Titel: | Drahtzieherei und Drahtverarbeitung. |
Autor: | A. Bahls |
Fundstelle: | Band 346, Jahrgang 1931, S. 145 |
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Drahtzieherei und Drahtverarbeitung.
Von A. Bahls, Fabr.-Dir. a. D., berat. Ing.,
Eilenburg.
Drahtzieherei und Drahtverarbeitung.
Inhalt: Die Praxis des
Drahtzieherei-Betriebes mit älteren und neuesten Einrichtungen ist beschrieben und
Durchschnittsleistungen genannt. – Hinsichtlich der zur Weiterverarbeitung des
gezogenen Drahtes erforderlichen Richtmaschinen sind über Bauart, Wirkungsweise und
Leistung entsprechende Angaben gemacht.
Der vom Drahtwalzwerk hergestellte Walzdraht, der zu großen Ringen aufgewickelt
in den Handel kommt, muß auf kaltem Wege durch Dünnerziehen weiter verarbeitet
werden. Für diesen Zweck kommen besondere Drahtziehmaschinen in Anwendung, deren
wichtigste Teile die Ziehtrommel und das sogen. Zieheisen sind, während der sogen.
Haspel dazu dient, den zu ziehenden Drahtring aufzunehmen. Der Ziehvorgang selbst
besteht in einer molekularen Verlagerung des Werkstoffes, die hauptsächlich an der
Umfläche des Drahtes auftritt, wobei neben einer Streckung gleichzeitig eine
Materialpressung erfolgt. Es ist daher natürlich, daß der durch das Zieheisen
hindurchgezwängte Draht eine wesentliche Erwärmung zeigt, die um so höher ist, je
größer der Querschnittsunterschied zwischen dem gezogenen
und dem Walzdraht vor dem Zieheisen ist. Dieses Zieheisen
ist nichts als eine einfache Stahlplatte, die mit einer Anzahl gleichgroßer Löcher –
den Ziehlöchern – versehen ist, die an beiden Flächen der Stahlplatte ausgerundet
sind. Die erwähnte Erwärmung des Drahtes hängt aber nicht allein von der
Querschnittsverringerung, sondern auch davon ab, mit welcher Gschwindigkeit der Draht durch das Zieheisen gezogen wird. Die Grenze der Querschnittsverminderung liegt praktisch
zwischen 0,95 und 0,9, je nach Zugfestigkeit des Drahtes. Da der Draht nach dem
Ziehen, wie erwähnt, eine größere Härte aufweist, muß
beim zweitmaligen Ziehen der Verdünnungsgrad entweder geringer gewählt, oder der
Draht muß geglüht werden. Die für das „Ziehen“
erforderliche Kraft entspricht nun keineswegs etwa der Abscherfestigkeit oder der
Zugfestigkeit des Werkstoffes, sondern liegt weit höher, etwa zwischen 85 und 115 kg
je qmm des abgezogenen Querschnittes, unter
Berücksichtigung der Materialbeschaffenheit und der Ziehgeschwindigkeit.
Die Drahtziehmaschinen werden in der Praxis kurz als „Drahtzüge“ bezeichnet
und – abgesehen von Einzeldrahtzügen – eingeteilt in Grobzüge,Mittelzüge und
Feinzüge. Der vom Walzwerk in der Dicke von meist 6 oder 5,5 mm bezogene Walzdraht,
der stets in Ringform zusammengerollt geliefert wird, wird zuerst auf den Grobzügen
gezogen; alsdann wird er auf den Mittelzügen weiter bearbeitet. Die vorerwähnten Ziehtrommeln bilden durch ihre Umdrehung die Kraftquelle,
die den Draht durch das Ziehloch des Zieheisens hindurchzieht, um ihn darauf auf
ihre Mantelfläche aufzuwickeln. Die Ziehtrommeln werden in einem längeren
tischartigen Gestell – in einer Reihe stehend – so angeordnet, daß ihr Antrieb von
einer gemeinsamen beständig umlaufenden Welle aus erfolgen kann. Die einzelnen
Trommeln – vom Praktiker auch „Ziehklotz“ genannt – sind auf senkrecht
stehende Antriebsspindeln aufgesetzt. Jede dieser Spindeln ist unten in einem
Fußlager und oben in einem Halslager eines besonderen rahmenartigen Ständers
gelagert. (Abb. 1) Die Füße aller Ständer werden zumeist auf eine gemeinsame Sohlplatte gesetzt, die unter dem Fußboden liegt und auch
zur Auflage der Brückenlager für die durchgehende Antriebswelle dient. Die obere
Rahmenleiste aller Ständer wird nach Art einer langen Tischplatte abgedeckt und die
beiden äußeren Seiten aller Ständer sind durch Verschlußbleche abgegrenzt. Die
Anordnung wird so getroffen, daß die Antriebsspindeln von einander einen Abstand von
1300–1000 mm aufweisen, je nach Größe der Anlage und ob es sich um Grobzüge oder
Mittelzüge handelt.
