Titel: | Fortschritte im Waagenbau. |
Autor: | A. Salmony |
Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 213 |
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Fortschritte im Waagenbau.
Von Dr. A. Salmony
(Berlin).
SALMONY, Fortschritte im Waagenbau.
Die Verwendung von Waagen ist schon so alt wie überhaupt ein Austausch von
Gütern bei hochentwickelten Völkern besteht. Aber erst in neuerer Zeit hat man sich,
zugleich mit den Bestrebungen der Rationalisierung, auch eingehend mit der Frage des
Wagens beschäftigt und dabei festgestellt, daß ⅓ des gesamten Vermögens eines
Unternehmens mit der Waage bewacht wird.
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Abb. 1.Schema des pat. Schaltwaagensystems.
Dieses führte dazu, neue, schnellere und genauere Wiegesysteme zu schaffen, nachdem
jahrzehntelang ein Stillstand in der Waagenindustrie eingetreten war.
Als neuzeitliche, den Ansprüchen der heutigen Technik entsprechende Waagen kommen in
der Hauptsache zwei Systeme in Frage und zwar erstens das System der Schaltwaage,
die auch als registrierende Schnellwaage bezeichnet wird, zweitens das System der
Neigungswaagen, die wir schon aus früherer Zeit in der nicht eichfähigen Form der
Briefwaage kennen.
Waagen des Schaltsystems zeichnen sich besonders dadurch aus, daß die Verwiegung mit
großer Genauigkeit (der Fehler bleibt unter dem eichamtlich zugelassenen) und
schneller Gewichtsermittlung ausgeführt wird. Hierbei ist auch noch, wie wir
später sehen werden, eine automatische Registrierung möglich. Die Schaltwaage findet
überall dort Verwendung, wo das genaue Gewicht als Wertmesser gilt. Es ist ganz.
gleich, ob das Produkt nach Gewicht oder ob der Akkordlohn nach Gewicht berechnet
wird.
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Abb. 2.Banddruckapparat.
In Abbildung 1 wird eine schematische Darstellung des
neueren Schaltwaagensystems vor Augen geführt, welches in dieser Form von einer
bekannten Berliner Firma hergestellt wird und dieser im In- und Auslande patentiert
ist. Das System, bei gleichbleibendem Hebelarm und unveränderlicher zu- und
absetzbarer Gewichtsmenge zu arbeiten, hat gegenüber der Laufgewichtswaage den sehr großen
Vorteil, daß die Eichung für Längenmessung fortfällt. Die zwanglose Unordnung, mit
der das Auf- und Absetzen der Gewichte auf die Schale bei einer Balkenwaage, einer
Tafel- und der Dezimalwaage bisher erfolgte, ist bei der Schaltwaage einer
zwangsläufig geregelten Ordnung gewichen. Die Gewichte sind in Elementen zu je 9
Stück in 4–5 Gehäusen zusammengefaßt.
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Abb. 3.Frachtbriefregistrierung automatisch.
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Abb. 4.Zeit Stempel (nur der innere Registrierapparat).
Die Schaltwaage kann, was bei keinem anderen System möglich ist, mit verschiedenen
Druckwerken, wie Karten-, Datum-, Formular-, Frachtbrief-Drucker, und ähnlichen
Apparaten versehen werden. Abbildung 2 zeigt einen
Banddruck- Apparat, auf dem die Gewichte fortlaufend registriert werden. Auf Abbildung 3 sieht man einen Frachtbrief, in den das
Gewicht mit der Schaltwaage eingetragen wurde, und das Papierband des Banddruckers.
Abbildung 4 zeigt den sogenannten Zeitstempel, kombiniert mit einem Bandund
Formulardrucker. Mit dieser Einrichtung wird zu gleicher Zeit sowohl fortlaufend auf
ein Papierband als auch auf ein besonderes Formular wie z.B. einen Frachtbrief
folgendes gedruckt: Zeit, Datum, Waggonbezeichnung, Waggonnummer, Gewicht.
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Abb. 5.Schaltwaage von 3000 Ko. Wiegefahigkeit.
Da die Waagen mit einer sogenannten Sicherheits-Vorrichtung gegen Falschwiegen
ausgerüstet sind, kann ein Abdruck nur erfolgen, wenn das Gewicht einwandfrei
ermittelt wurde. Der gesamte Wägemechanismus, ebenso die Druckapparate befinden sich
in einem geschlossenen Gehäuse, eine Beeinflussung des Wägeergebnisses kann nicht
stattfinden. Man ist vollständig unabhängig von menschlichem,
unbeabsichtigtem oder fahrlässigem unrichtigem Wiegen. Durch diese Einrichtungen
werden große Ersparnisse geschaffen, Fehler vermieden, indem man die Waagen direkt
als Buchungsmaschinen benutzt.
Das Hauptverwendungsgebiet für den kombinierten Zeitstempel ist die Kohlenindustrie,
um bei einer automatischen Füllung von Waggons eine schnelle, genaue und
einwandfreie Kontrolle des Materials auszuüben.
Die Schaltwaagen werden von 100 kg Wiegefähigkeit an bis zu den allerschwersten
Ausführungen von 150 t Wiegefähigkeit gebaut. Abbildung
5 zeigt eine Schaltwaage von 3000 kg Wiegefähigkeit, wie sie sehr häufig
in der Industrie gebraucht wird. Man sieht auf der Abbildung den Schaltkopf, der mit
einer Registrierkasse gewisse Aehnlichkeit hat. Die Bedienung erfolgt auch mittels
weniger Hebel; mit Einführung dieser Hebel erscheinen gleichzeitig in
danebenliegenden Schaulöchern die ermittelten Gewichtszahlen. Die Bedienung der
Waage, auch bei den größten, ist ohne jede Veränderung des Standplatzes des Wägenden
und ohne Kraftanstrengung durchführbar.
