Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Goldbeck |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 225 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Gewinnung von synthetischem Methanol in Frankreich. Die
Compagnie Nationale des matières colorantes befaßt sich seit längerer Zeit bereits
mit Versuchen zur synthetischen Gewinnung von Methanol. Nachdem es dem Vorstand des
Forschungslaboratoriums der genannten Gesellschaft, Audibert, gelungen ist, einen
geeigneten Katalysator für die Reaktion ausfindig zu machen, ist die Errichtung
einer größeren Anlage zur Gewinnung von Methanol aus Wassergas in Lens geplant.
Man erwartet von dieser Anlage in Frankreich eine wesentliche Milderung der
bisherigen Abhängigkeit vom Ausland im Bezug von Motortreibmitteln.
Ferner beschäftigt sich die obige Gesellschaft auch mit der Hydrierung der
Steinkohle. Bei diesen Versuchen wurde gefunden, daß durch Erhitzen von Steinkohle
auf 400–450° unter einem Wasserstoffdruck
von 10 at sowohl eine Hydrierung als auch eine pyrogene Zersetzung stattfindet.
Aus einer Tonne Kohle werden hierbei neben 200 kg Gas an flüssigen Produkten 400 bis
500 kg. Oel erhalten, das zu ¼ aus Phenolen und zu ¾ aus einem dem Rohpetroleum
ähnlichen Gemisch von Kohlenwasserstoffen besteht. Dieses Gemisch liefert bei der
Destillation etwa 80 kg Benzin, während der Rest ein Schweröl ist, das mehr
aromatische als aliphatische Kohlenwasserstoffe enthält und daher wenig geeignet für
das Krackverfahren ist. Weil jedoch dieses Verfahren eine gute Steinkohle und einen
beträchtlichen Energieaufwand erfordert, wurden die Versuche zugunsten der
Methanolsynthese nicht weitergeführt. (Chem. Industrie 1926, S. 602.)
Sander.
Ueber die Zementation von Kupfer, Nickel und ihrer Legierungen
durch das Zinn. Als Zementierlegierung diente eine solche von 75% Kupfer
und 25% Zinn, die mit 5% Ammoniumchlorid versetzt wurde. Bei einer Arbeitstemperatur
von 700° und der Dauer der Versuche von 48 Stunden ergaben sich folgende Werte:
Legierung:
Zementations-tiefein mm
Kugeldruckhärte
imInnern
auf derOberfläche
reines Kupfer
0,27
39,5
50
Messing mit 67% Kupfer
0,70
56,5
146,5
Messing mit 60% Kupfer
0,55
85
149,5
Bronze mit 90% Kupfer
1,00
92
206,5
reines Nickel
sehr wenig
87
93,5
Kupfernickel mit 80% Kupfer
0,35
78
225
Kupfer 60%, Nickel 20% und Zink 20%
0,50
107
145,5
Die Eindringungstiefe ist, wie man sieht, bei den einzelnen
Legierungen verschieden. Vom industriellen Standpunkte aus betrachtet erscheinen die
gemachten Erfahrungen von praktischem Wert, da man auf die Weise auf der Oberfläche
Eigenschaften erhalten kann, die man sonst nur bei kostspieligeren Legierungen
anzutreffen pflegt. Es ist dabei auch möglich, die ursprüngliche Legierung zuerst zu
schmieden oder zu ziehen und sie dann zu zementieren, so daß sie dann eine größere
Sicherheit zu bieten vermag als einfach gegossene Legierungen, die einer
mechanischen Behandlung nicht unterzogen werden können. Immerhin ist das Verfahren
aber noch verbesserungsbedürftig; vor allem macht sich noch das Anhaften des
pulverförmigen Zementiermittels nachteilig bemerkbar; vielleicht dürfte die
Benutzung des Trommelofens hier Abhilfe schaffen. (Comptes Rendus.)
Kalpers.