Für den Antrieb kommen Kegelräder zur Verwendung. Von diesen ist das kleine Rad auf der wagerechten Hauptwelle, das größere Rad aber auf der Antriebsspindel aufgesetzt.
Beide Räder arbeiten in der Regel in einem Uebersetzungsverhältnis von 1 zu 2,5
zusammen, wodurch die Spindeln bei den Grobzügen eine
Umdrehungszahl von 50–60 erhalten, während für die Arbeitsspindeln an Mittelzügen
eine Umlaufszahl von 60–70 gewählt wird. Bei großen Anlagen, wo lange Wellen für den Antrieb einer größeren Anzahl von
Ziehtrommeln eingebaut sein müssen, werden die Antriebsräder auf dem aus mehreren Teilen
zusammengesetzten Wellenstrang meist zweiteilig
ausgeführt. Diese Anordnung hat den Vorteil, bei Zahnbrüchen in verhältnismäßig
kurzer Zeit ein Auswechseln eines einzelnen Rades vornehmen zu können.
Durch den Kegelradantrieb wird die Antriebswelle auf achsialen Schub beansprucht, der
natürlich bei einem langen Wellenstrang mit vielen
Kegelrädern einen so hohen Grad erreicht, daß zur Aufnahme des zulässigen
Reibungsdruckes ein Anlaufbund am Ende des Wellenstranges nicht mehr ausreicht. In solchen Fällen wird das erste Wellenstück des
Stranges gewöhnlich als Kammlagerwelle ausgeführt.
Zwischen das Kammlager dieser Welle und ihrem Endlager pflegt man dann die Antriebsscheibe zu setzen, die entweder als Riemen- oder
als Seilscheibe ausgeführt ist. Sie ist aber so schwer gewählt, daß sie in jedem
Falle als Schwungrad wirkt. Bei einem weniger langen Wellenstrang wendet man in
neuester Zeit für die Aufnahme des achsialen Wellendruckes auch ein größeres Druck
kugellager an, das wirtschaftlicher arbeitet.
Wegen des beständigen Umlaufes der Arbeitsspindeln aller Ziehtrommeln kann bei der
älteren Bauart der Drahtzüge die Ziehtrommel nur dadurch zum Stillstand gebracht
werden, daß sie durch Anheben außerhalb des
Wirkungsbereiches eines Mitnehmers gebracht wird, der
dicht über dem Halslager auf der Spindel angeordnet ist. Außer beim Reißen eines
Drahtes ist seitens des bedienenden Arbeiters – in der Praxis Zieher oder Zöger
genannt – das Ausrücken des Ziehklotzes dann notwendig, wenn ein Drahtring restlich
verarbeitet bzw. vom Haspel abgelaufen und das letzte Ende des Drahtes aus dem
Ziehloch herausgezogen worden ist. Die älteste – in der
Ausführung allerdings einfachste – Anordnung der Ausrückvorrichtung besteht in der
Hauptsache aus einem Hebel, dessen kurzer, innen liegender Arm gegabelt ist, während
das lange Hebelende in einen Fußtritt übergeht. In der
Nähe der Gabelung liegt der Drehpunkt des Ausrückhebels, dessen beide Gabelenden je
einen senkrechten Bolzen betätigen. Diese beiden Bolzen ragen soweit durch den Tisch
hindurch, daß sie außerhalb einer zentralen Aussparung im Ziehtrommelboden diesen
fast berühren. Im Grund dieser runden Ausparung sind zwei Schrauben angebracht, die den Zweck haben, damit sich der Spindelmitnehmer
gegen sie legen und dadurch die Ziehtrommel in Umdrehung versetzen kann. Außerhalb
der Aussparung kommen die erwähnten beiden Hubbolzen zur Wirkung, sobald sie durch
den Ausrückhebel angehoben werden. Damit schieben sich
dann dieSchrauben vom Mitnehmer ab und die Ziehtrommel kommt zum Stillstand.
