Titel: | Fortschritte in der Herstellung von Stahlguß (Stahlformguß.) |
Autor: | H. Kalpers, K. |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 66 |
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Fortschritte in der Herstellung von Stahlguß
(Stahlformguß.)
Von Dr.-Ing. H. Kalpers.
KALPERS, Fortschritte in der Herstellung von Stahlguß
(Stahlformguß.)
Der Begriff „Stahlguß“ ist seit April 1925 durch das Werkstoffblatt DIN
1681 endgültig festgelegt; demnach haben Erzeuger und Verbraucher die bisherige
Bezeichnung „Stahlformguß“ in „Stahlguß“ umgeändert, so daß nunmehr
unter Stahlguß der im Martin-, Tiegel-, Elektro-Ofen oder in der Birne erzeugte und
in Formen gegossene Stahl zu verstehen ist. Man hat sich dabei auf grundsätzlich 4
Sorten Stahl geeinigt mit 38, 45, 52 und 60 kg/mm2
Zerreißfestigkeit zuzüglich 2 Sondersorten für den Elektromaschinenbau und eine
Sondersorte für den Lokomotiv- und Eisenbahnwagenbau. Im Gegensatz zu den
amerikanischen Abnahmevorschriften enthalten die deutschen Normen keine Bedingungen
für die chemische Zusammensetzung des Stahlgusses, und zwar wohl aus dem Grunde
nicht, weil man es dem Erzeuger selbst überlassen will, auf welche Weise er die
verlangten Eigenschaften im Gußstück erhält. Der Nachdruck wird eben auf die
mechanischen Eigenschaften selbst gelegt ohne Rücksicht auf die für ihre Erziehung
angewendeten Mittel. Für die Uebergangszeit wird das Wort „Stahlformguß“ in
Klammern dem Wort „Stahlguß“ beigefügt und soll später ganz weggelassen
werden.
Stellt nun die Stahlgießerei einen noch verhältnismäßig jungen Industriezweig dar –
der erste Stahlguß wurde bekanntlich in Bochum im Jahre 1851 gewonnen –, so hat man
es hier doch verstanden, sowohl die allgemeinen technischen Neuerungen und
Verbesserungen im Betriebe selbst als auch die neuzeitlichen Veredlungsmöglichkeiten
bei der Herstellung von Stahlguß in weitgehendem Maße auszunutzen. Ein glücklicher
Umstand für die Erreichung dieses Ziels und mithin für die Entwicklung der deutschen
Stahlgießereien ist darin zu erblicken, daß sich der seiner Erzeugungsmenge nach
größere Teil aller deutschen Stahlgießereien im rheinisch-westfälischen
Industriegebiet befindet und daß diese Gießereien in Anlehnung an die
Eisenhüttenwerke deren Erfahrungen in technischpraktischer und in wissenschaftlicher
Hinsicht sich zu eigen machen konnten. Es ist daher begreiflich, wenn die
Wissenschaft in der Stahlgießerei schneller zu Ehren kam als in der Eisengießerei,
wo die wissenschaftliche Durchdringung der Schmelz- und Erstarrungsvorgänge zur
Verbesserung der Gußeigenschaften erst seit einigen Jahren eingesetzt hat.
Einen besonders starken Aufschwung erfuhr die Stahlgießerei in Deutschland während
des Krieges, sei es für die Herstellung von Kriegsgerät, sei es für die solcher
Stücke, die bis dahin dem Kupfer und den in Deutschland selten gewordenen Metallen
vorbehalten waren. Mit dem Ende des Krieges mußte selbstverständlich die
Tonnen-Menge der Stahlgußstücke wieder zurückgehen – die Erzeugung beträgt heute
ungefähr 250000 t im Jahr –, namentlich mußte die Geschoßherstellung aufgegeben
werden, doch ist es möglich geworden, in verschiedenen Verwendungsgebieten festen
Fuß zu fassen und anderen Metallen mit Erfolg den Rang streitig zu machen. Es ist
immerhin bezeichnend, wenn von amerikanischer Seite die Befürchtung laut wurde, die
Ausfuhr amerikanischen Kupfers nach Deutschland werde voraussichtlich nicht mehr den
Vorkriegsstand erreichen, weil die deutschen Stahlgießereien so erhebliche
Fortschrittegezeitigt hätten, daß der Stahlguß das Kupfer aus verschiedenen Stellen
gedrängt hätte, z.B. bei Ventilen, Schiebern, Rohrstücken usw. Diese Fortschritte
beziehen sich zunächst auf die eigentliche Herstellung des Stahles und des
Gußstückes selbst, dann auf die Warmbehandlung des fertigen Gußstückes und sind
darauf gerichtet, den ständig gesteigerten Anforderungen der gußverbrauchenden
Industrie, die sowohl einen möglichst dünnwandigen als auch gleichmäßigen und
genauen Guß verlangt, gerecht zu werden.
