Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 195 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Sikkativ-Kochanlage. Unter „Sikkativ“ versteht
man bekanntlich eine Masse, die in der Hauptsache aus Leinöl besteht, dem eine
Bleiverbindung – in den meisten Fällen ist es Bleiglätte – zugesetzt ist, durch die
ein schnelles Trocknen des Firnisanstriches bewirkt wird. Die Herstellung dieses
Gemisches von Leinöl mit Bleiglätte bereitet deshalb erhebliche Schwierigkeiten,
weil dazu sehr hohe Temperaturen benötigt werden und weil eine Heizung des
Sikkativ-Kochapparates mit offener Flamme der großen Feuergefährlichkeit wegen
ausgeschlossen ist. Die bisher gebräuchlichen Apparate wurden daher durch
hochgespannten Dampf erhitzt, was aber wiederum den Nachteil mit sich bringt, daß
die Dampfleitungen fortwährend undichte Stellen zeigen, wie das ja auch schließlich
nicht anders zu erwarten ist.
Um diesen grundsätzlichen Mangel zu beseitigen, sieht die von der Maschinenfabrik F.
Heckmann, Berlin SO., kürzlich gelieferte und nebenstehend abgebildete neue
Sikkativ-Kochanlage als Heizmittel ein unter hohem Druck stehendes stark überhitztes
Dampf-Wassergemisch vor. Dieses Gemisch, in dem die kleinen Dampfbläschen in
feinstverteiltem Zustande in dem heißen Wasser gewissermaßen aufgeschlämmt sind, hat
den Vorteil, daß es selbstdichtend wirkt, so daß Undichtigkeiten an den
Rohrverbindungen und in den Ventilen nicht mehr vorkommen können. Es arbeitet
ferner, ähnlich wie bei einer Zentralheizung, in ununterbrochenem Kreislauf unter
vollkommenem Luftabschluß, so daß eine Ergänzung des einmal eingefüllten
Wasservorrates nicht in Frage kommt, wodurch die Wirtschaftlichkeit des Betriebes
eine wesentliche Erhöhung erfährt. Der Heißwasserofen ist im vorliegenden Falle mit
Oelfeuerung ausgerüstet. Das Oel wird aus dem Vorratslager durch eine
Handflügelpumpe entnommen und über einen Auffüllsiebapparat einem Hochbehälter
zugeführt, von wo aus es durch einen Oelreiniger den Düsen zuströmt.
Der eigentliche mit einem Heizmantel versehene Sikkativ-Kochapparat enthält ein von
einer Transmission angetriebenes Rührwerk, um einerseits eine möglichst gleichmäßige
Mischung des Apparatinhaltes zu erzielen und andererseits ein Festsetzen und
Anbrennen an den heißen Apparatwandungen zu verhüten. Die während des Kochvorganges
aus dem Oel entwickelten Dämpfe – es handelt sich dabei in der Hauptsache um
restliche Spuren von Wasserdampf und Verunreinigungen des Oeles in Gestalt
minderwertiger Oele – werden in einem Kondensator niedergeschlagen und aus einer
Vorlage durch einen Ventilator abgesaugt. Dieser führt sie über einen sogen.
Explosionstopf nach dem Heißwasserofen, wo sie zur Unterstützung der Oelfeuerung herangezogen
werden. Der Explosionstopf ist zu dem Zweck eingeschaltet, um bei etwaigem
Zurückschlagen der Flamme in das Oelrohr durch Abheben seines Deckels einem
weiteren Zurückschlagen bis in den Kochapparat und einer dann unvermeidlichen
Explosion der ganzen Apparatur mit ihren unabsehbaren Folgen Einhalt zu
gebieten.
Cr.
Textabbildung Bd. 341, S. 195
Handflügelpumpe.
a Sikkativ-Kochapparat; b
Kondensator; c Vorlage; d Ventilator; e Explosionstopf; f Heißwasserofen; g
Oeldüsen; h Oelreiniger; i Oel-Hochbehälter; k Auffüllsiebapparat
„Stahlqualitäten und deren Beziehungen zu den
Herstellungsverfahren“ (Auszug aus dem Vortrage von Prof. Dr.-Ing.