Wie leicht verständlich, ist beim Ausrücken ein sehr großer Reibungsdruck zu
überwinden, wenn dies während des Ziehvorganges erfolgen
muß. Deshalb sucht man durch geeignete Mittel den Kraftaufwand für das Ausrücken
herabzumindern. Eine solche Anordnung besteht in einem daumenartigen Hubstück, das durch einen doppelarmigen Fußtritthebel
dadurch betätigt wird, daß es mittels am kurzen Hebelarm angelenkter Hubstange nach
oben gedrückt wird. (Abb. 1.) Dabei legt sich die
gebogene obere Daumenfläche unter den Trommelboden und hebt die Ziehtrommel in der
vorerwähnten Weise vom Mitnehmer der Spindel ab.
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Abb. 1. Drahtzug älterer Bauart.
Für den Arbeitsgang ist das erste Ende des zu ziehenden Drahtes so lang vorzuspitzen,
daß es nach Hindurchstecken durch das Ziehloch des Zieheisens mittels Zange erfaßt
und an die Umfläche der Ziehtrommel herangeholt werden kann, denn der Draht soll
beim Ziehvorgang tangential auf die Trommelumfläche auflaufen. Aus praktischen
Gründen ist es nicht möglich, den Zieheisenhalter in unmittelbarer Nähe des
Ziehklotzes anzuordnen. Der untere Teil des
Trommelmantels ist mit einer Aussparung versehen, in die sich beim Betrieb Schenkel
und Lasche einer Zange hineinlegen (Abb. 2). Die
Zuglaschen der Zange sind in Verbindung gebracht mit einer kurzen Gelenkkette, deren
Ende am Trommelmantel befestigt ist. Soll das am Zieheisen vorstehende Drahtende
erfaßt werden, so ist die Zange – bei ausgerückter Ziehtrommel – hervorzuziehen.
Dadurch wird die Zangenkette (unter Drehung der Ziehtrommel) vom Trommelmantel
abgewickelt und der Draht durch die Zange erfaßt. Ist dies geschehen, so wird die
Ziehtrommel durch Betätigung des Fußhebels zum Absinken gebracht. Sie wird dadurch
mit der Antriebsspindel gekuppelt und in Umlauf versetzt. Wie leicht verständlich,
wird durch das Einrücken plötzlich ein starker Ruck auf den erfaßten Draht
hervorgerufen, der damit der Gefahr des Abreißens ausgesetzt ist, wenn nicht durch
die Geschicklichkeit des „Zögers“ oder durch besondere Einrichtungen einer
solchen Möglichkeit vorgebeugt wird. Ueber derartige Einrichtungen sollen später
nähere Angaben gemacht werden.
