Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | K. |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 7 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
mf. Was ist eine Erfindung? (Nachdruck verboten!)
Der Hochstand der neuzeitlichen Technik ist das Ergebnis der sich durch die
Jahrtausende hindurch aneinanderreihenden großen und kleinen Erfindungen. Die
ungeahnten Erfolge, die uns das Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität gebracht
haben, sind nur allzusehr geeignet, den Maßstab zu verschieben, den wir bei der
Würdigung der technischen Leistungen unserer Väter und Urväter anzulegen haben,
wollen wir diesen in verdientem Maße gerecht werden. Die Namen derer, denen wir die
Urerfindungen, wie der Rolle, des Hebels, der Feuergewinnung, der ersten Werkzeuge,
Waffen usw. zu verdanken haben, sind für immer in Dunkel gehüllt. Von einer dieser
Urerfindungen, des die Kraft der geballten Faust vervielfachenden Hammers, sagt
Lazarus Geiger in seinen Vorträgen zur Entwicklungsgeschichte des Menschen treffend:
„So groß der Gegensatz einer Dampfmaschine unserer Tage mit dem ältesten
Steinhammer immer sein mag, das Geschöpf, das zuerst seine Hand mit einem
solchen Werkzeug bewaffnete, das vielleicht einen Fruchtkern zum erstenmale auf
diese Weise einer harten Schale abgewann, es mußte, so scheint es, einen Hauch
jenes Geistes in sich verspüren, der einen Entdecker unserer Zeit unter dem
Aufblitzen eines neuen Gedankens beseelt.“
England war das Land, das zuerst mit der Schaffung einer den Erfinder schützenden
Patentgesetzgebung vorging und im Jahre 1623 das Statute of monopolies einführte. In
den Vereinigten Staaten maß man dem Patentwesen in früherer Zeit eine solche
Bedeutung bei, daß die Patenturkunde vom Staatspräsidenten eigenhändig
unterschrieben wurde. Treffend äußerte sich Goethe über den Erfolg des
englischen Patentschutzes: „Das Erkennen und Erfinden sehen wir als den
vorzüglichsten selbst erworbenen Besitz an und brüsten uns damit. Der kluge
Engländer verwandelt ihn durch ein Patent sogleich in Realitäten und überhebt
sich dadurch alles verdrießlichen Ehrenstreites. – Der Engländer ist Meister,
das Entdeckte gleich zu nutzen, bis es wieder zur neuen Entdeckung und frischer
Tat führt. Man frage nun, warum sie uns überall voraus sind.“ Liebig führt
aus, daß die Erhebung des Menschen über das Tier wesentlich von seinem Vermögen
abhängt, Erfindungen zu erzeugen, die zur Befriedigung seiner Bedürfnisse dienen,
und daß ihre Summe in einer Bevölkerung den Begriff ihrer Zivilisation in sich
einschließt.
Nach deutschem Patentrecht werden Patente für neue Erfindungen erteilt, die eine
gewerbliche Verwertung gestatten. Der Begriff der Erfindung ist im Patentgesetz
nicht erklärt, und alle Versuche, eine brauchbare Beantwortung der Frage: „Was
ist eine Erfindung?“ zu finden, sind bisher gescheitert. Dennoch bewegt sich
die Rechtsprechung des deutschen Patentamtes hinsichtlich der grundsätzlichen
Gesichtspunkte im wesentlichen auf einer einheitlichen Linie und es sind, wie das
Patentamt in einer Denkschrift ausgeführt hat, wenig grundsätzliche Gegensätze zu
Tage getreten. Die Schwierigkeit liegt nicht in der Fassung der Grundsätze, sondern
in deren Anwendung auf den einzelnen Tatbestand, denn beim Vergleich des Neuen mit
dem Alten ist schließlich immer ein Urteil über die Erheblichkeit des Unterschiedes
abzugeben, für das sich begriffliche Grenzen nicht auf alle Fälle festsetzen lassen.
Auch über die Abgrenzung des
Gebietes des Patentwesens gegenüber anderen Rechtsgebieten besteht, wie die
genannte Denkschrift feststellt, im wesentlichen Einverständnis.
