Titel: | Vollendung des Kachlet-Werkes. |
Autor: | Landgraeber |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 126 |
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Vollendung des Kachlet-Werkes.
Vollendung des Kachlet-Werkes.
Zwischen Passau und Vilshofen wird das Kachlet-Werk in der Donau, die größte
deutsche Wehranlage, errichtet. Das Krafthaus gehört infolge der eigenartigen
Anordnung und Ausbildung der Turbinen zu einem Spitzenkraftwerk von besonderer Art.
Die Kachletstufe dient dem besonderen Zwecke der Schiffbarmachung der berüchtigten
Kachletstrecke, d.h. der Ermöglichung eines dauernden Verkehrs von
1200-Tonnen-Schiffen mit 12 m Länge, 10 m Breite und 2,3 m Tiefgang. In Kachlet
fließt die Donau, ähnlich wie im Bingerloch des Rheinstroms, fast durchweg in einem
Bett von gewachsenem Fels. Bei Niederwasser besitzt die Donau hier nur eine
Fahrwassertiefe von 1,4 m. Fast alle größeren Schiffe können diese Strecke nur
teilweise beladen befahren. Außerdem bilden die vielen im Flußbett aufragenden
Felsen, die geringe Breite des Fahrwassers, die Stromschnellen und die starken
Gefällunterschiede eine ständige Gefahr und Erschwerung der Schiffahrt. Die
gewünschten Fahrwasserverhältnisse werden dadurch erreicht, daß am Ende der
eigentlichen Kachletstrecke durch ein quer über die Donau gespanntes Wehr von 175 m
Breite der Fluß um etwa 9 m aufgestaut wird. Der Stau setzt alle Hindernisse im
Flußbett unter Wasser und ermöglicht der Schifffahrt die ungehinderte Durchfahrt bei
genügend breitem und tiefem Fahrwasser. Die Kachletwerke gliedern sich in drei
Hauptteile: 1. die Schleuse, 2. das Kraftwerk und 3. das Wehr.
Die Schleusenanlage. Die Schleusen sind je 230 m lang und
24 m breit. Sie messen von der Sohle bis zur Mauerkrone 13 m. Die Ausmaße gestatten
die Durchschleusung eines Dampfers mit 3 hintereinander liegenden Schleppern von je
1000 Tonnen, die auch paarweise nebeneinander gefahren werden können, was bei dem
bisherigen „eingleisigen“ Schiffahrtsbetrieb nicht möglich war. Um die
mächtigen Schleusentore in einem Halbkreis herum führt auf jeder Seite ein
Ausgleichskanal, die beide durch Schützen abgesperrt werden können. Soll ein
Schiffszug aufwärts geschleust werden, so erfolgt – nach Schließung der unteren
Schleusentore – der Wassereinlaß in eine Kammer durch zwei Ausgleichskanäle, in
denen die eingelassenen Wassermassen in der Mitte gegeneinanderprallen und ihnen die
zerstörende Kraft, die sie an den Schleusenwänden bei ungleichmäßiger Zuleitung im
Laufe der Zeit anrichten würden, genommen wird. Ist nun das in die Schleusenkammer
eingedrungene Wasser „ausgespiegelt,“ d.h. der vor und hinter dem
Schleusentor liegende Wasserspiegel gleich geworden, dann lassen sich die
oberen Schleusentore durch den auf beiden Seiten ziemlich gleichen Wasserdruck mit
motorischer Kraft leicht öffnen. Zur Bewegung eines Torflügels dient je ein
15-PS-Elektromotor. Sollten Reparaturen an einem der Schleusentore notwendig sein,
so werden in einem gewissen Abstande vor dem Tore Dammbalken eingesetzt. Es sind
mächtige, aus mehreren Teilen bestehende Eisenkonstruktionen, die die Wassermassen
absperren. Die Tore selbst sind hohlwandig, mit Schlupflöchern versehen, die
jederzeit ein eventuelles Arbeiten im Innern gestatten.
Die Kraftanlagen. In 122 m Breite gähnen die 8 riesigen
Turbinensaugschläuche dem staunenden Beschauer entgegen, die je 84 cbm Wasser pro
Sekunde durchzulassen vermögen. Die Gesamtleistung der 8 Propeller-Turbinen
übertrifft mit 250000000 Kwstd die Krafterzeugung des Walchenseewerkes um ein
Beträchtliches. Die Einlaufe zu den Turbinenschläuchen werden durch Rechen gegen
Treibholz und Sonstigem geschützt. Sie können gleich den Schleusen durch Dammbalken
vollkommen trocken gelegt werden. Der Giebel des Krafthauses erhebt sich 40 m über
die Sohle der Turbinensaugschläuche, die etwa 5 m unter dem jetzigen Wasserspiegel
liegen. Im Innern des Krafthauses ermöglicht ein in ganzer Breite durchlaufender
Kran jederzeit die Auswechslung der Turbinen und Generatoren. Gegen die Donau zu ist
der Oberwasserkanal durch einen in Eisenbeton erstellten Rechen abgeschlossen, der
25 Oeffnungen zu je 6 m aufweist.
Die Wehranlage. Die gewaltigen Ausmaße der gesamten
Wehranlage, durch die der Wasserspiegel um 9 m gehoben wird und durch die die
Stauung 28 km weit aufwärts geht, lassen sich am anschaulichsten durch die Tatsache
erläutern, daß sich in jeder Oeffnung 12000 Zentner Eisenkonstruktion befinden. Die
Schützen bestehen aus zwei Teilen. Der untere besitzt mächtige Versteifungen an
seiner Rückseite, die beim oberen Teile infolge des bedeutend geringeren
Wasserdruckes nicht nötig sind. Durch die aufgeschütteten Dämme an beiden Ufern
waren 80 Kunstbauten, wie Brücken, Durchlässe und Höherlegungen der in die Donau
einfließenden Gewässer erforderlich. Die gesamten Bauten und Anlagen sind für einen
Wasserandrang von 6000 cbm/sec berechnet, wobei als höchster Wasserstand das
Hochwasser aus dem Jahre 1842 zugrunde gelegt wurde.
Landgraeber.