Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Sander |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 34 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Eine umwälzende Erfindung im Eisenbetonbau. Eine neue,
umwälzende Erfindung im Eisenbetonbau, die insbesondere auch eine wesentliche
Verbilligung des Eisenbetonbaues bedeuten dürfte, wurde dieser Tage in der
mechanisch-technischen Versuchsanstalt der Wiener Technischen Hochschule öffentlich
vorgeführt. Bekanntlich tritt der Bruch von Betonbauteilen u.a. und zwar in der
Mehrzahl der Fälle, dann ein, wenn die Betonmasse der Dehnung des Bewehrungseisens
nicht mehr folgen kann. Bei den normal verwendeten Bewehrungseisen tritt dies bei
einer Belastung ein, die einen auf den Eisenstab wirkenden Zug von 2500 Kilogramm
auf den Quadratmeter Querschnitt entspricht. Auf verschiedene Weise wurde die
Hinausschiebung dieser Grenze versucht. Man verwendete hochwertigen Stahl, was aber
meist zu kostspielig ist. Dann wurden die Bewehrungsstäbe vorgestreckt. Da aber
die Streckung in ein und demselben Stab auf die Länge verschieden verteilt ist,
besteht kein Verlaß auf diese Methode. Ein anderes Mittel war, durch Erhöhung der
Haftfestigkeit zwischen Beton und Eisen eine Verbesserung zu erzielen. Das geschah,
indem man die Stäbe einer Verwindung unterwarf. Dadurch wurde jedoch nicht viel
gewonnen. Nunmehr hat die „Isteg“, Internationale
Stegdecken-Betonbaugesellschaft in Wien durch gleichzeitige Vorstreckung und
Verwindung auf die Erreichung des angestrebten Zieles hingearbeitet. Durch 100
wissenschaftlich genau kontrollierte praktische Versuche hat Hof rat Dr.-Ing. Rudolf
Saliger, ordentlicher Professor für Eisenbetonbau an der Technischen Hochschule in
Wien, gefunden, daß bei der Verwendung
von „Isteg-Eisen“ bei gleichen Abmessungen der Eisenbetonteile eine
Erhöhung der Tragfähigkeit um 43 % und mehr erzielt wird. Das bedeutet für die
Praxis eine entsprechende Verringerung des Baumaterialaufwandes, die sich allein
beim Eisen in einer Gewichtsersparnis von nahezu einem Drittel auswirkt, was einer
Verringerung der Kosten für die Konstruktionseinheit um annähernd 20 % gleichkommt.
Das Wesen der neuen Erfindung besteht darin, daß zwei Stäbe ortsfest gegeneinander
verbunden werden, wodurch die erforderliche Vorstreckung um eine Erhöhung der
Streckengrenze von 2500 auf 3700 Kilogramm auf den Quadratmeter erreicht wird, wobei
das Maß der Vorstreckung in allen Teilen der beiden Stäbe, deren Gesamtquerschnitt
unverändert bleibt, das gleiche ist.
Landgraeber.
Isolierungen gegen Feuchtigkeit. Bei der Ausschreibung von
Bauvorhaben wird oft als Dichtung oder Schutz des Betons Goudron-Isolierung
vorgeschrieben, obwohl Goudron keinerlei feststehende Qualitätsbezeichnung für die
Isolierung darstellt, so daß, wenn nur „Goudron“ vorgeschrieben ist,
irgendeine schwarze Isoliermasse verwendet werden kann, auch wenn sie keinerlei
Gewähr für Zuverlässigkeit bietet. Beim Vorschreiben von Goudron sollten dem
Bauausführenden genaue Angaben über die Beschaffenheit des Goudron gemacht
werden.
