Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 72 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Entphenolung der Kokereiabwässer. (Nach Dr. F. Raschig, Ztschr. f. angew. Chem. 1927, S. 897–898.) Auf
den Jacobi-Schächten der Gutehoffnungshütte in Osterfeld ist seit einigen Monaten
die erste Anlage zur Entphenolung der Kokereiabwässer nach dem Verfahren von Raschig
in Betrieb. Gelegentlich einer Besichtigung dieser Anlage durch den Verein Deutscher
Chemiker während dessen letzter Hauptversammlung machte Dr. Raschig über sein
Verfahren interessante Mitteilungen. Die Kokereiabwässer des Ruhrgebietes werden in
einem besonderen Kanal, dem Emscherkanal, gesammelt, sodann geklärt und unterhalb
von Duisburg in den Rhein eingeleitet. Bei der Klärung der Abwässer werden natürlich
die in ihnen gelösten Phenole nicht
beseitigt. Die Abwässer enthalten im Mittel 5 g Phenole im Liter, daneben
geringe Mengen von Pyridin und auch etwas Naphthalin. Schätzungsweise wurden bisher
durch die Kokereiabwässer des Ruhrgebietes jährlich etwa 21 Mill. kg Phenole dem
Rhein zugeführt, so daß lebhafte Klagen, namentlich von der holländischen Regierung,
wegen Schädigung der Fischerei eingingen. Dies zwang dazu, die Phenole aus den
Abwässern abzuscheiden, und es sind in den letzten Jahren mehrere Verfahren hierfür
angegeben worden. Das von Dr. Bach ausgearbeitete
biologische Verfahren, bei dem durch gewisse Bakterien die Phenole vernichtet
werden, stellt sich im Betrieb recht teuer, so daß die chemische Behandlung der
Abwässer vorzuziehen ist, zumal hierbei die Phenole nutzbar gemacht werden können.
Bei dem Verfahren von Raschig wird zum Auswaschen der Phenole Benzol oder Toluol
benutzt und zwar erfolgt diese Extraktion in dem aus den Kühlern der Kokerei
abfließenden Gaswasser, also vor dem Abtreiben des Ammoniaks. Der erforderliche
Benzolzusatz ist ziemlich hoch, wenn man eine weitgehende Extraktion der Phenole
erreichen will; nach den bisherigen Erfahrungen muß man auf hundert Teile Gaswasser
mindestens 30 Teile Benzol anwenden. Eine Erwärmung des Wassers auf 60–65° hat sich
als vorteilhaft erwiesen. Bei den großen Wassermengen, die zu verarbeiten sind, kam
nur ein kontinuierliches Verfahren in Frage, das eine innige Durchmischung des
Wassers mit dem Benzol gewährleistet.
Aus diesem Grunde gelangt eine mit Raschigringen gefüllte Waschkolonne von 10 m Höhe
zur Anwendung, in der das erwärmte Gaswasser von oben nach unten fließt, während
vorgewärmtes Benzol von unten nach oben aufsteigt. Das Benzol nimmt etwa 80 % der in
dem Gaswasser enthaltenen Phenole auf, so daß das Wasser mit einem Phenolgehalt von
etwa 1 g im Liter aus der Kolonne austritt. Dieses Ergebnis wird sich im Laufe der
Zeit vermutlich noch verbessern lassen. Recht schwierig war die Aufgabe, das Gemisch
von Benzol und Phenol zu trennen, da der Phenolgehalt nur 1–2 %. der Benzolmenge
beträgt. Das Ausschütteln des Benzols mit starker Natronlauge führte nicht zum Ziel,
so daß versucht wurde, die Trennung des Benzols von den aufgenommenen Phenolen durch
Destillation zu erreichen. Hierzu dient eine 5 m hohe Destillierkolonne, die
ebenfalls mit Raschigringen gefüllt ist. Auf diese Weise gelingt es allerdings nur,
ein Destillat zu erhalten, das noch 0,3 g Phenol im Liter enthält. Es ist
anzunehmen, daß ein besseres Ergebnis erzielt wird, wenn die Destillierkolonne nicht
5 m, sondern 15 m Höhe erhält und wenn auch die Waschkolonne statt 10 m, wie im
vorliegenden Falle, 15 m hoch gemacht wird. Ein dritter wesentlicher Punkt ist, daß
das Wasser vorher von allen Teerresten möglichst vollständig befreit wird, da der in
den Teerresten enthaltene freie Kohlenstoff im Laufe der Zeit die Ringe der
Waschkolonne verstopft und den Wascheffekt beeinträchtigt.