P. Goerens, Essen, am 13. Juni auf der Hauptversammlung des VDI in Hamburg).
Die chemischen, physikalischen und technologischen Untersuchungsverfahren des Stahles
sind heute noch nicht weit genug fortgeschritten, um die Ermittlung aller derjenigen
Faktoren zu ermöglichen, die für die Beurteilung der Verwendbarkeit bekannt sein
müßten. Bei der Auswahl eines Stahles kommen in Betracht: Die Stahlsorte,
gekennzeichnet durch die chemische Zusammensetzung, die Stahlart, gekennzeichnet
durch das Herstellungsverfahren, der Zustand, in dem der Stahl verwendet werden
soll, gekennzeichnet durch Formgebungsverfahren und Wärmebehandlung, und die
Qualität. Für die Stahlqualität – dieser Begriff wurde von Prof. Goerens einleitend
erläutert – haben wir noch kein Maß, daher können wir sie mit Sicherheit erst an dem
Verhalten des Stahles bei der Verwendung erkennen. Sie ist im wesentlichen abhängig
von den Erfahrungen des Stahlwerks und der Sorgfalt bei der Herstellung und
Formgebung. Mit einer gewissen Annäherung kann man für bestimmte Anwendungsfälle ein
Urteil über die Qualität gewinnen durch Zerreißversuche, Biegeproben,
Kerbschlagproben u. dgl. Endgültig maßgebend für die Qualität aber sind diese Proben
nicht, da sie nicht alle diejenigen Eigenschaften erfassen, die bei der
praktischen Benutzung des Stahles als Maschinenteil, Bauteil oder Werkzeug in
Anspruch genommen werden.
Hierauf wurde die charakteristische Einwirkung der Fremdkörper, insbesondere der
oxydischen Einschlüsse in Stahl geschildert und für deren quilitativen Nachweis ein
mikroskopisches Beobachtungsverfahren beschrieben, das nach Art der
Dunkelfeldbeleuchtung Störungen des metallischen Zusammenhanges auf der Oberfläche
eines Metallschliffs der Zahl nach zu erkennen gestattet.
Unsere heutigen Stahlherstellungsverfahren ermöglichen es uns noch nicht, einen von
Einschlüssen vollkommen freien Stahl zu erzeugen. Dies hängt damit zusammen, daß wir
aus dem Eisenerz zunächst Roheisen gewinnen, das ist ein mit den Fremdkörpern
Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Phosphor und Schwefel bis zu insgesamt etwa 5%
beladenes Eisen. Um diese Fremdkörper zu entfernen, wird das Roheisen im Stahlwerk
mit Luft (Bessemer-, Thomasverfahren) oder sauerstoffreichem Eisenerz
(Siemens-Martinverfahren) behandelt, wobei die Fremdkörper oxydiert verbrannt
werden. Die hierbei gebildeten Oxyde gehen jedoch nur zum Teil in die Schlacke über,
ein Teil bleibt im Metall zurück und bildet die oben erwähnten Einschlüsse. Wieviel
von diesen zurückbleiben, hängt vom Herstellungsverfahren, sowie der Arbeitsweise im
Stahlwerk ab. Tiegel- und Elektrostahlverfahren gestatten leichter als die übrigen
Prozesse die Erzielung eines an Einschlüssen armen Stahles; bei den übrigen
Verfahren ist die Erzielung reinen Stahles an Bedingungen geknüpft, die nur unter
besonderen Rohstoff- und Arbeitsverhältnissen erfüllt werden können.
