Titel: | Verdünnungs- und Verdichtungsluftpumpen. |
Autor: | H. Baudisch |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 193 |
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Verdünnungs- und
Verdichtungsluftpumpen.
Von Prof. Dr. H. Baudisch, Wien.
BAUDISCH, Verdünnungs- und Verdichtungsluftpumpen.
Die Verdünnungs- und Verdichtungsluftpumpen sind von den Saug- und
Druckluftpumpen streng zu unterscheiden.
Bei den Saug- und Druckluftpumpen ist jedes Pumpendiagramm gleich dem vorhergehenden
oder nachfolgenden, bei den Verdünnungs- und Verdichtungsluftpumpen hingegen ist,
der ab- oder zunehmenden Dichte der Luft entsprechend, jedes Diagramm vom
vorhergehenden oder nachfolgenden verschieden. Während die Saug- und Druckluftpumpen
gewissermaßen aus einem, bzw. in einen unendlich großen Raum das Treibmittel zu
fördern haben, ist bei den Verdünnungs- und Verdichtungsluftpumpen der zu
evakuierende oder mit Preßluft zu füllende Raum von endlicher Größe.
Eine Kondensatorluftpumpe ist z.B. eine ausgesprochene Saugluftpumpe. Sie wird so
bemessen, daß ihre Fördermenge genau der mit dem Dampf und durch Undichtheiten in
den Kondensator eindringenden Luftmenge angepaßt ist. Bei einem Kompressor, welcher
eine Preßluftanlage zu beliefern hat, liegt wieder eine ausgesprochene
Druckluftpumpe vor. Auch sie wird so gebaut, daß sie genau so viel Preßluft erzeugt,
wie von den einzelnen Verbrauchstellen bezogen wird. Derartige Pumpen bleiben im
folgenden außer Betracht.
Um die bei den Verdünnungs- und Verdichtungsluftpumpen auftretenden Erscheinungen zu
untersuchen, soll zur Vereinfachung vorausgesetzt werden, daß die Pumpenventile
keine Widerstände besitzen, daß sie ohne Verspätung arbeiten. Außerdem soll
angenommen werden, daß alle Vorgänge ohne Temperaturänderung vor sich gehen, daß
also eine entsprechend reichlich gekühlte Pumpe der Betrachtung zugrunde liegt. Dann
kann bei allen Kompressions- und Expansionsvorgängen das Mariottesche Gesetz
angewendet werden, das sich durch die einfache Beziehung
Druck × Volumen = konstant . . . (1)
ausdrücken läßt.
Liegt ein Gefäß vom Rauminhalte V vor, in welchem ursprünglich die Spannung p0 = 1 at herrscht, ist dasselbe durch eine
Verdünnungsluftpumpe vom Hubvolumen v zu evakuieren, oder durch eine
Verdichtungsluftpumpe vom gleichen Hubvolumen aufzufüllen, so erfolgt der Anschluß
der Pumpe an das Gefäß V über den schädlichen Raum mv der Pumpe, wobei nach
geläufigen Ausführungen m = 0,005 bis 0,05 angenommen werden kann.
Textabbildung Bd. 343, S. 193
Abb. 1. Diagramm einer Verdünnungsluftpumpe mit ungesteuerten Ventilen.
Eine Verdünnungsluftpumpe wird vorteilhaft durch ein
Diagramm nach Abb. 1 untersucht, in welchem die Räume
V, mv und v der
Reihe nach als Strecken aufgetragen werden. Herrscht in V vor Inbetriebsetzung
der Pumpe die Spannung p0 = 1 at, so sinkt der Druck
in V am Ende des ersten Saughubes auf den dem Punkte c entsprechenden Druck pr Die zugeordnete Expansionslinie ac konstruiert
sich als Mariotte von O aus. Es ist im Rahmen der Gleichung (1)
p0 (V + mv) = p1 (V + mv + v), . . . (2)
woraus der Druck p1 gegeben-
ist. Wandert der Pumpenkolben wieder zurück, so wird vorerst entsprechend der von O'
aus entwickelten Mariotte cd im Punkte d wieder die Spannung p0 erreicht werden. Das Volumen vd gibt dann die bei der ersten Kurbelumdrehung der
Pumpe ins Freie geförderte Luftmenge an; vd rechnet
sich aus der Gleichung
p1 (mv + v) = p0 (mv + vd).
Bei Beginn des zweiten Saughubes wird vorerst die im
schädlichen Raume mv befindliche Luft von der Spannung p0 auf die Spannung p1 gebracht,
entsprechend der von 0' aus konstruierten Mariotte ab', wobei das dem Punkte b'
zugeordnete Volumen v'b durch die Beziehung
p0 mv = p1 (mv + v'b) . . . . . . . (3)
gegeben ist Erst im Punkte b' hebt sich das Saugventil der
Luftpumpe, so daß dann unter Einbeziehung des Volumens V die Expansionslinie b'c'
als eine von O aus entwickelte Mariotte in Erscheinung tritt. Der dem Punkte c'
zugeordnete Druck p2 ermittelt sich rechnungsmäßig
aus der Gleichung
p1 (V + mv + v'b) = p2 (V + mv + v)
. (4)
Beim Rückgänge des Pumpenkolbens wird entsprechend der von O'
aus konstruierten Mariotte c'd' im Punkte d' wieder die Spannung p0 erreicht sein. Das Volumen v'd gibt dann die bei der zweiten Kurbelumdrehung der
Luftpumpe ins Freie geförderte Luftmenge an; v'd
rechnet sich aus
p2 (mv + v) = p0 (mv + v'd).
