Titel: | Aufsuchen nutzbarer Lagerstätten einst und jetzt. |
Autor: | Fr. W. Landgraeber, Bergwerksdirektor |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 214 |
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Aufsuchen nutzbarer Lagerstätten einst und
jetzt.
(Wünschelrute und geophysikalische
Methoden.)
Von Fr. W. Landgraeber,
Bergwerksdirektor.
LANDGRAEBER, Aufsuchen nutzbarer Lagerstätten einst und
jetzt.
Zu den wichtigsten wirtschaftlichen Fragen einst wie jetzt gehört die Auffindung
brennbarer Rohstoffe und nutzbarer Mineralvorkommen. Das älteste Instrument zur
Orientierung über das Vorhandensein derartiger Lagerstätten im tieferen Untergrunde
ist die Wünschelrute. Seit den ältesten Zeiten und bei allen Völkern spielt sie eine
hervorragende Rolle. Sie wurde ehevor nicht nur als Erzspürerin und Quellenfinderin,
sondern auch als Wahrsage- und Wunschstab in Anwendung gebracht. Die ältesten
Nachrichten über den Ursprung dieses Phänomens verschwinden im Nebel urferner
Zeiten. Die von den Chinesen, Tartaren, Skythen auf die Perser, Assyrer und
Israeliten überkommene Stabwahrsagung beruht auf dem Glauben an deren Zauberkraft
sowie auf der Übung, mythische Ruten auf die Erde zu werfen, um das Schicksal
vorauszusagen. Aufzeichnungen in der Bibliothek zu Ninive künden von einer Göttin
als „Herrin des magischen Stabes“. Der wasserschaffende Stab des Moses diente
zum „Herzaubern“ von Quellen. Im alten Testament klagt Hosea, der Prophet,
Kap. 4, 12: „Mein Volk fragt sein Holz und sein Stab soll ihm predigen“. Der
Wunder- oder Schlangenstab Merkurs und Hermes sollte nach dem Glauben der alten
Griechen die Tore zur Unterwelt öffnen können. Wir finden ferner im Altertum dieses
wunderlos-wundervolle Instrument, das ungehobene Reichtümer im Schoß der Erde
aufzuspüren vermag, sowohl bei den Friesen, den Russen, den Feuerländern wie bei den
Germanen. Nach germanischer Sage besaß der Herrscher über Himmel und Erde, Wodan,
einen Wunsch- oder Zaubermantel, der ihn überallhin brachte, wohin er begehrte. Im
Nibelungenlied wird ein „Rütelein aus Gold“ erwähnt. Der Glaube an die
Zauberkraft des magischen Stabes ist wahrscheinlich auf uralte Vorstellungen
religiösen Fanatismus zurückzuführen. Uralte Beschwörungsformeln beim Schneiden der
Ruten haben sich auch trotz Christentum im volkstümlichen Glauben bis in die
Jetztzeit erhalten. Ein alter Volksbrauch verleiht einem in der Johannisnacht unter
verschiedenen Sprüchen geschnittenem Haselnußzweig die Kraft zum Auffinden
verborgener Dinge. Zeitweise ist dieses Instrument voll Magie und Rätsel von
Wünschelrutenkünstlern gewissermaßen um seinen ursprünglichen Charakter gebracht.
Ein Franzose erbot sich um das Jahr 1700 Diebe, Verbrecher und Mörder, ja sogar
Treue und Untreue der Weiber und Mädchen ausfindig zu machen.
Außer den Hasel-, Weiden, Eschen- und Kreuzdornzweigen wurden Ruten aus Metalldraht
benutzt. Letztere bezeichnete man mit den Namen Schlagrute, Springrute und
Feuerrute. Im Laufe der Jahrhunderte sind eine große Anzahl von Theorien über die
Ursache des Ausschlagens von Rhabdoszweigen (Rhabdomant = Rutengänger, Rhabdomantie
= Wahrsagung der Wünschelrute) aufgestellt worden. Mit Fug und Recht kann man
behaupten, daß die Wünschelrute zwar eine vieltausendjährige Geschichte, aber keine
Entwicklung hat. Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten stammen aus dem 15.