Um nun die Frage, was eine Erfindung ist, zu erläutern, geben wir im nachstehenden
einige Erklärungen des Begriffes Erfindung, die von hervorragenden Kennern des
Patentwesens stammen:
Nach Kohler ist die Erfindung „eine zum technischen
Ausdruck gebrachte Gedankenschöpfung des Menschengeistes, die der Natur eine
neue Seite abgewinnt und hierdurch mit Erfolg darauf abzielt, durch Benutzung
von Naturkräften menschliche Forderungen zu erfüllen.“
Eine „Umschreibung“ im Sinne des Patentgesetzes – nicht eine
Begriffsbestimmung der Erfindung – gibt Seligsohn:
„als eine durch Benutzung der Naturkräfte hergestellte Schöpfung, die
gegenüber dem bisherigen Zustande einen wesentlichen Fortschritt darstellt und
ein menschliches Bedürfnis befriedigt.“
Nach Gareis ist die Erfindung die Entdeckung einer vorher
nicht bekannten Tatsache, daß durch eine konkrete technische Einwirkung auf einen
Stoff der Außenwelt ein der Wiederholung an sich unterziehbarer Erfolg erzielt
wird.
Nach Dambach ist die Erfindung „die Schaffung und
Hervorbringung eines neuen, bisher noch nicht vorhandenen Gegenstandes oder
Erzeugungsmittels zu materiellen Gebrauchszwecken“.
Zschimmer gibt folgende Erklärung: Die Erfindung ist ein
für das objektive technische Wissen neuer Gedanke, durch den erkannt wird, wie durch
einen vom Menschen herstellbaren Regulator eine in der Natur nicht von selbst vor
sich gehende, willkürlich zu bewirkende Regelung von Naturvorgängen in bestimmter
Form vorzunehmen sei.
Reuleaux erklärt die Erfindung als „eine Einrichtung
oder ein Erzeugnis auf gewerblichem Gebiete, das bezüglich eines Stoffes oder
eines Werkzeuges oder eines Verfahrens oder der Zusammensetzung der zu
technischer Wirkung vereinigten Teile von bestehenden Einrichtungen und
Erzeugnissen durch weitergehende Wirkung abweicht“.
Nach Hartig ist die Erfindung „die Lösung einer
technischen Aufgabe, die nach ihrem technologischen Begriff neu und nach der Art
ihrer Verwirklichung in mindestens einer Ausführungsform vollständig dargelegt
ist“.
Auch Goethe, der, wie bereits ausgeführt wurde, das
damalige Uebergewicht Englands in Technik und Industrie in der englischen
Patentgesetzgebung erblickte, hat sich wiederholt mit dem Begriff der Erfindung
beschäftigt und sich u.a. folgendermaßen geäußert: „Alles Erfinden kann als eine
weise Antwort auf eine vernünftige Frage angesehen werden.“ – „Alles, was
wir Erfinden, Entdecken im höheren Sinne nennen, ist die bedeutende Ausübung,
Betätigung eines originalen Wahrheitsgefühles, das im stillen längst
ausgebildet, unversehens mit Blitzesschnelle zu einer fruchtbaren Erkenntnis
führt. Es ist eine aus dem Innern am Aeußern sich entwickelnde Offenbarung, die
den Menschen seine Gottähnlichkeit vorahnen läßt. Es ist eine Synthese von Welt
und Geist, die von der ewigen Harmonie des Daseins die seligste Versicherung
gibt.“
Geh. Reg -Rat Max Geitel †.
mf. Johann Wilhelm Ritter, der Erfinder des elektrischen
Sammlers. Zu seinem 150. Geburtstag. (Nachdruck verboten!) Man hört oft
sagen, seitdem der Jahrtausende alte Menschheitstraum des Fliegens verwirklicht sei,
seitdem wir den Funkverkehr hätten, der die Gehirne aller Menschen durch eine
unsichtbare Kraft verbände, gäbe es eigentlich keine Aufgaben mehr für die Technik,
denn alle Aufgaben, die unseren Vorfahren vorgeschwebt hätten, seien eigentlich
gelöst. Zu Unrecht! Unzählige Fragen gibt es noch, die der Lösung durch die Technik
bisher Widerstand geleistet haben, und eine der wichtigsten davon ist die
Aufspeicherung der Elektrizität, die uns immer noch nicht in befriedigender Weise
gelungen ist: Kein Kraftwagen würde mehr mit Benzin, keine elektrische Bahn würde
noch mit einer Stromzuleitung fahren, wenn man Elektrizität auf kleinen Raum
zusammendrängen, sie speichern, ja vielleicht gespeicherte Elektrizität wie jede
andere Ware im Laden kaufen könnte. Es wäre eine Umwälzung, wie sie die Technik
vielleicht noch nicht erlebt hat.
