Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 174 |
Download: | XML |
Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Zerlegung der Koksofengase durch Tiefkühlung. Die
Zerlegung der Koksofengase zur Gewinnung von Methan einerseits und von Wasserstoff
andererseits ist in der letzten Zeit mit Erfolg durchgeführt worden. J. Bronn hat in
Gemeinschaft mit den Rombacher Hüttenwerken (jetzt Concordia Bergbau A.-G.) ein
neues Verfahren zur Abscheidung der genannten Gase ausgearbeitet, das für die
Gewinnung von synthetischem Ammoniak sowie für Hydrierungen aller Art große
Bedeutung erlangen dürfte, zumal auf diesem Wege auch die Abscheidung des Aethylens
aus dem Koksofengase gelingt, die bisher nicht wirtschaftlich duchführbar war.
Bei gewöhnlichem Druck liegen die Siedepunkte der in Betracht kommenden Gase bei
folgenden Temperaturen:
Aethylen bei
– 103,7° C.
Methan bei
– 161,6° C.
Stickstoff bei
– 195,6° C.
Wasserstoff bei
– 252,6° C.
Hiernach scheint es, als ob die Trennung dieser 4 Gase auf dem
nämlichen Wege, wie die Zerlegung der flüssigen Luft in Sauerstoff und Stickstoff
erfolgt, ohne besondere Schwierigkeiten gelingen dürfte. Bei den Versuchen
zeigte sich jedoch, daß ein Koksofengas mit etwa 23% Methan und 2,5% schweren
Kohlenwasserstoffen beim Hindurchleiten durch eine mit flüssiger Luft gekühlte
Rohrschlange nicht völlig von Methan und Aethylen befreit werden kann. Es schied
sich hierbei ein Kondensat ab, das nach dem Wiederverdampfen 82,5% Methan und 14,5%
Aethylen lieferte, während das abziehende Gas noch 12% Methan und 0,3% Aethylen
enthielt. Dasselbe Ergebnis wurde erhalten, wenn 2 gekühlte Rohrschlangen
hintereinandergeschaltet wurden. Diese und weitere Versuche erbrachten den Beweis,
daß es nicht möglich ist, die in den Koksofengasen enthaltenen Kohlenwasserstoffe
einzeln für sich zu verflüssigen, daß es vielmehr zweckmäßiger ist, nach Abscheidung
der Kohlensäure und des Benzols die Kohlenwasserstoffe gemeinsam zu verflüssigen und
aus dieser Flüssigkeit die einzelnen Bestandteile nachträglich durch Rektifikation
zu gewinnen.
Nach diesen Gesichtspunkten wurde bereits vor einigen Jahren auf der Zeche Concordia
in Oberhausen (Rheinland) eine größere Anlage errichtet, deren Apparatur von der
Gesellschaft für Lindes Eismaschinen gebaut wurde. In dieser Anlage können stündlich
300 cbm Koksofengas durch Tiefkühlung zerlegt werden.