Ein gleiches Spiel wiederholt sich bei der nachfolgenden
Kurbelumdrehung: Punkt b' wandert hierbei nach b'', Punkt c' nach c'' entsprechend
dem Druck p3 usw. Nach unendlich vielen Umdrehungen
werden die Punkte b'' und c'' nach b∞
zusammenfallend mit c gewandert sein, so daß p∞ der
mit der Luftpumpe erzielbare Evakuierungsenddruck ist. Derselbe ist durch die
Gleichung
p∞ (mv + v) = p0 mv . . . . . . . (5)
gegeben. Nach Beziehung (2) ist die Druckabnahme beim ersten
Spiel der Pumpe durch
p_0-p_1=p_0\,\frac{v}{V+mv+v} . . . (6)
bestimmt. Nach den Gleichungen (3) und (4) ist die
Druckabnahme beim zweiten Spiel durch
p_1-p_2=(p_0-p_1)\,\frac{V}{V+mv+v} . . .
(7)
gegeben. Ebenso erhielte man beim dritten Spiel
p_2-p_3=(p_0-p_1)\,\left(\frac{V}{V+mv+v}\right)^2 . . .
(8)
und allgemein beim n-ten Spiel
p_{(n-1)}-p_n=(p_0-p_1)\
\left(\frac{V}{V+mv+v}\right)^{n-1} . . (9)
Die Summe aller Druckabnahmen ergibt sich als Summe einer
unendlichen Reihe mit dem Quotienten \frac{V}{V+mv+v}. Diese
Summe beträgt unter Heranziehung der Gleichungen (6) bis (9)
p_0-p_{\infty}=p_0\,\frac{v}{V+mv+v}\,.\,\frac{\left(\frac{V}{V+mv+v}\right)^{\sim}-1}{\frac{V}{V+mv+v}-1}=p_0\,\frac{1}{m+1}
. . . . . . (10)
welcher Wert, wie ersichtlich, identisch mit Beziehung (5)
ist.
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Abb. 2. Diagramm einer Verdichtungsluftpumpe mit ungesteuerten
Ventilen.
Die gesamte ins Freie geförderte Luftmenge L rechnet sich, soferne die Evakuierung
bis zum Enddruck p∞ getrieben wird, aus der
unendlichen Reihe
L = vd + v'd + v''d +.... +
O.
Diese Summe kann sehr leicht mit
L=(V+mv)-(V+mv)\,\frac{p_{\infty}}{p_0},
oder unter Einführung der Gleichung (5) zu
L=(V+mv)\,\frac{1}{m+1} . . . . (11)
ermittelt werden.
Die gesamte Evakuierungsarbeit A, welche bis zur Erreichung des Enddrucks p∞ geleistet werden muß, beträgt
A = Fläche acd + Fläche ab'c'd' + Fläche
ab''c''d'' + .... + O.
Auch sie kann sehr leicht mit
A = (V + mv) (p0 – p∞)
berechnet werden. Unter Berücksichtigung der Gleichung (10)
ist
A=p_0\,V\,\frac{1}{m+1} . . . . . (12)
Für den Sonderfall m = O vereinfachen sich die Werte (5), (11) und (12) auf
pr = O, L = V, A = p0 V.
Eine Verdichtungsluftpumpe, sie werde wie die vorstehend
behandelte als einfach wirkend angenommen, besitzt das in Abb. 2 dargestellte Diagramm. Herrscht in V vor Beginn des Pumpenspiels
die Spannung p0 = 1 at, so wird beim ersten
Arbeitshub entsprechend der Kompressionslinie ac, einer von O aus konstruierten
Mariotte, der Druck p0 auf den Wert v± erhöht; p1 rechnet
sich aus der Gleichung
p0 (V + mv + v) = p1 (V + mv).
