Titel: | Die Auslegung des neuen Deutschen Azorenkabels. |
Autor: | M. Senger |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 38 |
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Die Auslegung des neuen Deutschen
Azorenkabels.Aus TFT 1926, mit Genehmigung des Verfassers.
Von M. Senger.
SENGER, Die Auslegung des neuen Deutschen Azorenkabels.
Die erste 670 Seemeilen (sm) lange Strecke des Telegraphenkabels Borkum-Azoren
ist, wie in Heft 10, S. 327, dieses Jahrgangs der TFT berichtet wurde, Anfang August
ausgelegt worden. Mit der Auslegung der zweiten, der Tiefseestrecke, wurde am 12.
September begonnen. Diese Strecke von ungefähr 1200 sm Länge war zum größten Teil in
Meerestiefen von 3000 Faden (rd. 5000 m) auszulegen. Trotz der fast doppelt so
großen Länge ist das Gewicht des Kabels (rd. 3000 t) bedeutend geringer als das des
Kabels für die erste Strecke (rd. 5000 t), da die Tiefseekabel besonders leicht sein
müssen, um die Kabel bei Instandsetzungen aus der großen Wassertiefe heben zu
können.
Gelegentlich der Darstellung der Auslegung dieser Strecke sollen nachstehend die
technischen Vorgänge auch für Fernerstehende näher erläutert werden.
Am 12. September fuhr der Dampfer von Nordenham ab und steuerte am 14. abends östlich
Ouessant die Bojen an, die die Lage des Endes des bereits verlegten Kabelstücks
bezeichneten.
Die Kabelbojen sind birnenförmige, aus Eisenblech gefertigte Hohlkörper von einer
Tragfähigkeit, die dem Gewicht der Trossen und Ketten bis zum Meeresgrund entspricht
(bis zu 5000 kg). Die Bojen (Abb. 1 und 2) haben oben zwei bewegliche Haken, deren oberes Ende
durch einen Ueberwurf an dem eisernen Griff, um den sie sich drehen, festgehalten
werden kann. In den einen Haken wird die Kette am Ende der Ankertrosse so eingehakt,
daß noch ein Stück Kettenende frei bleibt. Dieses freie Ende wird nach oben an die
Halter des Flaggenstocks angebunden. Von der Kette (dem Zügel) zweigt etwas
unterhalb der Boje eine kürzere Seitenkette (der Reiter) ab. Dieser Reiter wird
durch die eiserne Oese am Ende der Boje gezogen und an dem anderen beweglichen Haken
befestigt. Soll das Kabel hochgenommen werden, so wird das freie Ende der Hauptkette
an der Ziehtrosse angeschäkelt und die Hauptkette durch Hochschlagen des
Ueberwurfs ausgehakt. Sodann wird auch die kurze Seitenkette ausgehakt und durch das
Gewicht der Hauptkette und der Ankertrosse durch die Oese am unteren Ende
herausgezogen, sodaß die Boje frei schwimmt. Oben trägt die Boje noch eine
Vorrichtung zur Befestigung eines Flaggenstocks oder eines Lampenträgers.
Textabbildung Bd. 342, S. 37
Abb. 1.Boje zum Auslegen vorbereitet
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Abb. 2.Griff mit Haken zum Festhalten der Kette
Nachdem die Bojen aufgenommen waren, wurde das Kabelende an den Ankertrossen der Boje
eingeholt.
Die Länge der Ankertrosse richtet sich nach der Meerestiefe. Die Trossen bestehen aus
3 × 6 Stahldrähten, die mit Hanf überzogen sind. Sie haben eine Zugfestigkeit von 9
oder 18 t. Jede Trosse ist 200 oder 400 Faden (1,852 m) lang und an den Enden mit
einer Kausche versehen. Zwischen je
zwei Trossen ist ein drehbarer Schäkel angebracht. Am Grunde sind an der Trosse
etwa 20 Faden Kette angeschäkelt, und seitlich an dieser Kette sitzt ein Pilzanker
(Abb. 7.) Von dem Anker bis zum Kabel liegen in
der Regel noch Trossen aus (bis zu 400 Faden), damit die Ankerkette bei ihren
Bewegungen nicht das Kabel beschädigt (Abb. 3).