Jahrhundert. Im Jahre 1420 wurde erstmalig ein Bild in einer österreichischen
Zeitschrift gebracht. 1430 erwähnte sie der Bergmeister A. de Solea zu Goslar am
Harz. Theophrastus Paracelsus (1493–1541) erwähnt ihren Gebrauch bei Bergleuten,
spricht ihr aber gleichzeitig die Berechtigung als Hilfsmittel zum Aufsuchen von
Lagerstätten ab. Schon frühzeitig entspann sich eine große Gegnerschaft zwischen
Geologen und Rhabdomanten.
Der Mineraloge und Altmeister des Bergwesens Agricola (1490–1555) lehnt sie ebenfalls
ab. Er sagt, die Wünschelrute sei zwar im Altertum mit Zaubersprüchen gebraucht
worden. Nunmehr, nachdem die frommen Leute vor diesen einen Abscheu haben, sei sie
zu verwerfen. Es gehörte zu jener Zeit, wo der Glaube an geheimnisvolle Kräfte
immerhin noch allgemein verbreitet war, gewissermaßen Mut dazu, die Wünschelrute
zurückzuweisen. Im Gegensatze zu Agricola war der große Dichter und Bergrat Goethe
ein begeisterter Anhänger des „magischen Reis“, wie er sie selbst nannte.
Eine abfällige Kritik übte der Berghauptmann Löhneys im Jahre 1617. Weitere
zurückweisende Urteile liegen vor von Rößler um 1700 und von Delius aus dem Jahre
1773. Letzterer schrieb: „daß ein vernünftiger Mann, der die Natur kennt, von
dergleichen betrügerischen Fabelpossen unmöglich etwas halten kann. Hingegen
war der bekannte Naturforscher Dr. K. von Reichenbach (1788–1869), ein eifriger
Verfechter der damals abgewiesenen Wünschelrute. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts
erscheinen in Stuttgart Briefe des Abbé Paramelle, der sich wiederum intensiv für
die Wünschelrute als das „populärste Mittel zur Auffindung von Quellen einsetzte“.
Er behauptete aber schon damals von seiner Kunst, er war selbst ausgezeichneter
Quellenfinder, „daß sich dieselbe einzig und allein auf die Bodenbeschaffenheit
stützt, daß daher geognostische Kenntnisse einem jedem unumgänglich notwendig
sind, der in dieser Kunst Fortschritte zu machen wünscht“. Gegen die
Wünschelrute sprach sich im Jahre 1875 Friedrich Marx aus. Auf Einzelheiten der
Theorien bekannter Naturforscher und Rutenforscher wie Vallement, Zeidler, Robert
Boyle, Harsdörffer, Gassendi, des Jesuiten A. Kircher und Krüger im 16. und 17.
Jahrhundert, sowie auf diejenigen von Gilbert, Ritter, Schelling, Bahr, Barett u.a.
im 19. Jahrhundert einzugehen, würde zu weit führen. Allgemein läßt sich beachten,
wie von den erscheinenden Schriften über die Wünschelrute eine für und drei gegen
sie waren. Im 19. Jahrhundert galt die Rutengängerei fast allgemein als überwunden.
Wer sich um die Jahrhundertwende mit diesen Problemen befaßte, tat es meist im
Stillen, um sich nicht lächerlich zu machen.
In verschiedenen Lehrbüchern der Bergbaukunde wird sie entweder gar nicht, wie bei
Köhler (Leipzig 1903) erwähnt oder abfällig beurteilt. In dem Werk von Prof.