Die Anlage auf den Jacobischächten verarbeitet stündlich etwa 5 cbm Wasser, das in
der Weise vorgewärmt wird, daß es zur Kühlung des aus der Destillierkolonne
abfließenden Benzols benutzt wird. Das Benzol wird nach der Kühlung wieder in
die Waschkolonne gepumpt und stets im Kreis lauf gehalten. Die Anlage liefert
stündlich 15–16 kg Phenole, so daß also monatlich etwa ein Waggon Karbolsäure im
Werte von rd. 3000,– Mark gewonnen wird. Die Apparatur erfordert nur sehr wenig
Bedienung, der Dampfverbrauch beträgt etwa 200 kg stündlich. Infolge der Reinigung
des Gaswassers erfährt auch die Beschaffen heit des Ammonsulfats eine erhebliche
Verbesserung, es ist heller als sonst und schöner kristallisiert.
Sander.
Wasserstoff als Kühlmittel für elektrische Maschinen. In
Amerika sind, wie M. Jakob berichtet, in den letzten
Jahren von der General Electric Co. eingehende Versuche über die Verwendung von
Wasserstoff als Kühlmittel für elektrische Maschinen angestellt worden, wobei man
fand, daß dieses Gas durch seine geringere Dichte, seine höhere Wärmeleitzahl sowie
seine chemische Inaktivität der Luft weit überlegen ist. So beobachtete man z.B. bei
großen Turbodynamos, die nicht in Luft, sondern in einer Wasserstoffatmosphäre
liefen, eine Verminderung des Gasreibungswiderstands auf den zehnten Teil. Die im
Vergleich zur Luft 7mal höhere Wärmeleitzahl des Wasserstoffs bedingt ferner, daß in
den Spulen der elektrischen Maschinen das Temperaturgefälle bedeutend erniedrigt
wird, wenn diese nicht von Luft, sondern von Wasserstoff umgeben sind, und daß
infolgedessen die Erregerenergie um 25 % gesteigert werden kann. Hierzu kommt noch
die bessere Kühlwirkung des mit großer Geschwindigkeit über die Oberflächen der
Maschinen hinweggeblasenen Gases; so wurde bei einer großen Turbodynamo bei
Verwendung von Wasserstoff eine Verbesserung der Wärmeabgabe um 30 % festgestellt.
Dieser Wert wäre noch höher, wenn die Maschine mit normaler Drehzahl betrieben
worden wäre. Auch der Energieaufwand für den Gasumlauf ist bei Wasserstoff geringer
als bei Luft; namentlich kann aber auch der Kühler bei Verwendung von Wasserstoff
kleiner bemessen werden als bei Luft.
Während man gewöhnlich bei der Isolation der Wicklungen von Hochspannungsmaschinen
den Koronaeffekt in den feinen Lufträumen der Wicklungen, um diese vor Zerstörung zu
schützen, sorgfältig vermeiden mußte, hat sich bei Anwendung von Wasserstoff
gezeigt, daß die Korona-Entladung unter diesen Bedingungen von ganz anderer Art ist
und daß hierbei die Isolierung in keiner Weise angegriffen wird. Vielleicht ist
dieser Unterschied darauf zurückzuführen, daß bei der Korona-Entladung in Luft
Salpetersäure und Ozon gebildet werden, die die Isolation angreifen, während dies in
einer Wasserstoffatmosphäre ausgeschlossen ist. Versuche an dickeren Isolierungen
ergaben, daß bei Wasserstoff die dielektrische Festigkeit um 50 % größer ist als in
Luft. Auch die Brandgefahr im Falle einer Entzündung ohne elektrischen Kurzschluß
ist bei Wasserstoff geringer als bei Luft, wobei allerdings vorausgesetzt werden
muß, daß hierbei nicht das Gehäuse zerstört wird, weil sonst der ausströmende
Wasserstoff selbst sich entzündet.
Die General Electric Co. hat ferner Versuche über die Explosionsgefahr ausgeführt und
hierbei eine Reihe von Schutzmaßnahmen erprobt. Eine
weitere Verbesserung der eben erwähnten günstigen Wirkungen einer
Wasserstoffatmosphäre verspricht man sich von einer Druckerhöhung. Bei einem Druck
von 10 at wären die Gasreibungsverluste erst so groß wie bei Luft von gewöhnlichem
Druck. Die Wärmeleitung, die ja vom Druck unabhängig ist, wäre auch bei 10 at
siebenmal so groß wie bei Luft und die Wärmeabgabe an das über die Oberflächen
hinwegströmende Gas wäre etwa 13mal so groß. Die dielektrische Festigkeit des
Wasserstoffs wäre bei 10 at aber nur um etwa 40 % geringer als die von
Transformatorenöl, so daß eine in Wasserstoff unter 10 at Druck laufende Maschine in
mancher Hinsicht einer in Oel eingesenkten Maschine entspräche, dabei aber doch
keinen größeren Gasreibungsverlust hätte als eine gewöhnliche Maschine mit
Luftkühlung. (Ztschr. V. D. Ing., Bd. 70, S. 889–890.)