Die Ziehtrommel ist stufenförmig abgesetzt. Wie die Abbildung erkennen läßt, ist der
untere Teil zylindrich gestaltet und der zugehörige Trommelboden vielfach noch mit
einem niedrigen Auffangrand versehen. Die darüber liegende Trommelstufe ist
wesentlich höher, hat aber einen kleineren Durchmesser,
der etwas konisch, d.h. nach oben zu verjüngt verläuft. Von der vorerwähnten
Aussparung im unteren Trommelteil – für den Eintritt der Zange – führt eine Rinne schraubengangartig ansteigend im Mantel nach oben
zur konischen Trommelstufe. Der Uebergang beider Stufen
wird durch eine Hohlkehle vermittelt. In dieser
Uebergangshohlkehle kommt die erwähnte Rinne zum Verlaufen. Der vom Zangenmaul der
Greifzange erfaßte Draht legt sich bei der Drehung der Ziehtrommel zwangsläufig in
diese Steigrinne hinein und wird somit in die Hohlkehle geführt, in der er sich um
die Trommel herum wickelt. Aber nicht nur die erste
Drahtwindung, sondern alle folgenden Windungen legen sich
an dieser Stelle auf die Ziehtrommel auf. Die zum Ziehen
des Drahtes aufzuwendende Kraft geht also von der Hohlkehle der Trommel aus. Der sogen. Ziehklotz wird demnach hauptsächlich
an dieser Auflaufstelle beansprucht. Die Einwirkung kommt aber nicht allein als Druck zur Geltung, sondern tritt in den benachbarten
höher liegenden Drahtwindungen auch als Reibung auf,
indem die darüber liegenden Windungen, die doch auch noch anteilmäßig
derZugspannung ausgesetzt sind, nach oben verschoben
werden müssen. Da diese Verschiebung immer durch den neuauflaufenden Draht bewirkt
werden muß, ist es verständlich, daß die Notwendigkeit besteht, die obere
(Ansammlungs-) Trommelstufe entsprechend konisch
auszuführen. Beim praktischen Betrieb werden also die ursprünglich ersten Drahtwindungen immer höher hinauf bis an den
oberen Trommelrand geschoben. Sie sinken hier aber schließlich teilweise so
ineinander, daß sie einen windungsreichen Drahtring bilden. Der auf diese Weise
angesammelte Draht wird nach dem Durchziehen auch des letzten Drahtendes durch das
Zieheisen – nach Stillsetzen der Ziehtrommel – abgenommen und weiter
verarbeitet.
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Abb. 2. Friktions-Drahtzug (W. Gerhardi, Lüdenscheid).
Der vom Ziehklotz abgezogene Draht ist länger, aber dünner geworden. War er
beispielsweise früher 6 mm dick, so beträgt sein Durchmesser nach dem Ziehen etwa
nur noch 5,4 mm oder weniger. Aber der gezogene Draht weist eine größere Härte auf,
die im allgemeinen um so beträchtlicher ist, je mehr er beim Ziehen verdünnt wurde.
Ob der Draht jetzt ohne weiteres auf einem anderen Ziehklotz abermals dünner gezogen
werden kann, oder ob er ausgeglüht werden muß, damit er wieder seine ursprüngliche Weichheit
erlangt, hängt von dem Grade seiner Härte ab. Auch Draht mit ursprünglich geringer
Festigkeit (Eisendraht im Vergleich zu Stahldraht) ist wie übrigens nach
physikalischen Gesetzen erklärlich, durch den Ziehvorgang hart geworden. Er erlangt also in jedem Falle einen höheren Festigkeitsgrad. Deshalb darf Draht, der nach dem erstmaligen
Ziehen nicht geglüht wurde, beim zweit maligen Ziehen
nicht in dem gleichen Grade dünner gezogen werden. Mindestens müßte man die Ziehgeschwindigkeit entsprechend herabsetzen. Dies ist
indessen nicht zu ermöglichen, weil gewöhnlich eine größere Anzahl Ziehtrommeln in
einem Ziehtisch angeordnet sind (Abb. 3). Wie bereits
ausgeführt, werden aber alle Ziehtrommeln eines Drahtziehtisches von einem
gemeinsamen unter dem Fußboden liegenden Wellenstrang aus angetrieben und laufen
deshalb mit der gleichen Umfangsgeschwindigkeit. Aus den genannten Gründen ist darum
das Ausglühen eine unvermeidliche Maßnahme in der Drahtziehpraxis. Die Kosten dafür
sind als anteilige Herstellungsunkosten ebenso zu berücksichtigen, wie die durch das
weiter noch erforderliche Beizen und Entzundern des Drahtes entstehenden Kosten.