Ueber die Zementation des Kupfers und seiner Legierungen durch
das Aluminium. Bei den von L. Guillet vorgenommenen Versuchen erfolgte die
Zementation mit einer Aluminium-Kupfer-Legierung von 20% Aluminium, die pulverförmig
mit 5% Ammoniumchlorid versetzt wurde. Die Eindringungstiefe an Kupfer bei 24
Stunden langer Dauer des Versuches und bei einer Arbeitstemperatur von 800° betrug
0,6 mm. Der Vorteil der Anwesenheit von Ammoniumchlorid geht daraus hervor, daß bei
2 Versuchen von je 6 Stunden Dauer und bei 750° Arbeitstemperatur eine
Eindringungstiefe von 0,1 mm ohne und von 0,3 mm mit Ammoniumchlorid festgestellt
wurde. Bei Kupfer-Legierungen ergaben sich folgende Werte unter
Berücksichtigung einer Temperatur von 700° und einer Versuchsdauer von 28
Stunden:
Legierung:
Eindringungs-tiefein mm
Kugeldruckhärte
zementiertin derMitte
nicht ge-härtet anden Kanten
Messing mit 67% Kupfer
0,80
55
114
Messing mit 60% Kupfer
1,05
81
105
Bronze mit 90% Kupfer
0,85
76
81
Bronze mit 84% Kupfer
1,65
155
110
Kupfer-Nickel mit 20% Nickel
0,22
77
86
Neusilber mit 60% Kupfer und 20% Nickel
1,33
135
64
Bei Arbeitstemperaturen von 800° wurden noch größere
Eindringungstiefen erreicht. Die bisherigen Bemühungen, Aluminium durch Kupfer zu
zementieren, sind mißlungen, da das Aluminium bei 650° schmilzt und man bei
niedriger Temperatur arbeiten muß. Ein Gelingen dieses Gedankens wäre insofern von
Interesse, als man hierdurch das Aluminium härter gestalten und ihm die für ein
Reibungsmetall gewünschten Eigenschaften verleihen könnte. (Comptes Rendus.)
Kalpers.
Der Bau des größten russischen Wasserkraftwerkes. Zurzeit
werden einige Einzelheiten vom Bau des größten russischen Kraftwerkes
„Dnjeprostroi“ am Dnjepr bekannt. Die an dieser Stelle befindliche Brücke
soll durch eine neue Doppelbrücke unter Benutzung der Insel Chortiza ersetzt werden.
Diese Brücke muß, da der Seehafen weiter oberhalb angelegt wird, die Durchfahrt von
Seeschiffen gestatten. Sie soll zweigeschossig gebaut werden, wobei ein Geschoß für
den Eisenbahnverkehr, das andere für den sonstigen Verkehr bestimmt ist.
Die Kosten für Dnjeprostroi werden bei 3 Aggregaten von zusammen 150000 PS einschl.
der technischen Beratung durch Auslandsfirmen 120 Millionen Rubel erfordern, der Bau
der Brücken etwa 13 Millionen. Die Herstellung der Eisenbahnanschlüsse 6 Millionen
Rubel, so daß insgesamt mit etwa 150 Millionen zu rechnen ist. Dagegen werden die
Kosten für eine künftige Erweiterung auf 350000 PS, die bereits vorgesehen ist, sich
nur auf 10 Millionen Rubel stellen. Die Selbstkosten pro 1, Kilowattstunde werden
sich am Orte des Verbrauchers einschl. Kapitalverzinsung und Amortisation auf nur
0,54 Kopeken belaufen (etwa 1 Pfg.).
Die vorgesehene Baudauer beträgt 4½ Jahre und die Inbetriebnahme des Werkes war für
1931 vorgesehen. Inzwischen hat sich jedoch der Bau des Querdammes verzögert, da
sich die von den beiden zur technischen Beratung herangezogenen Firmen: Cooper (amerik.) und Siemens-Bauunion grundlegend voneinander unterscheiden, so daß aus beiden
Vorschlägen erst das am zweckmäßigsten erscheinende ausgewählt werden mußte.
