Titel: | Die Wärmeverteilung in den Dieselmotoren. |
Autor: | R. W. Müller |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 234 |
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Die Wärmeverteilung in den
Dieselmotoren.
Regierungsbaumeister a. D. R. W. Müller, Witten, Ruhr.
MÜLLER, Die Wärmeverteilung in den Dieselmotoren.
Zweck und Wesen der Untersuchung war die Ermittelung der Wärmeverteilung in
Dieselmotoren, die sich ergebenden Wärmespannungen genau festzulegen und die
erlangten Werte, die für die konstruktive Beherrschung der Wärmespannungen in
Verbrennungsmotoren eine wesentliche Voraussetzung bilden, für die
Betriebssicherheit dieser Motoren nutzbar zu verwerten. Hierbei kommt in erster
Linie die Kenntnis des Temperaturverlaufs in den Zylinderwandungen in Frage, sodann
muß eine Berechnung der Wärmespannungen auf Grund der gegebenen Temperaturverteilung
durchführbar sein. Im folgenden wird zunächst die theoretische Seite kurz besprochen
und daran anschließend über eingehende Temperaturmessungen an einem Sulzer
Zweitaktmotor berichtet. Dabei wurden die Temperaturen an den zummeist die
Aufmerksamkeit fesselnden Stellen der Zylinderwandung auf thermo-elektrischem Wege
gemessen und sowohl im Deckel- und Zylindereinsatz, wie auch im Kolbenring und
Kolben die Temperaturschwingungen während eines Arbeitsspieles photographisch
aufgenommen. Diese durch die eingehende Untersuchung über die Wärmeverteilung in den
Dieselmotoren erhaltenen Ergebnisse haben wichtige Fingerzeige für die Art der
Konstruktion der einzelnen Teile von Verbrennungs-Motoren gegeben, wodurch die
Betriebssicherheit dieser Motorenart wesentlich erhöht worden ist.
Zur Beherrschung der Wärmespannungen, die sich aus den Temperaturunterschieden
ergeben, ist vor allem die genaue Kenntnis der übrigens veränderlichen Verteilung
der Temperaturen in den Zylinderwandungen erforderlich. Selbstverständlich hängt der
Erwärmungsgrad der Zylinderwandungen und Kolbenteile von der Temperatur der
Verbrennungsgase ab. Nun sind die Temperaturen nicht unveränderlich, sondern sind
vielmehr starken Schwankungen während des Arbeitsspieles unterworfen. Nur wenn
man genau die Bedingungen kennt für den Austausch der Wärme einerseits auf der Seite
der mit den Gasen in Berührung kommenden Wandungen, andererseits auf der vom
Kühlwasser berieselten Seite, wird eine Bestimmung des Wärmeverlaufs möglich sein.
Durch Indikatordiagramme sowie durch Messungen des Berieselungswassers ergeben sich
schon annähernde Werte.
Textabbildung Bd. 343, S. 233
Abb. 1.
Vorweg soll gesagt werden, daß mit einem Übertragungskoeffizienten gerechnet werden
muß, der während des Arbeitsganges in weiten Grenzen schwankt, was den
Wärmeaustausch zwischen den Gasen und der Wandung, die mit den Gasen in Berührung
kommt, anbetrifft. Besonders an einer Stelle ist die Wärmeübertragung auf die
Wandung sehr groß, nämlich in nächster Nähe des oberen toten Punktes, wo infolge der
starken Kompression dieser Wärmeübergang ein Vielfaches des durchschnittlichen
Wertes beträgt. Bei einer nichtgekühlten Wandung kann sich folglich die
Temperatur sogar weit über die durchschnittliche Temperatur der Gase erhöhen, ferner
werden die Temperaturschwankungen stark durch diese starke Veränderlichkeit
beeinflußt.
Textabbildung Bd. 343, S. 234
Abb. 2.
Die in ein gegebenes Größenelement eines Körpers infolge eines Sinkens der
herrschenden Temperatur eindringende Wärmemenge veranlaßt eine Temperatursteigerung
dieses Elementes, wobei natürlich die spezifische Wärme eine Rolle spielt. Die sich
hieraus ergebende Grundgleichung zur Bestimmung der Temperaturverteilung mit
K=\frac{\Delta}{c\,.\,\gamma} als Wärmeleitungskoeffizient
lautet:
\frac{\delta\,\tau}{\delta\,t}=K\,\left(\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,x^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,y^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,z^2}\right)
(1)
Textabbildung Bd. 343, S. 234
Abb. 3.