Der Arbeitsgang ist, wie die „Zeitschrift für komprimierte und flüssige
Gase“ berichtet, folgender: Das aus der Nebenproduktengewinnung kommende
vorgereinigte Koksofengas wird vorverdichtet und in einem Waschturm mittels
Druckwassers von der Kohlensäure befreit. Das aus dem Turm abfließende Druckwasser
treibt eine mit der Wasserpumpe direkt gekuppelte Wasserturbine an, wodurch der
größte Teil der für den Betrieb des Waschturmes aufgewandten Kraft wiedergewonnen
wird. Das von der Kohlensäure befreite Gas wird sodann auf höheren Druck verdichtet
und vorgekühlt, worauf es in einen Gastrennapparat eintritt, in dem die Abscheidung
des Methan-Aethylen-Gemisches und seine Rektifikation vor sich geht. Aus dem
Trennapparat entweichen Wasserstoff, aethylenreiches Methan (Methan B), reines etwa
96prozentiges Methan (Methan R) und die Restgase durch verschiedene Leitungen teils
in die Gasbehälter, teils werden die Gase direkt von Hochdruckkompressoren angesaugt
und in besonderen Abfüllstationen in Stahlflaschen gepreßt. Durch Einstellung der
gegenseitigen Druckverhältnisse in den einzelnen Teilen des Trennapparates können
Gase von verschiedener Zusammensetzung gewonnen werden und zwar entweder nahezu
reines Methan oder aethylenreiches Methan. Sehr wichtig für den ungestörten Betrieb
der Gaszerlegung ist es, daß das Koksofengas vor der Tiefkühlung sehr sorgfältig von
Benzol, Kohlensäure und Wasserdampf befreit ist, da sonst der Trennapparat leicht
einfriert. In diesem Falle muß der ganze Apparat zur Beseitigung der Verstopfungen
aufgetaut werden, wobei die gesamte in dem Apparat aufgespeicherte Kälte verloren
geht. Diese anfangs gehegte Befürchtung ist jedoch bisher infolge sorgfältiger
Vorreinigung des Gases nicht aufgetreten, obwohl schon Spuren der genannten Dämpfe
genügen, um bei Dauerbetrieb einen Hauch von Eis oder Schnee in dem Apparat ständig
abzusetzen, bis er sich schließlich verstopft. Uebrigens hat sich gezeigt, daß
derartige Verstopfungen in erster Linie auf die Gegenwart von höhersiedenden
Kohlenwasserstoffen zurückzuführen sind, die namentlich in dem Gas der Gaswerke
enthalten sind, in dem gewöhnlichen Koksofengas dagegen nur in geringen Mengen
vorkommen und in dem sich verflüssigenden Aethylen-Methan-Gemisch löslich sind,
wodurch Verstopfungen verhütet werden. Somit ist es sehr wichtig, daß das Aethylen
nicht vorher für sich abgeschieden wird, wie dies zuerst geplant war.
In der Anlage kann neben reinem Wasserstoff (98%) und reinem Methan auch Stickstoff
gewonnen werden, so daß auf diesem Wege ohne weiteres ein aus 3 Raumteilen
Wasserstoff und einem Raumteil Stickstoff bestehendes Gasgemisch erhalten werden
kann, wie es für die Ammoniaksynthese erforderlich ist. Es sind denn auch in letzter
Zeit bereits mehrere Anlagen zur Zerlegung von Koksofengas nach diesem Verfahren für
ausländische Anlagen für die Gewinnung von synthetischem Ammoniak errichtet worden
und auch die neue Ammoniak-Fabrik auf der Zeche Mont Cenis wird den erforderlichen
Wasserstoff und Stickstoff auf diesem Wege gewinnen. (Ztschr. komprim. flüssige
Gase 1926, S. 53–57, 78–81.)
Sander.
Der Luftspeicher-Dieselmotor der Robert Bosch A.-G., der sog.
Acromotor. (Prof. Stribeck auf der Hauptvers, des VDJ 1927.)
Als Betriebsstoff für Luftfahrzeuge haben die leicht siedenden Oele Benzin, Benzol
den schwerwiegenden Nachteil der Feuergefährlichkeit. Deshalb werden die
Bestrebungen, einen schnellaufenden Luftfahrzeugmotor für Schwerölbetrieb zu
entwickeln, mit größter Aufmerksamkeit verfolgt. Aber auch bei Bodenfahrzeugen wird
man gern auf den feuergefährlichen Betriebstoff verzichten, zumal durch die
Verwendung des Schweröls der Betrieb verbilligt wird. Für ortfeste Anlagen und auch
für den Schiffsbetrieb hat der bekannte Schwerölmotor, der Dieselmotor, in immer
wachsendem Umfang Anwendung gefunden. Dagegen ist er als Motor für leichte
Kraftfahrzeuge noch im Versuchszustande. Bei Lastkraftwagen mit ihren
verhältnismäßig langsam laufenden Motoren ist der Anfang mit Schweröl gemacht.