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Abb. 3.Schema des Aufbojens
Zum Aufnehmen oder Auslegen des Kabels dienen die Aufnahme- oder Auslegemaschinen
(zwei vorn und eine große hinten im Schiff). Diese Maschinen (Abb. 4) haben eine drehbare Scheibe von etwa 5 m
Umfang, um deren breiten, vertieften Rand das Kabel oder die Trosse in 3 bis 4
Umwindungen gelegt wird. Auf jeder Seite schleift innen gegen die vordere bzw.
hintere Begrenzung des Randes ein Keil, der den Zweck hat, die Kabelringe seitlich
zu verschieben, so daß das Kabel sich immer wieder neben die vorhandenen Ringe legt
und nicht gedrückt wird. Auf derselben Achse ist eine breite Bremsscheibe befestigt,
auf deren Umfang die aus Hartholzgliedern bestehende Bremse schleift. Diese bilden
ein fest um den ganzen Umfang der Scheibe gehendes Band, welches mit einer Schraube
ohne Ende angezogen oder nachgelassen werden kann oder durch Hebel mit Gewichten
gespannt wird (Abb. 5 und 6). Bei der großen Auslegemaschine am Heck ist neben dieser
Gewichtsbremse eine Flüssigkeitsbremse zur feineren Regelung des Auslegens
angebracht. Als Flüssigkeitsbremse wird ein hydraulisches Dynamometer von Froude
benutzt (Abb. 8). Bei diesem Dynamometer bewegt sich
eine Scheibe mit Näpfen an beiden Seiten an festen Wänden vorbei, die gegenüber den
Näpfen der Scheibe ebenfalls eine Reihe von Näpfen tragen, sodaß die. weiten
Oeffnungen der Näpfe sich scharf aneinander vorbeibewegen. Durch die Maschine wird
ein Wasserstrom geschickt. Das Wasser bremst durch die Wirbelströme die mit etwa 500
Umdrehungen in der Minute laufende Scheibe. Zur Regelung der Bremswirkung kann
zwischen die Näpfe der Scheibe und der Wand eine Scheibe geschoben werden, die die
Wirbelströme teilweise oder ganz unterbricht. Die Flüssigkeitsbremse ist mit einer
Zahnradübertragung, die sehr hohe Belastungen aufnehmen kann und deshalb sehr groß
und breit ist, mit der Auslegemaschine gekuppelt. Zum Aufnehmen von Kabeln kann die
Achse der Maschine mit einer Dampfmaschine gekuppelt werden.
Die Spannung der Trosse oder des Kabels wird mit dem Dynamometer, das schon Werner
von Siemens angegeben hat, gemessen, d. i. eine bewegliche Rolle, die in einer
senkrechten Führung auf dem Kabel liegt, zwischen zwei festen Rollen, über die das
Kabel hinweggeht (Abb. 6). An einer Skala sind die
Spannungen abzulesen, die bei den verschiedenen Stellungen des Dynamometers auf das
Kabel wirken. Die Bewegungen der Rolle werden durch einen Stempel, der in einem mit
Flüssigkeit gefüllten Zylinder auf und ab geht, gedämpft.
Zum Aufnehmen und Auslegen der Kabel sind am Bug zwei Rollen, am Heck eine Rolle von
3 in Durchmesser eingebaut.
Das bei Ouessant aufgenommene Kabel wurde mit dem Borkumende geprüft, mit dem Kabel
in den Tanks verspleißt und das ganze Kabel nochmals geprüft.
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Abb. 4.Auslegemaschine.
Die Spleißstelle wird so hergestellt, daß von dem einen Kabelende auf 16 m +
Lötstellenlänge die Asphaltpapierumwicklung und die Bewehrungsdrähte abgeschält,
letztere aber am Kabel belassen werden. Vom anderen Ende werden die Bewehrungsdrähte
auf Lötstellenlänge abgelöst und abgetrennt. Die Jute wird so lang an beiden Enden
belassen, daß die Lötstelle gut damit bewickelt
werden kann. Die Lötstelle wird, wie in der TBO beschrieben, angefertigt,
jedoch mit den Abweichungen, daß das Permalloyband abgebunden und mit der
Kupferlitze verlötet wird, ebenso die Kupferlitze in sich; beide Litzenenden werden
dann in ein durchlöchertes Kupferröhrchen gesteckt und das Röhrchen mit den beiden
Litzenenden verlötet.
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Abb. 5.Kabelbremse, mit Schraube gespannt.
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Abb. 7.Pilzanker.
