Titel: | Neues aus der Gießereitechnik. |
Autor: | H. Kalpers |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 222 |
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Neues aus der Gießereitechnik.
KALPERS, Neues aus der Gießereitechnik.
Von den auf dem Gebiete der Gießereitechnik in letzter Zeit feststellbaren
Fortschritten ist zunächst das Normblatt DIn 1691
„Gußeisen“ zu nennen, das der Gießerei-Normenausschuß herausgebracht hat,
nachdem die Verhandlungen zwischen Gußerzeugern und Gußverbrauchern sich während
mehrerer Jahre in die Länge gezogen hatten. Mit Rücksicht auf die große Verbreitung,
die Gußeisen heute im Maschinenbau und anderen Industrien und Verwendungsgebieten
einnimmt, kommt diesem Normblatt eine hohe Bedeutung zu. Es enthält allgemeine
Vorschriften über den Umfang der Prüfungen von Gußeisen, die sich auf seine äußere
Beschaffenheit (Oberfläche, Angüsse, Steiger, Gußnähte, Ausbessern von Fehlstellen
durch Schweißen) beziehen, dann auf die Form, Abmessungen und Gewichte
(Einheitsgewicht 7,25 kg/dm3) und auf die
Eigenschaften von Gußeisen (Zugfestigkeit und Biegefestigkeit). Weiter sieht das
Normblatt eine Klasseneinteilung und die Werkstoffeigenschaften insbesondere vor.
Unterschieden werden Bauguß und Handelsguß, Feinguß und Kunstguß, Maschinenguß ohne
besondere Gütevorschriften, mit besonderen Gütevorschriften, mit besonderen
magnetischen Eigenschaften, Hartguß, säurebeständiger Guß und alkalibeständiger Guß,
feuerbeständiger Guß, schließlich besondere Gußerzeugnisse (Kokillen, Dauerformen,
Schachtringe, Ambosse, Bremsklötze, Pianoplatten). Beim Maschinenguß ohne besondere
Gütevorschriften hat die Gießerei eine Mindestzugfestigkeit von 12 kg/mm2 zu gewährleisten, für den Maschinenguß mit
besonderen Gütevorschriften je nach den 4 vorgesehenen Güteklassen 14 bzw. 18 bzw.
22 bzw. 26 kg/mm2. Mit dem letzten Wert beginnen die Sondergüten. Die Eigenart des Gußeisens
bringt es mit sich, daß Vorschriften über die chemische Zusammensetzung der
Gußeisenarten im Normblatt nicht enthalten sind; es wird also den Gußerzeugern freie
Hand darüber gelassen, wie sie ihren Guß zu wählen haben, wenn nur die verlangten
Eigenschaften nachweisbar sind. Die bisherigen Entwürfe für das Normblatt
„Temperguß“ haben inzwischen Veränderungen erfahren. Man beabsichtigt 3
Güteklassen zu unterscheiden mit Zerreißfestigkeiten von 32 bzw. 38 bzw. 35 kg/mm2; die beiden ersten werden bezeichnet als
handelsüblicher Temperguß und als hochwertiger weißer Temperguß, die letzte Art als
hochwertiger schwarzer Temperguß (Schwarzguß), der zwar eine niedrigere
Zugfestigkeit besitzt als der hochwertige weiße Temperguß, dafür aber eine höhere
Dehnung von 9 % gegen 4 % beim weißen Temperguß. Weiter enthält dieses Normblatt
Angaben über die Probeentnahme und die Probestäbe, über das spezifische Gewicht,
über die Gewichtstoleranzen, das Schwindmaß, die Schmiedbarkeit und Härtbarkeit, die
Härte und die magnetischen Eigenschaften.
Das Normblatt „Stahlguß“ ist bereits vor längerer Zeit erschienen und sieht
eine Unterteilung der Gußstücke aus Stahl in 7 Güteklassen vor, nämlich mit
Zugfestigkeiten von 38, 45, 50, 52, 60 kg/mm2 und
38 und 45 kg/mm2 mit besonderen magnetischen
Eigenschaften für die Verwendung im Elektromaschinenbau. Weiter findet man in diesem
Normblatt Vorschriften über die Beschaffenheit der Gußstücke, ihr Gewicht, die
Probeentnahme, das Abpressen.