Was die Herstellung des Stahles anbetrifft, so wird in Deutschland der größte Teil an
Stahlguß, etwa 84 %, im Siemens-Martin-Ofen erzeugt, etwa 10 % im Konverter und der
Rest im elektrischen Ofen und im Tiegelofen; das letzte Verfahren findet bei uns
wegen der hohen Einsatz- und Betriebskosten und seiner begrenzten Leistungsfähigkeit
nur noch so wenig Anwendung, daß es zahlenmäßig kaum mehr in die Erscheinung tritt.
Dagegen findet sich der elektrische Ofen ständig in der Zunahme, zumal bei
hochwertigen Gußstücken, während der Siemens-Martin-Ofen im Dauerbetrieb am Platze
ist und billig arbeitet und der Kleinkonverter sich durch seine Anpassungsfähigkeit
auszeichnet und vorwiegend für Kleinguß in Frage kommt. In den Vereinigten Staaten
sind die Verhältnisanteile der verschiedenen Ofenarten der Erzeugungsmenge
nach: Siemens-Martin-Ofen 73 %, elektrischer Ofen 22 %, Konverter 4 %; auch
hier sieht sich der Tiegelofen immer mehr zurückgedrängt, während der elektrische
Ofen erheblich weiter verbreitet ist als bei uns; der Zahl nach sind in den
Vereinigten Staaten über die Hälfte aller Stahlgießereien Elektrostahlgießereien.
Die elektrischen Oefen in den Stahlgießereien sind meistens basisch ausgekleidet und
als Ofensysteme wählt man entweder die reinen Lichtbogenöfen oder die
Lichtbogenwiderstandsöfen. Ausschlaggebend für die Entscheidung zu einem bestimmten
Schmelzofen sind die Beschaffenheit und die verlangten Eigenschaften des zu
erzeugenden Gusses, die Stückgewichte, die Kosten für Brennstoff bzw. elektrischen
Strom, die Frage ob Dauerbetrieb oder unterbrochener Betrieb und die
Mindestbeschäftigung. Auf die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Verfahren einzugehen,
erübrigt sich aus dem Grund, weil die oben genannten Anteile der verschiedenen
Ofenarten an der Erzeugungsmenge schon von sich aus auf Grund ihrer praktischen
Ausführung und Auswirkung zu erkennen geben, daß der Martin-Ofen den
wirtschaftlichsten Betrieb darstellt. Neben dem Strompreis beim elektrischen Ofen
fällt auch der Preisunterschied zwischen Roheisen und Stahlschrott ins Gewicht. In
Zukunft wird man hauptsächlich mit einem Wettbewerb zwischen dem Martin- und dem
elektrischen Ofen zu rechnen haben. Da die Selbstkosten für diese beiden Verfahren
unter Zugrundelegung der heutigen Preise für das Beschickungsgut, den Brennstoff und
eines Preises von 4 Pf. für den elektrischen Strom annähernd gleich sind, so ist
vorauszusehen, daß selbst bei etwas höheren Selbstkosten für den elektrischen
Ofenbetrieb dieser künftig immer mehr an Verbreitung gewinnen wird, da der aus ihm
gewonnene Guß demjenigen aus dem Martin-Ofen und aus der Birne ohne Zweifel
überlegen ist. Ueber die Vorgänge im elektrischen Ofen bei der Erzeugung von
Stahlguß herrscht vollkommene Klarheit. Geht man z.B. von einem basischen
Heroult-Ofen mit festem Einsatz aus, so unterscheidet man 1. das Einschmelzen und
das Frischen, 2. das Reduzieren mit anschließender Kohlung und Fertigmachung des
Stahls. Das Aufgabegut (Gußtrichter, verlorene Köpfe, Schrott usw.) wird mit den
Zuschlägen (gebrannter Kalk, Flußspat) eingeschmolzen und, wenn dies erfolgt, mit
Roteisenstein oder Hammerschlag gefrischt, dann wird abgeschlackt und das Metallbad
zur Desoxydation mit Kokspulver und etwas Quarzsand und Flußspat und die jetzt
gebildete Schlacke mit Kohlenstoff versetzt. Durch Zusatz von Mangan wird die
Desoxydation vollständig. Das weiße Aussehen der Schlacke zeigt an, daß alle
Metalloxyde reduziert worden sind. Nach der Desoxydation entschwefelt man mit Hilfe
von Ferro-Mangan und Ferro-Silizium und setzt vor dem Gießen in die Gießpfanne etwas
Aluminium zu. Für die Verwendung des elektrischen Ofens sprechen neben der
hervorragenden Beschaffenheit des von ihm gelieferten Stahles weiter die Sicherheit
des Betriebes, die Möglichkeit der Herstellung jeder Stahlgüte aus gewöhnlichem
Einsatzgut, der geringe Abbrand, der verminderte Ausschuß, die vorzügliche Entgasung
und Desoxydation, die Genauigkeit in der chemischen Zusammensetzung u.a.m.
