Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Sander |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 70 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Leistungen der wissenschaftlich-technischen Institute in
Rußland. Einer Zusammenstellung der wissenschaftlichen technischen
Institute, in Rußland deren Forschungen zumeist der industriellen Entwicklung dienen
sollen, entnehmen wir folgendes:
Das Institut für angewandte Chemie unter N. Kurnakow ist eins der größten Rußlands.
Seine analytische Abteilung führt ständig zahlreiche Analysen von chemischen
Produkten und Waren aus. In der organischen Abteilung beschäftigt man sich besonders
mit der Herstellung von metallischem Aluminium aus Tichwiner Bauxiten, sowie mit der
Ausarbeitung von Verfahren zur Gewinnung von Stickstoff aus der Luft. Es wurde
kürzlich ein neues Verfahren zur Herstellung von nichtrostendem Stahl gefunden. In
der organischen Abteilung ist man mit der Herstellung von Gerbstoffen aus Badan, aus
der Rinde von Tannen, Weiden und anderen Pflanzen beschäftigt. Ein neues Verfahren
zur Destillation von Fuselöl und zur Gewinnung von hochsiedendem Alkohol und auch
Aether konnte eingeführt werden. Dadurch, daß es gelang, bituminöse Schiefer zur
Herstellung von Ultramarin heranzuziehen, konnten die Herstellungskosten von
Ultramarin um etwa 30% gesenkt werden. Erfolgreiche Arbeiten wurden weiter
ausgeführt zur Gewinnung von Phosphoriten, zur Kalzinierung von Glaubersalz usw. Auf
Grund von Versuchen des Instituts konnte die Gewinnung von Bor und Borsäure bereits
auf 30–40000 Pud im Jahr erhöht werden.
Das chemische Institut Charkow, dessen Leiter Prof. L. Bach ist, arbeitete eine neue
Methode zur Herstellung von hochwertigem Ichthyrol aus. Prof. Stadnikow, ein
Mitarbeiter des Instituts, fand einen neuen Katalysator, durch den es möglich ist,
Phenole in Toluol, Benzol usw. umzuwandeln. Ferner wurde eine elektrolytische
Methode ausgearbeitet, um Paraaminophenol aus Nitrobenzol zu gewinnen. Für den Trust
„Asnest“ wurde ein Verfahren, mit Hilfe von Katalysatoren Naturgase zu
oxydieren, ausgearbeitet, und für die Fabrik „Karbolit“ ein elektrolytisches
Verfahren zur Verchromung von Stahl.
Das chemisch-pharmazeutische Institut, von Prof. P. Kaminski geleitet, stellte eine
große Anzahl von neuen ätherischen Oelen zusammen, von denen 52 von der Industrie
jetzt hergestellt werden. Die pharmazeutische Abteilung konnte neue Verfahren zur
Herstellung von kristallinischen Kodein und Kodeinsalzen, von Atropin, Heroin,
Wasserstoffsuperoxyd, Jodoform und anderen Medikamenten einführen. Auch den
Abwässern der Bohrlöcher im Bakugebiet hat das Institut seine Aufmerksamkeit
geschenkt und zur Zeit werden bereits monatlich 150 kg Jod aus diesen gewonnen.
Das Institut für künstliche Düngemittel beschäftigte sich unter Prof. Britzke mit
allen Fragen, die sich auf künstliche Düngung beziehen. Es hat in der letzten Zeit
eine genaue Erforschung der bekanntesten Lagerstätten in Rußland, die Rohstoffe für
künstlichen Dünger liefern, durchgeführt. Es wurden Phosphoritlagerstätten, Kalk und
Mergelvorkommen und die Kalivorkommen eingehend erforscht. Die Förderungs- und
Aufschließungsanlagen für Phosphorite konnten von dem Institut verbessert werden.
Besonders erwähnenswert ist noch eine neue Methode zur Herstellung von
Phosphoritmehl und zur Herstellung von Phosphorsäure auf thermischem Wege. In
letzter Zeit wurden praktische Düngeversuche mit phosphorsaurem Ammoniak und
Kalisalzen der Solikamsker Lagerstätte gemacht.
