Titel: | Erhöhung der Wärmeaufnahmefähigkeit von Steilrohrkesseln durch neuartige Anordnung der Wasserrohre. |
Autor: | E. Kuhn |
Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 113 |
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Erhöhung der Wärmeaufnahmefähigkeit von
Steilrohrkesseln durch neuartige Anordnung der WasserrohreMerHl: Z. d. Ver. deutsch. Ing. 1929. 45..
KUHN, Erhöhung der Wärmeaufnahmefähigkeit von
Steilrohrkesseln.
Verfolgt man die Literatur über die Wärmeübertragung im Steilrohrkessel in den
letzten Jahren, so findet man zahlreiche Untersuchungen über Wasserumlauf,
Wärmeübergang durch Strahlung, Anordnung von Strahlungsheizflächen usw.; von dem
Mittel, letzteren durch entsprechende Rohranordnung (-teilung) zu erhöhen, wurde
dagegen, abgesehen von den Schrägrohrkesseln, kein Gebrauch gemacht. Man hat die
Erfahrungen mit den Schrägrohrkesseln nicht auf den Steilrohrkessel übertragen,
trotzdem die grundlegenden Versuche in dem 1921 erschienenen Buche von Thoma:
„Hochleistungskessel“Ostwald: Z- d- Ver. deutsch. Ing. 1929. 5. darauf hätten hinweisen
müssen, daß hier ein Mittel gegeben ist, die Wärmeübertragung sowohl im ersten wie
in den nachfolgenden Rohrbündeln wesentlich zu erhöhen.
Betrachtet man den Verlauf der Gasströmung um einen Zylinder, wie sie auch in Gröber:
„Wärmeübertragung“Verlag Julius Springer Berlin. 1926.,
S. 74, dargestellt ist, so sieht manVgl. auch Thoma, a. a. O. S. 29 ff.,
daß sich hinter demselben Wirbel bilden und der Gasstrom sich erst in einiger
Entfernung davon wieder zusammenzieht.
Vergleicht man die Gasströmung bei der üblichen Rohranordnung (Abb. 1), d.h. alle Rohre
gleichachsig oder geradlinig hintereinander gesetzt, mit einer solchen mit
versetzten Rohrreihen (Abb.
2 ff.), so sieht man, daß bei der ersteren sich hinter jedem Rohr durch
diese Wirbelbildung gewissermaßen ein toter Raum bildet, der Hauptstrom aber keine
Gelegenheit zur Zusammenziehung mehr hat und daher das zweite und die folgenden
Rohre nur noch an den Außenseiten berührt (wie das weiter unten noch im einzelnen
ausgeführt wird), während bei der Anordnung mit versetzten Rohrreihen usw. der
Gasstrom sich hinter dem ersten Rohr zusammenziehen kann. Der Strom umspült somit
das erste Rohr vollständig und trifft dann auch auf die nächsten Rohre wieder
zentral auf, so daß auch diese völlig umspült werden.S. a. „Wärme“ 1929, Nr. 19.
Ein wesentlicher Grund dafür, daß man bisher die geradlinige Rohranordnung nicht
verlassen hat, dürfte darin zu suchen sein, daß man nur durch diese ein
jederzeitiges störungsfreies Ausbauen der einzelnen Rohre gewährleistet glaubte. Bei
den nachstehend beschriebenen Anordnungen ist auch diesem Punkt besondere
Aufmerksamkeit geschenkt worden. Es ist ein wesentlicher Vorteil derselben, daß
jedes Rohr ohne Störung aus- und einzubauen geht.
Im einzelnen seien diese Verhältnisse in folgendem an den verschiedenen
Ausführungsmöglichkeiten der genannten Bauart beschrieben.
Textabbildung Bd. 344, S. 113
Rohrleitungen für Steilrohrkessel.Abb. 1 normale Rohrleitungen,Abb.
2 bis 6 Rohrteilungen nach Waltet zur besseren Ausnutzung der Rauchgase.
Die Abbildungen zeigen je eine Draufsicht auf ein aufgerolltes Stück einer
Unterkesseltrommel mit Horizontalschnitt durch die Verdampferrohre eines
Rohrbündels.
Abb. 1 zeigt die jetzt
gebräuchliche Anordnung mit hintereinander liegenden Rohren, die einzelne Reihen
bilden. Dadurch entstehen zwischen diesen Reihen durchgehende Gassen, die zum Abzug
der Rauchgase dienen, aber auch (s. oben) das leichte Auswechseln der Rohre
ermöglichen sollen. Diese räumlich verhältnismäßig ausgedehnten Gassen ermöglichen
den Feuergasen, den Kessel mit großer Geschwindigkeit und ohne wesentlichen
Widerstand zu durchziehen. Infolgedessen werden aber die Rohre, wie eingangs
erwähnt, nur seitlich schwach berührt. Es ist daher außer bei den dem Feuer direkt
zugekehrten Rohren, welche auch noch der Gasstrahlung ausgesetzt sind, die
Wärmeübertragung durch Berührung bei den übrigen Rohren im Bündel sehr
verringert.
Als Folge dieser mangelhaften Wärmeübertragung ergibt sich in der Praxis, daß sich im
Innern der Rohre, an den dem Gasstrom abgelegenen Flächen c (Abb. 1), Dampfblasen
festsetzen, die die Ursache sind, daß die Rohre oft in kurzer Zeit zerstört werden,
während nur an den Flächen b eine regelrechte Wärmeübertragung stattfindet, so daß
dort der Aufstieg von Wasser und Dampfblasen ungestört vor sich gehen kann.