Gätzschmann, Freiberg 1856, heißt es auf Seite 306: „Es ist nachgewiesen, daß der
Glaube an die Wahrheit der Wünschelrute immer zu den Zeiten und in den Kreisen
am stärksten war, wo die Kenntnis der Naturgesetze und der Naturwissenschaften,
überhaupt das Bestreben, den wahren natürlichen Zusammenhang aller Vorgänge zu
ergründen, geringer, das Gefallen an geheimnisvollen Dingen erhöhter, die
Neigung zu ungestörtem, geistigem Halbschlaf vorherrschend war. Da aber, wo es
Leute gibt, die sich gerne täuschen lassen, wird es auch nicht an anderem
fehlen, welche dieses absichtlich tun.“ Der bekannte Lehrer der Bergbaukunde
P. Treptow schreibt 1907: „Der Gebrauch der Wünschelrute bei der Aufsuchung von
Wasser und Lagerstätten dürfte in den meisten Fällen auf beabsichtigten Betrug
oder auf Selbsttäuschung zurückzuführen sein. Die Frage, ob es wirklich stark
empfindliche Naturen gibt, auf welche das Vorhandensein von Wasser und Erzen in
der Tiefe unter Vermittlung der Wünschelrute tatsächlich einwirkt, ist zur Zeit
sicherlich eher zu verneinen als zu bejahen. Jedenfalls ist dem
Wünschelrutengänger gegenüber äußerste Vorsicht geboten“. In der
„Naturwissenschaftlichen Wochenschrift“ vom 5. 4. 1903 heißt es: „Die
Wünschelrute kann sonach von einem ernsthaften und wissenschaftlich denkenden
Menschen, der ein einigermaßen entwickeltes Verantwortlichkeitsgefühl besitzt,
nur als Aberglaube, als auf Einbildung und Täuschung beruhend, zurückgewiesen
werden.“ Unterzeichnet ist diese öffentliche Kundgebung von unseren ersten
Kapazitäten wie Geh. Bergrat Dr. A. Leppla, Geh. Bergrat Dr. Keilhack, Dr.
Wahnschaffe und Geh. Bergrat Prof. Dr. Beyschlag. Der Letztgenannte schreibt über
die Ziele und Aufgaben der geologischen Landesanstalt in der Zeitschrift für
praktische Geologie 1901 Seite X: „Mit der geologischen Kartierung des
Staatsgebietes allein, mit der Aufsuchung der Belegstücke, mit der
wissenschaftlichen Verarbeitung der Untersuchungsergebnisse ist dem Bedürfnisse
des Landes nicht genügt, vielmehr sind inzwischen als wichtige Aufgaben
hinzugekommen: Die Beratung des Bergbaues und zwar in erster Linie des
staatlichen Bergbaues. Hinzugekommen ist ferner die Beratung in allen
Angelegenheiten der Wasserversorgung usw. usw..... Diese ist um so notwendiger,
als sich leider noch immer der bedauerliche Wünschelrutenschwindel breit
macht.“
Es muß leider zugegeben werden, daß viel Schwindel mit der Wünschelrute
getrieben worden ist. Die erzielten Erfolge waren in vielen Fällen häufig reiner
Zufall.
In der Jetztzeit ist es anders geworden. Das Rätsel dieses Instrumentes der
„modernen Schatzgräber“ beschäftigt die Gelehrten mehr und mehr. Es sind
auch bereits eine ganze Anzahl Theorien aufgestellt, die der Lösung des Problems
immer näher kommen. Viele Gelehrte stellen sich zwar auf den Standpunkt, daß die
Wünschelrute praktisch wertlos ist. Es bricht sich jedoch allenthalben die
Auffassung Bahn, daß ein guter Wünschelrutengänger in gemeinsamer Arbeit mit
Geologen und Bergleuten Ersprießliches leisten kann. Selbst geologische
Landesanstalten stehen keineswegs mehr auf dem Standpunkt, daß die Wünschelrute
praktisch eitel Humbug sei.
