Titel: | Uferkrananlage eines Kabel- und Drahtwerkes. |
Autor: | Ritter |
Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 26 |
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Uferkrananlage eines Kabel- und
Drahtwerkes.
Von Studienrat Dipl.-Ing. Ritter,
Stettin.
RITTER, Uferkrananlage eines Kabel- und Drahtwerkes.
Große industrielle Anlagen mit unmittelbarer Lage an Wasserweg und Eisenbahn
sind hinsichtlich der Zu- und Abfuhr von Rohstoffen und Fertigware besonders günstig
gestellt. Zur vollen Ausnutzung dieser Vorteile gehören aber auch hier wie an jeder
Umschlagstelle für alle Gütertransporte kürzeste Wege. Das erfordert wieder
möglichst nahen Zusammenschluß der Zu- und Abfahrtswege mit den Lagerplätzen und
Transporteinrichtungen, welche das ganze Arbeitsgebiet bestreichen können ohne
Behinderung des Verkehrs und der Lagerung. Eine in jeder Beziehung
zweckentsprechende und mustergültige Anlage ist für das in den Jahren 1920 bis 1924
erbaute Werk Ketschendorf der Deutschen Kabelwerke A.G. ausgeführt. Dieses Werk
umfaßt ein Kabel- und Drahtwalzwerk einschließlich der nötigen Nebenanlagen für
Dampf- und Elektrizitätsversorgung; zur Lagerung der Rohstoffe und Fertigware
ist ein Lagerplatz von etwa 50 m Breite und 365 m Länge vorgesehen, der die
Gebäude von der Spree trennt.
Abb. 1 zeigt eine Gesamtansicht des Werkes mit der
Spree, dem Lagerplatz und den Verladeanlagen im Vordergrund. Zur Bedienung des
Platzes stehen zur Verfügung: eine Verladebrücke von 70,5 m Gesamtlänge, ein
Verladebockkran für den Verkehr nahe den Werksgebäuden (diese beiden s. Abb. 2) und ein normaler Rangierkran hauptsächlich für
den Verschiebedienst innerhalb des Werkes. Sämtliche Hebezeuge sind von der
Demag-A.G. Duisburg geliefert.
Der Bockkran von 10 t Tragfähigkeit, der zunächst den Werksgebäuden arbeitet und ein
Zufuhrgleis überspannt, besitzt bei einer lichten Höhe von 9 m über
Schienenoberkante eine Spannweite von 15,97 m und ist auf der Hallenseite mit einem
Ausleger von 2,4 m
Länge ausgerüstet; seine Fahrgeschwindigkeit beträgt 15 m/min. Zum Lasttransport
besitzt er eine Untergurt-Einschienenkatze mit 40 m/min Fahr- und 3 bis 4 m/min
Hubgeschwindigkeit. Die Stromzuführung erfolgt, ebenso wie bei der Verladebrücke,
durch Schleifleitungen, die an dem Dach des Gebäudes entlang bzw. auf Masten verlegt
sind.
Textabbildung Bd. 344, S. 26
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 344, S. 26
Abb. 2.
Die den Lagerplatz überspannende Verladebrücke ist so hoch ausgeführt, daß ihr
landseitiger Ausleger über den Bockkran hinwegfahren kann. Infolgedessen können
beide Verladeanlagen vollständig unabhängig voneinander an jeder beliebigen Stelle
ihrer Fahrbahn arbeiten. Die Brücke besitzt eine Stützweite von 27,6 m, einen
landseitigen Ausleger von 20,1 m und einen wasserseitigen Ausleger von 21,8 m;
infolge Hinausragens der Fahrbahn über dessen Ende steht für die Katzfahrbahn eine
Gesamtlänge von 70,5 m zur Verfügung. Die lichte Höhe der Brücke beträgt,
entsprechend einem geringen Gefälle des Lagerplatzes nach der Spree hin, an der
landseitigen, festen Stütze 11,9 m, an der wasserseitigen Pendelstütze 12,53 m über
Schienenoberkante. Die Brückenfahrgeschwindigkeit ist 30 m/min. Zum Bewegen der Last
ist die Brücke mit einer Einschienen-Laufkatze ausgerüstet (s. Abb. 3), die auf den Unterflanschen eines I-Trägers
fährt und in besonderer Anpassung an die Forderung, sowohl Stückgüter wie Kohle
befördern zu können, ohne das Tragorgan auszuwechseln, zwei Windwerke besitzt, eins
für Greifer- und eins für Stückgutbetrieb. Die Entfernung beider Huborgane
voneinander, d.h. von Mitte Greifer bis Mitte Lasthaken, beträgt 2 m. Entsprechend
der hierdurch bedingten verhältnismäßig großen Länge und um eine günstige Verteilung
des Raddruckes bei der immerhin großen Belastung auf die Fahrbahn zu erreichen, ist
die Katze an drei Stellen durch je einen Drehschemel mit vier Laufrollen aufgehängt,
doch bleibt die Anordnung durch eine gelenkige Verbindung im Katzenrahmen statisch
bestimmt. Der Fahrantrieb geschieht durch zwei Elektromotoren, die auf die äußersten
Laufräder an beiden Enden der Katze wirken und dieser eine Geschwindigkeit von 40
m/min erteilen. Für sämtliche Bewegungen sind kräftige Bremsen vorhanden und zwar
wird die Katzfahrwerksbremse durch Fußtritthebel gesteuert, während die aller
anderen Bewegungen elektromagnetisch betätigt werden. Schienenzangen, die im
Ruhezustand angelegt werden, sichern die Brücke gegen Abtreiben durch Winddruck.
Zunächst dem Führerhaus, in dem die Steuerapparate für sämtliche Bewegungen
untergebracht sind, ist das Greiferwindwerk angeordnet. Es besitzt eine Tragkraft von 3 t an
den Greiferseilen, ermöglicht daher die Verwendung eines 1,5-cbm-Kohlegreifers,
wobei die Hubgeschwindigkeit 30 m/min beträgt. Der größtmögliche Hub ist etwa 13 m
vom Boden eines zu entladenden Schiffes bis zur höchsten Greiferstellung.
Textabbildung Bd. 344, S. 27
Abb. 3.
Das Hubwerk für Stückgutbetrieb besitzt bei einer Tragkraft
von 10 t eine Arbeitsgeschwindigkeit von 3 m/min, doch kann durch Umschalten
des Getriebes zum Heben leichterer Lasten die Hubgeschwindigkeit auf 17 m/min
gesteigert werden bei einer dann zulässigen Höchstlast von 2 t. Die Laufkatze ist
mithin in der Lage, alle vorkommenden Arbeiten in der wirtschaftlich günstigsten
Weise auszuführen.