Titel: | Friedrich Siemens. |
Autor: | Rotth |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 261 |
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Friedrich Siemens.
Geboren am 8. Dezember 1826, gestorben am 24. Mai
1904.
[Friedrich Siemens.]
Die deutsche Technik feiert den 100. Geburtstag eines Mannes, der wie wenige
einen unvergänglichen Einfluß auf weite Kreise des Groß-Gewerbes ausgeübt hat.
Friedrich Siemens gehörte zu den vier berühmten Brüdern Werner, Wilhelm, Friedrich
und Carl. Während aber das Schaffen von Werner, Wilhelm und Carl sich äußerlich in
der gemeinsamen Arbeit für die Firma Siemens & Halske und ihre
Tochter-Gesellschaften kundgab, verfolgte Friedrich ganz selbständige Bahnen,
wiewohl er mit den Brüdern und namentlich mit dem ältesten, Werner, immer im engsten
persönlichen und sachlichen Zusammenhange geblieben ist.
Textabbildung Bd. 341, S. 261
Nach England gekommen, um den drei Jahre älteren Wilhelm zu unterstützen, wurde
Friedrichs Aufmerksamkeit bald ganz von der Wärme-Technik gefesselt. Die beiden
Brüder arbeiteten eine Reihe von Jahren vergeblich in der von Wilhelm
eingeschlagenen Richtung. Da gelang Friedrich 1856 sein großer Wurf, die Erfindung
der Regenerativ-Feuerung, die fast beliebig hohe Temperaturen bei sparsamem.
Verbrauche von Brennstoff herzustellen vermag. Die Erfindung kam gerade zur rechten
Zeit, um mehreren neuen Verfahren zum Erzeugen von Stahl die Durchführung zu
ermöglichen. Namentlich ist hier das Siemens-Martin-Verfahren zu nennen, das einen
ungeahnten Umfang angenommen hat. Während die Anwendung der neuen Feuerung nach
mehrjähriger Durchbildung von Wilhelm hauptsächlich für das Eisen-Hüttenwesen
von England aus betrieben wurde, wandte sich Friedrich in Deutschland infolge
besonderer Verhältnisse der Glastechnik zu, die er mit Hilfe seiner Feuerung in
allen Richtungen vollständig umgestaltete. Das äußere Kennzeichen für diese
Umwandlung ist der Ersatz der kleinen Glashäfen durch die große, feste, gleichmäßig
arbeitende Wanne und zahlreiche besondere Einrichtungen, die sich aus den
jahrzehntelangen sorgfältigen Beobachtungen und dem ausgedehnten Erzeugen von
Rohglas für Friedrich ergab. Allgemeinere Bedeutung hatte wieder die von Friedrich
seit Mitte der 70er Jahre angewendete und einige Jahre später bekannt gewordene
Bauweise von Oefen mit der von ihm so genannten freien Flammen-Entfaltung, die mit
den bis dahin geltenden Grundsätzen von Flammen-Oefen vollständig brach und gerade
in das Gegenteil verkehrte. Die Richtigkeit dieser Bauweise ist längst durch ihre
allgemeine Anwendung trotz anfangs heftigen Widerspruchs erwiesen. Neben den drei
größten Leistungen von Friedrich Siemens, der Regenerativ-Feuerung, der freien
Flammen-Entfaltung und der Groß-Glaserzeugung braucht von den zahlreichen anderen
Neuerungen, die er ausführte, nicht geredet zu werden, um die überragende Bedeutung
dieses fruchtbaren Erfinders zu kennzeichnen. Er gehört zu den großen Lehrern der
Technik, die durch ihr Beispiel wirken.
Rotth.