einschließlich Meister unter
Berücksichtigung einer 8stündigen Arbeitsschicht. Die schwedischen elektrischen
Hochofenwerke sind nun folgende: Das Uddeholm-Werk,
Hagfors, arbeitet mit 5 elektrischen Hochöfen und erhält den elektrischen
Strom (3-Phasen-Wechselstrom) von der Uddeholm-Aktie-Bolaget mit einer
Primärspannung von 12000 Volt. Jeder Ofen ist mit drei wassergekühlten und
ölisolierten Umformern ausgerüstet, einer für jede Phase. In den Umformern wird die
Spannung auf 50 bis 100 Volt heruntergedrückt und kann durch besondere Regler in 8
Stufen eingestellt werden. Die Spannung je Elektrode schwankt in der Regel zwischen
35 und 50 Volt und die Stromstärke zwischen 15000 und 18000 Amp. Jeder Ofen besitzt
6 runde Kohlenelektroden, zu denen der Strom durch blanke Kupferstangen geleitet
wird. Die diametral entgegengesetzten Elektroden sind in der gleichen Phase
eingeschaltet. Der Ofenschacht wird von eisernen Säulen auf der Hüttensohle
getragen, und die Oefen selbst sind mit Eisenplatten umkleidet und mit einfach
schließenden Gichttrichtern (System Tholander) ausgerüstet. Der Schacht ist mit
gewöhnlichen feuerfesten, der Herd und das Gewölbe mit besten feuerbeständigen
Steinen ausgefüttert. Ein für alle Oefen gemeinsames Rohr von 71 cm Durchmesser
leitet das Gas zum Herd, wo es zum Erwärmen der Oefen verwendet wird. Das Reinigen
des Gases geschieht durch Spitzwasser, während sein Durchlauf durch wassergekühlte
Hochdruckgebläse bewirkt wird. Der Wasserverbrauch zum Waschen des Gases beträgt 157
l/min, und zum Kühlen eines jeden Ofens 405 l. Die Holzkohle, die eine Seilbahn auf
die Ofengicht fördert, gelangt in zylindrische Füllgefäße mit Bodenklappen. Erz- und
Kalkstein werden vom Eisenbahnwagen direkt in eine Mühle ausgeladen, unter der ein
Erzwagen steht. Dieser wird über einer schrägen Fahrbahn auf die Lademühle gezogen,
wo er seinen Inhalt in einen Kippwagen leert, der über dem Erzbunker fährt. Die
elektrischen Fördereinrichtungen für die Erzwagen und den Kippwagen arbeiten
selbsttätig. Roheisen und Schlacke werden zu gleicher Zeit abgestochen, das Roheisen
in gußeiserne Formen oder in Pfannen für das Bessemerwerk, die Schlacke in
trichterförmige gußeiserne Formen. In der Gießhalle befinden sich zwei elektrische
Krane von 3 und 10 t, ferner läuft ein Gleise durch das Werk. Die Leistungsfähigkeit
dieses Werkes beträgt rund 45000 t im Jahr.