In den Zylinderwandungen sind nun je nach dem Fortschreiten des Arbeitsvorganges die
Verteilungen der Temperaturen veränderlich, die aber in unveränderliche
Durchschnittswerte zerlegt werden können, bei denen sich in bestimmten Zeiträumen
wiederkehrende Temperaturschwingungen übereinanderschichten, wenn die Wärme von
der von den Gasen bestrichenen Seite aus in das Innere der Wandung eindringt. Wendet
man dies auf die Hauptgleichung an, so ergibt sich, daß diese sich in zwei
Gleichungen zerlegen läßt. Diese erwähnten Temperaturschwingungen dringen aber nur
wenige Millimeter tief in die Wandung ein, so daß praktisch die besondere Form und
die Abmessungen der Wandungen ohne Bedeutung sind. Infolgedessen ergibt sich für die
Grundgleichung des thermischen Leitungsvermögens:
\frac{\delta\,\tau}{\delta\,t}=K\,\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,x^2}
(2).
Textabbildung Bd. 343, S. 234
Abb. 4.
Gemäß der Zeit ist andererseits für die bleibende bz
Verteilung die Veränderung der Temperatur
\frac{\delta\,\tau}{\delta\,t}=0, daher der Klammerausdruck
der Gleichung (l) ebenfalls 0;
\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,x^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,y^2}+\frac{\delta^2\,\tau}{\delta\,z^2}-0
(3).
Für die in bestimmten Zeiträumen wiederkehrende Temperaturveränderung gibt die
allgemeine Auflösung der Gleichung (2) in diesem Falle die Temperatur t in Abhängigkeit von der Tiefe der betrachteten
Schicht.
Textabbildung Bd. 343, S. 234
Abb. 5.
\tau=\tau_m-ax+\frac{\sum\nolimits^\infty}{v=1}\,Cve-\sqrt{\frac{v\,\omega}{2\,K}}\,x\,.\,cos\,\left(\nu\,\omega\,t-\sqrt{\frac{\nu\,\omega}{2\,K}}\,x-\delta\,\nu\right)
(4).
Die Temperatur der Wandung kann also durch eine Gerade dargestellt werden, auf
welcher sich die gebogenen Wellen aufschichten, die die Temperaturschwingungen
darstellen. Ihre Weite wird nach dem Innern der Wandung zu nach einem
Exponentialgesetz geringer und zwar sehr schnell. Endlich liefern die Bedingungen,
unter welchen sich der Wärmeaustausch durch die Oberfläche vollzieht, eine Gleichung
für die Gastemperatur, die andererseits durch das Indikatordiagramm angegeben wird.
Durch einen Vergleich wird die Bestimmung der Größen der Oberflächentemperaturen
ermöglicht. Entsprechend dem unveränderlichen Wärmefluß schichten sich diese
Temperaturschwingungen auf die Verteilung der durchschnittlichen Temperatur auf.
Zunächst hat die Lösung nur Gültigkeit für einen unveränderlichen
Wärmeleitungskoeffizienten auf der Gasseite, jedoch kann diese Differentialgleichung
nicht mehr unmittelbar gelöst werden, wenn man von dieser Voraussetzung abweicht.
Dagegen führt ein von ersterer abweichender Weg zum Ziel und seine Anwendung hat für
einen Zweitaktmotor bei voller Belastung und 100 Umdrehungen in der Minute die in
Abbildung 1 wiedergegebene Kurve der Schwingungen
der Oberflächentemperatur gegeben.
Textabbildung Bd. 343, S. 235
Abb. 6.