Prof. Goerens zieht aus seinen Darlegungen den Schluß, daß nur ein eingehender
Austausch der Erfahrungen zwischen Stahlerzeugern und Stahlverbrauchern dazu führen
kann, den für einen gegebenen Verwendungszweck in wirtschaftlicher und technischer
Hinsicht am besten geeigneten Stahl ausfindig zu machen. In diesem Sinne bietet die
Normung des Stahles ein wichtiges Glied, da sie eine Verminderung der Stahlsorten
anstrebt, ein Ziel, das für Hersteller und Verbraucher in gleichem Maße von
Wichtigkeit ist. Da jedoch die Normung die Qualität nicht erfassen kann, bietet die
Gemeinschaftsarbeit den einzigen Weg zum raschen Fortschritt.
Schwedische Wasserkraft für Norwegen. Der Gedanke, das
Wasser gewisser schwedischer Gebirgsseen zu norwegischen Wasserfällen zu überführen
und dadurch Nordschweden mit billigerer elektrischer Energie zu versorgen, ist
neuerdings von dem norwegischen Major Hjalmar Johansen wieder aufgegriffen worden.
Johansen denkt an den Bau langer Tunnels, die das Wasser zur norwegischen Küste
führen.
W. Borgquist, Direktor des schwedischen Wasserbauamtes, sagt zu diesem Projekt, daß
es große Vorteile bringen kann, da Seen, die infolge der möglichen großen Fallhöhe
große Mengen elektrischer Energie erzeugen könnten, wegen ihrer Unzugänglichkeit
nicht ausgebaut werden können. Der Sitasjaure-See, der in diesem Zusammenhang
mehrmals genannt wurde, liegt 600 m über Meeresspiegel, doch kann er auf
schwedischer Seite nur mit 300 m Höhe ausgenutzt werden, im Gegensatz zur
norwegischen Seite, die eine vollständige Ausnützung der Fallhöhe gestatten würde.
Auf schwedischer Seite könnte man vielleicht in zwei Ausbaustufen zum Ziel kommen,
während auf norwegischer Seite ein vollständiger Ausbau sofort möglich ist, wodurch
die Kosten pro PS bedeutend niedriger liegen müssen, als in Schweden.
Dieses Wasser würde dann den schwedischen Flüssen entzogen werden, doch soll
dieses Absperren des Zuflusses der Flüsse nur soweit vorgenommen werden, daß
diejenigen, die auf die Wasserstraßen angewiesen sind, nicht unter dieser Ausnützung
zu leiden haben. Große Schwierigkeiten würde aber die Ausnutzung der erzeugten
Energie bereiten. Allein vom Sitasjauresee könnte man 200000 PS gewinnen. Zunächst
dachte man an eine Ueberführung der Leistung nach Schweden, doch dürften die
Kraftübertragungskosten die eventuelle Ersparnis der Erzeugung schwedischer Energie
auf norwegischem Boden den eventuellen Gewinn wieder aufbrauchen. Major Johansen hat
die Kraft zur Eisenherstellung und zur Stickstoffgewinnung heranziehen wollen. Die
Eisenwerke sollen die Rohstoffe nach Norwegen bringen und dort verwerten. Jedenfalls
kann man heute noch sagen, daß das Projekt sehr verlockend ist, daß man aber nicht
weiß, was man mit der erzeugten Energie anfangen soll.
Wulff.
„Neuere Probleme des Schiffbaues“ (Auszug aus dem
Vortrag von Dr.-Ing. E. h. Herm. Frahm, Hamburg, am 13. Juni 1926 auf der
Hauptversammlung des VDI in Hamburg).
Nach einleitenden Ausführungen über die allgemeinen Gesichtspunkte beim Entwurf von
Seeschiffen wird als Hauptproblem die Frage nach der Wahl zwischen Dampf- und Motorantrieb behandelt, und zwar einmal für
Frachtdampfer und einmal für große Fahrgast- und Frachtschiffe.