Bei Rückkehr des Pumpenkolbens wird vorerst der schädliche
Raum mv, der mit Luft von der Spannung p1 erfüllt
ist, auf den Druck p0 entspannt, entsprechend der
von O' aus entwickelten Mariotte cd. Es ist
p1mv = p0 (mv + vd),
woraus der Rauminhalt vd
gegeben ist. Bis zum Hubende wird von der Pumpe nunmehr v – vd mit Frischluft von der Spannung p0 angesaugt. Beim zweiten Spiel wird vorerst das
Druckventil der Pumpe nicht öffnen, ehe nicht in der Pumpe die Spannung pa erreicht ist. Es wird demnach die
Kompressionslinie ab' als Mariotte mit O' als Koordinatenursprung zu beobachten
sein. Das Volumen v'b ist aus der Gleichung
p0 (mv + v) = p1 (mv + v'b)
gegeben. Die anschließende Kompressionslinie b'c', eine
Mariotte mit O als Konstruktionsmittel, bestimmt den Enddruck p2 des zweiten Spiels. Der Druck p2 ist auch aus der Beziehung
p1 (V + mv + v'b) = p2 (V + mv)
gegeben. Der nach unendlich vielen Arbeitshüben erreichbare
Enddruck p∞ kann aus der Gleichung
p∞ mv = p0 (mv + v) . . . . (13)
berechnet werden, er ist wie früher unabhängig vom Rauminhalte
V, und nur abhängig von v und mv, demnach von der Konstruktion der Pumpe.
Die gesamte von der Pumpe in das Gefäß V gepreßte Luftmenge L ist, bezogen auf
Atmosphärendruck, durch
L = v + (v – v'd) + (v – v'd) +......+ O,
oder durch
L=(V+mv)\,\frac{p_ {\infty}}{p_0}
gegeben. Eine Einführung der Beziehung (13) ergibt den
Wert
L=(V+mv)\,\frac{m+1}{m}
Ebenso wäre die Arbeit A zur Auffüllung des Volumens V auf die
Endspannung p∞ durch
A = Fläche acd + Fläche ab'c'd' + Fläche
ab''c''d'' +.... + O.
gegeben, oder einfacher durch
A=(V+mv)\ (\frac{p_
{\infty}}{p_0}-1)=(V+mv)\,\frac{1}{m}.
Für m = O erhielte man die praktisch allerdings unmöglichen Werte p = ∞, L = ∞, A =
∞.
Wurden bisher stillschweigend die Verdünnungs- und Verdichtungsluftpumpen mit
ungesteuerten Ventilen angenommen, so kann die Konstruktion derartiger Pumpen
auch mit gesteuerten Ventilen gedacht werden. Eine Steuerung ist hierbei praktisch
wohl nur bei den Saugventilen durchführbar, denn die Druckventile müßten eine von
Hub zu Hub veränderliche Öffnungsdauer besitzen.
Textabbildung Bd. 343, S. 195
Abb. 3. Diagramm einer Verdünnungsluftpumpe mit gesteuerten
Saugventilen.
Wird z.B. eine Verdünnungsluftpumpe mit gesteuertem Saugventil ins Auge gefaßt, so
weist sie gegen früher den Unterschied auf, daß nach der ersten Kurbelumdrehung
nicht erst der Hubanteil v'b (Abb. 1) verwendet werden muß, um den schädlichen Raum
mv auf die Spannung p1 zu evakuieren, sondern daß
nach Abb. 3 sofort der Raum V mit dem schädlichen
Raum mv verbunden wird. Herrscht vor der Verbindung in V der Druck p1, der sich wie früher konstruiert und rechnet,
herrscht vor der Verbindung in mv der Druck p0, so
wird durch den Eingriff der Steuerung in beiden Räumen eine Mischungsspannung p'1 auftreten, die sich durch die Diagonale PQ
ermittelt. Der Druck p'1 ist, soferne von
Wirbelverlusten bei der Mischung abgesehen wird, durch die Gleichung
p1V + p0mv = p'1 (V
+ mv) . . . (14)
gegeben. Während früher in V der Druck ständig auf den
Enddruck p∞ abnahm, wird nunmehr in V stets ein
gewisser Rücksprung des Druckes von p1 auf p'1, von p2 auf p'2 und schließlich von p∞ auf p∞ zu bemerken sein. Ist p∞ wie früher durch Gleichung (5) gegeben, so ist
p'∞ durch
p'∞ mv = p∞ (mv + v) . . . . (15)
festgelegt. Es ist, wie aus den Gleichungen (14) und (15)
hervorgeht, \frac{p_1}{{p'}_1}\,>\,\frac{p_
{\infty}}{{p'}_{\infty}}; der Druckrücksprung ist daher beim
Evakuierungsenddruck am größten. Würde somit aus diesem Grunde die
Verdünnungsluftpumpe mit gesteuertem Saugventile
gegenüber jener mit ungesteuerten Ventilen keinerlei Vorteile bringen, so muß
trotzdem ersterer der Vorrang zuerkannt werden, da bei dieser ganzen Betrachtung
keine Ventilverluste berücksichtigt wurden, welche den oben berechneten
Evakuierungsenddruck Poo bei der Pumpe mit ungesteuerten Ventilen in Wirklichkeit
unerreichbar machen. Als Nachteil der Pumpe mit gesteuertem Saugventil ist zu
erwähnen, daß bei ihr die bis zur Erreichung des Enddruckes p∞ zu leistende Evakuierungsarbeit A sehr groß wird.
Es ist hier
A = Fläche acd + Fläche ab'c'd' + Fläche
ab'' c'' d'' +.... + Fläche ab∞
c∞,
und diese Summe ist, weil sie keine auf Null konvergierende
Reihe darstellt, unendlich groß.