Beim Heißauftragen von Goudron und ähnlichen Isoliermassen auf mineralische Baustoffe
ist zu beachten, daß das Heißauftragen nur dann einen Zweck hat, wenn die Temperatur
der Masse im Augenblick des Auftragens mindestens 150–200° beträgt. Ist die
Temperatur niedriger, so wird die im Mauerwerk und Beton stets vorhandene
Feuchtigkeit nicht zum vollständigen Verdampfen ge bracht, sondern bildet eine
Dampfschicht, die das Festhaften des Goudron verhindert. Ist die Temperatur
erheblich höher als 200°, so entstehen Verbrennungen und Zersetzungen, die auf die
Dauerhaftigkeit des Goudron ungünstig einwirken. Wie soll es aber möglich sein, im
Freien solche Temperaturen einzuhalten? In der Regel wird der Arbeiter warten, bis
der Goudron etwas abgekühlt ist, denn mit einem Material von 150–200° zu arbeiten,
ist nicht angenehm und sogar gefährlich. Das Ueberhitzen des Materials kann
ebenfalls sehr leicht vorkommen. Dabei ist das Heißauftragen einer richtig
zusammengesetzten Isoliermasse überhaupt nicht notwendig, im Gegenteil, es ist eine
seit Jahrzehnten feststehende Erfahrung, daß richtig zusammengesetzte, kalt
aufgebrachte Isoliermassen viel sicherer und fester haften, namentlich wenn kalte
Steinflächen, die nicht von der Sonne erwärmt sind, behandelt werden müssen. Unter
solchen kalt aufzutragenden Isolierstoffen ist das „Inertol“ zu nennen. Es
wird kalt mit dem Pinsel aufgetragen, saugt sich in alle Poren des Betons oder
Mauerwerks ein und bildet einen abdichten den, zähharten Überzug. Wo durch
Bewegungen des Mauerwerks Rißbildungen zu befürchten sind, die ein dünner
Anstrichfilm auf die Dauer nicht zu überbrücken vermag, kann die Isoliermasse mit
Spachtel oder mit Kelle in Stärke von 1–2 mm aufgetragen werden.
Landgraeber.
Gummifußboden. Der in Amerika seit Jahrzehnten bewährte
Gummifußboden hat in Europa bisher sehr wenig Eingang gefunden, und erst neuerdings
hat die Verwaltung der Deutschen Reichspost in zahlreichen Postämtern und die
Hamburg-Amerika-Linie auf ihren neuen Schiffen solche Fußbodenbeläge verlegen
lassen. Der Gummifußboden besteht aus einzelnen Gummiplatten, die in der Größe von
10 × 10 bis 50 × 50 cm fabrikmäßig hergestellt werden. Sie sind 3 bis 5 mm stark und
enthalten eine härtere, etwa 3 mm starke Unter- und eine weichere 2 mm starke
Oberschicht. Diese ist durch und durch gefärbt oder gemasert, so daß selbst starke
Abnutzung das Aussehen der Platten nicht verändert. Die einzelnen Gummiplatten
können mittels einer Gummilösung auf jede ebene und feste Unterlage, wie Holz,
Zement, Stein, Terrazzo aufgeklebt werden. Da auch die Ränder der Platten aneinander
geklebt werden, ist der Gummifußboden gänzlich fugenlos und daher von unten wie von
oben für Feuchtigkeit und Nässe vollständig undurchlässig. Die Platten werden in
allen Farben und schönen Mustern hergestellt, so daß sie auch als Fußbodenbelag für
elegante Räume Verwendung finden können. So hat z.B. der Rauchsalon I. Klasse des
Hapagdampfers Hamburg einen Gummifußboden erhalten, ebenso viele Räume, Flure und
Gänge des Dampfers New-York.
Bevor die Reichspost den Gummifußboden in ihren neuen Postämtern verlegte, hat sie
einen Abnutzungsversuch ausgeführt, bei dem gleichzeitig Triolin, Linoleum, Eichen-
und Kiefernholz und Gummiplatten untersucht wurden. Diese Stoffe wurden in
Probestücken von derselben Form und Größe mit 14 kg grobkörnigen Schmirgels in eine
Versuchstrommel getan, die 78 Stunden lang mit 40 Umdreh./min. lief, wobei eine
Erwärmung bis auf 80° eintrat. Das Ergebnis war für die Gummiplatten außerordentlich
günstig, denn nur diese hatten im allgemeinen ihre Form behalten, waren nur an den
Ecken abgerundet und nur ⅓ mm war von ihnen abgeschliffen worden. Alle anderen
Probestücke waren in kleine Stückchen zerfallen, hatten sich teilweise gänzlich
aufgelöst und waren zum Teil vollständig zermahlen worden (Linoleum und
Kiefernholz). Hiernach ist zu erwarten, daß sich der Gummifußboden im praktischen
Gebrauch gegen Abnutzung sehr günstig verhalten muß, denn die ungünstigen
Bedingungen der Versuchsanordnung werden in der Praxis bei weitem nicht
erreicht.