Eine Prüfung der Vor- und Nachteile der beiden Antriebsarten für Frachtschiffe in
bezug auf Betriebssicherheit, Lebensdauer, Personalfragen und Wirtschaftlichkeit
ergibt, daß die Wahl des Systems von dem Dienst des Schiffes abhängt. Dr. Frahm geht
dann auf technische Einzelfragen beider Systeme ein, bei den Dampfern auf
Kolbenmaschinen, Triebturbinen, Hochdruckdampf und Feuerung, bei den Motorschiffen
auf die verschiedenen Oelmaschinensysteme, Zwei- und Viertakt, Einfach- und
Doppelwirkung, Aufladung, Abgasverwertung und Hilfsmaschinenantrieb. Die Folgerung,
die sich aus dem Vergleich der verschiedenen Oelmaschinenarten zwingend ergibt, ist,
daß der doppeltwirkende Zweitaktmotor bei weitem die übrigen Systeme übertrifft,
insbesondere in der in Deutschland von der M. A. N. entwickelten Form mit
Schlitzspülung, die erstmalig von Blohm und Voß für das Motorschiff
„Magdeburg“ der Deutsch-Austral- und Kosmos-Linien gebaut worden ist.
Zur Prüfung der Antriebsfrage bei Schiffen großer Maschinenleistung werden zwei
Beispiele näher beleuchtet. Gewählt sind dafür die bedeutendsten Schiffstypen, die
in Deutschland nach dem Kriege in Bau gegeben worden sind, und zwar ein Schiff der
„Albert Ballin“-Klasse der Hamburg-Amerika-Linie und ein Schnelldampfer
vom „Cap Polonio“-Typ der Hamburg-Südamerikanischen
Dampfschiffahrts-Gesellschaft. Die Unterschiede zwischen Dampf- und Motoranlagen
nach Raum, Gewichtsbedarf und Wirtschaftlichkeit werden untersucht, wobei sich
herausstellt, daß keines der beiden Systeme zurzeit eine klare Ueberlegenheeit über
das andere aufweist. Schließlich führt Dr. Frahm Gründe für die Beibehaltung von
Triebturbinenanlagen in der Bauart, die sich auf den Schiffen der „Albert
Ballin“-Klasse bestens bewährt hat, bei den letzten deutschen Bestellungen
solcher Schiffe an und behandelt anschließend einige weitere Probleme des
Schiffsantriebes, wie Propellerleitapparate, neuere Ruderkonstruktionen und
Schlingerdämpfungsanlagen.
Eisenbahnschädigung durch Bodensenkungen in
Bergbaugebieten. Eisenbahnschäden der in der Ueberschrift genannten Art
sind schon an zahlreichen Orten festgestellt, jedoch bisher nur selten ausführlich
und kritisch in Druckschriften und Büchern besprochen worden. Dies mag teilweise so
zu erklären sein, daß in den verkehrsreichen Jahren vor dem Krieg und im Weltkrieg
selbst den beteiligten und sachkundigen Personen wenig Zeit zu schriftstellerischer
Arbeit übrig blieb.
Aus der Vorkriegszeit stammt eine Denkschrift des Oberbergamts in Dortmund (1897)
über die Einwirkung des unter Mergelüberdeckung geführten Steinkohlenbergbaus auf
die Erdoberfläche im Oberbergamtsbezirk Dortmund. Darin war noch gesagt worden, daß
Eisenbahnen bei Abbauen des Kohlengebirges unter einer stärkeren Mergelbedeckung so
allmähliche muldenförmige Einsenkungen erführen, daß in der Regel eine Gefahr für
den Bahnbetrieb daraus nicht erwachse. Demgegenüber legt Geh. Baurat Klüsche dar,
daß neben vertikalen Senkungen in Verbindung mit solchen auch seitliche
Verdrückungen der Gleise' auf freier Strecke und in Bahnhöfen, sowie Beschädigung
von Bauwerken vorkommen. Die in der genannten Denkschrift erwähnten vertikalen
Senkungen können nicht die alleinige Ursache all dieser Zerstörungen sein, vielmehr
müssen hierbei auch sehr starke wagerechte Kräfte gewirkt haben. Daß für die
Baulichkeiten an der Erdoberfläche gefährliche horizontale Verschiebungen vorkommen,
darauf hat auch Markscheider W. H. Trompeter hingewiesen in einer Schrift: „Die
Expansivkraft im Gestein als Hauptursache der Bewegung des den Bergbau
umgebenden Gebirges“ (1890). Seinen Beobachtungen tut es keinen Eintrag, daß
er als Ursache eine Expansivkraft im Gestein angenommen hat, eine Erklärungsweise,
die sich mit der Lehre von der Wirkung statischer Kräfte nicht vereinbaren läßt.