Die Temperatur schwingt an der mit den Gasen in Berührung kommenden Oberfläche in
bestimmten Zeiträumen wiederkehrend um einen Durchschnittswert. Trotz der gewaltigen
Veränderung der Gastemperatur in einem Motor während einer Umdrehung schwankt diese
Temperatur nur um 14° C nach oben und um 8° C nach unten und im Innern der
Wandung gleichen sich diese Temperaturschwingungen schnell aus. Es wurde
festgestellt, daß in einer Tiefe von nur 5 mm diese Temperaturschwingung nur noch ½°
C beträgt. In der Abbildung 1 sind die sich auf die
verschiedenen Tiefen beziehenden Temperaturkurven aufgetragen, und zwar von
Millimeter zu Millimeter Tiefe, so daß man für jede Kurbelwellenstellung die
Verteilung der Temperatur in der Wandung erhält, ebenso sind in Abb. 3 für die ersten fünf Millimeter Wandungsdicke
einige kennzeichnende Kurven wiedergegeben. Praktisch können die
Temperaturschwingungen die unveränderliche Verteilung der Temperaturen nur bis zu
einer Tiefe von 5 mm störend beeinflussen, trotzdem die Gastemperaturen in sehr
weiten Grenzen schwanken, d.h. zwischen den Abgastemperaturen und denen bei der
höchsten Verbrennung. Daraus ergibt sich, daß die Temperaturschwingungen in den
Wandungen sehr gering sind. Trotz dieser geringen Temperaturschwingungen bewirken
doch andererseits die in die Wandungen eindringenden Wärmemengen starke
Veränderungen, die hauptsächlich durch den Abfall der Temperatur, nämlich durch die
Neigung der Temperaturkurven beim Eintritt, wie in Abb.
2 ersichtlich, sich ergeben, diese Neigung kann sogar ein Vielfaches ihres
beständigen Wertes erreichen. Dann bewirkt die in die Wandung eindringende Wärme
große Veränderungen, sie sammelt sich dann in den Oberflächenschichten und verteilt
sich während des Arbeitsganges tiefer in die Wandung.
Textabbildung Bd. 343, S. 235
Abb. 7.
Den Kurven liegen Motorgeschwindigkeiten n = 100 Umdrehungen in der Minute zugrunde
und wechseln im umgekehrt proportionalen Sinne mit Vn ab, woraus hervorgeht, daß besonders bei den Motoren mit langsamem Gang
diese Temperaturschwingungen und die von diesen abhängenden thermischen, in
bestimmten Zeiträumen wiederkehrenden Spannungen auftreten. Trotz der Geringheit der
Temperaturveränderungen erreichen die Spannungen, die durch diese hervorgebracht
werden,
recht beträchtliche Werte, die bei einem Motor mit voller Belastung bei 100
Umdrehungen in der Minute in bestimmten Zwischenräumen wiederkehrend zwischen 120
kg/cm2 bei der Ausdehnung und 200 kg/cm2 bei der Kompression während einer Umdrehung
abwechseln. Zum mindesten treten sie als Zusatzspannung auf, die sich in bestimmt
wiederkehrenden Zeitabständen auf den unveränderlichen thermischen
Durchschnittsspannungen aufschichten. Bei der näheren Zeitbestimmung des
Temperaturfeldes im Falle von Belastungsänderung muß, da es sich ja um glatte
Wandung handelt, von dem der Gleichung (2) entsprechenden Zustande ausgehen.
Textabbildung Bd. 343, S. 236
Abb. 8.
\tau=C+Dx+\Sigma\,(A_n\,cos\,nx+B_n\,sin\,nx)\,.\,e^{-Kn^2t}
(5).
Diese Lösung wird man den Anfangszuständen und besonderen
Grenzen anpassen, dadurch, daß man die entsprechenden Werte von A, B und n
bestimmt.
Für eine glatte, 50 mm starke gußeiserne Wandung erhält man bei plötzlicher, mit
voller Belastung erfolgter Inbetriebsetzung des Motors die in Abb. 5 wiedergegebenen Kurven, die die
Temperaturverteilung in den verschiedenen Augenblicken nach der Inbetriebsetzung
anzeigen. Die Anwärmung erfolgt anfangs durch eine starke Wärmeaufnahme durch die
Wandung, ohne daß diese gleichzeitig auf das Zirkulationswasser übertragen wird.
Während der ersten Sekunden steigt also die Temperatur der mit den Gasen in
Berührung kommenden Flächen sehr schnell, dann aber langsamer, um schließlich
theoretisch den vorherrschenden Zustand nur nach einer unbegrenzten Zeit zu
erreichen. Schon nach Verlauf von 5 Minuten ist der Unterschied weniger als 15° C.