Es gilt der Erschürfung mittels geeigneter Methoden. Bekanntlich versteht man unter
Schürfen die Aufsuchen von nutzbaren Lagerstätten nach Ausdehnung, Mächtigkeit,
Tiefe, Form und Bauwürdigkeit. Bislang erforderten derartige Arbeiten eine
umfangreiche geologische Voruntersuchung durch langwierige Begehungen der zu
erforschenden Gebiete durch Geologen. Bestimmte Anzeichen an der Erdoberfläche geben
wertvolle Fingerzeige für die Schürftätigkeit. Bei Eisenerzlagerstätten deutete der
sog. „Eiserne Hut“, bei Zinklagerstätten das Galmeiveilchen, bei Salzlagern
die Solequellen und bei Gold das im Flußlauf angeschwemmte Gold auf das
Vorhandensein solcher Naturschätze. Verborgene Erzgänge werden der Fachkunst durch
sorgfältige Beobachtungen von Naturerscheinungen an Bäumen mit blauen und
bleifarbenen Blättern im Frühjahr sowie durch ungewöhnlich gefärbte obere Äste und
gegabeltem Stammholz und letztlich durch Verdorren und Entwurzeln von Bäumen
verraten. Neuzeitlich ist es gelungen, durch intensive Versuche und Prüfungen auf
verschiedenem Gelände und in Bergwerken Instrumente und Methoden, zu schaffen, mit
denen die zeitraubenden Begehungen der Geologen hintangehalten und die gewünschten
Aufnahmen rasch, sicher und billig durchgeführt werden können.
Schon frühzeitig hat man versucht, physikalische Instrumente und Apparate in den
Dienst der technischen Geologie zu stellen. Sie ließen sich aber nur für ganz
bestimmte engumschriebene Verhältnisse zweckdienlich verwenden. Mittels Kompaß und
Magnetometer sind zum Beispiel bei magnetischen Erdmessungen bereits umfangreiche
Magneteisenlager erschürft worden. Die Ursache ist darin zu suchen, daß der
Erdmagnetismus bei ungleicher Zusammensetzung der Erdschichten überall verschieden
wirkt. Es wird einmal beeinflußt durch das Vorhandensein größerer magnetischer
Einschlüsse und zum anderen durch solche Substanzen, die im Verhältnis zu ihrer
Umgebung bedeutend schwächer magnetisch sind. Die Untersuchung geschieht dadurch,
daß die Abweichung der Magnetnadel nach Stärke und Richtung an einer großen Anzahl
verschiedener Stellen eines Gebietes aufgezeichnet wird. Die Aufzeichnungen lassen
dementsprechende Schlußfolgerungen zu. Schwächer magnetisierbare Substanzen
kennzeichnen sich durch ihr magnetisch-negatives Verhalten in Beziehung zum
einschließenden Gestein. Hierher gehören Haloidsalze sowie Eisenhydroxyde und ihre
Abarten.
In neuerer Zeit hat die technische Geologie ein ganz neuartiges Hilfsmittel, die
elektrischen Wellen, zur Verfügung gestellt bekommen. Ausgehend von den Erfahrungen
der Erdbebenforschung werden Bodenschallwellen mittels künstlicher
Erderschütterungen durch Explosionen von Sprengstoffen an der Oberfläche in
bestimmter Entfernung erzeugt. Die ersten Erfolge mit Erdbebenwellen sind bei
Sprengungen in Steinbrüchen in 16 km Entfernung vom Seismographen unter Benützung
von 30–50 kg Sprengstoffen erzielt worden, wobei eine Laufgeschwindigkeit von 4,8
km/sek festgestellt wurde. Bekanntlich hat jedes Beben zwei verschiedenartige
Erschütterungswellen im Gefolge, die longitudinalen, die die schnelleren sind, und
die transversalen. Beide treffen nach verschiedenen Zeiten den registrierenden-
Seismographen (kleinere tragbare Erdbebenstationen von besonderer Ausführungsart).