Später von anderen beobachtete Verschiebungen trigonometrischer Punkte und seitliche
Verschiebungen von Baufluchtenlinien in Essen bestätigten die Richtigkeit der
Feststellung von Trompeter, daß rieben vertikalen Senkungen der Erdoberfläche
infolge unterirdischen Abbauens auch horizontale Verschiebungen vorkommen.
Mehr Aufklärung über die bei solchen Störungen wirkenden Kräfte brachte eine
Abhandlung von Regierungsbaumeister a. D. Körten über den Einfluß des Bergbaus auf
Straßenbahngeleise und seine Bekämpfung (1909). Er stellte die Theorie auf, die
Mergeldecke böge sich elastisch wie ein kontinuierlicher Balken (richtiger Platte)
durch und erhalte in der oberen Schicht auf dem Senkungsrande Zug und in der Mitte
Druck. Zug und Druck bewirken dabei eine entsprechende Verlängerung bzw. Verkürzung
der betreffenden Teile der oberen Schicht. Mehr oder weniger abweichende
Auffassungen haben noch die Ingenieure Goldreich und Eckardt vertreten. Ersterer in
einer Abhandlung über die Theorie der Bodensenkungen in Kohlengebieten mit
besonderer Berücksichtigung der Eisenbahnsenkungen des Ostrau-Karwiner
Steinkohlenreviers (1909), letzterer in einem Aufsatz über den Einfluß des Abbaues
auf die Tagesoberfläche.
Bei dem vergleichenden Studium der verschiedenen Auffassungen kommt Baurat Klüsche zu
dem Ergebnis, daß die Kortensche Erklärung des Zusammenhangs der an der Oberfläche
sich zeigenden Bergschäden mit dem durch den Abbau ausgelösten Kräftewirkungen den
Tatsachen am nächsten kommt. Nach Maßgabe der Kortenschen Auffassung erörtert
Klüsche des näheren die an Eisenbahnanlagen und bei den Bau- und
Betriebsverhältnissen vorkommenden Einwirkungen und Störungen.
Zunächst wird untersucht, ob und in welchem Umfang die für gewöhnlich auf den
Oberbau einwirkenden Kräfte in Bodensenkungsgebieten sich verschärfen. Eine gute,
dauerhafte Unterhaltung einer Bahnanlage setzt vor allem voraus, daß das Gleisbett
möglichst festgefügt und der Untergrund möglichst unnachgiebig ist. In dem Maße, wie
diese Eigenschaften bei Bodensenkungen und Verschiebungen verschwinden, also
Gleisbettung und Oberbaugestänge sich lockern, wächst die Schädlichkeit der
Einwirkung der Betriebslast auf die Bahnanlage. Stärkerer Stoffverschleiß und
Erhöhung der Unterhaltungskosten sind die Folgen. Auf Grund von Beobachtungen
während einer Reihe von Jahren und Vergleichung mit störungsfreien Strecken kann die
Höhe der nötigen Mehraufwendungen, also die Höhe der Bergbauschäden, errechnet
werden. Zu den geschilderten Schäden kommen oft noch andere: Verschlechterung oder
Unterbindung der Vorflut, Verbiegen oder Brechen von Oberbauteilen bei dem Versuch,
Gleissenkungen ohne Betriebsunterbrechung zu beseitigen, und anderes.