Durch eine Verbindung beider Projekte ist die Fertigstellung der Arbeiten zum
festgesetzten Termin möglich geworden. Die ausschließliche Durchführung des
Cooperprojektes hätte dagegen eine Verzögerung um 10 Monate zur Folge gehabt. Die
Arbeiten am Beton-Staudamm sollen den ganzen Winter hindurch fortgesetzt werden. Für
1931 ist mit regulärer Stromabgabe aus drei Turbogeneratoren
zu rechnen. Der Kostenaufwand für dieses Jahr beziffert sich für die
Bauarbeiten auf 17,5 Millionen Rubel, im nächsten Jahr auf 40 Millionen Rubel.
Finanziell soll das Bauprogramm vollständig gesichert sein. Für Ende 1927 sind die
Projektierungsarbeiten für die Industriealiserung des gesamten Dnjeprostroi-Gebietes
vorgesehen.
Rgl.
Internationaler gewerblicher Rechtschutz. Deutschland: Ausstellungsschutz genießen die Ausstellungen: Messen Leipzig vom 28. 8.
bis 3. 9. 1927, Schiffahrtsausstellung Duisburg vom 1. 8 bis 9. 10. 1927; Deutsche
Spezial-Konditorenmesse Berlin vom 13. bis 15. 9. 1927; Die Wohnung, Stuttgart vom
23. 7., bis 9. 10. 1927; Gartenbau- und Gewerbeausstellung Liegnitz vom 25. 6. bis
30. 9. 1927. Freizeicheneigenschaft bei Warenzeichen kann
nur im Patentamt, nicht bei den Gerichten festgestellt werden (R. G. 11. 3. 1927).
Gegen die Zentralisierung der Deponierung von Geschmacksmustern im Reichspatentamt haben sich eine Reihe von
Handelskammern ausgesprochen. Mit dem jetzt erfolgenden Aufdruck auch des
Anfangsdatums für die fünfjährige Nichtigkeitsfrist auf
der Patentschrift hat das Patentamt eine seit vielen Jahren von mir vertretene
Forderung endlich erfüllt. Aus seiner mit viel Erfinderelend belasteten 50jährigen
Hilflosigkeit auf dem Wege zur Bekämpfung des deutschen und ausländischen Patentschwindels ist das Reichspatentamt kürzlich mit
einem roten Warnungsformular, das gewissen Verfügungen und Urkunden beigefügt wird,
herausgetreten.
China: Patentregistrierungen für im Auslande erteilte
gültige Patente können jetzt bis zum Erlaß eines. Patentgesetzes vorläufig mit noch
festzustellenden Formularen durch bevollmächtigte Vertreter beim Ackerbauministerium
in Peking unter Zahlung einer Anmelde- und Registrierungsgebühr erfolgen.
Irland, Freistaat: Die Gesetze zum gewerblichen
Rechtsschutz dürften Anfang Oktober in Kraft treten. Der Entwurf lehnt sich der
britischen Praxis an und sieht die Einreichung des, Prüfungsergebnisses des
britischen Patentamts oder eines eingetragenen Patentanwalts vor. Der
bevollmächtigte Patentanwalt muß in Irland seinen Wohnsitz haben. Britische Patente gelten nur bei besonderer Registrierung
und Zahlung besonderer Verlängerungsgebühren am Fälligkeitstage auch im Freistaat
weiter. Der künstlerische und literarische Urheberschutz ist am 1. 8. 1927 in Kraft
gesetzt worden.
Polen: Eine Verordnung vom 24. 6. 1927 bestimmt, daß die
Patenterteilung erst nach Zahlung der Druckkosten für die Patentschrift erfolgt und
sieht gewisse Stundungen bei Mittellosigkeit vor.