Das Leningrader „Experimentelle elektrotechnische Laboratorium,“ dessen Leiter
Prof. Kowalenko ist, hat sämtliche Vorarbeiten geleistet zur serienweisen
Herstellung von 0,5–15 PS Dreiphasen-Asynchronmotoren. Eine Reihe neuer Apparate
wurde konstruiert, deren Massenherstellung bereits durchgeführt wird, wie z.B.
Spannungsumschalter, Telephonhörer mit sternförmig angeordnetem fünfteiligem
Magnetsystem, ein Kontrollapparat für Radiokopfhörer usw. In Arbeit befinden sich
neue Akkumulatorenbatterien für Radioanlagen, Scheinwerfer usw.
Das Staatsinstitut für experimentelle Elektrotechnik berichtet über neue Arbeiten zur
Verbesserung von Elektromotoren, Herstellung von Bürsten von Dynamos, zur
Erforschung der Dielelektrika, zur Untersuchung des Einflusses von
Hochspannungsleitungen auf Telegraphenlinien, zum automatischen Regulieren der
Temperatur in Oefen usw. Das Institut wird zur Zeit ausgebaut und wird nach der
Fertigstellung aus 8 Gebäuden bestehen, darunter ein physikalisch-technisches
Laboratorium, ein Hochspannungslaboratorium, ein Niederspannungslaboratorium, ein
radiotechnisches Laboratorium usw.
In dem physikalisch-technischen Institut wurden neue Schutzvorrichtungen für
Hochspannungsleitungen, Verfahren zur Ausnutzung der Hochspannungsleitung für
Telephon, sowie neue Radioapparate ausprobiert. Es wurden weiter Verfahren zur
Durchleuchtung von Metallen mit Röntgenstrahlen sowie zur geologischen Schürfung mit
Hilfe der Elektrizität ausgearbeitet. Eine Maschine zum Polieren der Kohlenmembrane
in Mikrophonen wurde konstruiert, und es konnte auch ein neues Verfahren zur
Herstellung der Membrane gefunden werden. Auch im Bau von
Transformatoren wurden größere Fortschritte erzielt.
Das staatliche Büro für „Metallurgische und wärmetechnische Konstruktionen“
hat die Aufgabe, beizutragen zur Herabsetzung der Produktionskosten der Industrie,
indem es in den verschiedensten Betrieben wärmetechnische Fehlerquellen aufdeckt und
den Fabriksleitungen Vorschläge zur Modernisierung ihrer Anlagen unterbreitet. Es
hat zahlreiche Projekte für die verschiedenen Flammöfen, Trockenanlagen und
Entstaubungsanlagen ausgearbeitet und ist zurzeit damit beschäftigt, neue
Konstruktionen zur besseren Ventilation von Fabrikräumen einzuführen. Das Institut
arbeitet im engsten Zusammenhang mit der Industrie und kann sich bereits, trotzdem
es erst seit zwei Jahren besteht, selbst finanzieren; wie umfangreich die Tätigkeit
geworden ist, geht daraus hervor, daß 42 selbständige Mitarbeiter vorhanden
sind.
Das aerohydrodynamische Institut arbeitet zur Zeit an der Konstruktion von
Windmotoren. Ein Windmotor des Instituts von 50 PS arbeitet bereits seit 9 Monaten
erfolgreich im Bakuer Naphtarevier und hat in dieser Zeit für das Auspumpen einer
Anzahl von Bohrlöchern 85% der hierzu nötigen Kraft geliefert, während man lediglich
für die restlichen 15% auf einen Reservewärmemotor zurückgreifen mußte. Gegenwärtig
werden 100-PS-Windmotoren für die Krim konstruiert. Dort besitzt der Windmotor für
die Elektrifizierung eine große Zukunft, da für seine Ausnutzung gerade die
Jahreszeit günstig ist, in der die Wasserkräfte unter Wassermangel zu leiden haben,
so daß sich Windkraft und Wasserkraft gegenseitig zu ergänzen vermögen.