Mannigfacher Art sind die durch Bodensenkungen und -Verschiebungen verursachten
verteuernden, störenden und gefährdenden Einwirkungen auf den Betrieb der
Eisenbahnen. Vertikale Senkungen verschlechtern die Neigungsverhältnisse.
Senkungsmulden müssen oft mit verminderter Geschwindigkeit, also unter
Kraftvergeudung durch Bremsen und nachfolgende Beschleunigung durchfahren werden.
Längsschiebungen verursachen Erweiterung der Stoßlücken, bewirken also eine erhöhte
Abnützung. Senkungen in Bahnhöfen können ein vorschriftswidriges Gefälle zur Folge
haben und besonderes Festlegen der Fahrzeuge notwendig machen. Solche Aenderungen
der Erdoberfläche wirken besonders störend im Bereich der Berg- und Richtungsgleise
von Verschiebebahnhöfen und vor der Einfahrt in solche. Vermehrter Kraftaufwand,
erhöhte Kosten, nicht selten Gefährdung von Gut und Leben sind die Folgen.
Wie steht es mit der Schadensvergütung? Vor dem Krieg haben die Bahnverwaltungen von
den Bergwerksbesitzern in der Regel nur den Kostenersatz für die erforderlichen
Hebungsarbeiten der Bahnanlagen gefordert, dagegen Kosten für Mehrverschleiß,
Mehrkosten für Unterhaltung und Kostenersatz für Schäden im Betrieb nicht
angerechnet. Trotzdem die Ursachen der Störungen und Schäden immer bestimmter
erkannt wurden, hat sich an diesen Entschädigungsgrundsätzen zunächst nichts
geändert, wohl wegen der günstigen Wirtschaftslage der Bahnen. Diese hat sich
nunmehr gründlich geändert. Die Eisenbahn verlangt deshalb mit Recht seit einigen
Jahren Ersatz des vollen Schadens; selbstverständlich haben sich die Ansprüche im
Rahmen der berggesetzlichen Bestimmungen zu halten und ein als mittelbare Folge aus
dem schädigenden Ereignis sich etwa ergebender Gewinn ist von dem Gesamtschaden in
Abzug zu bringen. Tüchtige Fachkenntnisse und gesunde Urteilskraft gehören dazu,
Schäden dieser Art als solche zu erkennen und
zahlenmäßig festzusetzen. Sind diese Voraussetzungen auf beiden Seiten der
Beteiligten erfüllt, so wird es auch möglich sein, den Weg zur Verständigung zu
finden; meist bietet er sich dar in Form eines billigen Vergleichs.
Dr. G. Sch.
Ein technisches Weltparlament. Im April d. J. fanden sich
die Delegierten der Normenausschüsse von 18 Ländern in New York zu einer
internationalen Normen-Konferenz zusammen. Die Aufgabe dieser Konferenz war, die
Grundlage für eine internationale Normenvereinigung (International Standards
Association) zu legen. Dieser Beratung, der für die technische Fühlungnahme
zwischen allen Industrieländern eine Bedeutung zukommt, die heute wahrscheinlich
noch gar nicht abgeschätzt werden kann, waren 10 Tage gewidmet. Die Versammlung
tagte, vom amerikanischen Normenausschuß aufs gastlichste aufgenommen, in dem großen
Ingenieur-Gebäude. Sie fand die Beachtung der maßgebenden amerikanischen
Regierungsstellen; insbesondere der Handelsminister Hoover ließ es sich nicht
nehmen, die Mitglieder der Konferenz in Washington zu begrüßen.
England, das von jeher den größten Weitblick für internationale Wirtschaftsfragen an
den Tag gelegt hat, hatte die Konferenz inhaltlich bestens vorbereitet und außer dem
Generalsekretär des englischen Normenausschusses 3 prominente Männer aus
Wissenschaft und Industrie als Delegierte entsandt.