Besonders bedeutungsvoll ist die starke Krümmung der Temperaturkurve im Anfang,
weil diese Verteilung der Temperatur eine nachträgliche thermische Ermüdung zur
Folge hat.
Textabbildung Bd. 343, S. 236
Abb. 9.
Die bei Veränderung der Belastung entstehenden thermischen Zusatzspannungen lassen
sich in ihrer Wirkung etwa wie folgt darstellen: Man denke sich ein Prisma, einfach
viereckig, von gleicher Höhe wie die Dicke der Platte und vollständig frei, um sich
ausdehnen zu können. Dieses Prisma wird seine ebenen Seitenflächen verlieren, wenn
es einer ungleichmäßigen Erwärmung ausgesetzt wird und die angrenzenden Wandelemente
zwingen das Prisma, wegen der Symmetrie, die Form einer abgestumpften Pyramide mit
ebenen Seitenflächen anzunehmen. Die daraus hervorgehenden elastischen
Verlängerungen und Spannungen verändern sich von Schicht zu Schicht quer durch die
Wandung. Dann ist eine Bestimmung durch Berechnung möglich, wenn man davon ausgeht,
daß die für die Erhaltung der ebenen Seitenflächen erforderliche Deformationsarbeit
ein Minimum sein muß. Auf diesem Wege gelangt man zu einer einfachen Gleichung.
Wendet man diese bei den Kurven der Abb. 3 an, so
erhält man die Spannungskurven der Abb. 4 in den
Zeiten, die bei 10, 20 und 40 Sekunden nach der Inbetriebsetzung des Motors liegen,
wobei man als Werkstoff für die Wandungen Gußeisen mit einem Koeffizienten
\frac{E\,\beta}{1-\nu}=18 angenommen hat. Die Abbildung 4 läßt erkennen, daß sowohl auf der von Gas
als auch auf der von Wasser bestrichenen Seite der Wandung eine
Kompressionsbeanspruchung auftritt, dagegen in den mittleren Schichten der Wandung
eine Zugbeanspruchung. Weiter ergibt sich, daß nach zehn Sekunden auf der von den
Gasen bestrichenen
Seite die Spannungen besonders hoch sind, sich aber dann schnell vermindern,
dagegen sind die Spannungen auf der vom Wasser bestrichenen Seite zur gleichen Zeit
gering und wachsen bis zu 40 Sekunden. In diesem Augenblick überholen sie die
Spannungen, die zur gleichen Zeit von der Gasseite ausgehen.
Textabbildung Bd. 343, S. 237
Abb. 10.
Die Lage der Kurven in Abb. 5 veranschaulicht sehr
genau das Spiel der Ausgleichsspannungen während der ersten Minute des Betriebes.
Auf der Gasseite erreichen die Druckspannungen (Kurve a) nach einem sehr schnellen
Anstieg nach Verlauf von 10 Sekunden ihren Höhepunkt, um dann wieder schnell
abzufallen, dagegen wachsen auf der Wasserseite die Druckspannungen (Kurve b)
langsamer, überholen nach Ablauf von 25 Minuten die Spannungen der Gasseite und
vermindern sich dann ebenfalls, nachdem sie bei 40 Sekunden ihren Höhepunkt erreicht
haben. Bei nicht zu dicken Wandungen zeigen die Ausgleichsspannungen keine Gefahr,
selbst wenn sie bei einer plötzlichen Belastung entstehen, da in dem gegebenen
Falle, wo die Stärke der Wandung 50 mm erreicht, die Zugspannung 160 kg/cm2 nicht überschreitet.
Für einen Umlaufkörper (Grundform für den Kolben, Zylinderdeckel und Zylindermantel)
läßt sich die unveränderliche Verteilung der Temperatur im Innern der
Zylinderwandung wie folgt ausdrücken:
\frac{\delta^2\tau}{\delta\,x^2}+\frac{\delta^2\tau}{\delta\,r^2}+\frac{l}{r}\,\frac{\delta\tau}{\delta\,r}=0 (6)
Textabbildung Bd. 343, S. 237
Abb. 11.