Die größte Schwierigkeit erblickt der Konstrukteur in der Mischung des Brennstoffes
mit der Luft. Bei den Leichtölmotoren wird er in dampfförmigem Zustand schon vor dem
Eintritt in den Zylinder mit der Luft vermischt, und es bedarf nur des Zündfunkens,
um eine rechtzeitige und rasche Verbrennung herbeizuführen. Eine solche
Gemischbildung außerhalb des Zylinders ist mit dem Wesen des Dieselmotors
unvereinbar. Das Oel wird in flüssigem Zustand in den Zylinder eingespritzt und die
Mischung mit der Luft, die bei flüssigem Brennstoff an und für sich größere
Schwierigkeiten bietet als bei dampfförmigem, muß innerhalb des Zylinders vor sich
gehen. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß Mischung und Verbrennung bei einem Motor
von etwa 3000 Uml./Min. in ungefähr dem vierhundertsten Teil einer Sekunde erfolgen
soll, so kann man verstehen, daß auch Ingenieure an der Lösung der Aufgabe
zweifeln.
Die Bestrebungen aller auf diesem Gebiet tätigen Fachleute sind bisher darauf
gerichtet gewesen, den ganzen Luftraum in denkbar kürzester Zeit mit dem Brennstoff
zu durchsetzen, das Schweröl in diesem Raum zu zerstäuben und sodann zu verbrennen.
Von dieser Ausicht ging zweifellos auch der Erfinder des nach dem Viertaktverfahren
arbeitenden, kompressorlosen, schnellaufenden „Acro-Motors“ aus. Durch nicht
ganz einfache Untersuchungen ist es Stribeck gelungen, den Vorgang im Innern
aufzuklären. Fr hat gefunden, daß dabei das anscheinend so schwierige Problem der
Vermischung von Brennstoff und Luft überhaupt ausscheidet, daß sich die Mischung
gleichsam von selbst im Verlauf der Verbrennung vollzieht. Diese geht unter sehr
günstigen Verhältnissen und deshalb rauchfrei vor sich, sie paßt sich selbsttätig
der Drehzahl an, derart, daß sie in dem Maße schneller erfolgt, als die Drehzahl
wächst, ohne aber deshalb weniger gut zu verlaufen. Auch werden die kleinen
Brennstoffmengen bei Leerlauf ebenso vollkommen verbrannt wie größere. Der Vorgang
ist für den Oelmotor neu und eigenartig und für Fahrzeugmotoren
vielversprechend.
Probleme des Zündmotors für flüssige Brennstoffe.
(Dr.-Ing. Richter, Wien, auf der Hauptvers. des VDJ 1927.)
Die Forschung in Deutschland hat sich bisher viel mehr mit den Brenner(Einspritz)-,
als den Zünder(Vergaser)-Motoren befaßt. Diese Zündermotoren verlangen jedoch wegen
ihrer hohen wirtschaftlichen Bedeutung (in Deutschland in Fahrzeugen allein mehr als
5000000 PS) eine größere Beachtung und planmäßige Behandlung. Es ist Aufgabe der
Motoren- und Brennstofftechnik, laufend Motoren und Brennstoffe zu erzeugen, die den
Forderungen des Betriebes vollkommen entsprechen. Die Bauart des Motors, besonders
der Ansauganlage mit Vergaser, ist für das Verhalten beim Anlassen und bei
Belastungsänderungen ebenso von Bedeutung, wie die Verwendung des richtigen
Brennstoffes. Eine klare Einsicht in den Vorgang der Vergasung und Vernebelung und
in die Strömungs- und Wärmeverhältnisse des Gemisches bis zur Zündung würde
wahrscheinlich manche Verbesserungen zur Folge haben, ein Studium der Ausströmung
eine, wenn auch geringe Erhöhung der Motorleistung und bessere Schalldämpfung mit
sich bringen.