Da die chemische Zusammensetzung die Eigenschaften von Stahlguß – meistens handelt es
sich um die Zerreißfestigkeit, Kerbzähigkeit und die magnetischen Eigenschaften –
ändert, kommt den verschiedenen Elementen je nach dem Verwendungszweck des Gusses
eine gewisse Bedeutung zu. So ist bekannt, daß ein Nickel-Zusatz die Zähigkeit
erhöht, Mangan die Zähigkeit und Härte, Chrom den Verschleißwiderstand, Vanadin die
Zerreißfestigkeit und Streckgrenze, Wolfram in Verbindung mit Chrom die Härte und
Zähigkeit. Durch eine entsprechende Warmbehandlung – auf den Einfluß der
Warmbehandlung auf Stahlguß wird weiter unten zurückzukommen sein – lassen sich in
legierten Stahlgußstücken Werte der mechanischen Eigenschaften erzielen, die sie für
eine erhebliche Anzahl von Verwendungsgebieten geeignet haben. Bezeichnend ist z.B.
ein Stahlguß mit 12 % Mangan, der im vergüteten Zustand die hohe Zerreißfestigkeit
von etwa 90 kg/mm2 und eine Dehnung von sogar 40 %
besitzen kann. Es sei dann auch auf den Einfluß von Phosphor und Schwefel
hingewiesen, denen beim Gußmaterial ein anderer Maßstab zugrunde zu legen ist als
beim Walzmaterial. Hochlegierte Silizium-Stähle für Stahlgußstücke sollen sich nach
den Versuchen von Hammerschmid besonders für Teile der elektrischen Industrie
eignen, von denen neben einer großen Permeabilität möglichst geringe Hysteresis und
Wirbelstromverluste verlangt werden. Die Sprödigkeit dieser siliziumreichen Stähle
glaubt man durch Aenderung der Stahlzusammensetzung und durch Vergüten zu
beheben.
Hand in Hand mit der Legierungstechnik machte auch die Technik der Formherstellung Fortschritte, auf welchem Gebiete die
Stahlgießereien sich eine anzuerkennende Sicherheit so angeeignet haben, daß man
heute in der Lage ist, schwierige und verwickelte Stücke, wie Schiffs-Hintersteven
(ein sehr verwickeltes Hohlgußstück), dünnwandige Wechselgetriebegehäuse,
Kraftwagenräder, Ketten, Propeller, Lokomotivrahmen, Motorgehäuse, Zahnräder,
Ventile, Kolben, Herzstücke, Pilgerschrittwalzen u.a.m. in Stahl zu gießen. Die
Erfolge in dieser Hinsicht sind nicht zum wenigsten dem verständnisvollen
Zusammenarbeiten zwischen Konstrukteur und Gießer zu verdanken, die planmäßig darauf
hinarbeiten, die Wandstärken der Gußstücke mit den Gesetzen der Abkühlung und
Erstarrung in Einklang zu bringen, d.h. eine möglichst gleichmäßige Abkühlung der
verschiedenen Stückteile unter Vermeidung zu großer Temperaturunterschiede
durchzuführen, um dadurch die Entstehung von Rissen, Spannungen und zu starken
Formänderungen in Gestalt einer Verlängerung oder Verkürzung des Stückes zu
unterbinden. Als Mittel für die Bekämpfung der gefährlichen Lunker, die ein Stück
leicht unbrauchbar machen können, gelten eine richtige Bemessung der verlorenen
Köpfe und der Saugtümpel, dann das Anbringen von Schreckplatten oder Kühleisen. Auch
die Wahl der zweckmäßigen Gießtemperatur und Gießgeschwindigkeit vermag der
Lunkergefahr entgegenzutreten. In manchen Fällen ist ferner die Art des Einformens
wichtig,
indem z.B. eine Kurbelwange liegend eingeformt einen gesunden und lunkerfreien
Guß ergibt, stehend eingeformt dagegen Lunker enthalten kann. Die Uebergänge von