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Abb. 3. Tisch mit 4 Frikt.-Grobzügen (W. Gerhardi, Lüdenscheid).
Das Ausglühen erfolgt in der Weise, daß die Drahtringe in
eiserne Fässer verpackt und diese, mit einem Deckel dicht verschlossen, in einen
besonderen Glühofen eingesetzt werden. Nach dem Glühen
weist der Draht, trotz guten Verschlusses der Einpackfässer, eine dünne Oxydschicht
(Glühspan) auf, die vor dem abermaligen Ziehen des nun weichen Drahtes entfernt
werden muß. Dies geschieht durch Beizen in der Weise, daß
die Drahtringe in große Bottiche gelegt werden, die mit verdünnter Schwefelsäure
gefüllt sind. Nach mehreren Stunden werden die Drahtringe herausgenommen und auf das
äußere Ende von Wippbalken gelegt, deren kurzes Hebelende durch einen Daumen, auf
langsam umlaufender Welle befestigt, periodisch herabgedrückt und dann plötzlich
frei gegeben wird. Das lange Balkenende mit dem aufgelegten Drahtring fällt nun auf
eine harte Bohlen- oder Steinunterlage, was zur Folge hat, daß der Glühspan
absplittert. Neuere Einrichtungen dieser Art arbeiten wirtschaftlicher. – Bei der
Anordnung nach Patent 492056 (Köster) erfolgt das Entzundern des Drahtes dadurch
wesentlich schneller, daß ein zwei armiger Wippbalken in
Anwendung kommt, der an seinen beiden Enden zur Aufnahme
von Drahtringen eingerichtet ist und von seinem Drehpunkt aus in gleichmäßig auf und
ab wippende Bewegung gebracht wird. Bei dieser Vorrichtung kann über die
Aufnahmebügel an beiden Enden des Wippbalkens leicht je ein Drahtring
geworfenund ebenso bequem auch wieder abgenommen werden, ohne daß eine
Betriebsunterbrechung erforderlich ist.
Von der Wichtigkeit, beim Einrücken einer Ziehtrommel die Wirkung des plötzlichen
Ruckes, der den zu ziehenden Draht zum Reißen bringen kann möglichst herabzumindern,
wurde bereits gesprochen. Es kamen früher für diesen Zweck verschiedene Anordnungen
zur Ausführung, die sich im Laufe der Zeit gegenseitig überholten. Heute sind
allgemein sogen. Friktionsdrahtzüge in Gebrauch. Bei der
von der Firma W. Gerhardi, Lüdenscheid, ausgeführten Bauart (Abb. 2) kommt eine im Innern der Ziehtrommel liegende
Reibungskupplung, und als Verbindungsglied zwischen
treibendem und getriebenen Teil eine in Oel arbeitende Schraubenfeder zur
Verwendung. Während des Einrückens mittels des Fußhebels wird das obere Ende dieser
Feder angezogen und dadurch das allmähliche Festziehen aller Federwindungen
herbeigeführt. Als treibender Teil kommt eine geschliffene Hartgußmuffe mit
mehrflächiger Bohrung in Anwendung. Für das Ausrücken während des Arbeitsganges ist
bei dieser Anordnung ein nennenswerter Kraftaufwand nicht erforderlich.
Grobzüge zum Ziehen von Drähten im Durchmesser von etwa
8–5 mm erhalten einen Trommeldurchmesser von 600–570 mm und erfordern zum Antrieb
ungefähr 8 PS bei einer Leistung von etwa 1600 kg gezogenen Drahtes in achtstündiger
Arbeitszeit. – Auf sogen. Mittelzügen wird Draht von
3,5–2 mm Ø gezogen. Den Ziehtrommeln wird hier ein Durchmesser von 500–420 mm
gegeben. Als Betriebskraft sind 4 PS in jedem Falle ausreichend bei einer Leistung
von ungefähr 650 kg gezogenen Drahtes in achtstündiger Arbeitszeit. Für Feinzüge wird ein Ziehtrommeldurchmesser von 350–250 mm
gewählt. Der zu verarbeitende Draht hat eine Dicke von 2–0,8 mm, und an
Betriebskraft sind etwa 1,5 PS erforderlich. In achtstündiger Arbeitszeit kann etwa
240 kg Draht gezogen werden.