Sander.
Bedeutende Ersparnisse im Preßluftverbrauch wurden in den
letzten Jahren im deutschen Bergbau erzielt durch planmäßigen Ausbau des
Leitungsnetzes sowie durch regelmäßige Prüfung der Werkzeuge auf ihren
Luftverbrauch. Als Beispiel sei hier nur die Gewerkschaft Sachtleben (Bergrevier
Musen) angeführt, wo es der „Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und
Salinenwesen“ zufolge durch die genannten Maßnahmen gelungen ist, den Bedarf
an angesaugter Luft je Tonne Kohlenförderung von 125 cbm auf 40 bis 50 cbm
herabzudrücken. Zunächst wurden die Zubringerleitungen von 100 auf 225 mm lichte
Weite gebracht, wodurch der Druckverlust von 1,2 auf 0,3 at zurückging; sodann
wurden die Leitungen in der Grube und übertage zu einem Ring geschlossen, wobei
anstelle der alten Gasmuffenrohre nur Flanschenrohre mit Vor- und Rücksprung
Verwendung fanden. Zum Abdichten der Rohre von weitem Querschnitt wurden in Leinöl
getränkte Pappringe benutzt, die vor den Gummidichtungen den Vorzug verdienen, weil
Gummi durch das von der Preßluft mitgeführte Oel angegriffen wird. Bei Rohrleitungen
von kleinerem Querschnitt und besonders solchen, die häufiger umgelegt werden, haben
sich die Gummidichtungen mit Drahteinlage gut bewährt.
Die regelmäßige Kontrolle der Preßluftwerkzeuge hat ebenfalls recht wesentlich zu dem
erwähnten Erfolg beigetragen. Die Bohrhämmer werden zu bestimmten Terminen oder
nach Bedarf schon früher im Magazin umgetauscht und in der Werkstatt gründlich
nachgesehen und ausgebessert. Namentlich wird hierbei auf den Luft verbrauch der
Werkzeuge vor und nach der Ausbesserung geachtet, weil es sich gezeigt hat, daß die
Bohrhämmer häufig einen unverhältnismäßig hohen Luftverbrauch aufweisen. Durch eine
regelmäßige Kontrolle ist man in der Lage, der artige Hämmer rechtzeitig aus dem
Betrieb herauszunehmen und auszubessern.
Sander.
Patentrechtliche Umschau, mitgeteilt von Patentanwalt
Dr.-Ing. Dr. jur. Hilliger, Berlin-Schöneberg,
Martin-Luther-Str. 61/66.
Nach dem Patentgesetz ist nur die gewerbsmäßige Benutzung fremder Patente verboten;
dagegen kann man fremde Patente zum Experimentieren oder zum privaten Vergnügen
benutzen. Man kann somit ohne Bedenken chemische Verfahren, die durch Patent
geschützt sind, im Laboratorium durchführen und nachprüfen. Auch Schaltungspatente,
z.B. für Rundfunkgeräte, kann man bei der Selbstherstellung solcher Geräte anwenden,
wenn man diese Geräte nur für die eigenen Bedürfnisse benutzt und nicht zum Verkauf
stellt.
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Im Patenterteilungsverfahren wird nach einer Entscheidung des Reichsgerichts im
allgemeinen nur aus einem klaren und eindeutigen Verzicht des Anmelders eine
entsprechende Einschränkung des Patentes abgeleitet werden können. Um aber
Einschränkungen, deren Tragweite im voraus kaum abzusehen ist, sicher zu vermeiden,
wird der Anmelder vorteilhaft das Wort „verzichten“ grundsätzlich nicht
benutzen, sondern durch andere Worte, z.B. „streichen“ ersetzen.
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Titel von Büchern oder Zeitschriften können nicht als Warenzeichen eingetragen
werden, weil sie als Teile der Ware und nicht als zusätzliches die Ware
kennzeichnendes Warenzeichen anzusehen sind.
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In Frankreich wurden 1926 18000 Patente, davon 2100 aus Deutschland, erteilt.