dick- auf dünnwandige Stellen in ein und demselben Stück werden sich allmählich und
nicht zu schroff vollziehen, da plötzliche Uebergänge ebenfalls die Entstehung von
Lunkern und zu starken Spannungen begünstigen. In zahlreichen Fällen wurde der
Nachweis gebracht, daß Lunker durch eine falsche Konstruktion des Stückes entstanden
und durch Aenderung der Konstruktion vermieden wurden; gleichzeitig waren
Ersparnisse am Werkstoff und an den Bearbeitungslöhnen erreichbar. Manchmal wird es
auch vorkommen, daß man ein Stück in 2 Teilen gießt anstatt in einem, wenn in dem
betreffenden Fall (z.B. Kraftmaschinen-Zylinder) Zugspannungen vermieden werden
sollen. Die als Folge von Gasblasen sich ergebende Porosität des Gusses wird dadurch
zu bekämpfen sein, daß man für ein leichtes Entweichen der Gase und Luft durch
Anbringen von Steigern und Windpfeifen Sorge trägt und große wagerechte Flächen nach
Möglichkeit vermeidet. Verschiedene Stahlgießereien beabsichtigen den Ausschuß
dadurch zu vermindern, daß sie vom Betrieb jedesmal Angaben über die Art der
aufgetretenen Lunker und Risse, ihre Ursache und die Möglichkeit ihrer künftigen
Vermeidung verlangen; gleichzeitig hat ein Betriebsfachmann diesen Fehlursachen
nachzugehen und zu prüfen, wie ihnen entgegenzutreten ist. Bei der Uebernahme neuer
für die Reihenfertigung vorgesehener Aufträge werden Probeabgüsse mit verschiedenen
Ausführungen von Trichtern, Steigern und verlorenen Köpfen solange vorgenommen, bis
der Guß vollkommen gesund ist. Erst dann wird die laufende Fertigung aufgenommen.
Man verspricht sich hierdurch nicht zu unterschätzende Ersparnisse an Zeit und
Geld.
Bei der Herstellung von Stahlguß kommt heute dem Problem der Warmbehandlung eine außergewöhnliche Bedeutung zu, deren Erfolge man
vorzugsweise mit Hilfe der Metallographie zu ergründen in der Lage war. Erst jetzt
konnte man sich erklären, warum ein Stahlgußstück mit verschiedenen Wandstärken und
aus ein und dem gleichen Stahl verschiedene Festigkeitswerte ergab; der Grund lag
darin, daß das Gefüge des Stückes nicht einheitlich, sondern an den verschiedenen
Wandstärken auch verschieden war. Durch Glühen des Stückes wird nun ein Ausgleich
und eine Umkristallisation des Gefüges erreicht; gleichzeitig werden auch die im
Stück aufgetretenen Spannungen durch den Glühvorgang beseitigt. Die wichtigste Frage
bei dieser Arbeit des Glühvorganges des Stahles ist die der Glühtemperatur, die mit
der Höhe des Kohlenstoffgehaltes in Einklang zu bringen ist. Oberhoffer hat
eingehende und grundlegende Untersuchungen über den Einfluß des Glühens auf die
Festigkeitseigenschaften von Stahlguß angestellt und für die Erzielung der besten
Festigkeitseigenschaften folgende Glühtemperaturen (VDI, Bd. 67, S. 1129/33) der
vollständigen Umkristallisation für verschiedene Zusammensetzungen ermittelt:
Temperaturder vollst. Um-kristallisation
Kohlen-stoff
Sili-zium
Mangan
Phos-phor
Schwefel
890°
0,11
0,40
0,60
0,030
0,035
847°
0,23
0,38
0,98
0,042
0,038
848°
0,26
0,25
0,80
0,024
0,030
784°
0,40
0,21
1,11
0,041
0,029
766°
0,46
0,20
0,92
0,027
0,042
743°
0,53
0,25
0,79
0,021
0,036
698°
0,69