Es kann mit Befriedigung festgestellt werden, daß den vom deutschen Delegierten,
Herrn Dr.-Ing. Otto Kienzle, vorgebrachten Gesichtspunkten stets in loyaler Weise
Rechnung getragen wurde. Die Erörterung war frei von jeder politischen Färbung und
von dem Geiste sachlicher und zielbewußter Arbeit getragen, von dem Ingenieurgeist
der Welt, der es mehr ahnt als auszudrücken vermag, daß es technische und
wirtschaftliche Belange sind, auf denen die Gemeinschaft der Völker aufgebaut werden
muß.
Die Konferenz verabschiedete einen Satzungs-Entwurf, der den nationalen
Normenausschüssen zuging und von ihnen ratifiziert werden soll. Er sieht die
Schaffung eines internationalen Zentralbüros vor, das für den Austausch aller das
Normengebiet betreffenden technischen Erfahrungen sorgen und Vereinbarungen
internationaler Natur vorbereiten soll. Hierbei denkt man teils an wirklich
internationale Normen, teils an solche, die nur ein kleinerer Kreis von Nationen als
Funktion ihrer gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen vereinbart.
Deutschland sollte dieser Bewegung die Aufmerksamkeit entgegenbringen, die ihr
angesichts ihrer Wichtigkeit zukommt.
Vom internationalen gewerblichen Rechtsschutz. (Mitgeteilt
vom Patentanwaltsbureau Dr. Oskar Arendt, Berlin W.50.)
Deutschland: Ausstellungsschutz genießen Erfindungen,
Muster und Warenzeichen auf der vom 29. August bis 4. September 1926 in Leipzig
stattfindenden Mustermesse nebst Technischer Messe und Baumesse.
Chile: Die Gesetze und Verordnungen betreffend den
Erfindungs-, Warenzeichen- und Modellschutz sind im Blatt für Patent–, Muster- und
Zeichenwesen 1926/5. 154 ff, veröffentlicht worden.
Dänemark: Das Gesetz betreffend unlauteren Wettbewerb und
Warenbezeichnung hat am 9. April 1926 eine neue Fassung erhalten.
Griechenland: Warenzeichen werden in Athen beim
Ministerium für Landwirtschaft, Handel und Industrie, Abteilung für industrielles
Eigentum, angemeldet. Es muß ein bevollmächtigter Vertreter in Athen bestellt
werden, der im obengenannten Ministerium beim Abteilungschef für industrielles
Eigentum die Anmeldung persönlich vornimmt. Bei den gesetzlich vorgeschriebenen
Formalitäten ist zu beachten: Die Vollmacht des Anmelders muß eine konsularisch
beglaubigte Uebersetzung ins Griechische enthalten. Die Quittung einer griechischen
Staatskasse über Entrichtung der Anmeldegebühr von 200 Drachmen, eine
Stereotypplatte des Warenzeichens sowie eine Heimatsbescheinigung mit beglaubigter
Uebersetzung sind einzureichen. Außerdem ist eine Erklärung über den Geschäftssitz bzw. die
Fabrikationsstätte des Inhabers des Warenzeichens und über die Zuständigkeit der
Gerichte von Athen abzugeben.
Polen: Nach einer Verordnung vom 4. Juni 1926 genießen
Erfindungen und Modelle auf der Ausstellung für Erfindungen in Warschau ein
Prioritätsrecht von 6 Monaten vom Datum der Ausstellung des Gegenstandes.
Desgleichen auch Warenzeichen, die auf der ausgestellten Ware angebracht worden
sind. Bei der Anmeldung ist in einem solchen Falle eine Bescheinigung der
Ausstellungsverwaltung über den Gegenstand und das Ausstellungsdatum beizufügen.
Portugal: Das Gesetz über das deutsch-portugiesische
Handelsabkommen vom 20. März 1926 ist am 21. Mai 1926 verkündet worden und enthält
wichtige Bestimmungen über die Herkunftsbezeichnung portugiesischer Weine und das
Verbot der Bezeichnung „Solingen“ in Portugal für nicht in Deutschland
hergestellte Messerwaren.