Unzweifelhaft ist es daher von großem wirtschaftlichen Vorteil, wenn es gerade
in der ersten Feuerzone, neben der vom Feuer ausgehenden Wärmestrahlung, die ja nur
in den ersten, dem Feuer zugekehrten Rohrreihen zur Wirkung kommt, angestrebt wird,
durch geeignete Rohranordnung eine rationelle Uebertragung der gesamten Wärme auch
durch Berührung zu erlangen und auf die Dauer sicherzustellen.
In Abb. 2 bis 5 sind verschiedene
Kombinationen solcher Rohranordnungen dargestellt. Jede Ausführungsform ist als ein
Rohrbündel gedacht und bei Steilrohrkesseln mit einem oder mehreren Oberund
Unterkesseln anwendbar, gleichviel, ob gerade oder gekrümmte Rohre zur Anwendung
kommen.
Die Feuergase treten (Abb.
2) vom Feuerraum in Richtung der Pfeile mit großer, dem Schornsteinoder
Ventilatorzug entsprechender Geschwindigkeit in das Rohrbündel ein, ziehen dann
durch die Rohrgassen bis an die versetzten Rohrreihen, die in diesem Falle die
Funktion einer Prallwand übernehmen, wodurch in den Gassen gewissermaßen ein
Rückstau der vom Feuerraum ankommenden Gase entsteht. Infolgedessen werden die Gase
gezwungen, die ganze Rohroberfläche, auch die der nichtversetzten Rohre, zu
umspülen. Dadurch, daß die Gase dann die versetzten Rohrreihen durchziehen, wird,
wie eingangs erläutert, eine innige Berührung der Rohre an allen Flächenteilen
erreicht. Auf diese Weise wird die gesamte verfügbare Rohrheizfläche zur
Wärmeübertragung herangezogen.
Hieraus geht hervor, daß durch diese Rohranordnung die Wärmeübertragung dermaßen
begünstigt wird, daß gegenüber den bekannten Rohranordnungen die wärmewirtschaftlich
höchsten Resultate sichergestellt werden; auch wird durch die gleichmäßige Erwärmung
der Rohre ein Verziehen derselben verhindert.
Weitere Rohranordnungen nach diesem Prinzip sind in Abb. 3 bis 5 dargestellt. Hier sind
die Rohrgassen unter einem spitzen Winkel zur Trommelachse angeordnet, und zwar so,
daß die Möglichkeit, die Rohre durch den Zwischenraum zweier Reihen hindurch
auszubauen, gewahrt blieb. Auch hier sind am Ende der Gassen versetzte
Rohrreihen zu demselben Zweck wie in Abb. 2 eingebaut.
Die Anordnung der schiefen Rohrgassen (Abb. 3) gibt die
Möglichkeit, auch hier die ganze Rohrheizfläche zur Wärmeübertragung heranzuziehen.
In der Anordnung nach Abb.
4 ist der Winkel der Gassen zur Achse weniger spitz als bei Abb. 3; auch ist die
Rohrteilung etwas enger, so daß mehr Heizfläche untergebracht werden kann.
Abb. 5 zeigt, daß die
Rohrreihen paarweise zusammengerückt sind, also mehr wie versetzte Rohre wirken, was
ebenfalls eine sehr günstige Wärmeübertragung ergibt.
Die gleiche Anordnung kann auch bei geraden Reihen wie in Abb. 2 gewählt
werden.
Durch die beschriebenen Anordnungen wird eine erheblich stärkere Verdampfung als
sonst erzielt; man muß daher geeignete Fallrohre vorsehen, um das Wasser im oder in
den Unterkesseln in richtiger Menge zu ersetzen. Diese Rücklaufrohre dürfen von den
Heizgasen möglichst wenig berührt werden. Um dies zu erreichen, werden (s. Abb. 6) auch hinter den
versetzten Rohrreihen wieder Rohrgassen mit gleichachsigen Rohren angeordnet, und
zwar so, daß auch hier wieder jedes Rohr einzeln ausbaufähig ist.
Dadurch wird erreicht, daß die bereits stark abgekühlten Feuergase nach dem Verlassen
der versetzten Rohrreihen diese „Fallrohrreihen“ mit großer Geschwindigkeit
und hier absichtlich geringerer Wärmeübertragung durchziehen, so daß ein rascher
Rücklauf des Wassers vom Ober- zum Unterkessel gewährleistet ist.
Diese Fallrohranordnung ist auch bei den Anordnungen nach Abb. 3 bis 5 anwendbar. Bei kleinen
Heizflächen oder bei Platzmangel wird die Anordnung so getroffen, daß die Rohrgassen
auf der Feuerseite weggelassen werden; sie werden dann, gewissermaßen in umgekehrter
Anordnung wie in Abb. 2,
hinter die versetzten Reihen gebracht.
Die günstige Wärmeübertragung kommt jeweils im ganzen Rohrbündel zur vollen
Auswirkung, also auch in dem Teil des Rohrbündels, der zwecks Feuergasführung durch
eine Lenkwand abgedeckt ist.
Dipl.-Ing. E. Kuhn (Berlin).