Titel: | Der Elektrokarren in den städtischen Betrieben. |
Autor: | F. A. Foerster |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 133 |
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Der Elektrokarren in den städtischen
Betrieben.
Von Oberingenieur F. A. Foerster, Berlin.
FOERSTER: Der Elektrokarren in den städtischen
Betrieben.
Wie in den großen wirtschaftlich gut organisierten und rationalisierten
Industriebetrieben, so hat sich die Flurförderung, das Kleinförderwesen, unter
Verwendung von Elektrokarren mit Tragfähigkeiten von 750 bis zu 2500 kg auch mehr
und mehr in den unter städtischer Verwaltung stehenden Betrieben durchgesetzt. Als
städtische Betriebe kommen hier hauptsächlich in Betracht: Gas-, Wasser- und
Elektrizitäts-Werke, Straßenbahnen und andere in städtischer Verwaltung stehende
öffentliche Verkehrsmittel, das Straßenbauwesen, das Promenaden-, Park- und
Gartenbauwesen, Theater, Markthallen, Schlachthof, Kanalisation, Straßenreinigung,
Krankenanstalten, Friedhofswesen, Feuerlösch- und Rettungswesen, Müllabfuhr
u.a.m.
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Abb. 1.
Bei der Vielseitigkeit der städtischen Betriebe hat der Elektrokarren als
Kleinfördermittel von Stück- und Massengütern, von Rüstzeugen, Werkzeugen und
Geräten aller Art, heute auch hier bereits eine Bedeutung und Ausbreitung gewonnen,
die ohne Frage bei planmäßiger und zielbewußter Organisation eine weitere stetig
fortschreitende Entwicklung dieses Betriebs-Hilfsmittels erhoffen läßt. Gerade die
vielseitige Verwendung der Elektrokarren in den städtischen Betrieben hat zur
Ausbildung von Spezialkonstruktionen geführt, die dem jeweiligen Verwendungszweck
aufs beste angepaßt sind und die deshalb auch zu immer neuen Anwendungen dieses
Kleinfördermittels anregen.
Durch rationellen und zweckmäßig organisierten Elektrokarrenbetrieb können, wie in
den großen wirtschaftlich gut organisierten Industriebetrieben, so auch in den
verschiedenen Betrieben der Kommunalverwaltungen recht beträchtliche Arbeitskräfte
erspart werden, die sonst zur Bewältigung der Transportarbeiten mit Handkarren etc.
notwendig waren. Zur Rationalisierung der Arbeit im allgemeinen ist das
wirtschaftliche Heranbringen des Materials an die Arbeitsstelle eine unerläßliche
Bedingung.
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Abb. 2. Elektrokarren. (Normaltyp).
Man kann nach den bis heute vorliegenden Erfahrungen damit rechnen, daß ein
Elektrokarren mit 1 oder 2 Bedienungsleuten durchschnittlich 4–6 Mann mit Handkarren
erspart. In Abb. 1 sind die
wirtschaftlichen Vorteile der Elektrokarrenförderung gegenüber der
Handkarrenförderung graphisch dargestellt. Die Ersparnis beträgt danach bei
Elektrokarrenförderung etwa 150%.
Im Elektrokarrenbetrieb werden – abgesehen von den Spezialausführungen mit besonderen
Aufbauten etc. – drei prinzipiell verschiedene Bauarten unterschieden und zwar:
1.Elektrokarren mit fester Plattform für 750, 1500 und
2500 kg Tragfähigkeit (Abb. 2).
2.Elektrohubkarren mit heb- und senkbarer Plattform für
1500 kg Tragfähigkeit (Abb. 3).
3.Elektroschlepper für eine mittlere Anhängelast von
8000 kg (Abb. 4).
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Abb. 3. Elektrokarren mit Hubvorrichtung und Ladebank.
Am gebräuchlichsten sind die Elektrokarren mit fester
Plattform, an deren Stelle auch offene oder geschlossene Behälter beliebiger Form
oder sonstige Aufbauten Verwendung finden können. Auch können diese Elektrokarren
konstruktiv mit einem Lasthebezug u. dgl. ausgerüstet werden.
