Titel: | Tagung der Gas- und Wasserfachmänner am 19. April 1929. |
Autor: | Kuhn |
Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 99 |
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Tagung der Gas- und Wasserfachmänner am 19. April
1929.
KUHN, Tagung der Gas- und Wasserfachmänner
Anläßlich der am selben Tage stattgefundenen Eröffnung der Ausstellung „Gas
und Wasser“ hatte „Die Vereinigung der Fabrikanten im Gas- und Wasserfach
e. V.“ zusammen mit dem „Deutschen Verein von Gas- und
Wasserfachmännern, dem „V.D.I.“ und dem „Präsidium der
Ausstellungsleitung“ eine Tagung im Kaisersaal des Zoologischen Gartens
einberufen, zu der zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland erschienen waren.
Textabbildung Bd. 344, S. 99
Abb. 1.Gaserzeugungsofen in Halle I.
Der Vorsitzende der Vereinigung, Herr Direktor Spaleck-Dessau, eröffnete die. Tagung
und begrüßte die erschienenen Gäste, Vertreter der Behörden, Mitglieder usw. Der
Zweck der Tagung sei, so führte er aus, einem weiten Kreise führender
Persönlichkeiten Einblick zu geben in die Entwicklung der Gas- und Wasserversorgung
im Rahmen unserer Volkswirtschaft, sowie der deutschen Energie- und Wärmewirtschaft.
Die Wasserversorgung ist in ihrer Bedeutung allgemein anerkannt, während in der
Frage der Gasversorgung die Anschauungen nicht einheitlich sind. Gas und
Elektrizität sind die beiden Hauptträger einer rationellen Energie- und
Wärmeerzeugung. Jede derselben hat ihr Sondergebiet. In einem verhältnismäßig
schmalen Grenzgebiet besteht ein Wettbewerb, ohne jedoch für eine der beiden
Kraftquellen daseinswichtig zu sein. Wie überall wirkt auch hier eine gewisse
Konkurrenz nur fördernd auf die Entwicklung.
Anschließend daran gab Herr Dipl.-Ing. zur Nedden-Berlin (Geschäftsführer der
technisch-wirtschaftlichen Ausschüsse des Reichskohlenrates) in seinem Vortrage,
„Was ist uns das Gas?“, der auch durch Rundfunk übertragen wurde, einen
Ueberblick über die Bedeutung des Gases im Rahmen der deutschen Energie- und
Wärmewirtschaft.
Textabbildung Bd. 344, S. 99
Abb. 2.Wassergasgenerator von 60000 m3 in Halle I.
Das Gas, dessen Bedeutung als Lichtspender vielfach
unterschätzt wird, ist auch ein Wärme- und Kraftspender ersten Ranges. Ueber 1,25
Millionen PS Gasmaschinen und Motoren arbeiten in Deutschland mit Koks-, Hochofen-,
Leucht- und Generatorgas. Durch Gaszusatzfeuerungen zu Dampfkesseln können mit
Leichtigkeit Spitzenleistungen erzielt werden. Leider wird von diesem Mittel bei
uns, im Gegensatz zu Amerika noch verhältnismäßig wenig Gebrauch gemacht. Von
größter Bedeutung ist das Gas als Wärmespender, die
Gaswerke sind vorzügliche Fernheizwerke, da der Wärmespender ohne Wärmeverluste der
Verbrauchsstelle zugeführt wird, und zwar heute auf sehr große Entfernungen, auch
hier stehen wir vielfach noch am Anfang der Entwicklung, in England und Amerika
werden je Kopf der Bevölkerung zu Heiz- und Kochzwecken viermal so viel Kubikmeter
verbraucht als bei uns. Von außerordentlicher Bedeutung ist das Gas für Industrie
und Gewerbe. Durch die Verwendung von gasbeheizten Industrieöfen aller Art kann der
Wirkungsgrad der Wärmeausnützung erheblich verbessert werden, abgesehen von den wertvollen
Nebenprodukten, die bei der Herstellung anfallen, und den verringerten Kosten von
Transport der Brennstoffe und ihrer Abfälle, Bedienung usw. Infolge der leichten
Regelbarkeit der Flamme können die Oefen auf die kleinsten erforderlichen
Temperaturintervalle eingestellt werden. Vorzügliche Regler verschiedenster Systeme
stehen dazu zur Verfügung.
Der Redner kommt dann noch auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kohlenveredlung
zu Gas und Nebenprodukten zu sprechen und im einzelnen auf Herstellungs- und
Verbrauchskosten für das Gas. Rationalisierung bei der Herstellung und Verwendung,
Konstruktion wärmetechnisch hochwertiger Apparate und Maschinen, werden vielen
unserer Industrien und Gewerbe die Wettbewerbsfähigkeit mit dem Auslande
steigern.
Nach kurzen Dankesworten seitens des Vorsitzenden an den Redner folgte der zweite
Vortrag des Abends von Herrn Dipl.-Ing. H. Lang, Direktor des Wasserwerkes
Düsseldorf, über „Die Wasserversorgung und ihre Bedeutung für Volkswirtschaft und
Volkswohl.“ Um die Wasserversorgung technisch und wirtschaftlich mit dem
größten Wirkungsgrad durchführen zu können, sind alle zur Verfügung stehenden
technischen Mittel, Kenntnisse und Erfahrungen, der verschiedensten Wissenszweige
anzuwenden. Der Redner gibt einen Ueberblick über die heute auftretenden
Verbrauchszahlen, die Fragen der Wasserbeschaffung für die Großstädte und
Industriegebiete, über technische Fragen wie Schutz der Leitungen gegen Korrosion,
die Wichtigkeit gutdurchgebildeter Meßinstrumente, wie Wassermesser,
Behälterstandsmesser usw. Wichtig ist eine gutdurchgebildete Betriebswirtschaft und
Ueberwachung in den Werken, denn die Förderung der sehr großen Wassermengen bedeutet
auch einen entsprechenden Energiebedarf.
Die Aufgaben der Wasserversorgung für unser Volk sind sehr zahlreiche und erfordern
auch besonders gut ausgebildete Fachleute.
Der Vorsitzende dankte den beiden Rednern und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die
Ausstellung weiten Kreisen Aufklärung über die Bedeutung der beiden Gebiete „Gas
und Wasser“ geben werde, und wies nochmals nachdrücklich auf die Wichtigkeit
eines technisch gut geschulten Nachwuchses an Fachleuten hin.
Mit einem zwanglosen Zusammensein im Marmorsaal schloß die Versammlung.
Kuhn.