Die Lötstelle wird nach Fertigstellung in Eiswasser gekühlt,
mit der Jute sorgfältig umwickelt und dann mit den Bewehrungsdrähten umgeben, bei
dünnen Bewehrungsdrähten unter Benutzung eines kreisförmigen Windeeisens (Abb. 9), in dessen Oeffnungen die Bewehrungsdrähte
hineingelegt werden und das mit Hebeln fest um das Kabel gedreht wird (Abb. 10).
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Abb. 6.Kabelbremse, mit Gewichten gespannt, denen mit zweiarmigem Hebel
entgegengewirkt werden kann.
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Abb. 8.Schema der Flüssigkeitsbremse.
Bei stärkeren Bewehrungsdrähten werden die Drähte mit der Hand
umgelegt und mit einem Hammer angeklopft. In Abständen von 3 bis 4 m werden
Drahtbunde um die Bewehrungsdrähte fest umgewickelt. Hierzu benutzt man ein zweimal
durchbohrtes Stück Holz (Abb. 11), durch dessen
Oeffnungen der Draht hindurchgeleitet und fest angezogen werden kann. Darauf wird
die ganze Spleißstelle (16 m + Lötstelle) mit geteertem Hanfgarn unter
Benutzung des in Abb. 12 dargestellten Werkzeugs fest
umwickelt.
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Abb. 9.Windeeisen
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Abb. 10.Spleiß
Nach Fertigstellung des Spleißes beginnt die Auslegung, indem das Schiff sich langsam
in Fahrt setzt und das Kabel der Bewegung des Schiffes entsprechend ausgegeben wird.
Die Verlegung erfolgte mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 7 sm die
Stunde. Das Schiff hält dabei möglichst den vorher festgelegten Kurs. So genau wie
irgend möglich wird täglich der Standort des Schiffes durch Peilung oder Längen- und
Breitenbestimmung festgestellt und genau vermerkt, so daß die richtige Lage des
Kabels feststeht. Die Länge des ausgelegten Kabels wird nach den Umdrehungen der
Scheibe der Auslegemaschine selbsttätig genau aufgezeichnet.
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Abb. 11.Drahtbinder.
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Abb. 12.Bindehammer.
Von Viertelstunde zu Viertelstunde wird der Stand abgelesen.
Aus der Länge des Schiffsweges und der Länge des ausgegebenen Kabels lassen sich die
Lose berechnen, mit der das Kabel ausgelegt ist. Da jedoch die Länge des
Schiffsweges zuverlässig nur nach den Ortsbestimmungen nachträglich festzustellen
ist, das Loggen dagegen bei Strömungen falsche Ergebnisse gibt, so wird die Länge
des Schiffsweges durch einen gleichzeitig mit dem Kabel ausgelegten, straff
gespannten Stahldraht von 0,9 mm Stärke laufend festgestellt. Der Stahldraht wird
auf große Spulen gewickelt, deren jede 100 sm fassen kann. Durch die Oeffnung der
Spule wird eine Achse gesteckt,
die auf Kugellager läuft (Abb. 13). Vorn in der
Achse befindet sich ein Arm, der sich bis über die Drahtlagen der Spule krümmt und
am Ende eine Rolle trägt. Ueber diese wird der Draht von der festen Spule
abgewickelt, während sich die Achse mit dem Arm dreht. Hinten auf der Achse befindet
sich ein Bremsrad, das mit einer Bremse, ähnlich derjenigen der
Kabelauslegemaschine, gebremst wird.
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Abb. 13.Schema einer Drahtabspulvorrichtung mit Bremsen
Um eine gleichmäßige Bewegung zu erzielen, ist außerdem eine
Kupferscheibe auf die Achse gesetzt, die von Elektromagneten gebremst wird. Der
Draht wird so gebremst, daß er mit etwa 16 kg gespannt ist; die Spannung wird an
einem kleinen Dynamometer nach dem Prinzip des Kabeldynamometers gemessen. Die Länge
des ausgelegten Drahtes wird an den Umdrehungen einer Scheibe, über die er führt,
fortlaufend gemessen und registriert. Der Unterschied der Länge des ausgelegten
Kabels und Drahtes wird an einem Registrierwerk dauernd aufgezeichnet und ist
außerdem an einer Marke sichtlich, nach der der Arbeiter die Bremse der
Auslegemaschine reguliert, so daß das Kabel möglichst mit gleicher Lose ausgelegt
wird. Wie die Nachprüfung auf Grund der Berechnung des Schiffsweges ergibt, ist die
Uebereinstimmung der Drahtlänge und des Schiffsweges sehr groß; die Abweichung
beträgt nur ½–1% der Kabellänge. Die Drahtauslegung ist daher ein vorzügliches
Mittel, die Lose des Kabels fortlaufend zu überwachen. Die Zugspannung am
Dynamometer richtet sich nach der Tiefe und beträgt etwas weniger als das Gewicht
des senkrecht bis zum Grunde hängenden Kabels im Wasser, damit das Kabel nicht ganz
straff ausgelegt wirds. W. v. Siemens Lebenserinnerungen, S. 131.. Beispielsweise wiegt beim Tiefseekabel 1 sm im Seewasser etwa 1,1 t, bei
3000 Faden Tiefe = 3 sm wiegt also das senkrecht hängende Kabel 3,3 t. Die Spannung
am Dynamometer beträgt etwa 2,8 t bei einer Lose von etwa 7 %.