Aus der Fortpflanzungsgeschwindigkeit dieser sowie aus dem Vergleich der so
erhaltenen seismographischen Kurven lassen sich nach den Lehren der
Erdbebenforschung Schlüsse ziehen auf die Elastizität und das spezifische Gewicht
der durchstrahlten Gesteine, und damit zugleich auf die Lageanordnung des tieferen
Untergrundes sowie auf das Vorhandensein, Art und Mächtigkeit von Lagerstätten.
Besonders zur Klärung von geologisch unaufgeschlossenen Gebieten stellt dieses
seismische Verfahren ein wertvolles Hilfsmittel der technischen Geologie dar. Andere
Anwendungsgebiete sind die Aufsuchung von Erdöl, Salzhorsten, Eisenerzlagern, zur
Feststellung von Störungen aller Art und vor allem von Braunkohlen. Die bisherigen
Arbeiten haben ferner erwiesen, daß das Verfahren imstande ist, geologische
Projektionen wirksam, schnell und ohne große Kosten zu unterstützen.
Neben den Seismographen zur Erkundung der äußeren Erdhaut sind in neuerer Zeit
verschiedene systematisch-wissenschaftliche Untersuchungsmethoden ausgebildet und
mit Erfolg nutzbar gemacht worden. Alle basieren auf dem gemeinsamen Gedanken, die
geophysikalischen Fernwirkungen der betreffenden Schichten, Gesteine und ihrer
Begleiter auszunützen. Das Verfahren beruht darauf, die Ausbreitung elektrischer
Ströme und elektrischer Wellen zu bestimmen. Die verschiedenen Gesteine und
Mineralien, die die Erdkruste zusammensetzen, weisen ebenso wie bei den elastischen
Wellen verschiedene elektrische Leitfähigkeit auf. Mittels des elektrischen
Verfahrens werden zwei Gruppen voneinander unterschieden. Je nachdem es sich um die
Erforschung leitender Schichten handelt, die mittels elektrischer Ströme
durchforscht werden, oder um nichtleitende Gesteine, bei denen man elektrische
Wellen anwendet. In einem Gebiet mit sonst schlecht leitendem Gebirge, das gut
leitende Erzgänge (Blei, Zink, Kupferkies, Schwefelkies u. dergl.) enthält, leitet
man zur Ermittlung der Lage, Begrenzung, Mächtigkeit und Tiefe von zwei voneinander
liegenden Polen (Sonden) künstlich erzeugte Wechselströme in die Erde. Es entstehen
dadurch sogenannte Stromlinienfelder zwischen den beiden Zuleitungspunkten. Mittels
geeigneter Empfangsapparate werden Stromlinien gleichen Potentials aufgesucht und
kartiert. In völlig homogenem und gleichartigem Boden erfahren diese keinerlei
Abweichungen aus dem normalen Verlauf. Andererseits werden schlecht leitende
Schichten von den elektrischen Strömen gemieden. Das betreffende Stromlinienfeld
erscheint weniger dicht. An denjenigen Stellen jedoch, wo ein Leiter vorhanden ist,
werden sie stark beeinflußt, abgelenkt und zusammengedrängt. Je größer die
Unterschiede in den Leitfähigkeiten der betreffenden Gebirgsschichten sind, um so
günstiger gestalten sich die Ergebnisse. Dem Fachmann bieten derartige
Unregelmäßigkeiten und Verzerrungen der Stromlinienfelder die Möglichkeit, Lage,
Mächtigkeit, Ausdehnung, Einfallen, Streichen sowie Störungen der vermuteten
Lagerstätten festzulegen.