Die Vorteile des Gummifußbodens liegen u.a. in der starken Schalldämpfung, der guten
Wärmeisolation und der leichten Reinigungsmöglichkeit. Für Säure ist er fast
unangreifbar. Da er sehr elastisch ist und beim Auftreten leicht nachgibt,
ermöglicht er ein sehr sicheres und festes Gehen, das in Wirtschaftsräumen und auf
Schiffen von besonderem Vorteil ist. Die Masse ist kein reiner Gummi, sondern mit
Mineralstoffen vermischt, daher ist sie schwerer entflammbar als Hartholz. In der
Anschaffung ist der Gummifußboden teurer als andere Beläge, da aber Anstrich und
Unterhaltung gänzlich fortfallen, ist er im Gebrauch billiger. Die Gummiplatten
lassen sich auch als Wandbelag in Wirtschaftsräumen und Badezimmern verwenden. Sie bieten hier den
großen Vorteil, daß die Wände nicht zerstoßen werden können und daher immer glatt
und schön aussehen. Bei dem großen Mangel an weichen Fußbodenbelägen und der
vielseitigen Verwendbarkeit der Gummiplatten ist es wahrscheinlich, daß der
Gummifußboden große Verbreitung erlangen wird. (Der Industriebau 1927, Heft IV.)
Dipl.-Ing. W. Abendroth.
Eiserne oder hölzerne Eisenbahnschwellen? Die Verlegung
hölzerner Eisenbahnschwellen ist heute noch fast allgemein üblich, obwohl seit der
Erbauung der ersten Eisenbahn in anderen Zweigen des Eisenbahnwesens große
Fortschritte gemacht worden sind. Alle mit Beton- und Metallschwellen angestellten
Versuche sind bisher teils aus technischen, teils aus wirtschaftlichen Gründen
unbefriedigend ausgefallen. Eine Metallschwelle muß so geformt sein, daß keine
seitlichen Verschiebungen auf dem Unterbau eintreten können; sie muß eine
betriebssichere Vorrichtung zur Befestigung der Schiene haben, die aber zur
Auswechslung der Schiene schnell lösbar sein muß, und sie muß von der Schiene
zuverlässig isoliert werden können. Außerdem darf sie nicht teurer als die
Holzschwelle sein, denn gerade die hohen Herstellungskosten eiserner Schwellen haben
ihre allgemeinere Verwendung bisher verhindert.
Nunmehr ist es der amerikanischen Industrie gelungen, das Problem durch Herstellung
einer Stahlschwelle zu lösen, die allen Anforderungen genügt. Das Rohmaterial dieser
Schwelle ist ein Walzeisen mit etwas Kupferzusatz, das ihr eine Lebensdauer von
fünfzig Jahren verleihen soll. Aus einem Stahlblock von über 100 kg Gewicht wird die
Form der Schwelle hydraulisch gepreßt. Die Schiene wird mit Bolzen auf der Schwelle
befestigt und die Isolierung durch nichtleitende Platten, die zwischen Schiene und
Schwelle liegen, erreicht. Da die Auflagerfläche der Schiene auf der Schwelle größer
ist als bei der gegenwärtigen Bauart, werden für dieselbe Streckenlänge weniger
Stahl- als Holzschwellen gebraucht. Die hierin liegende größere Sicherheit
ermöglicht eine Erhöhung der Geschwindigkeit.
Um den größten seitlichen Druck festzustellen, dem eine auf einer hölzernen und einer
eisernen Schwelle befestigte Schiene standhalten kann, sind vergleichende Versuche
angestellt worden. Diese haben ergeben, daß sich bei einer Kraft von 4500 Pfd. die
auf einer Holzschwelle befestigte Schiene teilweise löste, während die Befestigung
auf der eisernen Schwelle nicht die geringste Veränderung zeigte, sondern bei 33500
Pfd. Druck die Schiene selbst durchgebogen wurde. Bei einer 100 Pfd. schweren
Stahlschiene trat dieser Fall sogar erst bei einem seitlichen Druck von 46000 Pfd.
ein. (Scientific American, Jan. 1927.)
Dipl.-Ing. W. Abendroth.