Die Stora Kopparbergs Bergslags A. B. Domnarvet verfügt
über 4 elektrische Hochöfen, ein fünfter Ofen ist im Bau. Der Strom, ein
3-Phasen-Wechselstrom von 6800 Volt, wird von dem Kraftwerk der
Bullerforsen-Gesellschaft und zum Teil von Mockfjärd bezogen. Bei einem Ofen sind
die Umformer unmittelbar und symmetrisch um den Ofen angeordnet, bei den anderen in
einer Reihe längs der Oefen. Zwei Oefen besitzen je 6, die beiden anderen je 8
Kohlenelektroden von 61 bezw. 71 cm Durchmesser. Die Spannung an jeder Phase beträgt
70 bis 90 Volt, die Stromstärke an den 61-cm-Elektroden 14 000 bis 15000 Amp., an
den 71-cm-Elektroden 18000 bis 20000 Amp. Das höchste Ausbringen der einzelnen Oefen
im Jahr ist folgendes: 1 Ofen rund 11000 t, 1 Ofen 14000 t, 1 Ofen 12500 und der
vierte Ofen 14 000 t Roheisen, zusammen 51500 t im Jahr. Die Oefen stehen 2 m über
Hüttensohle, wodurch es möglich ist, Roheisen und Schlacke in auf der Hüttenflur
stehende Wagen abzustechen. Der Ofenschacht wird von Trägern, die an den Wänden der
Gebäude anliegen, gestützt. Die Holzkohle wird durch eine Seilbahn direkt von der
eigenen Verkohlungsanlage bezogen, während Erz und Kalkstein in einem Wagen
gefördert werden, der eine fertig gemischte Charge enthält und der diese Charge in
eine Tasche über einem rotierenden Trichter leert. Zwei Hochöfen sind mit Tholander-Fülltrichter und
zwei mit Parrytrichter ausgerüstet. Die Oefen sind für die Erzeugung von Roheisen
errichtet worden, das in dem basischen Stahlwerk direkt verarbeitet wird; zu diesem
Zweck dienen sie auch in der Hauptsache. Das Roheisen enthält rund 0,5% Silizium,
0,6% Mangan, 2% Phosphor und 0,010% Schwefel.
Die Stora Kopparbergs Berglags A. B. Söderfors besitzt einen Hochofen, der 1915 gebaut und dessen Form seitdem
öfters gewechselt wurde in der Absicht, das Heruntergehen der Chargen zu
erleichtern. Diese Veränderungen sind in der Richtung vorgenommen worden, den
Schacht mehr zylindrisch und am Boden breiter zu gestalten. Den Strom
(3-Phasen-Wechselstrom) liefert die Kraftstation der schwedischen Regierung zu
Alvkarlev mit einer Spannung von 18000 Volt, die auf 50 bis 100 Volt umgeformt und
in 8 Stufen eingestellt werden kann. Die 6 Elektroden besitzen einen Durchmesser von
61 cm. Den (Schacht halten Träger, die in den Gebäudewänden befestigt sind. Das Gas
verläßt den Ofen durch eine einfache Oeffnung von 81 cm und wird durch Spritzwasser
gereinigt. Für die weitere Reinigung des Gases und seine Fortleitung dienen
Hochdruckgebläse. Die Holzkohle wird durch eine Seilbahn auf die Ofengicht
gefördert, Erz und Kalkstein in Wagen. Die Leistung des Ofens beträgt 12000 t
Roheisen im Jahr, die im Flammofen weiter behandelt werden.
Das Trolhättan-Werk verfügt über zwei Oefen, einen älteren
für 2000 kW- und einen neueren für 3000 kW-Verbrauch, der 1917 in Betrieb genommen
wurde. Die Schmelzleistungen betragen 7000 bzw. 9000 t Roheisen im Jähr. Im Laufe
der Zeit wurde Ofen 1 umgebaut, um eine größere Breite an der Gicht zu erhalten. Die
Stromspannung von 10 000 Volt wird für den kleineren Ofen auf 50 bis 90, für den
größeren auf 50 bis 100 Volt in zwei bzw. drei wassergekühlten, ölisolierten
Umformern bei einer Schaltungsmöglichkeit in 8 Stufen heruntergedrückt. Die Oefen
besitzen 4 bzw. 6 runde Elektroden von 61 cm Durchmesser, von denen die diametral
entgegengesetzten in derselben Phase geschaltet sind. Die Gichtverschlüsse sind
Tholander-Trichter, während das erzeugte Roheisen Martinwerken geliefert wird.
Das Porjus-Smält-Verk, Porjus, besitzt zwei Oefen, ein
weiterer Ofen ist im Bau. Diese 3000-kW-Oefen bringen 9000 t je Ofen im Jahr heraus.
Der 3-Phasen-Wechselstrom von 10000 Volt wird auf 50 bis 100 Volt umgeformt. Auch
hier besitzen die Elektroden einen Durchmesser von 61 cm. Die Oefen arbeiten mit
Holzkohle und Erz von Kiruna und Gellivare und stellen ebenfalls ein Roheisen für
Martinwerke her.