Abbildung 6 zeigt einen geöffneten Schaltschrank für
Waggonwaagen mit elektrischer Entlastungseinrichtung; ein nachträglicher Austausch
von Laufgewichts-Postamenten durch Schaltschränke an vorhandenen Waagen ist ohne
weiteres möglich.
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Abb. 6.Geöffneter Schaltschrank.
Ein Spezialgebiet, auf dem die Schaltwaagen besonders stark Verwendung finden,
ist die Herstellung von Mischungen. Das Gemenge dürfte mit keiner anderen Waage so
genau und so leicht kontrollierbar hergestellt werden wie gerade mit der
Schaltwaage. Abbildung 7 zeigt eine
Hüttengemengewaage im Betrieb der Norsk Aluminium Company Hoyanger, Norwegen
(Amerikanischer Aluminiumtrust), Abbildung 8 eine
weitere Waage auf Siemens-Elektrokarren montiert. Da sich das Verwendungsgebiet der
Waagen auf alle Zweige der Industrie bezieht, würde es zu weit führen, auf die
einzelnen Branchen einzugehen.
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Abb. 7.Hüttengemengewaage im Schacht der Norsk-Aluminium- Comp.
Hovanger.
Ueber die modernen Neigungswaagen sind schon häufig Mitteilungen gemacht worden, und
die im Kleinverkehr zur Einführung gekommene Waage ist sowohl dem System als auch
dem Aussehen und besonders der Wirkungsweise nach, allen Technikern wohlbekannt.
Diese Waagen können mit einer Registriereinrichtung ausgerüstet werden und
kommen in der Hauptsache beim Gepäck- und Güterverkehr der Bahn oder Post, ebenso in
allen Speditionen und Versandabteilungen zur Verwendung, besonders dort, wo es auf
schnellste Gewichtsermittlung ankommt und Zonengrenzwerte festgestellt werden.
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Abb. 8.Schaltwaage auf Siemens-Elektrokarren montiert.
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Abb. 9.Schematische Darstellung einer größeren Neigungswaage.
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Abb. 10.Vollautom Schnellwaage.
Ein Schema einer größeren modernen Neigungswaage zeigt Abbildung 9. Die größeren Neigungswaagen weisen in ihren einzelnen
Ausführungen vielfach Verschiedenheiten auf. Irgendeine Einigkeit über die Wahl der
Schneiden und Pfannen oder der Kurvenscheiben und Bänder für den eigentlichen
Neigungsapparat ist noch nicht festzustellen. Die verschiedenen Fabriken haben
ihre Besonderheiten auch im Antrieb, im Schnurgetriebe usw. Reine Neigungswaagen,
welche in Deutschland für mehr als 3000 kg Wiegefähigkeit kaum in Gebrauch sein
dürften, haben wohl den ins Auge springenden Vorteil der automatischen
Gewichtsermittlung, bleiben aber in der Genauigkeit der Wägung und Ablesemöglichkeit
sehr erheblich besonders hinter den vorhergenannten Schaltwaagen sowie den bekannten
Laufgewichtswaagen zurück. Diese Art von Waagen ist übrigens erst kurz im Gebrauch.
Nachstehende Abbildung 10 zeigt die vollautomatische
Schnellwaage „Fridopa.“ Sie ist ohne Feder, ohne Schaltung und ohne
Bedienungshandgriff. Die Scheiben und Pfannen sind aus hochwertigem Spezialstahl und
werden in jeder Tragkraft und Größe hergestellt und sind geeicht für den
eichpflichtigen Handelsverkehr. Zu bemerken wäre noch, daß die schon im Ausland
bekannten sogenannten Mehrzeigerwaagen auch in Deutschland hergestellt werden.
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Abb. 11.Schematische Darstellung einer Schaltzeigerwaage
Eine Verbindung des Schaltwaagensystems mit dem der Neigungswaage dürfte sich weit
besser für die Erreichung des vorgenannten Zieles eignen. Bei diesem System wird das
Gewicht auch auf einer Fächerskala abgelesen, so gelten die gleichen scharfen
Eichbestimmungen wie für die Lauf- und Schaltgewichtswaage, was schon besagt, daß
die Genauigkeit eine größere ist, als die der vollautomatischen Neigungswaage. Abbildung 11 zeigt eine schematische Darstellung der
Schaltzeigerwaage des Systems. Abbildung 12 zeigt
eine Leicht- Schwerwaage (Plus- Minuswaage). Es ist eine kombinierte Waage, zwischen
einer Neigungsgewichtseinrichtung und der Laufgewichtswaage. Auch diese werden nach
englischem Muster seit einiger Zeit in Deutschland hergestellt. Diese Waagen werden
besonders zum Absacken, ebenso zur schnellsten Kontrolle des gleichen Gewichts von
Säcken oder Fässern verwendet. An einer deutlichen Skala zeigt der Zeigerausschlag
das Mehroder Mindergewicht des zu prüfenden Sackes usw. Derartige Waagen eignen sich
z.B. für Mehlsäcke, Zementsäcke, Teertrommeln, Schwerspatfässer usw.
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Abb. 12.Plus-Minus-Waage-