Sollen nichtleitende Gesteine in größeren Tiefen ergründet werden, so benutzt man ein
anderes Verfahren; nämlich die Hertzschen Wellen, die sich in nichtleitendem Gebirge
hemmungslos ausbreiten können, von leitenden Schichten dagegen reflektiert
werden. Es werden hierbei drei Ausführungsarten unterschieden: die
Absorptionsmethode, die Reflektionsmethode und Kapazitätsmethode. Es ist nicht nur
Sache der technischen Geologie, bergbaulich wertvolle Objekte aufzufinden, sondern
auch den Feinden des Bergbaues nachzuspüren. Hierzu gehört in erster Linie das
Wasser und beim Salzbergbau die Lauge. Besonders beim Salzbergbau können hiermit die
Stellen der gefahrbringenden Laugennester und der Laugenursprung ausfindig gemacht
werden, bevor sie durch Grubenbaue angeschlagen werden, Menschenleben gefährden, die
Gruben zum Ersaufen bringen und so ganze mit Mühe und Kosten hergestellte
Unternehmen mit einem Schlage zu vernichten. Ebenso läßt sich das Verfahren bei
Anwendung der Gefriermethode erfolgreich anwenden, um den Verlauf der Gefrierrohre
und die sich bildenden Frostmäntel bzw. unausgefrorenen Stellen zu überwachen, die
eine außerordentliche Gefahr für das Gelingen der Abteufarbeiten in sich schließen.
Auch bei Anwendung des Versteinerungsverfahrens läßt sich fortlaufend eine genaue
Kontrolle von dem Stand der Versteinung vornehmen, während man früher in dieser
Richtung im Dunkeln tappte und Gefahr drohende Stellen kaum erkennen konnte. Trotz
der Jugend der elektrischen Meßverfahren sind schon viele Erfolge auf diesem Gebiete
errungen worden. Aber auch die Verteilung des Grundwassers in wasserarmen
Landstrichen und in Wüsten lassen sich mit wenigen Mitteln schnell feststellen.
In der Neuzeit ist es der unermüdlichen Zusammenarbeit von Wissenschaft und Technik
gelungen, außer diesen noch andere geophysikalische Methoden zu schaffen, mit denen
rasch und sicher ein Blick in den Bau des tiefen Untergrundes, sei es zu
wissenschaftlichen oder zu praktisch-wirtschaftlichen Zwecken getan werden kann.
Schon bald nach Entdeckung der Hertzschen Wellen, die bekanntlich die Grundlagen der
Rundfunktechnik bilden, hat man versucht, diese durch geeignete Apparate zu
Aufschlußarbeiten in den Dienst der technischen Geologie anstelle der alten
Wünschelrute zu stellen. Die Verwendungsmöglichkeit elektrischer Wellen und
Schwingungen beruht auf der physikalischen Verschiedenheit, der die äußere Erdrinde
bis in große Tiefen und in großer Mannigfaltigkeit aufbauenden Gesteinschichten
sowie in dem Verhalten dieser Wellen Leitern und Nichtleitern gegenüber. Bekanntlich
breiten sie sich in alle nichtleitenden Räume durch Mauern und Türen aus. Nur das
Innere eines mit Metall gepanzerten Raumes ist vor ihnen sicher, da sie von Metallen
(Leitern) zurückgeworfen werden. Nun finden sich in der Erdrinde Leiter und
Nichtleiter in bunter Reihenfolge nebeneinander. Wasser, wassererfüllte Klüfte,
Metall- und Erzadern sowie Kohlenflöze gehören zu den Leitern. Sie sind für die
Wellen hemmend und lassen sie nicht durch, sondern reflektieren sie. Alle übrigen
Gesteinschichten sind Nichtleiter und mithin wellendurchsichtig. Da nun für die
drahtlos telegraphierten Wellen im wesentlichen die gleichen Gesetze wie bei
Lichtwellen in bezug auf Reflektion, Brechung und Interferenz gelten, lassen sich
durch hierfür besonders konstruierte Instrumente (Sender und Empfänger) leitende
Schichten in wellendurchlässigen Gesteinen ausfindig machen. Jene Eigenschaften der
elektrischen Wellen werden auf verschiedene Weise verwertet und zwar in den
folgenden vier Ausführungsarten: der Reflektionsmethode, der Absorptionsmethode, dem
Interferenzverfahren und dem Viertellängenverfahren. Alle Methoden bedürfen Sender
und Empfangseinrichtungen genau wie beim Rundfunk. Vorhandensein, Form und
Tiefenlage der gesuchten Objekte werden durch ein Maximum oder Minimum der Empfangsstärke sowie aus
den Neigungswinkeln der Sende- bzw. Empfangsdrähten bestimmt. Beim
Reflexionsverfahren wird aus den Neigungswinkeln, welche Sende- und Empfangsantenne
bei maximaler Empfangswirkung mit der Oberfläche bilden, die Tiefe des
reflektierenden Mediums errechnet. Die ausgestoßenen Wellen breiten sich zunächst
ungestört im leitenden Gestein aus. An den Grenzschichten zwischen Leitern und
Nichtleitern werden sie reflektiert, worauf Richtung und Phase der reflektierten mit
den ungestörten Wellen verglichen werden. Es wird hierbei folgendermaßen verfahren.