Ein neues Verfahren zum Färben von Aluminium und seiner
Legierungen. In letzter Zeit sind zahlreiche Versuche angestellt worden,
sowohl um Aluminium und seine Legierungen vor Anfressungen zu schützen, als auch um
den Erzeugnissen aus Aluminium das trübe graue Aussehen zu nehmen, das seine
Anwendung in vielen Fällen verhindert. Wird Aluminium oder eine an Aluminium reiche
Legierung in ein Bad von 4 l Wasser, 5 g Natrium-Fluorsilikat, 10 g
Nickelsulfat und 25 g Kaliumnitrat getaucht, so erscheinen an der Oberfläche des
Metalls mehr oder weniger gefärbte Linien, die sehr schnell im Bad selbst schwarz
anlaufen. Die besten Ergebnisse werden bei einer Temperatur des Bades von 70 bis 80°
C erzielt. Die entstehenden Linien sind, zum Teil wenigstens, von der relativen
Bewegung des Metallstückes und des Bades abhängig. Ein senkrecht eingetauchtes Rohr
ergibt eine Folge von zur Achse parallelen Linien, während es bei wagerechtem
Eintauchen sich ganz offensichtlich mit zur Achse senkrechten Linien bedeckt. Diese
Linien sind unter dem Mikroskop als Niederschläge von fein verteiltem Nickel zu
erkennen, das teilweise im Bad selbst oxydiert ist, und deren Ausgangspunkte die
Zonen sind, die die gewöhnlichen Unreinlichkeiten des Aluminiums enthalten. Seiner
Natur nach ist der Niederschlag nicht sehr zähe, jedoch wird er durch Treiben des
Metalls nicht zerstört, was für zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten vollkommen
genügt. Beim Erhitzen einer mit der Lösung behandelten Aluminiumlegierung auf 450°
in einem trockenen und reinen Wasserstoffstrom nimmt der Niederschlag einen noch
lebhafteren schwarzen Ton als vor dieser Behandlung an. Zweifellos ist diese Färbung
der feinen Verteilung des ausgeschiedenen Nickels zuzuschreiben. (Le Génie Civil,
Bd. XC, Nr. 5.)
Dipl.-Ing. W. Abendroth.
Der Temperguß auf der Werkstoffschau. In der Abteilung für
Temperguß auf der Werkstoffschau wurden zum erstenmal in Deutschland Stücke aus Schwarzguß ausgestellt. Diese neue Tempergußart wird
bereits in einigen deutschen Tempergießereien hergestellt und zwar vorzugsweise in
solchen, denen eine neuzeitliche Untersuchungsanstalt mit metallographischer
Einrichtung zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu dem bisher üblichen europäischen
oder Weißkerntemperguß findet beim Schwarzguß keine Entkohlung statt, sondern nur
eine Umwandlung der im Rohguß harten, spröden Kohlenstofform in ein weiches
kohlenstofffreies Eisen und Temperkohle, als deren Folge sich eine schwarze
Bruchfläche ergibt. Die Zerreißfestigkeit ist beim Schwarzguß mit etwa 35 kg/mm2 niedriger als beim hochwertigen
Weißkerntemperguß mit 40 kg/mm2, die Dehnung mit
10 % gegen 5 % dagegen höher. Aber beim Schwarzguß ist nicht dieser Faktor der
mechanischen Werte entscheidend für die Beurteilung seines hohen Wertes, sondern die
Tatsache, daß diese Gußart sich durch ein gleichmäßiges Gefüge auszeichnet. Da der
Schwarzguß ferner keinen gebundenen Kohlenstoff, sondern Ferrit und Temperkohle
enthält, ist er weich, zäh und gut bearbeitbar. Er zeichnet sich dann durch eine
geringe Koerzitifkraft und Remanenz und daher durch geringe Hysterisverluste bei
guter Permeabilität aus und eignet sich für Magnetanker, Polschuhe, Dynamogehäuse.