Die Kabel laufen aus den Tanks in Führungen (Abb. 14).
Ueber die Kabel sind drei eiserne Ringe gespannt, die die Führung außen begrenzen.
Der erste wird etwa 1 m über der obersten Kabellage gehalten, der dritte ist
oberhalb eines in der Mitte des Tanks stehenden abgestumpften Kegels in der Luke
angebracht. Der Kegel soll verhindern, daß die Schläge über die Mitte hinaus
schlagen und sich verwirren. Oben über der Mitte des Kegels befindet sich ein großes
Leitauge, durch das das Kabel hindurchgezogen wird. Der richtige Ablauf wird von
Leuten überwacht, die die Latten zwischen den Lagen wegnehmen, die ferner aufpassen,
daß die ablaufenden Schläge nicht unten eine untere Lage fassen können, und bei den
inneren Schlägen den Ablauf am Kegel bremsen. Die Kabel laufen über das Verdeck
durch Leitaugen. Beim Tankwechsel wird langsam gefahren, damit die Schleife, nachdem
die Ringe und das Auge in und über dem Tank seitlich geöffnet sind, aus dem Tank
herausgenommen und ausgezogen werden kann und dann der Spleiß ruhig durchläuft und
langsam zu Wasser geht.
In dieser Weise lief das Kabel 7 Tage lang vom 15. bis 22. September Tag und Nacht gleichmäßig aus dem Schiff heraus. Scheinbar
eine eintönige Arbeit und doch voller Unruhe und Sorge. Was W. v. Siemens über die
erste Tiefseekabellegung von Sardinien nach Bona in Algier in seinen
Lebenserinnerungen sagt, gilt auch jetzt noch trotz der inzwischen vollkommener
gewordenen Maschinen und Instrumente, die die Kabellegung sichern. Ständig wird die
Zugspannung des auslaufenden Kabels beobachtet, seine Länge mit der Länge des
gleichzeitig auslaufenden Drahtes verglichen, damit nicht zu viel und nicht zu wenig
Kabel abläuft und das Kabel sich gut in alle Unebenheiten des Bodens legt. Ständig
überwacht eine Kolonne den Ablauf des Kabels im Tank, damit er glatt vonstatten
geht. Ständig wird der Zustand des Kabels elektrisch geprüft, damit etwaige Fehler
sofort entdeckt und beseitigt werden können. Täglich wird der Schiffsort sorgfältig
ermittelt, um Abweichungen von der vorgesehenen Kabelführung zu vermeiden.
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Abb. 14.Schema der Kabelführung im Tank
Die elektrische Prüfung des Kabels erfolgt derart, daß eine Spannung über ein
Galvanometer an das Kabel gelegt und der Ausschlag des Lichtscheins dauernd
beobachtet wird. Am Landende ist das Kabel über ein Galvanometer und einen hohen
Widerstand geerdet, so daß praktisch der Isolationswiderstand durch das Galvanometer
im Schiff gemessen wird. Damit festgestellt werden kann, daß der Stromweg bis zum
Landende nicht unterbrochen ist, wird alle 5 Minuten am Landende ein Kondensator an
das Kabel gelegt und damit das Kabel entladen. Diese Entladung macht sich am
Galvanometer im Schiff durch einen Ausschlag des Lichtscheins bemerkbar. Alle ½
Stunde wird im Schiff die Stromrichtung umgekehrt. Will das Schiff das Landende
rufen, so kehrt man den Strom außerhalb dieser Zeit öfter um; ebenso ruft die
Uferstation das Schiff durch wiederholtes Anlegen des Entladungskondensators.
Außerdem wird täglich der Leitungswiderstand gemessen.