Die Gleichung stellt eine gewisse Uebereinstimmung mit der der Frage der Drehung in
Umlaufskörpern dar, und in vorliegendem Falle kann man auf die für diese in Frage
kommenden Lösungen zurückgreifen. Für einen Zylinderdeckel mit Wasserzirkulation
Bauart Sulzer (selbiger besitzt nur eine einzige, zentral liegende Oeffnung, die das
Brennstoffventil und die Anlaßverbindung enthält) ergibt die Berechnung ein genügend
genaues Netz von rechtwinkeligen Linien, die den Bedingungen der
Differentialgleichung der thermischen Leitfähigkeit entsprechen, vor allem
zeigen dieses deutlich die Kontrollpunkte, die in dem Diagramm eingetragen sind.
Hierzu ist noch zu bemerken, daß eine gleichmäßige Gastemperatur im ganzen
Verbrennungsraum und der gleiche Wärmeleitungskoeffizient in allen Punkten
angenommen worden ist. Die der unveränderlichen Verteilung der Temperaturen
entsprechenden thermischen Spannungen können jedoch nur in dem Falle genau bestimmt
werden, wenn die achsiale Symmetrie des Kolbens, des Deckels und des Zylindermantels
durch keinerlei Konstruktionseinzelheiten wie Ventile, Rippen etc. gestört werden.
Handelt es sich aber um die Frage des Hüllenwiderstandes mit axialer Symmetrie für
irgend eine Temperaturverteilung, die aber symmetrisch zur Achse läuft, so kann die
Temperatur symmetrisch in bezug auf die Achse sowohl im Sinne der Höhe wie auch in
dem der Hüllendicke abweichen.
Tatsächlich ist die Aufstellung der Differentialgleichung allgemein für
Umlaufshüllenkörper mit symmetrischer Temperaturverteilung möglich. Bei
verschiedenen kann man sogar noch weiter gehen, besonders bei denen mit einem
konstanten Krümmungsradius am Endpunkte, also Körper mit konischer, kugelförmiger
oder ringförmiger Oberfläche, hierin sind die beiden Fälle inbegriffen: Zylinder und
runde, ebene Platten, welches die Hauptgrundformen für die Zylinderwandungen
darstellen.
Für den Deckel des Zweitaktmotors kann man mit großer Genauigkeit die thermischen
Spannungen bestimmen, weil diese besondere Bauart es ermöglicht, alle solche
unkrontollierbaren Vergrößerungen der Spannungen zu vermeiden, die durch
Unterbrechung der achsialen Symmetrie infolge Anbringung von Ventilen, Rippen etc.
unvermeidlich sind. Die den warmen Gasen ausgesetzte wassergekühlte Wandung hat eine
konische Hüllenform von einer möglichst geringen Dicke, um thermischen Spannungen
vorzubeugen. Zum Widerstand gegen den Gasdruck stützt sie sich in ihrer Mitte durch
den Einbau des Brennstoffventils und der Anlaßvorrichtung auf eine starke runde
Platte,
wodurch unter gleichzeitiger Berechnung der Einfluß der konischen Hüllendicke
studiert und in günstigster Weise in bezug auf den zylindrischen Teil und der runden
Platte eine Lösung gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, dem
Deckel angemessene Abmessung zu geben mit achsialer Symmetrie bei gegebener
symmetrischer Temperaturverteilung in bezug auf Achse und Belastung. Man ist sogar
in der Lage, an Hand einer Zeichnung über Temperaturverteilung die genaue Lösung der
Differentialgleichung graphisch zu erhalten, wie es als Beispiel am Zylindermantel
gezeigt wird. Das Liniennetz der Abb. 6 gibt diese
Temperaturverteilungen an sowie auch die verschiedene Dicke nach dem Profil des
Zylindermantels. Der Mantelteil rechts des Ringes ist in sich selbst schon einer von
der Temperaturverteilung herrührenden Spannung und Drehung unterworfen.
Textabbildung Bd. 343, S. 238
Abb. 12.