Dieses Ziel hat man bisher hauptsächlich auf rein empirischem Weg angestrebt. Aber
viele Vorgänge im Verbrennungsmotor sind so verwickelt, daß die Zerlegung der
Aufgabe in Einzelprobleme und die Anwendung physikalischer Methoden rascheres
Vorwärtskommen verspricht. Die Verbrennung im Motor, das Klopfen und der Einfluß der
Strömungen im Zylinder bedürfen gründlicher Untersuchung. Chemische Vorgänge, wie
die Bildung von Zwischenverbindungen und katalytische Erscheinungen, die anscheinend
auch großen Einfluß auf den Ablauf der Verbrennung haben, der Vorgang der
elektrischen Zündung, die Größe und die Mittel zur Vermeidung der Verluste durch
Verbrennung des Gemisches an hoch erhitzten Teilen der Zylinder während des
Ansaugens und Verdichtens und durch Nichtverbrennen oder Nachbrennen in der
Grenzschicht nahe an den Zylinderwandungen müssen durch Versuche klargestellt
werden.
Mit den Strömungsverhältnissen in der Saugleitung hat man sich noch wenig planmäßig
beschäftigt; sie beeinflussen die Aenderung der Zusammensetzung des Gemisches
zeitlich und örtlich; besonders bei Mehrzylindermaschinen hängt aber die
gleichmäßige Belastung der einzelnen Zylinder von der Gleichmäßigkeit des
zugeführten Gemisches ab.
Elektrotechnik in der Papierindustrie. Von besonderem
Interesse für unsere Leser wird das kürzlich erschienene Mai-Heft der
„Siemens-Zeitschrift“ sein, welches als „Papier-Sonderheit“ auf 150 Seiten die Anwendung der Elektrotechnik
in der Papierindustrie in einer Reihe recht interessanter Aufsätze behandelt und an
Interessenten kostenlos abgegeben wird.
Eingeleitet wird das Papier-Sonderheft durch einen Aufsatz „Elektrotechnik und
Papierindustrie“ von Dr.-Ing. Stiel, in welchem
ausgehend von der kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung der Papierindustrie die
geschichtliche Entwicklung dieses Industriezweiges und der Kraftübertragungsmittel
kurz skizziert werden. Es wird darauf hingewiesen, daß die bisherige
Entwicklung der beste Beweis für die wirtschaftliche Ueberlegenheit der rein
elektrischen Kraftübertragung ist.
Von besonderem Wert für den Papiermacher dürften die Ausführungen des Herrn Dr.-Ing.
h. c, Dr. rer. nat. A. Scheufelen über die
„Entwicklung der Elektrokraftwirtschaft in der Papierindustrie“ sein.
Herr Dr. Scheufeien weist auf Grund seiner eigenen, in vierzigjähriger
Papiermacherpraxis gewonnenen Erfahrungen in anschaulicher Weise nach, zu welchen
„Kompromissen in Raumausnutzung und Maschinenaufstellung die Gebundenheit an
die Transmissionsstränge früher zwang, die im Hinblick auf zweckmäßigen
Materialfluß und höchstgesteigerte Produktionsfähigkeit unerwünscht erscheinen
mußten.“ Anschließend zeigt Herr Dr. Scheufeien an dem Beispiel der
Papierfabrik Scheufelen-Oberlenningen, von welcher großen betriebswirtschaftlichen
Bedeutung der elektrische Einzelantrieb bei zweckmäßiger Ausführung desselben
ist.
In den folgenden Ausführungen über „Die wirtschaftliche Bedeutung der elektrischen
Kraftübertragung für die Papierindustrie“ von Dr.-Ing. Schiebuhr wird unter Verwendung zahlreicher graphischer Darstellungen
nachgewiesen, daß tatsächlich die elektrische Kraftübertragung in Verbindung mit
Zentralisation der Dampfkrafterzeugung und der Heizdampfausnutzung im Entnahme- oder
Gegendruckbetrieb in der Papierindustrie nicht nur im Hinblick auf die
betriebstechnischen Vorteile der elektrischen Antriebsweise, sondern auch in
kraftwirtschaftlicher Hinsicht der mechanischen Kraftübertragung und der
dezentralisierten Dampfkrafterzeugung überlegen ist.
Anschließend gibt Dr.-Ing. Melaun unter dem Titel „Die
neuzeitliche Dampfkraftmaschine in der Zellstoff- und Papierindustrie“ an
Hand zahlreicher schematischer Darstellungen, Schnittzeichnungen und Lichtbilder
eingehende Ausführungen über die Entwicklung und den heutigen Stand des
Dampfturbinenbaues.