Zunächst stellt man Sender und Empfänger so auf, daß sie unmittelbar aufeinander
einwirken. Dann ändert man beide so lange in ihrer Richtung, bis man ein Maximum
bzw. ein Minimum des Empfangs erhält, die dann Schlußfolgerungen bezüglich der Lage,
der reflektierenden Fläche zulassen. Ein Empfang ist nur dann möglich, wenn eine
leitende Fläche Wellen reflektiert. Die Reflektionsmethode dient vornehmlich zur
Aufsuchung der räumlichen Lage von Wasser und Erz von der Oberfläche aus.
Das Absorptionsverfahren bezweckt die Prüfung der zwischen Sender und Empfänger
befindlichen Gesteinskörper in den Gruben auf Durchlässigkeit für elektrische
Wellen. Wird z.B. in einem Salzbergwerk ein Sender und in einem benachbarten ein
Empfänger mit Rahmenantenne aufgestellt, und werden die Wellen von den
zwischenliegenden Schichten verschluckt, so darf angenommen werden, daß ein
wasserdurchtränkter Gesteinskomplex vorliegt. Ist eine gute Verständigung möglich,
so befindet sich trockenes Salz zwischen den beiden Meßpunkten, da das Salz ein
guter Leiter für Wellen ist. Stellt sich jedoch heraus, daß die Wellen nicht in
gerader Richtung vom Sender kommen, so zieht man Schlüsse auf das Vorhandensein
irgendeines Mediums, das eine Beugung der Wellen verursacht. Die Beschaffenheit des
geologischen Gerüstes läßt meist bald erkennen, welche Gesteinsart die
Unregelmäßigkeit hervorruft.
Beschränkter in seiner Anwendung für den Bergbau, dafür aber weit genauer ist das
Interferenzverfahren. Es baut sich auf der Tatsache auf, daß die ausgestoßenen
Wellen beim Antreffen eines undurchlässigen Leiters zurückgeworfen werden, wodurch
noch ein zweiter Wellenzug vom Sender über den sogenannten Reflektor zum Empfänger
entsteht. Diese überlagernden Wellen bringen die direkten Wellen zur Interferenz,
d.h. sie verursachen auf den Empfänger je nach der verwandten Wellenlänge eine
Verstärkung bzw. Schwächung der unmittelbar zwischen Sender und Empfänger
verkehrenden Wellen. Die Ursache dieser Erscheinung kann z.B. ein Grundwasserspiegel
sein, den man sonst nicht wahrnehmen würde. Die zu erzielende Genauigkeit in der
Bestimmung der gesuchten Substanz ist sehr groß. Da die Interferenzmethode im
Bergbau aus technischen Gründen nur selten Anwendung findet, benutzt man in vielen
Fällen statt dessen die Viertelwellenlängenmethode, da sie nur eine Station zum
Senden elektrischer Wellen erfordert. Der Empfänger kommt hierbei in Wegfall, da die
ausgestrahlten Wellen beim Anprall auf einen Leiter reflektiert und zum Teil auf den
Sender zurückgeworfen werden. Hier verursachen sie ihrem Schwingungssinne
entsprechend die gleichen Wirkungen wie bei der vorbenannten Methode. Dieses
Verfahren ist das theoretisch einfachste und am meisten angewandte. Seinen Namen hat
es daher, weil es dann die günstigsten Ergebnisse liefert, wenn die gesuchte Schicht
gerade ein Viertel der Sendewellenlänge von dem Sender entfernt ist. Unter
Berücksichtigung der betr. Wellenlänge und der Lage der auftretenden Maxima und
Minima läßt sich die Entfernung des reflektierenden Mediums errechnen. Das Verfahren
kommt zur Auffindung von Wasser, insonderheit aber auch zur Tiefenbestimmung
leitfähiger Schichten im Innern von Grubenbauen sowie zur Ergänzung von
Schürfarbeiten in Anwendung.