Eine genaue Berechnung der Spannungen und Deformationen ist trotz des allgemeinen
Charakters dieser Daten möglich durch graphische Lösung der Differentialgleichung,
die in Abb. 6 aufgetragen sind und zwar die
Deformationen in 100facher Vergrößerung. Von großer Bedeutung ist, wie die Prüfung
der Beispiele erkennen läßt, für diese sichere Beurteilung der thermischen
Spannungen eine einfache und symmetrische Bauart des Deckels, des Kolbens und des
Mantels. Das entgegengesetzte Beispiel gibt der Deckel des Viertaktmotors, der durch
die Anordnung von mehreren Ventilen unterbrochen ist, wo sich leicht durch
Temperaturunterschiede hervorgerufene Risse zeigen, weil keine Möglichkeit besteht,
eine genaue Berechnung aufzustellen. Für den Erbauer von Großkraftmotoren sind diese
thermischen Spannungen von großer Wichtigkeit. Die Firma Gebrüder Sulzer hat auf
ihren Versuchsstand nun eine Reihe von Messungen im Innern der
Zylinderwandungen zur Ermittlung der Temperaturverteilungen in Großkraftmaschinen
durchgeführt und zwar an einem Zweitaktmotor mit Hilfe von Thermoelementen. Diese
Beobachtungen erfolgten an 30 verschiedenen Punkten des Kolbens, Deckels und des
Zylindermantels. Hierbei beschränkte man sich nicht nur auf Messungen der mittleren
Temperaturen, sondern ermittelte auch mit vollständiger Genauigkeit auf
photographischem Wege die Temperaturschwingungen während einer Umdrehung des Motors.
Herr Naegel, Professor an der technischen Hochschule zu Dresden, gab hierzu die
Initiative.
Textabbildung Bd. 343, S. 238
Abb. 13.
Der Versuchszylinder des Zweitaktmotors hatte 600 mm Bohrung, 1060 mm Hub, 100
Umdrehungen in der Minute und entwickelte 1350 P.S. Die Punkte in der inneren (Gas-)
Seite befinden sich alle 0,5 mm unter den mit den Gasen in Berührung kommenden
Flächen. Die verwendeten Thermoelemente bestanden aus 0,5 mm dicken
Kupfer-Konstantandrähten, deren Lötstelle für je 100° C Temperaturunterschied eine
Spannung von etwa 5 Millivolt ergaben. An den Hauptbeobachtungsstellen waren diese
Drähte der Thermoelemente in konisch geschliffene Stöpsel aus besonderem Gußeisen
eingebaut. Durch Gips waren diese Drähte in Glasröhrchen festgelegt und mit ganz
besonderer Sorgfalt eingesetzt, so daß man die Gewähr hatte, daß die Gußstelle genau
bei 0,5 mm Tiefe lag. Eine besonders sorgfältige Legung des Kabels erforderten die
Beobachtungspunkte des Kolbens. Hier wurden die verschiedenen Drähte zu einem Kabel
von 24 Drähten vereinigt, das längs der Kolbenstange bis zum Kreuzkopf und von hier
längs der Hebel außerhalb des Motors zur Aufnahmestelle der Diagramme führt. Alle
Drähte, die von dem Kolben, Deckel und Zylindermantel kommen, laufen in einer
Beobachtungsstelle zusammen, von wo man
sie mittelst Kommutatoren zu einem Millivoltmeter für annähernde Messungen oder
zu einer Ausgleichsverbindung für genaue Messung der mittleren Werte leitete sowie
zu einem Galvanometer für photographische Aufzeichnung des Temperaturverlaufes.
Diese letztere Apparatur war in einem besonderen Raume aufgestellt und zwar weit vom
Motor entfernt, damit die feinen Erschütterungen des Motors nicht störend einwirken
konnten. Um auch bei der photographischen Aufnahme jede Erschütterung zu vermeiden,
war das Galvanometer mit vibrierendem Draht, wodurch die Schwingungen des
thermo-elektrischen Stromes wiedergegeben werden, an einem Stahldraht aufgehängt.
Der thermo-elektrische Strom fließt nun durch einen goldenen Draht von etwa 100 mm
Länge und 0,005 mm Dicke, der zwischen zwei starken magnetischen Polen eingespannt
ist. Eine elektrische Bogenlampe beleuchtet diesen Draht, der hierbei entstehende
Schatten des Drahtes wird mit Hilfe eines Mikroskopes beobachtet und seine der
Stromstärke entsprechenden Ausweichungen werden auf eine photographische Trommel
aufgetragen, die von einem Elektromotor mit einstellbarer Geschwindigkeit
angetrieben wird und durch einen sehr engen achsialen Spalt erleuchtet wird, welchen
der Verschluß während der Dauer einer Trommelumdrehung öffnete. Ein besonders
aufgestellter Widerstand verhinderte, daß der thermo-elektrische Strom nicht ganz
durch den Golddraht des Galvanometers geht, sondern nur der Teil, der den
Temperaturveränderungen entspricht, also vom mittleren Werte abweicht. Im
allgemeinen erreichten die im Apparat festgestellten Stromstärken nur ± 4/1000
Milliampère.