In dem Aufsatz „Ruthsspeicher in der Zellstoffindustrie“ gibt Dr.-Ing. Stender grundlegende Ausführungen über die Theorie der
Dampfspeicherung sowie über Bauart und Wirkungsweise, Anwendung, Bemessung,
Schaltungsmöglichkeiten und wirtschaftliche Bedeutung des insbesondere für die
Zellstoffindustrie im Interesse rationeller Energiewirtschaft unentbehrlichen
Ruthsdampfspeichers.
„Neuzeitliche Krafterzeugungsanlagen in der Papier- und Zellstoffindustrie,“
ihre zweckmäßige Ausführung und Betriebsweise nach den Gesichtspunkten größter
Wirtschaftlichkeit der Kraft- und Wärmelieferung sowie des gesamten Betriebes werden
an Hand von Schaltbildern für das elektrische Leitungsnetz und das Dampfleitungsnetz
und zahlreicher Lichtbilder ausgeführter Anlagen, besonders auch für den Fall
elektrischen Parallelbetriebes zwischen Dampfkraftmaschinen und Wasserturbinen, von
Obering. Kießling und Dr.-Ing. Schiebuhr eingehend erörtert.
Die Voraussetzung für rationelle Wärmewirtschaft in der Papierindustrie wird
behandelt in dem Aufsatz „Wärmekontrolle in der Papier- und
Zellstoffindustrie“
von Dipl.-Ing. Schütz, der genaue Angaben enthält über Ausführung der
verschiedenartigen Meßgeräte, Wahl der Meßstellen und die zweckmäßige Durchführung
der Messungen in den Betrieben der Papier- und Zellstoffindustrie.
Der folgende Aufsatz „Die Drehstrom-Erregermaschine in der Papierindustrie“
von Ober-Ing. Kozisek behandelt die Frage der
wirtschaftlichen Verbesserung des Leistungsfaktors in Drehstromnetzen, welche auch
für viele Betriebe der Papierindustrie, namentlich für die großen Schleifmotoren,
von Bedeutung ist.
„Neuzeitliche Schleiferantriebe,“ ihre Entwicklung und heutige Ausführung mit
selbsttätiger Vorschubregelung, werden an Hand zahlreicher Lichtbilder und
Schaltskizzen von Herrn Pape eingehend erläutert.
„Der elektrische Einzelantrieb von Holländern und deren selbsttätige Regelung,
welcher, wie bereits von Herrn Dr. Scheufeien ausführlich begründet wurde, für
die Wirtschaftlichkeit des Holländerbetriebes von besonderer Bedeutung geworden
ist, wird von Dipl.-Ing. Haak an Hand zahlreicher
Lichtbilder und Schaltskizzen ausführlich behandelt.
Von bestimmendem Einfluß auf die Entwicklung des Papiermaschinenbetriebes ist in den
letzten Jahren auch in Deutschland der elektrische Mehrmotorenantrieb geworden.
Ober-Ing. Keßler gibt in dem Aufsatz
„Papiermaschinen-Mehrmotorenantrieb Siemens-Harland“ eingehende
Erläuterungen über die heutige Ausführung und die wirtschaftlichen Vorzüge des von
den Siemens-Schuckertwerken ausgeführten Mehrmotorenantriebssystems „Siemens-Harland“, dessen Wert für die deutsche
Papierindustrie am besten durch die Tatsache erläutert wird, daß die
Siemens-Schuckertwerke trotz der ungünstigen Wirtschaftslage heute bereits 10
Antriebe nach diesem System allein von deutschen Papierfabriken in Auftrag erhalten
haben. Mehrere Mehrmotorenantriebe nach diesem System, welche bereits im Betriebe
sind, werden an Hand zahlreicher, vorzüglich gelungener Lichtbilder ausführlich
erläutert. Besonders bemerkenswert ist der aus den zahlreichen Lichtbildern
ersichtliche gänzliche Fortfall der unseren Lesern bekannten, bisher üblichen
kraftübertragenden Kegelscheiben-Riementriebe. Nur noch ganz schmale Riemchen laufen
zwecks Regelung der Papierzüge auf etwa 25 cm breiten Kegelscheiben kleinen
Durchmessers und haben nur noch die winzigen Kräfte zu übertragen, die zur
Verstellung der elektrischen Feldregler der einzelnen Motoren erforderlich sind.