Das wissenschaftliche Institut für Automotoren hat folgende eigene Konstruktionen
herausgebracht: „Nami – 100“, den Kleinkraftwagen „Nami – I“, der
speziell zum Befahren schlechter Wege eingerichtet ist, den Flugmotor „Nami – 700
PS“, der bis jetzt der einzige Großmotor russischer Konstruktion ist, den
Flugmotor „Nami – NRB – 100“, den Zweizylinder-Flugmotor „Nami – 20
PS“, der auch mit Schweröl betrieben werden kann. Das Institut hat weiterhin
anerkannt gute Arbeiten auf dem Gebiet der Traktoren und Motorschlitten geleistet.
Die 6 Abteilungen sind heute: Eine thermödynamische, eine Konstruktionsabteilung,
eine technisch-industrielle und Abteilungen für Automobil-, Traktoren- und
Flugzeugmotorenbau. (Nach „Torgowo-Promyschlennaja Gaseta,“ Industrie- und
Handelszeitung.)
Reinglaß.
Brennstoffuntersuchungen. Dr. H. Broche bespricht die
Normung der bei Abnahmeversuchen auszuführenden Brennstoffuntersuchungen, wobei er
auf die Wichtigkeit hinweist, genaue Vereinbarungen nicht nur über die Art der
auszuführenden Untersuchungen zu treffen, sondern auch über die Methoden, nach denen
die verschiedenen Werte zu ermitteln sind. Es gilt hierbei, sich über die besten und
zuverlässigsten Methoden zu einigen, wobei auch die Arbeiten, des Auslandes zu
berücksichtigen sind. Wenn die betreffenden Untersuchungen überall nach den gleichen
Methoden ausgeführt werden, so lassen sich die an verschiedenen Stellen gewonnenen
Ergebnisse unschwer miteinander vergleichen. Auf diese Weise werden
Normvorschriften entwickelt, neben denen in gewissen Fällen Konventionsmethoden
zur Anwendung gelangen werden, die aber ebenfalls brauchbare Vergleichswerte
liefern. Die Literaturangaben des bisherigen Entwurfes sind entsprechend zu
ergänzen, vor allem unter Berücksichtigung der neueren Literatur.
Von besonderer Bedeutung ist es, eine Einigung herbeizuführen über die Bestimmung des
Wassergehaltes der festen Brennstoffe sowie über die Bestimmung der flüchtigen
Bestandteile. Die Wasserbestimmung zerfällt in die Ermittlung der groben
Feuchtigkeit und in die Bestimmung des Wassergehaltes der lufttrockenen Probe.
Letztere kann bei Steinkohlen und Koks hinreichend genau durch Trocknen bei 105°
erfolgen, dessen Dauer jedoch nicht länger als 1 Stunde betragen sollte, um eine
Oxydation der Kohle zu vermeiden. Die Wasserbestimmung in Braunkohlen und Torf ist
durch Destillation mit Xylol, am besten nach der von Erdmann angegebenen Methode
auszuführen, da die Trocknung in einem Kohlensäurestrom durch Adsorption von
Kohlensäure beträchtliche Fehler ergeben kann. Dagegen ist die Wasserbestimmung mit
Xylol in der von Erdmann angegebenen Weise ohne große Mühe durchführbar, sie liefert
genaue Werte und kann daher zur Aufnahme in die Regeln für Brennstoff Untersuchungen
empfohlen werden.
Noch wichtiger ist eine Festlegung der Methode zur Bestimmung der flüchtigen
Bestandteile, da hier je nach der Arbeitsweise erhebliche Unterschiede auftreten.
Nicht nur die Größe des Tiegels und das Material, aus dem er besteht, sondern auch
die Verkokungstemperatur, die Dauer der Erhitzung, der Abstand der Brennermündung
vom Tiegelboden sowie die Art der Heizquelle spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Während man früher in Deutschland meist die Mucksche Probe anwandte, bedient man
sich heute vorwiegend der Bochumer Probe, bei der ein Tiegel verwendet wird, in
dessen Deckel ein 2 mm weites Loch sich befindet. In Amerika dagegen bestimmt man
die flüchtigen Bestandteile allgemein in der Weise, daß man 1 g Kohle in einem 20–30
g wiegenden Platintiegel 7 Minuten lang bei 950° in einem elektrischen Ofen erhitzt.