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Abb. 4. Elektroschlepper im Straßenverkehr.
Die Elektrohubkarren haben eine elektrisch oder
hydraulisch betriebene heb- und senkbare Plattform. Zur wirtschaftlichen Ausnutzung
dieser Karrenform sind in den Betrieben besondere Traggestelle in entsprechender
Anzahl vorzusehen, die mit dem zu befördernden Transportgut beladen werden. Der
Elektrohubkarren unterfährt mit seiner heb- und senkbaren Plattform das beladene
Traggestell, hebt es an und befördert so das Transportgut an seinen Bestimmungsort,
an welchem das ganze Traggestell mitsamt der Last abgesetzt wird, wodurch die Auf-
und Entladearbeit jeweilig erspart wird.
Der Elektroschlepper befördert in ähnlicher Weise die
beladenen Anhänger an ihren Bestimmungsort, wo sie abgehängt werden. Damit
steht dann der Elektroschlepper zu weiteren Schlepptransporten zur Verfügung.
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Abb. 5. Elektrokarren für Stadtentwässerung.
Einer der wesentlichen Vorzüge des Elektrokarren sowohl wie des Elektrohubkarren
liegt in der außerordentlich großen Wendigkeit dieser Fahrzeuge. (Kleinster
Fahrkreisradius: innen 0,5 m, außen 2 m). Damit kann das Transportgut meistens bis
an seine Verwendungs- oder Lagerstelle, selbst bei relativ engsten
Raumverhältnissen, gebracht werden. Die Elektrokarren werden sowohl mit Zweirad- wie
mit Vierradlenkung hergestellt.
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Abb. 6. Elektrokarren für Sinkkästen-Entleerung.
Für den in Abb. 2 dargestellten Elektrokarren, als
Normaltyp, gelten beispielsweise folgende technische Daten, die aber je nach der
geforderten Tragfähigkeit eines für bestimmte Zwecke zu verwendenden Karrens
entsprechende Abweichungen erfahren:
Normale Nutzlast
1500
kg
Eigengewicht ohne Batterie
745
kg
Gesamtlänge
2800
mm
Gesamtbreite
1200
mm
Höhe der Plattform
630
mm
Plattformfläche
2100 × 1200
mm
Spurweite
910
mm
Abstand der Achsen
1250
mm
Lenkbare Räder
4
Raddurchmesser und -breite
540 × 85
mm
Motorleistung
2 × 0,65
kW
auf Wunsch
2 × 1,1
kw
Zulässige Steigung aufglatter Straße
mit 2 × 0,65kW-Motoren
mit 2 × 1,1kW-Motoren
unbelastet
1 : 7
1 : 6,6
mit Halblast
1 : 11
1 : 9
mit Vollast
1 : 15
1 : 12
Leerlaufgeschwindigkeit
3–10 km/Std.
5–14 km/Std.
Kleinster Fahrkreishalbmesser, innen
500 mm
„ „ außen
2000 mm
Geschwindigkeitsstufen, vorwärts
3
„ rückwärts
3
Bremsstellungen
2
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Abb. 7. Elektrokarren als Sprengwagen.
In Abb. 5–11 sind
verschiedene Spezialausführungen von Elektrokarren dargestellt, wie sie bereits in
einigen in städtischer Verwaltung stehenden Betrieben mit bester Bewährung in dieser
oder ähnlicher Ausführungsform laufen.
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Abb. 8. Aufgesattelter Kulissen-Transportkarren für die Städt. Theater.
Abbildung 12 zeigt den geöffneten Schaltschrank eines
Elektrokarren am Führerstand. Die für den Betrieb des Elektrokarren erforderliche
Akkumulatorenbatterie, die – was Abb. 13 erkennen
läßt – in zwei Kästen zu je 20 Zellen in dem Karren eingebaut wird, besteht je nach
Fahrbereich und Beschaffenheit der Fahrbahn entweder aus einer
Großoberflächenbatterie oder aus einer Gitterplattenbatterie. Die erstere ist gegen
mechanische Erschütterungen und zeitweise Ueberlastungen weniger
empfindlich.