Letzlich sei noch das System der Erforschung des Erdinnern mittels elektrischer
Schwingungen erwähnt, das auf der Beeinflussung der Wellenlänge und Dämpfung einer
schwingenden Antenne durch Stoffe verschiedener Dielektrizitätskonstante und
verschiedener Leitfähigkeit in ganz bestimmter Weise beruht. Dieses sogenannte
Kapazitäts- und Dämpfungsverfahren gibt Aufschluß über die Beschaffenheit
durchbohrter Gebirgsschichten in bezug auf Mächtigkeit, Form und Bauwürdigkeit
nutzbarer Erdschichten.
Der ungeheure Vorteil dieser Untersuchungsmethoden liegt darin, daß man nicht mehr
wie früher ins Ungewisse hinein kostspielige Bohrungen, Schächte, Stollen u. dergl.
zur Aufsuchung von Wassern, nutzbaren Lagerstätten und sonstigen Erdschichten
ansetzt. Wenn heute irgendein Projekt im Berg-, Tief- und Wasserbau oder sonstwo in
Angriff genommen werden soll, bei dem die Bodenbeschaffenheit des dem menschlichen
Auge verborgenen tieferen Untergrunde eine Rolle spielt, so greift man zuvor zu
einem der vorbenannten „Schlüssel zur Erde“. Hierbei wird nicht nur Zeit und
Geld, sondern auch mancherlei unliebsame Überraschung erspart werden können.
Schwerkraftmessungen werden bereits seit längerer Zeit benutzt, um bergbaulich
wertvolle Objekte zu untersuchen. Durch Pendelapparate und empfindliche Drehwagen
wird die Veränderung der in selbst erheblichen Grenzen schwankenden Dichte der
verschiedenen Mineralien, die das normal Schwerfeld beeinflussen, festgestellt. Die
Messungen, die sehr zeitraubend sind, dienen vornehmlich zur Feststellung von
Verwerfungen und Störungen in der Erdrinde im Bereich von Lagerstätten. Sie setzen
eine vorherige genaue Erkundung des geologischen Aufbaues voraus. Es lassen sich
aber auch ebensogut Komplexe mit leichten Salzen, wie Erze, schwere Metalle
ermitteln, die Störungen von Schwerkraftverteilung verursachen.
Auch die Radioaktivität der Stoffe wird neuerdings in der technischen Geologie
herangezogen. Die betreffenden Apparate zur Messung der radioaktiven Strahlungen,
z.B. bei Gasausströmungen und Emmanationen an der Erdoberfläche geben Aufschluß über
den Zustand des Innern der Erde und den Aufbau der Gebirge, die sowohl zur
Auffindung von Verwerfungen und Störungen wie vom Vorhandensein von Bodenschätzen
führen. Insonderheit werden sie dort angewendet, wo der tiefere Untergrund unter
Deckgebirgsschichten in großer Mächtigkeit dem Auge des Geologen verborgen sind.