Vergleichende Bestimmungen über die Ergebnisse, die bei Anwendung der eben erwähnten
verschiedenen Methoden erhalten werden, sind kürzlich in Holland von Kreulen
ausgeführt worden, aus denen die beträchtlichen Abweichungen, die man bei Anwendung
der verschiedenen Methoden erhält, deutlich ersichtlich sind. Die Unterschiede
betragen bis zu 3%. Die Einhaltung einer bestimmten Temperatur ist bei elektrischer
Beheizung des Tiegels jedenfalls am einfachsten möglich, doch stehen der allgemeinen
Einführung dieser Methode die Kosten der elektrischen Oefen im Wege. Verf. empfiehlt
daher in erster Linie die Einführung der Bochumer Probe als Norm für
Brennstoffuntersuchungen, doch erscheint auch die Festlegung der Werte nach der
amerikanischen Methode vorteilhaft, um Vergleiche mit amerikanischen
Veröffentlichungen ermöglichen zu können.
Zweckmäßig werden in den Regeln noch kurze Hinweise mit Literaturangaben für
bestimmte Untersuchungen
aufzunehmen sein, so z.B. über die Heizwertbestimmung von sehr aschereichen
Brennstoffen, von leichtsiedenden Oelen, über die Schwefelbestimmung nach Eschka
sowie über die Stickstoffbestimmung. (Archiv f. Wärmewirtschaft 1926, S. 237.)
Sander.
Ueber die Bestimmung des Sauerstoffgehaltes im Sauerstoff des
Handels haben B. Neumann und W. Steuer vergleichende Untersuchungen
ausgeführt, deren Ergebnis recht interessant ist. Verdichteter Sauerstoff, der aus
verflüssigter Luft gewonnen ist, enthält als Verunreinigung nur eine geringe Menge
Stickstoff. Die Bestimmung des Sauerstoffgehaltes erfolgt in der Praxis entweder
durch Absorption mit alkalischer Pyrogallollösung oder durch Verbrennen des
Sauerstoffs über Kupfer. Da diese beiden Methoden keine übereinstimmenden Ergebnisse
liefern, wurden die verschiedenen Analysenmethoden einer näheren Prüfung unterzogen.
Es kamen zur Anwendung:
1. Verbrennung in einem langen, mit Kupferdrahtnetz gefüllten
Glasrohr, Messung des Stickstoffrestes.
2. Absorption mit Kupfer in Ammonkarbonat und Ammoniak.
3. Absorption mit Natriumhydrosulfit.
4. Absorption mit Phosphor.
Um bei Methode 4 ein gefahrloses Arbeiten zu ermöglichen, wurde die
Phosphorpipette zuerst mit 80 ccm reinem Stickstoff gefüllt und dann erst der zu
untersuchende Sauerstoff nach und nach in kleinen Mengen eingeführt.
Der Stickstoffrest wurde nach sämtlichen 4 Methoden mit guter Uebereinstimmung zu 2,3
bis 2,5% ermittelt; bei der Absorption des Sauerstoffs mit Pyrogallollösung wurde
dagegen bis zu 4% Restgas gefunden und die einzelnen Werte zeigten ziemliche
Schwankungen. Bei näherer Prüfung ergab sich, daß das Restgas erhebliche Mengen
Kohlenoxyd enthielt, das bekanntlich bei der Einwirkung von hochprozentigem
Sauerstoff auf Pyrogallol aus diesem gebildet wird. Bei weiterer Verwendung der
gleichen Pyrogallollösung wurde andauernd mehr Kohlenoxyd gebildet, nach dessen
Absorption in frisch bereiteter Kupferchlorürlösung aber immer der richtige
Stickstoffrest, nämlich 2,4–2,5% wie oben, gefunden wurde. Es ergibt sich somit, daß
die Absorption von hochprozentigem Sauerstoff mit Pyrogallol falsche Werte liefert;
es werden in dem Sauerstoff mehr Verunreinigungen gefunden, als tatsächlich darin
enthalten sind. Die Pyrogallolmethode liefert nur dann richtige Werte, wenn aus dem
Restgas noch das Kohlenoxyd absorbiert wird. (Chem.-Zeitg., 49. Jahrg., S. 585.)
Sander.