Titel: | Schmieröl-Verdünnung. |
Autor: | A. Lion |
Fundstelle: | Band 344, Jahrgang 1929, S. 219 |
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Schmieröl-Verdünnung.
Schmieröl-Verdünnung.
Der Kraftwagenmotor „frißt“ nicht nur Betriebsstoff, sondern bekanntlich
auch Schmieröl. Dies allerdings in wesentlich geringeren Mengen, und jeder Fahrer
hat naturgemäß ein Interesse daran, es so selten wie möglich erneuern zu müssen,
genau so, wie ihm daran liegt, möglichst wenig Betriebsstoff zu verbrauchen.
Nun unterliegt das Schmieröl, wie jeder andere Stoff, der dauernd gebraucht wird,
auch natürlich einer allmählichen Abnutzung, gewissermaßen Alterserscheinungen, wie
z.B. der Bildung von asphaltähnlichen Stoffen, die seine zeitweilige Erneuerung
nötig machen. Immerhin kann der Führer damit rechnen, daß er normalerweise 1000 km
mit seinem Schmieröl fahren kann, ehe es erneuerungsbedürftig geworden ist. Mit
schlechtem Schmieröl zu fahren, ist natürlich immer schädlich für den Wagen. Es
bedeutet stärkere Abnutzung der Maschine und auslaufende Lager. Eine möglichst lange
Gebrauchsfähigkeit des Schmieröls hängt aber nicht zuletzt davon ab, daß es nicht
durch irgendwelche Umstände verschlechtert wird, und da droht ihm die Hauptgefahr
unmittelbar vom Zylinder her, nämlich die große Gefahr der Schmieröl-Verdünnung.
Wie außerordentlich leicht das Schmieröl verdünnt werden kann, kann man an einem sehr
einfachen Versuch sehen: Man braucht nur eine kleine Menge Oel in ein Glas zu gießen
und dazu etwa den zehnten Teil dieser Menge an Petroleum zuzusetzen. Schon nach
wenigen Augenblicken ist das vorher dickflüssige Oel ganz dünn geworden, gänzlich
ungeeignet, die aufeinander gleitenden Motorteile vor frühzeitigem Verschleiß zu
bewahren. Diese Verdünnung ist wesentlich größer, als man sie nach der Zugabe einer
so kleinen Menge des dünnflüssigeren Petroleums eigentlich erwarten dürfte.
Tatsächlich wird die Schmieröl-Verdünnung im Kraftwagenmotor auch durch
petroleumartige Bestandteile des Kraftstoffes erzeugt, Anteile, die sich in den
meisten Benzinen befinden. Früher kannte man diese Erscheinungen nicht, als im Motor
noch hauptsächlich Leichtbenzin verbrannt und Petroleum, das ja, ebenso Wie das
Benzin, aus dem Erdöl gewonnen wird, noch in größeren Mengen zu Beleuchtungszwecken
verbraucht wurde. Heute bleiben beim Gewinnungsprozeß des Benzins viel mehr
petroleumartige, also schwerer siedende Bestandteile, im Benzin, die im Motor nicht
mitverbrannt werden und das Schmieröl verdünnen. Eine Oelverschlechterung von 10 bis
15 % ist nichts Seltenes und bedingt entsprechend häufigen Oelwechsel und
entsprechend großen Oelverbrauch oder eben stärkeren Verschleiß zahlreicher
Motorteile. Das Schmieröl kann zwei- bis dreimal so lange verwendungsfähig
bleiben, wenn leichtflüchtige Benzine oder stark benzol- oder spiritushaltige
Gemische in ihm verbrannt werden. (Der Fachmann weiß ja, daß die Leichtflüchtigkeit
des Kraftstoffes durch eine möglichst niedrige Kennziffer oder mittlere
Siedetemperatur ausgedrückt wird.)