Es wird übrigens unsere Leser interessieren, zu wissen, daß auch die im Betriebe zu
besichtigende Papiermaschine auf der Jahresschau deutscher Arbeit, Dresden 1927 mit
einem Mehrmotorenantrieb „Siemens-Harland“ ausgerüstet ist.
In dem Aufsatz „Regelbare Drehstrom-Kommutatormotoren für Papiermaschinen,
Aufrollapparate und Umrollmaschinen“ erörtert Dr.-Ing. Stiel die Ausführung, Betriebseigenschaften und Anwendung der
Drehstrom-Kommutatormotoren, die in vielen Fällen, insbesondere infolge des
Fortfalles der Umformerverluste gegenüber den Gleichstrom-Kegelantrieben, erhebliche
Vorteile bieten.
Ober-Ing. Kießling bespricht in einem Aufsatz
„Der elektrische Kalanderantrieb“ eingehend die verschiedenen
Ausführungsmöglichkeiten von Kalanderantrieben in Drehstrom- und Gleichstromanlagen
und zeigt, in welcher Weise das Problem der Regelung der Betriebsgeschwindigkeit und
der Erzielung der niedrigen Einziehgeschwindigkeit unter den verschiedenen gegebenen
Verhältnissen zu lösen ist.
Das vom wirtschaftlichen Standpunkt aus sehr wichtige Gebiet der Beleuchtung
bespricht Dipl.-Ing. Baltz in dem Aufsatz
„Zweckentsprechende Beleuchtungsanlagen in Papierfabriken.“ Die
Anforderungen an die Beleuchtungsanlagen und die bei ihrer Erstellung zu beachtenden
Gesichtspunkte werden erörtert, die in Frage kommenden verschiedenartigen Leuchten
vorgeführt und ihre richtige Anwendung entsprechend den jeweiligen Verhältnissen
gezeigt. Bei der Besprechung der Leitungsanlagen ist besonders die von den
Siemens-Schuckertwerken neu herausgebrachte Anthygronleitung erwähnenswert, welche
höchsten Schutz der Leitungsanlage gegenüber mechanischen Einflüssen
gewährleistet.
Wichtige Hilfsmittel für den Materialtransport werden von Ing. Rothe in der Arbeit „Elektrische Hebe- und Transportvorrichtungen in
der Papierindustrie“ und von Dipl.-Ing. Schroeder
in dem Aufsatz „Elektrokarren in der Papierindustrie“ eingehend besprochen
und im Bilde vorgeführt.
Die Ausführungen von Herrn Becker über „Wirtschaftliche
Gesichtspunkte für die Verwendung von Fernmeldeanlagen in der Papier- und
Zellstoffindustrie“ zeigen die sich in betrieblicher und wirtschaftlicher
Beziehung sehr günstig auswirkende Anwendung des Schwachstromes auf den
verschiedensten Gebieten des Fernsprech–, Melde–, Kontroll- und Signalwesens.
Ober-Ing. Nissen und Dr. Hosenfeld besprechen in dem Aufsatz „Die elektrolytische Herstellung
von Bleichmitteln in der Papier- und Zellstoffindustrie“ die verschiedenen
elektrischen Apparate zur Herstellung von Bleichlauge, ferner das
Siemens-Billiter-Verfahren zur Gewinnung von Chlor und Aetznatron.
Obering. Hahn und Dipl.-Ing. Willmann zeigen die erhebliche Bedeutung des „Elektrofilter in der
Zellstoff- und Papierindustrie,“ welches die Abscheidung des in der
Fabrikation auftretenden Staubes, z.B. Kiesstaub bei der Herstellung von
Sulfitzellstoff, ferner des Kohlenstaubes in Kessel-anlagen mit einfachsten Mitteln
ermöglicht.