Die Abbildung 7 gibt die ermittelten Temperaturen bei
normalem Betrieb, in diesem Falle bei Vollast und bei 100 Umdrehungen in der Minute
wieder. Die provisorisch gezogenen isothermischen Linien lassen die Gestaltung des
thermischen Flusses nach dem Zirkulationswasser hin erkennen. Die Höchsttemperaturen
im Deckel wie im Kolben erreichten abgerundet 300° C, nur im oberen Teil des
Mantels, an der Stelle, die der oberste Teil des Kolbens nicht erreicht, wurde eine
Temperatur von 333° festgestellt, es ist dies die höchste Temperatur, die bei voller
Belastung in den Wandungen des Motors gemessen wurde. Welchen Einfluß die zentrale
Einspritzung des Brennstoffes mit der kalten Luft ausübt sowie das Fortschreiten der
Verbrennung, zeigen genau die Temperaturen auf dem Boden des Kolbens, nämlich der
mittlere Teil ist immer der kälteste. Bei geringen Belastungen erreicht die
Kolbentemperatur ihren höchsten Punkt in der Bogenhälfte, dagegen bei voller
Belastung, bei der ja die Verbrennungszeit länger dauert, liegt die wärmste Stelle
am äußeren Rand des Kolbens. Das gleiche gilt auch für den Mantelteil, der in der
Höhe des Ringes liegt, der nur bei höheren Belastungen in die Zone der glühenden
Gase gelangt. Uebrigens wird der Verbrennungsvorgang, den man aus der
Veränderung der Temperaturverteilung folgern kann, in gleicher Weise durch die
Schwingungen der Temperaturen während eines Arbeitsganges bestätigt. Am geringsten
sind die Schwingungen in der Mitte des Kolbens. Das Diagramm der Abb. 8 gibt solche Schwingungen bei halber Belastung
und 100 Umdrehungen in der Minute während zweier Umdrehungen wieder und zwar an der
Stelle in der Mitte des Kolbens und im Halbbogen. Dieses Originaldiagramm in Größe
von 170 × 280 mm ermöglicht sehr genaue Ablesungen.
Textabbildung Bd. 343, S. 239
Abb. 14.
Im Zylindermantel erreichten die Temperaturen ihren höchsten Punkt in der Höhe des
Ringes, d.h. an der Stelle, die der erste Kolbenring nicht erreicht und an der
infolgedessen eine Schmierung auch nicht in Frage kommt. Ein anderer
Beobachtungspunkt war so gelegt, daß er gerade noch vom obersten Kolbenring
überschritten wurde, die hier ermittelte Temperatur betrug 251° C. Ganz besonderes
Interesse bieten die hier aufgenommenen Temperaturdiagramme bei % Belastung (Abb. 9) und bei einfacher Kompression, also ohne
Brennstoffaufnahme (Abb. 10). Hier bewirkt
unmittelbar vor und nach dem Passieren des oberen toten Punktes der obere Kolbenring
eine plötzliche Senkung der Temperatur und zwar beim Durchgang eine solche Abkühlung
der Mantelwandung, daß diese noch sehr gut in 0,5 mm Tiefe wahrnehmbar ist, woraus
hervorgeht, daß der Kolbenring den oberen Zylindermantelteil abkühlt. Bei voller
Belastung war demnach eine noch niedrige Temperatur als 250° C hier zu erwarten, was
man auch bestätigt fand, denn die Temperaturmessungen gaben bei voller Belastung nur
einen mittleren Wert von 128° C und einen Höchstwert von 135° C. Hieraus kann man
weiter schließen, daß bei Zweitaktmotoren die Kolbenringe nicht im entferntesten die
Temperaturen erreichen, wie sie bei Dampfmaschinen z.B. ermittelt wurden, was
wiederum für die Schmierung der Zweitaktmotoren von außerordentlicher Wichtigkeit
ist. Die Abb. 11 gibt ein Diagramm bei % Belastung
während zweier Umdrehungen von der Temperaturveränderung des oberen Kolbenringes,