Rußland: Nach der neuesten Auslegung des
deutsch-russischen Abkommens können Prioritäten ohne Neuanmeldung für
Patentanmeldungen deutscher Staatsangehöriger in Anspruch genommen werden, welche in
der Zeit vom 7. November 1917 bis 12. März 1926 eingereicht worden sind, falls der
Anmelder der deutschen Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, ebenfalls
deutscher Staatsangehöriger ist. Einzureichen ist ein Prioritätsbeleg sowie eine
Erklärung über die Staatsangehörigkeit des Anmelders in Rußland und des Anmelders in
Deutschland, falls es nicht ein und dieselbe Person ist. Für Warenzeichenanmeldungen
deutscher Firmen aus der Zeit vom 10. November 1922 bis 12. März 1926 wird die
Priorität früherer Eintragungen in Rußland gewährt. Bei Warenzeichenanmeldungen mit
Prioritätsbeanspruchung braucht die Heimatsurkunde nur patentamtlich beglaubigt zu
sein, während für alle Anmeldungen ohne Priorität dieselben wie früher konsularisch
legalisiert und auch amtlich in die russische Sprache übersetzt sein müssen. Die
Wirksamkeit von aus Deutschland kommenden Vollmachten beträgt längstens 3
Jahre. Bei Prioritätsbeanspruchung für Warenzeichenanmeldungen ist eine notarielle
Staatsangehörigkeitserklärung nicht erforderlich. Bei Patentanmeldungen gilt dies
nur bei Anmeldern, die der russischen Patentbehörde bekannt sind. Für gewerbliche
Muster kann die Prioritätsanmeldung innerhalb 12 Monaten nach der deutschen
Anmeldung erfolgen. Die Prioritätsfrist auf Grund des deutsch-russischen
Handelsvertrages läuft am 12. September 1926 ab. Dies ist für beabsichtigte
russische Patentanmeldungen usw., deren Ursprungsanmeldung in Deutschland länger als
12 Monate zurückliegt, genau zu beachten.
Internationale Verträge: Der internationalen (Pariser)
Union gehörten am 1. Januar 1926 an: Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien,
Cuba, Dänemark nebst Faröer-Inseln, Danzig (Freie Stadt), Deutsches Reich,
Dominikanische Republik, Estland, Finnland, Frankreich, Algerien nebst Kolonien und
den Mandatsländern Syrien und Libanon, Griechenland, Großbritannien nebst Ceylon,
Neuseeland, Trinidad und Tobago, Irland, Italien, Japan, Kanada, Lettland,
Luxemburg, Marokko (mit Ausnahme der spanischen Zone), Mexiko, Niederlande nebst
Niederländisch-Indien, Surinam und Curacao, Norwegen, Oesterreich, Polen, Portugal
nebst Azoren und Madeira, Rumänien, Schweden, Schweiz, Serbien-Kroatien-Slowenien,
Spanien, Tschechoslowakei, Tunis, Türkei, Ungarn, Vereinigte Staaten von Amerika.
Dem Madrider Abkommen betreffend die internationale Registrierung von Fabrik- und
Handelsmarken, vom 14. April 1891, revidiert in Brüssel im Jahre 1900 und in
Washington im Jahre 1911, gehörten am 1. Januar 1926 an: Belgien, Brasilien, Cuba,
Danzig (Freie Stadt), Deutsches Reich, Frankreich und Algerien nebst Kolonien,
Italien, Lettland (Lettland hat das Abkommen zum 21. Dezember 1926 wieder
gekündigt), Luxemburg, Marokko (mit Ausnahme der spanischen Zone), Mexiko,
Niederlande nebst Niederländisch-Indien, Surinam und Curacao, Oesterreich, Portugal
nebst Azoren und Madeira, Rumänien, Schweiz, Serbien-Kroatien-Slowenien, Spanien,
Tschechoslowakei, Tunis, Türkei, Ungarn.