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Abb. 9. Störungswagen für die Stadt. Elektrizitätswerke.
Bei längeren Fahrstrecken auf guter Fahrbahn (Asphalt,
Holzpflaster usw.) kommt dagegen eventuell die Gitterplattenbatterie wegen ihrer
größeren Kapazität in Frage: Die Hauptdaten für die Batterien sind folgende:
ElektrokarrenBatterien:
Zellen-zahl
Kapa-zität inAmp.-Std.
Lade-span-nunginVolt
Batte-riege-wichtetwakg
Fahrbereichbei eb. Fahrtin km.
etwa
Voll-last
Leer-lauf
Großoberflächen-batterie
40
70
84–110
530
25
50
Gitterplatten-batterie I
40
106
84–110
360
40
80
Gitterplatten-batterie II
40
132
84–110
440
50
100
Die Lebensdauer der positiven Platten der Großoberflächenbatterie beträgt etwa 1000,
die der Gitterplattenbatterie etwa 250 Entladungen.
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Abb. 10. Schlachthofkarren für Schweinehälften.
Das Wesentlichste im Elektrokarrenbetriebe ist die große Einfachheit in der
Bedienung, sowohl was den Fahrbetrieb, als auch was die Ladung der Batterie
anbelangt. Letztere erfolgt am einfachsten, wenn die Batterie – wie in Abb. 14 veranschaulicht – im Fahrzeug verbleibt. Es
braucht dann nur die eigens zum Laden vorgesehene Ansteckdose mit einem Kabel an die
Ladevorrichtung angeschlossen zu werden. Die Ladung wird zweckmäßig des Nachts
vorgenommen zu einem von dem zuständigen öffentlichen Elektrizitätswerk zu
erwirkenden sehr billigen Nachttarif (5 bis 10 Pfennig
je kWh), an dem jedes Elektrizitätswerk zum Ausgleich seiner
Tagesbelastungskurve ein sehr wesentliches Interesse hat.
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Abb. 11. Elektrokarren mit Drehkran für Grabsteinaufstellung bei einer
Friedhofsverwaltung.
Die Ladung der Elektrokarrenbatterie erfolgt vollkommen automatisch und bietet nicht
die geringsten Schwierigkeiten, so daß die dazu erforderlichen wenigen Handgriffe
von jedem ungelernten Arbeiter ausgeführt werden können. Durch den in Abb. 15 und 16
dargestellten, von der „Afa“ in Gemeinschaft mit der „AEG“
entwickelten „Pöhlerschalter“ ist jeder Fehlgriff in der Bedienung
ausgeschlossen und auch jede Ueberwachung des Ladevorganges überflüssig, sobald er
einmal für eine bestimmte Batteriegröße, d.h. für einen bestimmten Karrentyp richtig
eingestellt und die Schaltung entsprechend festgelegt ist.Näheres hierüber: AEG-Mitteilungen Heft 3/1927 S. 134.
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Abb. 12. Karren-Schaltschrank (geöffnet).
Mit Hilfe dieses Ladeschalters (System Pöhler) können die verschiedenartigsten
Schaltungen durchgeführt werden, wobei zu beachten ist, daß im allgemeinen jeder
Ladestromkreis bzw. jede Batterie einen Ladeschalter erhalten muß. Auf diese Weise
können aus einem Netz von 110 V beliebig viele Batterien von 40 oder weniger Zellen
über je einen fest abgestimmten Ladewiderstand und Ladeschalter einwandfrei
nebeneinander aufgeladen werden. Man kann auch die parallel geschalteten
Batteriehälften einer 80-Zellen-Batterie mit einem Ladeschalter von einem
110-Volt-Netz aufladen, weil ja beide Hälften gleichmäßig entladen sind, so daß beim
Abschalten des Ladeschalters auch beide wieder ordnungsmäßig voll aufgeladen
sind.