die in einer Tiefe von 0,5 mm in der Gleitfläche dieses Kolbenringes gemessen
wurden. Die für den Augenblick unverständlich erscheinenden Schwingungen
können, wie folgt, erklärt werden:
Unmittelbar vor Erreichung von PMS gelangt der Kolbenring in den oberen heißesten
Teil des Zylindermantels, wo er sich um etwa 10° C erwärmt, bis er jenseits von PMS
in gleichem Abstand von neuem in den kältesten Teil des Zylindermantels gelangt, wo
selbstverständlich wieder Abkühlung erfolgt. Bevor nun auf seinem Wege der
Kolbenring PMJ erreicht, gehen dieser und der Beobachtungspunkt an einer
Auspufföffnung vorüber. In dieser Stelle wird die durch die kalte Zylinderwandung
hervorgerufene Abkühlung plötzlich unterbrochen, dagegen strömt die Wärme aus dem
Innern des Kolbenrings nach der zuvor abgekühlten Außenfläche. Hierbei steigt die
Temperatur anfangs schnell, dann langsam wie bei einer Erwärmungskurve, bis der
Kolben die Auspufföffnung verdeckt und der Beobachtungspunkt wieder mit der. kalten
Zylindermantelöffnung in Berührung tritt. Noch unmittelbar vor Erreichung der
Auspufföffnungen gibt der absteigende Ast der Kurve ein leichtes Zäckchen an, was
vom Durchgang des Ringes über einen im Mantel befindlichen Nocken herrührt.
Textabbildung Bd. 343, S. 240
Abb. 15.
Die Abb. 12 liefert den Beweis dafür, daß sich
tatsächlich die Abkühlung nur in der äußersten Schicht vollzieht. Dieses Diagramm
zeigt die Temperaturveränderung des Kolbenringes in 1,5 mm Tiefe unter der
Gleitfläche. Weiter ist noch erläuternd zu bemerken, daß die beiden Diagramme der
Abb. 11 und 12
unmittelbar nacheinander aufgenommen worden sind und die Beobachtungspunkte sich nur
wenige Millimeter voneinander entfernt befinden, so daß sich der Verkauf der
Diagramme nur durch den Tiefenunterschied von 1 mm zwischen den beiden
Beobachtungspunkten erklärt. Von weiterem Interesse sind die Diagramme bei der
Inbetriebsetzung und Stillsetzung des Motors. So zeigt das Diagramm Abb. 13 das Ansteigen der Temperatur während des
Anlaufens unter Vollast eines Beobachtungspunktes im Deckel, wobei genau jede der
Zündungen zu unterscheiden ist. Alle 10 Sekunden vertausche man den
Beobachtungspunkt auf der Gasseite mit dem auf der wassergekühlten Seite und
umgekehrt, so daß die Temperaturerhöhung sowohl der gas- wie der wassergekühlten
Seite auf demselben Diagramm erscheint. Die charakteristische Veränderung der
Temperaturen beim plötzlichen Anhalten eines mit Vollast laufenden Motors zeigt(das Diagramm 14. Man erkennt genau die letzten
Zündungen und unmittelbar nach der letzten Zündung sinkt auf der Gasseite sehr rasch
die Temperatur, hingegen kann man während der ersten 10 Sekunden auf der Wasserseite
kein Sinken der Temperatur feststellen. Die Erwärmung des Kolbens während der ersten
drei Minuten ist im Diagramm der Abb. 15
veranschaulicht und zwar, wenn der Motor mit Vollast anläuft. Die 10
Beobachtungspunkte des Kolbens waren jeder abwechselnd zwei Sekunden mit dem
Galvanometer verbunden, so daß jeder Beobachtungspunkt alle 20 Minuten wieder
auftrat. Im ganzen wurden 200 Diagramme aufgenommen.
Diese reiche Ausbeute mit ihren wertvollen Auskünften über Temperaturverteilung und
thermischen Spannungen in Dieselmotoren dient zur Ergänzung der Ergebnisse, die im
Laufe der Zeit die Firma Gebr. Sulzer aus zahlreichen Versuchen mit ihren Motoren
gewonnen hat.