Und doch sind es schon 150 Jahre her, seitdem der Entdecker der Speicherbarkeit der
Elektrizität geboren wurde: Am 16. Dezember 1776 erblickte zu Samitz bei Haynau in
Schlesien Johann Wilhelm Ritter als Sohn eines Pfarrers das Licht der Welt. Er
studierte Heilmittelkunde und Medizin und wurde durch dieses Studium mit den
Naturwissenschaften vertraut. Als Arzt beschäftigte er sich neben Physiologie
namentlich mit Fragen der Elektrizität und versuchte ohne Scheu vor der Gefährdung
seines Körpers insbesondere auch die Wirkung sehr starker elektrischer Ströme an
sich selbst. Er war der erste, der eine richtige Erklärung für die Wirkungsweise der
Voltaschen Säule gab, und er erfand die Trockensäule, deren Erfindung später zu
Unrecht Zamboni zugeschrieben wurde. Seine besondere Bedeutung liegt aber vor allen
Dingen darin, daß er die Aufspeicherung elektrischer Energie planmäßig beobachtete
und gründlich erforschte. Schon im Jahre 1802 baute er eine Ladungssäule aus
Kupferplatten, die durch „kochsalznasse Papp-Platten“ voneinander getrennt
waren. Diese Säule war an sich nicht imstande, Elektrizität zu erzeugen, da ihre
Platten aus gleichem Metall bestanden; sie konnte aber Strom abgeben, nachdem sie
eine Zeitlang mit den Polen einer Voltaschen Säule verbunden, also von dieser
aufgeladen war. Damit war der erste elektrische Sammler – Akkumulator –
geschaffen.
Ritter war auch der erste, der die chemische Wirkung der Lichtstrahlen verschiedener
Wellenlänge durchforschte. Aber seine vielseitige Begabung erschöpfte sich nicht auf
dem Gebiete der Physik. Lebhafte Freundschaft verband ihn mit Novalis; auch mit
Goethe hat er zeitweise in lebhaftem Verkehr gestanden und ihn bei der Einrichtung
seines Laboratoriums beraten. Seine freundschaftlichen Beziehungen zu den Gebrüdern
Schlegel, zu Baader, insbesondere aber zu dem dänischen Physiker Oersted
kennzeichnen seine hohe geistige Einstellung.
Wer sich näher mit diesem großen Mann und seiner erstaunlichen Schöpferkraft
beschäftigen möchte, dem sei sein letztes Werk „Fragmente
(Bruchstücke) aus dem Nachlaß eines jungen Physikers“ empfohlen.
Ritters grundlegende Forschungsarbeiten wurden allgemein anerkannt; er war Mitglied
der Akademie der Wissenschaften von Kopenhagen, Paris, Brüssel und München. Aber wie
es vielen Erfindern und Entdeckern gegangen ist, die ihrer Zeit weit vorauseilend
sich bahnbrechend auf Gebiete wagten, für die eben diese Zeit noch nicht reif war,
so war auch das Schicksal Ritters: In bitterer Armut und gänzlich verlassen erlag er
am 23. Januar 1810 zu München einer heimtückischen Krankheit.
K. Oesterreich.
Elektrolytische Chromüberzüge. Das Ueberziehen von
Metallen mit Chrom nimmt angesichts des Vorteiles, den chromierte Gegenstände
bieten, eine stete Verbreitung; diese Vorteile sind: große Widerstandsfähigkeit
gegen Oxydation in der Hitze und gegen chemische Einflüsse und hohe Härte.
Die Widerstandsfähigkeit in der Hitze wird ausgenutzt bei Schweißmaschinen, Lampen,
Küchengeräten, die Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse bei fast allen
Säuren, mit Ausnahme der Salzsäure und Schwefelsäure, unter gewissen Bedingungen die
Härte bei Zieheisen für Rohrziehereien.
Der Chromniederschlag muß sehr gleichmäßig sein. Im allgemeinen unterscheidet man bei
elektrolytischen Niederschlägen 2 Arten: entweder besitzen sie ein kristallinisches
Gefüge, oder sie bilden eine Anhäufung von sehr fein gedrängten Kügelchen, von denen
jede aus sehr kleinen Kristallen zusammengesetzt ist. Die groben Kristalle finden
sich dann vor, wenn die Zahl der kristallinischen Kerne auf der Oberfläche
verhältnismäßig beschränkt ist, wodurch eine schnelle Wachstumsgeschwindigkeit für
jedes Kristall entsteht. Umgekehrt erscheint das Gefüge mit feinen Körnern, wenn
viele kristallinische Kerne vorhanden sind. Eine Ursache, die sich dem Wachsen der
Kristalle widersetzt, ist der Niederschlag von Spuren des wasserhaltigen
Metallo|ydes. Durch Verwendung einer schwachen Stromstärke erhält man einen
feinkörnigen Niederschlag, der zunächst grau ist, dann ein mehr metallisches
Aussehen mit zunehmender Dicke erhält. Man sucht zuerst ein feinkörniges Gefüge zu
erreichen, dann die Bedingungen zum Vergrößern des Kornes einzustellen; auf die
Weise wird der Niederschlag schön und nicht porös. Die Stromstärke ist 5–10mal so
stark als beim Nickelniederschlag. Ein Chrom-Niederschlag, auf den man Wasser einige
Monate lang wirken läßt, bleibt unversehrt, während ein Nickelniederschlag
Rostspuren aufweist, die das Nickelhäutchen abschälen. Chlorlösungen greifen die
Chrom-Niederschläge etwas und an einigen Stellen an, jedoch ohne sie loszulockern.