Seine weiteren Verwendungsgebiete, wie für Schwungräder, Cardangehäuse, Querhäupter,
Wagenpuffer u.a.m. lassen erkennen, daß der Schwarzguß berufen sein dürfte, mit dem
Stahlguß in Wettbewerb zu treten. Dies brachten auch die auf der Schau gezeigten
Schwarzgußstücke zum Ausdruck. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß die
deutschen Tempergießereien mehr
oder weniger gezwungen sein werden, sich auf den Schwarzguß umzustellen,
nachdem einige maßgebende Werke mit diesem Beispiel vorangegangen sind. Welches
Schicksal die vielen kleinen Tempergießereien treffen wird, die sich eine
Untersuchungsanstalt nicht leisten können oder neuzeitliche Arbeitsverfahren nicht
anwenden zu müssen glauben, mag heute dahingestellt sein. Der Glühvorgang ist beim
Schwarzgußverfahren billiger als beim europäischen Verfahren; zunächst fällt die
oxydierende Umgebung, das Erz, weg, dann ist die Glühtemperatur niedriger (860°
gegen 950°) und auch die Glühdauer ist kürzer. Wird beim Schwarzguß ein besonderer
Wert auf hohe Zerreißfestigkeiten gelegt, so ist es möglich, durch kurze Erhitzung
auf 850° und Abkühlung an der Luft die Zerreißfestigkeit auf 50 kg/mm2 zu steigern, wobei die Dehnung auf 5–3 % fällt.
Eine der schwerwiegendsten Fragen ist allerdings die der Schmelzart. In Amerika wird
der Kupolofen für Temperguß überhaupt nicht zugelassen, der Guß vielmehr im
Flammofen vorgenommen. Die deutschen Tempergießereien, die sich auf Schwarzguß
umgestellt haben, arbeiten entweder mit dem Flammofen, mit dem Siemens-Martinofen
und sogar mit dem Kupolofen. Ob es auf die Dauer möglich sein wird, mit dem
Kupolofen auszukommen, muß die Zukunft lehren. Man darf nicht außer acht lassen, daß
es darauf ankommen muß, einen möglichst niedrigen Kohlenstoffgehalt im Eisen zu
erhalten. Der Martinofen verspricht nur dann ein wirtschaftliches Arbeiten, wenn die
Erzeugung groß und gleichbleibend ist. Wenn man bedenkt, daß in Deutschland jährlich
nur 100000 t Temperguß, in Amerika dagegen von einzelnen Gießereien je 30000 t
erzeugt werden, so geht daraus hervor, daß man in Amerika den Temperguß, d.h. den
Schwarzguß, zu weit mehr Verwendungszwecken heranholt als bei uns. Dies hat nicht
zuletzt seinen Grund darin, daß, wie oben erwähnt, der Schwarzguß eine besondere
Gleichmäßigkeit aufweist und infolgedessen einen zuverlässigeren Werkstoff darstellt
als der Weißkerntemperguß. Für die deutschen Tempergießereien ist daher mit guten
Zukunftsaussichten dann zu rechnen, wenn auch sie sich vom Weißkernguß auf den
Schwarzguß umstellen. Diejenigen Werke bei uns, die dies bereits getan haben,
bereuen dies nicht nur nicht, sondern haben dabei wertvolle Erfahrungen
gesammelt.
Von der Abteilung Temperguß verdienen weiter die Gegenüberstellungen von „falsch
und richtig“ bezüglich der Konstruktion der Stücke und der Formverfahren
Erwähnung, wobei hier auch auf die große Schwindung des Werkstoffes aufmerksam
gemacht wurde. Dann bewies auch die Gruppe für den gewöhnlichen oder europäischen
Temperguß seine mannigfaltigen Verwendungsmöglichkeiten im Kraftwagenbau, für
landwirtschaftliche Maschinen, für Maschinen aller Art, Werkzeuge,
Haushaltungsmaschinen u.a.m. Lehrreich war von den verschiedenen Wandtafeln
besonders diejenige, die über das Verhältnis des Einsatzes zum fertigen Guß
Aufschluß, gab. Bei 100 % Einsatz im Kupolofen muß man demnach rechnen mit 94 %
flüssigem Eisen und 6 % Schmelzverlust, dann mit 50 % Steigern und Gießtrichtern, 1
% Gießverlust, 4 % Ausschuß und nur 39 % gutem Rohguß, schließlich mit 1,17 % Glühverlust, 0,2 % Glühausschuß und nur 37,63 % gutem
geglühtem Guß. Durch solche anschauliche Darstellungen, wie sie hier geboten wurden,
gewinnt man leicht ein Bild über die Selbstkosten, mit denen die Tempergießereien zu
rechnen haben. Eine wesentliche Erniedrigung dieser Selbstkosten erscheint aus dem
Grunde nicht ohne weiteres gegeben, weil allein die Gieß- und Steigtrichter die
Hälfte des Einsatzes ausmachen.