Am 22. September morgens machte das Schiff an der Picoinsel halt, nachdem beinahe
1200 Seemeilen ausgelegt waren. Das Kabel wurde abgeschnitten, sein Ende isoliert
und ins Meer versenkt. Die Lage des Kabelendes wurde durch eine Boje bezeichnet.
Zu diesem Zweck wird das Schiff abgestoppt und das Kabel mit der Bremse festgehalten.
Sodann werden auf das Kabel Stopper gesetzt, die es ohne Bremse festhalten und so
sichern (Abb. 17 und 15 C). Das Kabel kann nun geschnitten und mit einer Stahltrosse verbunden
werden. Nach dieser Arbeit werden die Stopper gelöst, die Bremse wird nachgelassen
und die Stahltrossenverbindung langsam mit dem Kabelende über Bord gelassen. Hinter
dem Ende der 1. Stahltrosse (200 Faden) wird eine Trosse nach dem Bug eingeschäkelt
(die von der Bugrolle an der Schiffsseite außen bis zum Heck herumgenommen ist), und
darauf die 2. Trosse hinter dem Schäkel abgehauen (Abb.
15 A). Das Kabel hängt jetzt an der Bugtrosse. Das Schiff wird so
gestellt, daß die Trosse neben dem Schiff liegt. Am Ende der 2. (200 Faden) Trosse
(der 1. Bugtrosse) folgt Kette, an der der Pilzanker seitlich hängt (60 Faden), dann
wieder Trosse 5 × 200 Faden (gelotete Tiefe 950 Faden). An der letzten Trosse wird
seitlich die Bojentrosse angeschäkelt; die Trosse selbst wird kurz hinter dem
Schäkel abgehauen und die Boje zu Wasser gelassen (Abb.
15 B).
Nach dem Aufbojen des Kabelendes fuhr der Dampfer nach Horta. Am folgenden Tage (23.)
wurde die Trace des 600 Faden langen Küstenkabels ausgekundet und mit Bojen
bezeichnet sowie ferner das Küstenkabel und Landkabel (200 Faden) bis zur Kabelhütte
gelegt. Zu diesem Zweck wird das Küstenkabel mit dem Landkabel auf einen Leichter
geladen. Am Mittelsteg des Leichters wird ein Bock angebunden und nach vorn und
hinten mit je zwei Tauen verankert (Abb. 18). An dem
Bock hängt an einem Flaschenzug eine Rolle. Ueber diese Rolle wird das Kabel nach
hinten herausgezogen. Zur Führung sind am Hinterteil zwei Latten angebracht. Hinter
dem ersten Schlepper wird ein zweiter angehängt, der vorn und in der Mitte ein
Führungsauge, am Ende eine einfache Bremse besitzt (zwei Augen und dazwischen an
einem Hebel ein halbes Auge, das auf das Kabel gedrückt werden kann). Im zweiten
Schlepper kann das Kabel durch Stopper festgehalten werden. Am 24. früh wurden
die Leichter zur Landungsstelle geschleppt und so dicht wie möglich aus Ufer
gebracht. Das Landkabel und das Küstenkabel wurden vom Leichter ausgegeben und über
die etwa 200 Faden lange Strecke bis zum Ufer durch angebundene Ballons getragen.
Nachdem das Kabel bis zur Kabelhütte ausgelegt und im Land eingegraben war, wurde
der Leichter auf dem ausgekundeten Wege geschleppt und so das Kabel ausgelegt. Das
Ende des Kabels, das mit einer kurzen Kette und einer Trosse verbunden war, ging
über Bord. Am Ende der Trosse wurde eine Bojentrosse angeschäkelt und die Trosse mit
einem Tau über Bord gelassen. Darauf wurde die Boje über Bord geworfen und das Tau
abgeschnitten. Wassertiefe ungefähr 20 Faden.
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Abb. 15.Schematische Darstellung verschiedener Vorgänge beim
KabellegenA) Umlegen der Trosse mit dem Kabelende vom Heck zum Bug; B)
Boje, bereit zum Herablassen; C) Kaoel von Stoppern gehalten, um es aus der
Maschine herauszunehmen; D) Schlußspleiß an Trosse, die nach Ueberbordlassen der
Schlaßspleißschleife gekappt (abgehauen) wird.
Am 25. legte sich der Kabeldampfer früh bei der Boje hin (Abb. 20) und nahm die Boje und das Kabelende über die Heckrolle auf.
Wegen der starken Strömung, die das Schiff gegen die Felsen vom Monte da Guia trieb,
konnte jedoch das Kabel an diesem Tage nicht angespleißt werden.