Die Bemühungen, in der Gießerei bessere Schmelzbedingungen zu erhalten, wurden
fortgesetzt. Von Interesse dürfte ein neuer Drehofen zum Schmelzen von Grauguß und
Temperguß mit Kohlenstaubfeuerung nach dem Vorschlag der Firma Brackeisberg in
Milspe sein, der vom Institut für Eisenforschung, Düsseldorf, auf seine
Verwendbarkeit untersucht worden ist. Diese Untersuchungen sind zugunsten des neuen
Ofens ausgefallen und sie haben ergeben, daß in ihm die Schmelzbarkeit beschleunigt,
Schwefel vom Bad nicht aufgenommen, das Eindringen von Gasen aus der Atmosphäre
durch die Schlackenschicht verhindert, jede beliebige Zusammensetzung des Eisens
erreicht und eine hohe Gießtemperatur erreicht werden kann. Der betreffende Ofen für
6 t Inhalt ist 5 m lang und 1,2 m im Durchmesser. Der Kohlenstaub wird dem Brenner
durch eine Schneckenführung zwecks gleichmäßiger Zufuhr zugeleitet. Infolge der
Drehbewegung des Ofens wird eine einheitliche Gußzusammensetzung erzielt, ein
Umstand, der für manche Verwendungszwecke von Gußeisen besonders wichtig ist, z.B.
für Nähmaschinenteile. Nach den Untersuchungen des genannten Institutes sollen
die Brennstoffausgaben nebst Schmelzkosten nur den dritten Teil des
Kupolofenschmelzens ausmachen.
Auch im Kupolofen hat man verstanden, den Kohlenstaub zu verwerten, der als Zusatzfeuerung zum
Koksbetrieb gedacht ist. Nachdem in Deutschland seitens der Babcock- und
Wilcox-Werke, Oberhausen, seit einigen Jahren Erfahrungen über die
Kohlenstaubzusatzfeuerung vorliegen, hat man auch über ähnliche Versuche in Amerika
gehört, und zwar ist es hier die American Radiator Co., die befriedigende Erfolge
erzielt hat. Bei der hier angewendeten Arbeitsweise wird der Kohlenstaub in
besonderen Kammern außerhalb des eigentlichen Ofenschachtes verbrannt und nur die
heißen Gase in die Schmelzzone eingelassen. Der Erfolg ist, daß nur 2 bis 4 % Koks
je Eisenschmelzmenge aufgegeben wird und die Koksätze nicht so schnell abbrennen wie
beim gewöhnlichen Kupolofenbetrieb. Weiter wird infolge des erheblich geringeren
Koksverbrauches auch der Schwefel-Gehalt im Gußeisen vermindert.
Vergleichsschmelzungen ergaben, daß das Eisen aus dem Kupolofen mit
Kohlenstaubzusatzfeuerung 20 bis 30 % weniger Schwefel enthielt als das Eisen aus
dem gewöhnlichen Ofen, auch der Kohlenstoffgehalt war 20 % niedriger. Die
Festigkeitsprüfung zeigte eine um 10 bis 15 % höhere Biegefestigkeit des Eisens
an.
Der Formmaschinenbau macht weiter Fortschritte; hier
stellt man eine Verdrängung der Druckwasser-Formmaschinen durch die
Druckluft-Formmaschinen fest mit dem Ergebnis, daß eine besondere Druckwasseranlage
in Fortfall kommt, während die Gießereien sowieso Drucklufteinrichtungen zum
Betreiben der Sandstrahlgebläse und für die Putzerei überhaupt besitzen. Der Kampf
wird also nicht mehr lauten: Druckwasser gegen Druckluft, vielmehr scheint es, daß
neben den Rüttelformmaschinen die Sandschleuderformmaschinen und die
Preßformmaschinen für Druckluftbetrieb sich den Rang streitig machen werden. Die
Kombination: Preß- und Rüttelformmaschine dürfte sich in manchen Fällen bewähren.
Auf dem Gebiete des Formmaschinenbaues ist Deutschland führend. Die in Amerika
gebauten Formmaschinen weichen mehr oder weniger von den deutschen ab und sind
besonders auf die dort vorherrschenden Verhältnisse, d.h. auf große
Serienfertigungen ein und desselben Stückes eingestellt, so daß man sie mit unseren
Maschinen nicht vergleichen sollte.