Dr.-Ing. Kalpers.
Prüfmaschine für Dauerwechselbelastung. Auf der
Werkstoffschau wurde u.a. eine neuartige dynamische Dauerprüfmaschine für
schwingende Torsionsbelastung, Bauart Losenhausenwerk (Düsseldorf) vorgeführt, die
einem umso größeren Interesse begegnen dürfte, weil derartige Maschinen zur Messung
der dynamischen Festigkeitseigenschaften von Werkstoffen bisher so gut wie fehlten,
andererseits aber schwingende Torsionsbelastungen in der Technik sehr häufig
auftreten und diese Maschine infolgedessen dazu berufen sein dürfte, einem
bestehenden Mangel abzuhelfen.
Bei dieser Maschine sind nur die Spannköpfe für den Probestab frei, alle anderen
Teile dagegen sind vor Staub und äußeren Einflüssen durch ein geschlossenes Gehäuse
geschützt. Die Prüflänge der Probestäbe beträgt 50 mm, ihr Durchmesser etwa 12 mm.
Der wichtigste Teil der Maschine ist ein für diese Prüfzwecke entwickelter
elektrischer Sondermotor, dessen Anker zur Erzeugung der Torsionsschwingungen
schwingende Bewegungen um die Achse ausführt. Die Größe des Schwingungsausschlages
wird durch Widerstände eingestellt. Der Motor liefert volle
Torsionsschwingungen/sec., so daß der Probestab in 1 Sek. 50mal nach rechts und
50mal nach links geschwungen wird. Innerhalb 24 Stunden liefert die Maschine 4,3
Millionen Schwingungen, welche Zahl zur Prüfung des Werkstoffs im Dauerversuch
völlig ausreicht. Derartige Dauerversuche können bei vollkommen selbständig
arbeitendem Betrieb ohne Ueberwachung ausgeführt werden. Die Messung der
Schwingungsamplitude erfolgt in genauer Weise auf optischem Wege mit Hilfe eines
durch eine kleine Projektionslampe auf einen Spiegel geworfenen Lichtstrahls,
während die Anzahl der Belastungen, die seit Beginn des Versuchs auf den Probestab
aufgebracht werden, unmittelbar an einem Zählwerk auf dem Schaltpult abgelesen
werden. Bei Bruch des Probestabes wird ein dieses Zählwerk antreibender kleiner
Synchronmotor selbsttätig ausgeschaltet, so daß der Stand des Zählers die bis zum
Bruch aufgebrachte Gesamtbelastungszahl angibt. Gleichzeitig erlischt eine grüne
Lampe und eine rote Lampe leuchtet auf, ferner ertönt ein Klingelzeichen.
Außer dem Dauerversuch lassen sich bei der Losenhausenmaschine auch
Schnellbestimmungen der Schwingungsfestigkeit vornehmen. Da bei der periodischen
Verformung eines Werkstoffes ein Teil der Verformungsarbeit in Wärme verwandelt wird
und diese Vorgänge in inniger Verbindung mit den Festigkeitseigenschaften des
betreffenden Werkstoffes stehen, so dürfte diese Erscheinung ein wertvolles
Kennzeichen für die dynamischen
Eigenschaften des Stoffes sein. Das bei der genannten Maschine entwickelte neue
Abkürzungsverfahren beruht nun im wesentlichen darauf, die Wärmeentwicklung des
betreffenden Probestabes mit derjenigen einer besonderen Energiequelle zu
vergleichen. Die Messungen der inneren Energieaufnahme kann vorgenommen werden bei
gekühltem Probestab und bei geheiztem Probestab. Diese letzte Prüfung ist insofern
von Interesse, weil manche hochbeanspruchte Konstruktionsteile bei verhältnismäßig
hohen Betriebstemperaturen dynamischen Dauerbeanspruchungen ausgesetzt sind und
bisher genügende Prüfverfahren für diese Teile nicht bestanden. Bei dem
Abkürzungsverfahren erhält der Schaltpult noch einen Schiebewiderstand zur
Einstellung der Heizleistung im Vergleichsstab, ein Galvanometer und ein Instrument
zur Messung der Wattaufnahme des Heizstabes.