Der Aufsatz „Die Elektrizität in der Reparaturwerkstatt der Papier- und
Zellstoffabrik“ von Dipl.-Ing. Langner zeigt
endlich die großen Vorteile der Verwendung elektrisch betriebener Werkzeugmaschinen,
wie Bohrmaschinen aller Art, Schleifvorrichtungen, Drehbänke und Fräsmaschinen zur
Erledigung von Reparaturen aller Art. Das elektrische Lichtbogenschweißverfahren ist
bei der Wiederherstellung von gebrochenen Maschinenteilen aus Flußeisen bzw.
Stahlguß und Gußeisen vorteilhaft verwendbar.
Das vorliegende Papier-Sonderheft trägt nicht allein zur Vertiefung der Erkenntnis
über den Einfluß der Elektrotechnik auf die Wirtschaftlichkeit der Papier- und
Zellstoffabriken bei, sondern es stellt eine Veröffentlichung dar, die dem
Papierfabrikanten
bzw. dem Betriebsleiter bei der Erledigung der täglichen, in vielfacher Gestalt
auftretenden Betriebsaufgaben als wertvolles Hilfsmittel dienen kann. In diesem
Sinne wirkt nicht zuletzt auch das gebrachte zahlreiche sehr instruktive
Bildmaterial.
Internationaler gewerblicher Rechtsschutz.Deutschland: Ausstellungsschutz genießen die
Ausstellungen:
Musik im Leben der Völker, Frankfurt/M. (11. 6.–28. 8. 1927); Deutsche Ostmesse
Königsberg (21.–24. 8. 1927); Breslauer Messe (4.–6. 9. 1927); Kölner Mustermesse
(2.–5. 10. 1927); Achema Essen (7.–19. 6. 1927); Das Papier, Dresden (1. 6. bis 30.
9. 1927); Das Wochenende Charlottenburg (16. 4.–12. 6. 1927); Deutsches Bäckereifach
Essen (16.–31. 7. 1927).
Belgien: Die Vervollständigung oder Berichtigung der
Unterlagen, die beantragte Aussetzung der Patenterteilung sind jetzt
gebührenpflichtig.
Türkei: Vorschriften für die Geltendmachung des
Prioritätsrechtes enthält die Verordnung des Handelsministeriums vom 21. 12. 1926.
Der Entwurf eines Allgemeinen Arbeitsvertragsgesetzes
unterscheidet (§§ 121–132) bei Angestelltenerfindungen
nach der neueren Praxis
1. Betriebserfindungen,
2. Diensterfindungen,
3. Freie Erfindungen.
An Betriebserfindungen hat nur der Betrieb Anrechte;
Diensterfindungen (im besonderen Auftrage oder im Rahmen der Dienstaufgaben gemacht)
gehören dem Arbeitgeber, aber der oder die Erfinder sind in der Patentschrift zu
nennen. Freie Erfindungen gehören nur den angestellten Erfindern, aber bei
betriebsverwandten Erfindungen sind schriftliche Vereinbarungen wegen (kostenloser)
Ueberlassung an den Arbeitgeber im Dienstvertrag zulässig, aber ohne
Rechtswirksamkeit bezüglich der nichtbetriebsverwandten Erfindungen der
Angestellten. Die Fünfzigjahr-Feier des Reichspatentamtes und die Feier der
Inkraftsetzung des ersten reichsdeutschen Patentgesetzes vom Jahre 1877 erhöhen das
allgemeine Interesse an der seit 1914 zurückgestellten Reform
des gewerblichen Rechtsschutzes in Deutschland. Gesetzentwürfe dazu sind im
Justizministerium unter Mitwirkung der Fachvereine, Handelskammern, Patentanwälte
usw. in Bearbeitung. Leider dürfte auch daher wieder keine grundsätzliche
Neuregelung des auch wertvolle Patente vernichtenden Patentgebühren-Systems
herauskommen. Geplant ist z.B. die Bekanntmachung von Patentanmeldungen von der vorherigen Zahlung der ersten Jahresgebühr abhängig zu
machen. Dringlich ist besonders die Anpassung der deutschen Gesetze an die
Beschlüsse des Haager Abkommens vom 6 November 1925, worin auch die Internationale Hinterlegung von Mustern und Modellen
bestimmt wurde. Daraus ergeben sich Aenderungen, auch des Geschmacksmustergesetzes
von 1876. Das Höchstgewicht der Musterpakete soll 2 kg sein; für die erste
Schutzfrist von 5 Jahren soll die Gebühr für Einzelmuster Mk. 5,–, bei Paketen Mk.