Neben den Bemühungen zur Verbesserung und Veredlung von Gußeisen, die gerade in
Deutschland ansehnliche Erfolge nachweisen können, schreiten diejenigen auf dem
Gebiete der Nichteisenmetalle ebenfalls voran; hier sind
es besonders die Gußstücke aus Aluminium bzw.
Aluminium-Legierungen, die sich dank der hier getätigten Fortschritte ein
immer weiteres Verwendungsgebiet erobern. Teils hat man neue Legierungen entdeckt,
teils durch die Behandlung bekannter Legierungen Verbesserungen erzielt. So
kann man durch eine Warmbehandlung z.B. die Zerreißfestigkeit von 15 auf 25
kg/mm2 und die Dehnung von 10 auf 20 %
erhöhen. Das Silumin, eine siliziumhaltige Aluminium – Legierung, stellt eine
besonders interessante Legierung dar. Bei Zusatz von etwas Natrium zu einer
Aluminium-legierung mit 13 % Silizium steigt die Zerreißfestigkeit von 12 auf 19 bis
25 kg/mm2. Auch die bekannte Aluminiumbronze, d.h.
eine Bronze mit 10 % Aluminium hat man dadurch verbessern können, daß man 2 bis 3 %
Eisen in die Legierung eingeführt hat und hierdurch ein besonders feinkörniges
Metall erreichte. Nickel kann ebenfalls eingeführt werden. Diese Zusätze gestalten
die Legierung dichter und machen sie widerstandsfähig gegen hohe
Wasserdruck-Beanspruchungen. Weiter widersteht eine solche Legierung besser den
Einflüssen von Meereswasser. Die einfache Aluminiumbronze versteht man dadurch zu
verbessern, daß man beim Gießen Abschreckplatten verwendet, die das abkühlende
Metall schnell erkalten lassen, Ausseigerungen verhindern und den Guß gleichmäßig
und dicht erhalten.
Die Ueberhitzung des Aluminiums bezweckt in der Hauptsache die Entfernung fester
Einschlüsse. Wird in einem offenen Ofen überhitzt, so fallen die Ergebnisse nicht so
gleichmäßig und nicht so günstig aus. Wasserstoff, die Kohlenwasserstoffe und
Wasserdampf sollten im Schmelz- und Ueberhitzungsofen vom Aluminium ferngehalten
werden. Als wirkungsvoll erweist sich eine Ueberhitzung auf 930 %, verbunden mit
einer langsamen Abkühlung. Die Gießgeschwindigkeit wird dabei so langsam gewählt,
daß die Gase während des Gießens entweichen können. Als Wärmequelle für die
Ueberhitzung eignen sich am besten Koksgaserzeuger.
Das Gießen von Aluminium in Kokillen anstatt in Sandformen hat sich mehr und mehr
verbreitet, zu welchem Verfahren besonders der Kraftwagenbau erheblich beigetragen
hat. So läßt sich z.B. eine Aluminiumlegierung mit 10 %
Kupfer, Rest Aluminium gut in Kokillen gießen, von welcher Legierung seit dem Jahre
1920 über 25 Millionen Kolbenstücke gegossen worden sein sollen. Die Legierung wiegt
nur ein Drittel von Gußeisen bei gleichem Volumen.
Auf dem Gebiete des Rotgusses ist eine Legierung aus 83 % Kupfer, 7 % Zinn, 4 % Blei
und 6 % Zink erwähnenswert, die sich ohne besondere Schwierigkeiten zu
Eisenbahnlagerbüchsen gießen läßt und einen zähen und gesunden Guß ergibt. Eine neue
amerikanische Gußlegierung besitzt 94,5 % Kupfer, 4,5 % Silizium, 1,1 % Mangan.
Kupfer-Silizium-Legierungen waren zwar schon früher bekannt, fanden aber in der
Praxis wenig Verwendung. Die genannte neue Zusammensetzung – die Legierung hat den
Namen Everdur – widersteht dem Angriff von Salzsäure und besitzt physikalische
Eigenschaften, die denen von weichem Stahl nahekommen.
Dr.-Ing. H. Kalpers