Internationale Vereinigung: für gewerblichen
Rechtsschutz. Auf dem ersten Kongreß nach Kriegsausbruch in Genf (8.–10. Juni 1927)
wurden u.a. behandelt: Ratifikation der Haager Beschlüsse, Streichung der
Zwischenbenutzer-Rechte im Unionsvertrag, Aufhebung des Patent-Ausführungszwanges,
Internationaler Ausstellungsschutz, Wissenschaftliches Eigentum, Internationale
Markenregistrierung, Patentverlängerung auf 20 Jahre.
Patentanwalt Dr. Ahrendt.
Ausstellungsschutz für Erfindungen, Muster und
Warenzeichen. Entgegen dem französischen Ausstellungsschutzgesetz, das
seinem klaren Wortlaute nach einen Prioritätsschutz überhaupt nur für internationale
Ausstellungen gewährt, hat das deutsche den Schutz sowohl auf ausländische wie auf
inländische Ausstellungen ausgedehnt.
Nach dem deutschen Gesetz hat der Erfinder, der vor der Anmeldung seine Erfindung,
sein Gebrauchsmuster, sein Muster oder Modell auf einer staatlich anerkannten
Ausstellung zur Schau stellt, oder auf den zur Schau gestellten Waren noch nicht
angemeldete Warenzeichen angebracht hat, ein Recht, das Versäumte, also die
Anmeldung beim Patentamte, binnen einer Frist von sechs Monaten nach Eröffnung der
Ausstellung nachzuholen. Die Anmeldung geht dann anderen Anmeldungen vor, die nach
dem Tage des Beginns der Schaustellung eingereicht worden sind. Der Tag der
Einbringung des Gegenstandes in den Ausstellungsraum ist also bei späteren
Prioritätsstreitigkeiten maßgebend.
Während neue Gesetze, beispielsweise das österreichische vom Januar 1925,
ausdrücklich fordern, daß das Prioritätsrecht bei der Anmeldung, also nicht nachher,
in Anspruch zu nehmen sei, hat das deutsche Gesetz diese Frage offen gelassen. Das
Schrifttum neigt der Auffassung zu, daß in Deutschland die Ausstellungspriorität
auch nach der Anmeldung noch beansprucht werden kann.
Im Streitfalle müssen die Beweise über die Tatsache, daß ein betreffender Gegenstand
in bestimmter Form ausgestellt worden ist, erbracht werden.
Im Auslande, beispielsweise auf der Panama Pacific Exposition in San Francisco 1914
richtete das Patentamt eine Zweigstelle ein, die den Ausstellern Gelegenheit zur
Erlangung des vorläufigen Ausstellungsschutzes durch Erteilung von certificates of
proprieotiships gab.
In Deutschland lag diese Frage bislang sehr im argen. Neuerdings werden die Meßämter
von den zuständigen Ministerien ermächtigt, entsprechende Urkunden an die Aussteller
auszufertigen. Die Tatsache, daß der Aussteller nunmehr in den Besitz einer Urkunde
gelangen kann, ist aber noch nicht das wichtigste. Das wesentlichste ist vielmehr
der Inhalt der Urkunde selbst. Er muß nämlich von vornherein auf die Gesetze, die
später gegebenenfalls in Anspruch genommen werden, zugeschnitten sein, da sonst auch
eine solche Urkunde nur einen Scheinwert hat.
Die entsprechende Gestaltung des Urkundeninhalts gehört zum Arbeitsgebiet der
Patentanwälte, deren Vorbildung sowohl für die richtige technische Erfassung des
Erfindungsgegenstandes usf. wie für die sachgemäße juristische Behandlung bürgt.
Soweit bekannt, hat auch das Leipziger Meßamt einem Patentanwalt die Leitung bei der
Ausstellung derartiger Urkunden übertragen.
Patentanwalt Dr. Goldbeck.