Wodurch während des ungeheuer kurzen Verbrennungsvorganges im Motor – für die ganze
Explosion steht ja noch nicht einmal 1/100 Sekunde zur Verfügung – die Ausscheidung schwer
siedender Anteile verursacht wird, ist leicht zu erklären. Man kann auch hier wieder
einen einfachen Versuch machen. Man „vernebele“ – und der Vergaser des
Kraftwagenmotors hat ja nur die Aufgabe der Vernebelung oder Zerstäubung, nicht etwa
der Vergasung, die zum größten Teil erst unter dem Einfluß der Zylinderwärme im
Zylinder selbst erfolgt –, man vernebele also mit einer Blumenspritze oder einem
ähnlichen Gerät etwas Petroleum und überzeuge sich davon, daß dieser dünne
Petroleumnebel an der kalten Luft vorzüglich abbrennt, nicht viel anders als Benzin
oder Benzol. Jetzt halte man eine Glasplatte nicht allzuweit entfernt von dem aus
der Blumenspritze austretenden Nebelstrom, und sofort schlägt sich aus dem
Nebelstrom die Flüssigkeit in starken Tropfen nieder. Man hat das vor sich, was der
Autofachmann als „Wandkondensate“ bezeichnet. Petroleum neigt sehr zum
Kondensieren, viel mehr als die leichter flüchtigen Kraftstoffe, soweit sie eben
nicht stark petroleumhaltig sind. Diese Neigung zum Niederschlagen tritt vor allem
überall da hervor, wo der Nebelstrom Richtungs- oder Druckwechseln unterworfen ist,
also in der Saugleitung, in den Ventilkammern und beim Eintritt in den Zylinderraum,
wo sich die Geschwindigkeit ja beträchtlich verringert. Es scheiden sich größere
Tröpfchen aus, die sich beim Aufprallen an den Zylinderwandungen niederschlagen,
allmählich am Kolben vorbeigepreßt werden, dabei das Schmieröl fortwaschen,
schließlich in die Kurbelwanne tropfen und das Oel verdünnen. Die praktischen Folgen
sind schließlich auslaufende Lager und fressende Kolben. Wäre es möglich, mit Hilfe
eines besonderen Vergasers Schweröl ganz fein zu vernebeln, dann wäre ein viel
billigerer Kraftwagenbetrieb auch ohne Dieselmotor möglich, aber leider ist bis
heute weder ein vollkommene Dieselmotorkonstruktion für den normalen Kraftwagen
zustandegekommen, noch der seit langem angestrebte Schweröl-Vergasermotor. Es ist
auch heute noch unmöglich, Schweröl so fein zu vernebeln, daß es nicht, auch schon
bei leiserer Berührung mit irgendwelchen Wandungen, herausregnet.
Während der kurzen Zeit der motorischen Explosion verbrennt nur das, was mit der
Luft aufs innigste gemischt ist. Sowie sich größere Tropfen bilden, die längere Zeit
zur Verbrennung brauchen würden, als zur Verfügung steht, bleiben sie nach der
Explosion zurück, auch dann, wenn sie sich nicht sofort an den Zylinderwänden
niedergeschlagen haben. Auch von diesen, nach der Explosion noch in den Restgasen
schwebenden Teilchen endet letzten Endes schon während des Ansaughubes ein Teil als
Kondensat an den Zylinderwänden. Die Verbrennung ist nicht sauber, und das Ergebnis
ist eine Verdünnung des Schmieröls, abgesehen von dem geringeren Kraftgewinn, der
sich an sich schon aus einer unsauberen Verbrennung ergibt.
Ganz allgemein kann man sagen, daß es zweckmäßig ist, einen Kraftstoff zu
verwenden, dessen Vergasung bei etwa 160° vollständig beendet ist. Sicher ist, daß
für die erst bei 180 bis 200° sich verflüchtigenden Kraftstoff-Anteile, die währenc
des Verbrennungshubes zur Verfügung stehende Zeit und Wärme nicht mehr zur
Verflüchtigung ausreichen, und diese Anteile unverbrannt, flüssig bleiben. Sie
verursachen, um es nochmal zusammenzufassen, die beiden Nachteile der
Schmieröl-Verdünnung: Sie machen einerseits einen häufigen Oelwechsel und die damit
verbundenen Aufenthalte notwendig, verschlechtern andererseits die Schmierfähigkeit
des Oels schnell und verursachen durch den Verschleiß an Kolben und Lagern
Kosten.
Dipl.-Ing. A. Lion, Berlin.