Sulfate und Nitrate, die sonst leicht Ueberzüge angreifen, bleiben ohne Einfluß. Die
bisherigen Versuche beweisen, daß die Chromüberzüge mit denen des Nickels in
Wettbewerb treten können. Der Preisunterschied ist gering, denn wenn auch das Chrom
teurer ist als Nickel, so wird dies doch durch verschiedene Umstände
ausgeglichen: das Niederschlagen geschieht 4–5mal so schnell, ferner benötigen die
Stücke weniger Zubereitung, da nur das Oxyd entfernt zu werden braucht. (La
Technique Moderne.)
K.
Ueber nichtmetallische Einschlüsse im Aluminium. Die
meisten Metalle enthalten nichtmetallische Einschlüsse, die ihre mechanischen
Eigenschaften zu beeinflussen vermögen. Sowohl das Oxyd als die meisten löslichen
Verunreinigungen im Aluminium sind dichter als das Metall selbst und haben im
geschmolzenen Zustand also auch nicht das Bestreben, an die Oberfläche zu steigen.
So beträgt z.B. das spezifische Gewicht von Aluminium 2,70, dasjenige der Tonerde
3,85–4. Rhodin hat nachgewiesen, daß jedes Aluminium Oxyde enthält. Es kann
angenommen werden, daß die nichtmetallischen Einschlüsse von Elektrolyten herrühren.
Ist das Oxyd in das Metallinnere eingedrungen, so ist es schwer, es wieder zu
entfernen. Der genaue Einfluß von ganz geringen Mengen von Oxyd kann aus dem Grunde
kaum bestimmt werden, weil es fast unmöglich ist, ein vollständig von Einschlüssen
freies Aluminium herzustellen. Der Einfluß der Oxyde in den verschiedenen
Aluminiumlegierungen ist ebenfalls sehr wichtig. (Revue de Métallurgie.)
K.
Ein neuer feuerfester Stoff. Der von Smith erfundene
feuerfeste Stoff soll den höchsten Temperaturen widerstehen können. Seinen
Hauptbestandteil bildet Ton, der nach einem besonderen Verfahren mit Kohlenstoff
innig vermischt wird. Dieser gekohlte schwarze Ton besteht aus Tonkörnern, die mit
unendlich vielen, in allen Poren verteilten Kohlenstoffpartikelchen durchsetzt sind.
Der Kohlenstoff wird dem Ton in teigigem Zustand zugesetzt, da dann der Ton seine
höchste Porosität erreicht. Der auf die Weise behandelte Ton weist wesentlich andere
Eigenschaften auf, als wenn er mit dem Kohlenstoff auf mechanische Weise vermischt
wird. Das pulverförmige Erzeugnis kann, wie sonst üblich, brikettiert werden. Dieser
feuerfeste Stein hält den bisher erreichten Temperaturen stand und zieht sich nicht
zusammen. Derartige Steine sind monatelang bei hohen Temperaturen in Betrieb
gewesen, ohne die geringste Formveränderung zu erfahren; sie blähen weder auf, noch
bröckeln sie ab, noch sind sie mit Schlacke behaftet. Die Härte des gekohlten Tones
ist fast derjenigen des Karborundums gleich. Hinsichtlich der Wärmeleitfähigkeit
können die feuerfesten Stoffe in nachstehende Reihenfolge gebracht werden, wenn
diejenige des gewöhnlichen feuerfesten Steines gleich 1 gesetzt wird:
gewöhnlicher feuerfester Stein
1
gekohlter Ton
2
Graphit
4–5
Karborundum
4–6
Außer in Steinformen wird gekohlter Ton in pulver-förmigem
Zustand zum Ausflicken der Oefen, für Stampfmasse, für Herde von Martinöfen, zum
Schutz der äußeren Wände von Retorten u.a.m. verwendet. (L'Usine.)
K.