Dr. Kalpers.
Gewinnung von Erdgas und Gasolin in Polen. Die Gewinnung
von Erdgas in Polen ist von 1920 bis 1925 von 405 auf 535 Mill. cbm gestiegen, im
letzten Jahre ist jedoch ein Rückgang auf 481,4 Mill. cbm zu verzeichnen. Diese
Erzeugung verteilt sich auf die verschiedenen Bezirke wie folgt:
Drohobycz
344724000 cbm,
Stanislau
78697000 cbm,
Jaslow
57946000 cbm.
Die Hauptmenge des Erdgases dient als Brennstoff in den Erdölgruben, die im letzten
Jahre fast 268 Mill. cbm verbrauchten, während 190021504 Kubikmeter zur Gewinnung
von Gasolin dienten. Im Jahre 1925 wurden für die Gasolingewinnung nur 116,25 Mill.
cbm Erdgas nutzbar gemacht.
Dank weitgehender staatlicher Unterstützung hat sich die Gasolingewinnung, die in
Polen erst im Jahre 1919 zur Einführung gelangt ist, in den letzten Jahren recht
lebhaft entwickelt. Es wurden gewonnen:
1919: 460 t
1923: 2045 t
1920: 593 t
1924: 3435 t
1921: 661 t
1925: 9793 t
1922: 922 t
1926: 18044 t
Im letzten Jahre hat sich somit die Gasolingewinnung nahezu verdoppelt. Dasselbe gilt
für den inländischen Verbrauch, der von 7980 t im Jahre 1925 auf 15988 t im letzten
Jahre gestiegen ist. Dagegen ist die an sich nicht bedeutende Ausfuhr von 1127
t im Jahre 1925 auf 834 t im letzten Jahre zurückgegangen. Die starke Zunahme des
einheimischen Verbrauchs ist auf das Anwachsen des Kraftwagen- und Flugzeugverkehrs
zurückzuführen. Die Zahl der Betriebe, die Gasolin aus Erdgas gewinnen, ist im Jahre
1926 von 12 auf 16 gestiegen, die Mehrzahl der Anlagen arbeitet nach dem
Adsorptionverfahren unter Anwendung von aktiver Kohle, die aus dem Ausland
(Tschechoslowakei) bezogen wird. Die Gasolinausbeute aus 1 cbm Erdgas beträgt in
Polen 90–93 g, in den Vereinigten Staaten von Amerika dagegen nur etwa 53 g. Da die
Erzeugung in Polen im laufenden Jahre weiter stark zugenommen hat, ist in absehbarer
Zeit mit einer Ueberproduktion zu rechnen. (Chem. Ind. 1927, S. 725 und 796; Erdöl
und Teer 1926, S. 711.)
Sander.
Die Einfuhr von Ammonsulfat nach Japan in den Jahren 1923
bis 1925 stellte sich wie folgt:
in Pikul = 60,1 kg
1925
1924
1923
Gesamteinfuhr
3392386
2806621
2428840
Davon aus:
Großbritannien
451490
987692
760325
Deutschland
1771181
909768
17865
Ver. Staaten
880084
567535
1440892
Australien
35697
34352
36791
Anderen Ländern
134649
271419
143177
Wie diese Zahlen zeigen, stand die Einfuhr aus Deutschland im Jahre 1925 an erster
Stelle; sie betrug über 50 % der Gesamteinfuhr, während die Lieferungen
Großbritanniens und Amerikas stark zurückgegangen sind.
Sander.
Eine Studiengesellschaft für Gastechnik wurde kürzlich in
Paris unter dem Namen „Société pour le Développement de l'Industrie du Gaz en
France“ mit einem Kapital von 1 Million Franken gegründet. Die neue
Gesellschaft soll sich mit der Kohleverflüssigung und daneben auch mit der Frage der
Gasfernversorgung befassen. Anscheinend wird sie auch mit der im März vorigen Jahres
gegründeten Studiengesellschaft „Carburants et Produits de Synthèse“
zusammenarbeiten, die über ein vorläufiges Kapital von 5 Millionen Franken verfügt
und sich die synthetische Gewinnung von flüssigen Brennstoffen aus Kohle zur Aufgabe
macht. Demgemäß ist an dieser Studiengesellschaft die Mehrzahl der französischen
Kohlenbergwerke beteiligt.
Sander.