10,– bzw, Mk. 50,– betragen, und zwar mit 10% Zuschlag in der Nachfrist von 3
Monaten. Auf die sonstigen Reformbestrebungen wird noch einzugehen sein.
England: Das Patentamt verlangt jetzt bei Firmen, die
keine Körperschaft darstellen, die Angabe aller Firmeninhaber und deren Nationalität
neben der Firma bei Anmeldung von Patenten, Warenzeichen und Mustern.
Chile: Das Patentamt ist kürzlich reorganisiert worden,
so daß die Patenterteilung jeweils in etwa vier Monaten nach Anmeldung erwartet
werden kann.
Patentanwalt Dr. Oskar Arendt, Berlin W. 50.
Normung in Wirtschaft und Betrieb. Die kostensparende
Wirkung der Normung, die sehr lange nur als eine rein technische Angelegenheit
untergeordneter Dienststellen angesehen wurde, wird immer mehr von der technischen
und kaufmännischen Leitung der Unternehmen erkannt. Dies bewies die letzte Tagung
des Ausschusses „Einführung der Normen in der Praxis“ am 17. und 18. 6. in
Breslau, die unter Führung der Breslauer Ortsgruppe des Vereins Deutscher Ingenieure
und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Betriebsingenieure, Ortsgruppe Breslau,
stattfand, wobei der Bund Niederschlesischer Industrieller E. V. den in Breslau
anwesenden Mitgliedern des Deutschen Normenausschusses einen offiziellen Empfang
bereitete.
In der Sitzung verschiedener Industriegruppen, die sich an den einleitenden Vortrag
„Der Ingenieur und die Kultur“ des Herrn Prof. Meyenburg von der
Technischen Hochschule, Braunschweig, anschloß, zeigte sich ausnahmslos, daß die
Anwendung der Normen für den Vertrieb und für die Herstellung Vorteile ergibt, auf
die unser Handel und unsere Industrie zur Wiedererlangung ihrer Wettbewerbsfähigkeit
auf die Dauer nicht länger verzichten können, daß vielmehr der Grundsatz einer
planmäßigen Sortenverminderung auch in allen übrigen Produktionszweigen angewendet
werden muß.
Wie weit dieses Prinzip in der mechanischen Industrie heute bereits Eingang gefunden
hat, davon zeugen die neueren Kataloge zahlreicher Firmen, in denen die Deutschen
Normen aufgeführt sind. In der Präzisionswerkzeug-Industrie beträgt der Umsatz an
Normteilen heute bereits etwa 80%. Im Bergbau konnte die Zahl der Spurweiten von
etwa 100 auf 3 (500, 600 und 900 mm), der Grubenschienenprofile von 200 auf 9 und
die Zahl der Schüttelrutschenprofile von über 100 verschiedenen Ausführungen auf 7
herabgesetzt werden.
In den Sitzungen kam wiederholt der Wunsch zum Ausdruck, nach Möglichkeit auf Normen,
die nur für ein engbegrenztes Herstellungsgebiet gelten, zu verzichten und dafür die
allgemeinen Di-normen zu verwenden.
Eine allgemein durchgeführte Normung wird dann zu vollem Erfolg führen, wenn die
Herstellung der Normteile in großen Mengen von Spezialfabriken besorgt wird, so daß
alle Vorteile rationellster Arbeitsweise zur Anwendung gelangen können.
Das einmütige Bekenntnis zur Normungsbewegung ist um so bemerkenswerter als an der
Breslauer Tagung technische und kaufmännische Leiter der verschiedensten
Industriezweige aus allen Teilen Deutschlands teilgenommen haben.