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Abb. 13. Elektrokarren von oben gesehen mit abgehobener Plattform.
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Abb. 14. Aufladen einer Elektrokarrenbatterie bei 110 od. 200
V-Gleichstrom.
Die Ladung je zweier Batterien in Reihenschaltung von höherer Spannung, also z.B.
zweier 40-Zellen-Batterien von 220 V ist mit Hilfe von zwei Ladeschaltern ebenfalls
einwandfrei möglich. Sobad eine der beiden Batterien fertig geladen ist, wird sie
durch ihren Ladeschalter abgeschaltet und dafür ein Ersatzwiderstand eingeschaltet,
bis schließlich auch die zweite Batterie durch ihren Ladeschalter abgeschaltet
wird.
Für die Ladung zweier Batterien mit 40 Zellen von 110 V zeitlich hinteremnander
war auf der vorjährigen Leipziger Frühjahrsmesse u.a. eine Ladetafel neben einem
Elektrokarren und Gleichrichter mit selbsttätiger Zündung ausgestellt. Mit Hilfe
dieser Ladeschalttafel kann die gesamte zur Verfügung stehende Nachtladezeit mit
billigem Strom (5 bis 10 Pf. je kWh) für zwei Batterien restlos benutzt werden.
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Abb. 15. Ladeschalter System Pöhler (geschlossen).
Durch Anwendung von Schaltuhren im unmittelbaren Anschluß an das Primärnetz kann der
selbsttätige Betrieb der Ladestellen noch weiter ausgestaltet werden, so daß dann
auch das Einschalten der fertig angeschlossenen Ladestation zu Beginn des
Nachttarifs ohne Bedienung erfolgt.
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Abb. 16. Ladeschalter System Pöhiler (geöffnet).
Bei vorhandenem Gleichstromnetz ist die Ladung der Elektrokarren-Batterien über den
‚Pöhlerschalter‛ in der vorstehend angegebenen einfachsten Weise durchführbar. Bei
vorhandenem Drehstrom- oder Wechselstromnetz ist aber außer dem ‚Pöhlerschalter‛
entweder noch ein rotierender Umformer bzw. Motorgenerator oder ein Gleichrichter
erforderlich. Da der rotierende Umformer als Motorgenerator immerhin noch eine
gewisse sachgemäße Behandlung und Wartung erfordert, so wird man in den meisten
Fällen zur restlosen Durchführung eines selbsttätigen Ladebetriebes, der von
ungelernten Arbeitern bzw. vom Fahrer des Motorkarrens selbst übernommen werden muß,
einen Quecksilber-Gleichrichter wählen. Der in Abb.
17 und 18 dargestellte Gleichrichter ist
als selbsttätiger Lade-Gleichrichter so eingerichtet, daß er an Drehstromnetze von
380 oder 220 V verketteter Spannung oder an Einphasen-Wechselstromnetze von 220
V bzw. 110 V Spannung angeschlossen werden kann.
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Abb. 17. Lade-Gleichrichter (geöffnet).
Die Ladespannung wird selbsttätig durch eine in dem Gleichrichter vorhandene
sogenannte Ladedrosselspule geregelt, und zwar für die 40-Zellen-Batterie in den
Grenzen von 84 bis 110 V, für die 20-Zellen-Batterie in den Grenzen von 40 bis 55
V.
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Abb. 18. Lade-Gleichrichter (geschlossen).
Ein in dem Gleichrichter vorhandener Stromzeiger gestattet, die Ladestromstärke zu
kontrollieren. Diese Gleichrichter ermöglichen also auch bei vorhandenem Drehstrom-
oder Wechselstromnetz ohne jede Wartung die Karrenbatterien während der Nachtzeit
zur Ausnutzung des billigen Nachtstromes zu laden.
Ein Ueberladen der Batterie wird durch den Pöhlerschalter vermieden, für den am
Gleichrichter besondere Anschlüsse vorgesehen sind.