0,25
1,03
0,016
0,022
674°
0,86
0,27
0,90
0,016
0,028
Es kann auch der Fall eintreten, daß das Korn des Stückes
durch das Glühen nicht feiner, sondern gröber wird, nämlich wenn es infolge seiner
Wandstärke bereits im gegossenen Zustand ein feines Korn besitzt. Demnach kann
entsprechend der Wandstärke eine Verbesserung oder Verschlechterung der
Festigkeitseigenschaften eintreten. Die Wandstärke, bei der weder eine
Verschlechterung noch eine Verbesserung erfolgt, bezeichnet Oberhoffer als die
kritische Wandstärke und hat diese für die verschiedenen Kohlenstoffgehalte
folgendermaßen ermittelt:
Kohlenstoff %
kritische Wand-stärke
Kohlenstoff %
kritische Wand-stärke mm
0,0
9
0,3
18,5
0,1
11
0,4
27
0,2
13,5
0,6
39
Die Glühdauer darf nicht zu weit bemessen sein, vielmehr ist
die Glühtemperatur nur solange aufrecht zu erhalten, bis das zu behandelnde Stück
gleichmäßig durchgewärmt ist. Neben der zu hohen Brennstoffausgabe werden durch eine
zu lange Glühdauer die Festigkeitseigenschaften des Gusses ungünstig beeinflußt. Das
Härten wird in der Stahlgießerei nur vereinzelt
angewendet und zwar nur dann, wenn Stücke von besonders großer Härte verlangt
werden. Derartige Stücke können z.B. sein gewisse Zahnräder, Kupplungsgelenke,
Gleitschuhe, Speichentriebräder usw. Ein Gleitschuh z.B. mit 0,35–0,4% Kohlenstoff
wurde auf 814° erhitzt, in Wasser abgeschreckt und auf 565° angelassen; das Gefüge
wurde hierdurch sehr dicht und die Zerreißfestigkeit stieg um etwa 35 %, die
Elastizitätsgrenze um 10 % und die Härte um über 50 %. In amerikanischen
Stahlgießereien findet das Vergüten von Stahlguß mehr Anwendung als bei uns.
Für die weitere Ausdehnung der Verwendungsgebiete von Stahlguß ist z. Zt. die Frage
des Verhaltens von Stahlguß bei hohen Temperaturen
Gegenstand besonderen Interesses; dieses Problem ist namentlich für den
Dampfkesselbau und die mit hohen Temperaturen arbeitenden Gebiete wichtig. Die
Untersuchungen von Körber und Pomp (St. u. E. Bd. 44, S. 1765/71) haben in dieser
Hinsicht Klarheit verschafft und ergeben, daß die Zerreißfestigkeit bei Temperaturen
von 100° etwas sinkt, bei 200–300° aber Höchstwerte erreicht. Bei den untersuchten
Proben betrug z.B. die Zerreißfestigkeit bei 200° 45,3 gegenüber 39,7 kg/mm2 bei 20°. Die Abnahme der Dehnungs- und
Einschnürungswerte im Blaubruchgebiet wird auf Grund der Ergebnisse der
Kerbschlagproben nicht als eine Sprödigkeitssteigerung in diesem Temperaturbereich
angesehen, vielmehr zeigen die Kerbzähigkeitswerte, daß der bei gewöhnlicher
Temperatur spröde Stahlguß mit zunehmender Temperatur eine beträchtliche Steigerung
seiner Zähigkeit aufweist. Demnach scheint die Annahme
berechtigt, daß Stahlgußteile Temperaturen bis etwa 300° ohne Bedenken
ausgesetzt werden können.
Die Arbeiten der Stahlgießereien und der wissenschaftlichen Forschungsanstalten sind
heute weiter darauf gerichtet, inwieweit Stahlguß durch Feuchtigkeit, Luft,
Säuren, Seewasser usw. ange griffen und angefressen wird zwecks Feststellung der
Bedingungen für eine möglichst lange Lebensdauer der Gußstücke. Es besteht
begründete Hoffnung, hier zu einem erfolgreichen Abschluß zu gelangen.
Dr. K.