In der Nacht des 25. brach ein heftiger Sturm aus, der das Schiff zwang, bis zum 29.
zu kreuzen, weil der Hafen von Horta keinen Schutz gewährte.
Am 30. früh wurde in der Pim-Bucht das Schiff verankert, das Kabelende wurde über
Heck an
Bord genommen, geprüft und mit dem Anschlußkabel im Schiff verspleißt. Dann
wurde das Kabel bis zur Boje des Borkumkabels bei der Picoinsel ausgelegt (etwa 35
sm östlich von Horta). Diese Boje wurde aufgenommen und das Borkumkabel eingehievt.
100 m vor dem Pilzanker riß die Trosse, die während des Sturmes am Felsen teilweise
durchgescheuert war. Nunmehr mußte das Fayalende aufgebojt und die Nacht hindurch
mit Suchanker das Kabel nach Borkum gesucht werden. Morgens gegen 6 Uhr wurde das
Kabel gefaßt und langsam hochgewunden (Zugkraft ungefähr 4 t).
Der Suchanker besteht aus einem etwa 1 m langen Eisen von quadratischem Querschnitt,
das an allen vier Seiten Haken zum Greifen des Kabels trägt. Er ist an einer Kette
von mehreren Faden Länge und dann an Trossen (von je 200 Faden Länge aus 3 × 6
Stahllitzen, mit Hanf umsponnen, für 18 t Last) befestigt, die durch drehbare
Schäkel verbunden werden. Sobald die Kabelbucht aus dem Wasser heraus und bis
an die Bugrolle herangezogen ist, werden zwei Mann an den Davits über den Rollen mit
Flaschenzügen herabgelassen und befestigen je eine Kette und einen Stopper an jedem
Kabelende (Abb. 19). Die Kette wird in drei Schlingen
um das Kabel gewunden und zwischen den Schlingen mit geteertem Schiemannsgarn
abgebunden; die Stopper werden kreuzweis darunter um das Kabel geschlungen und
ebenfalls mit geteertem Schiemannsgarn festgebunden. Alsdann wird das Kabel
durchgesägt, und beide Enden hängen an je einer Trosse, die über die Bugrollen und
Einholmaschinen geführt sind.
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Abb. 16.Schema eines Dynamometers
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Abb. 17.Seil-Stopper, auf das Kabel gesetzt.Beim Loslassen des
Kabels in der Bremse hält der Stopper das Kabel kurz vor der Endrolle fest, so
deß das lose Kabel im Schiff aus der Maschine genommen werden kann.
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Abb. 18.Schleppzug mit Küstenkabel.
Das Borkumende wurde zunächst eingeholt, geprüft und mit dem Kabel im Tank verbunden;
dann wurde das neue Kabel aus dem Tank über die Steuerbordbugrolle ausgegeben,
während gleichzeitig das Pilzankerkabelende über die Backbordbugrolle aufgenommen
wurde. Das neue Kabel wurde dann bis zur Fayalendenboje ausgelegt, festgehalten
und die Fayalboje mit dem Ende nach Fayal eingehievt. Nachdem das Fayalende
aufgehoben und geprüft war, wurde zwischen Borkumende und Fayalende der Schlußspleiß
gefertigt. Zu diesem Zwecke wurde eine Trosse mit zwei besonders langen Stoppern auf
beide Kabelenden gesetzt. Mit dieser Trosse wurden beide Enden festgehalten. Die
Enden wurden sodann aus den Einholmaschinen herausgenommen und vor ihnen
zusammengespleißt (Abb. 15 D). Die Bucht mit dem
Schlußspleiß wurde vorsichtig an der Trosse heruntergelassen und die Trosse dann
feierlich abgehauen.
Textabbildung Bd. 342, S. 43
Abb 19.Befestigung des hochgehievten Kabels an Trossen.
Damit war am Abend des 1. Oktober das Werk vollendet. 1882,7 sm Kabel sind von
Borkum bis Horta ausgelegt worden. Die Prüfung des Kabels ergab, daß es den
Vertragsbedingungen in jeder Hinsicht entspricht und daß seine Dämpfung sogar
erheblich unter der vertraglich festgesetzten bleibt.
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Abb. 20.Karte der Landungsstelle auf den Azoren.
Die Norddeutschen Seekabelwerke in Nordenham haben durch die vorzügliche Herstellung
und Auslegung des Kabels einen neuen Beweis für die Leistungsfähigkeit der deutschen
Industrie erbracht.