Die vorerwähnten Einzeldrahtzüge dienen hauptsächlich zum
Ziehen von dicken Drähten mit etwa 10–15 mm. Sie finden
zumeist in Betrieben Verwendung, die nicht immer Drahtziehereien sind. Derartige
Dickdrahtzüge werden deshalb nicht nur einzeln aufgestellt,
sondern auch einzeln entweder durch Riemen mittels Stufenscheibe oder durch einen
Elektromotor in Verbindung mit Wechselradgetriebe zur Erzielung verschiedener
Geschwindigkeiten angetrieben. Die Ziehtrommel wird meist mit einem Durchmesser von
700, seltener von 650 mm ausgeführt. Bei einer Umlaufszahl von 25–40 minutlich kann
auf einem Einzeldrahtzug – bei geschickter Ausnützung seiner Uebersetzung – in
achtstündiger Arbeitszeit etwa 2000–3000 kg Draht gezogen werden, wobei mit einem
Kraftverbrauch von rund 12 PS für den Antrieb zu rechnen ist.
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Abb. 4. Aut. Drahtricht- und Abschneidemaschine. (Fa. Cari Semper & Co.,
Greiz).
Der Umstand, daß auch der auf Einzeldrahtzügen hergestellte Dickdraht ebenfalls hart
geworden ist, wird hier insofern ausgenützt, als der Draht ohne weiteres von der
Ziehtrommel weg weiter verarbeitet werden kann. Er wird zu diesem Zweck auf
Drahtrichtmaschinen gerade gerichtet und zugleich in kürzere oder längere Enden
geschnitten, damit er zu den verschiedensten Gegenständen wie Spindeln, Bolzen,
Schrauben und dergl. verarbeitet werden kann. – Die Drahtrichtmaschinen sind – insbesondere in der Bauart der Firma Carl
Semper & Co. in Greiz – zugleich selbsttätige Abschneidemaschinen, die den Draht vom Ring aus nicht nur völlig gerade
richten, sondern auch den gerichteten Draht in längere oder kürzere Stücke,
entsprechend der Einstellung, zerschneiden. Die Wirkungsweise der
Drahtrichtmaschinen besteht darin, daß der Draht durch mehrere verstellbare Richtkluppen hindurch gezogen wird. Diese Richtkluppen
sind in einem langgestreckten Kluppengehäuse mit
wagerecht liegender Axe so angebracht, daß sie einzeln von außen her verstellt
werden können. Vor und hinter dem Kluppengehäuse sind Zugwalzenpaare angeordnet, die lediglich für die Zuführung und Abführung
des Drahtes bestimmt sind, während das eigentliche Geraderichten im Kluppengehäuse stattfindet. Für den Arbeitsgang werden
die Richtkluppen mit ihren Richtdüsen so eingestellt, daß der Draht darin schlangenförmig langsam hindurch gezogen wird, sobald die
Maschine in Tätigkeit kommt. Die erwähnten Walzenpaare werden durch Räder
inVerbindung mit einer Gelenkkette in gleichmäßige Drehung versetzt, während
das Kluppengehäuse gewöhnlich von einem Deckenvorgelege aus in schnelle Umdrehung
gebracht wird. (Abb. Nr. 4.) Da die Richtdüsen exzentrisch zur Achse des
Kluppengehäuses eingestellt sind, machen sie zu dieser stets eine Kreisbewegung.
Damit führt aber jeder Punkt des Drahtes eine Schraubenlinie mit großer Steigung aus
und lediglich diese Bewegung ist es, die das
Geraderichten des Drahtes herbeiführt. Der beständig weiter wandernde gerichtete
Draht kommt dann in die Meß- und Abschneidevorrichtung der Maschine (Abb.
5), wo er je nach Erfordern in kurzen Stücken oder in größeren Längen (etwa 1
m) selbsttätig abgeschnitten wird. Genannte Firma baut die Drahtrichtmaschinen in
mehreren Größen. Maschinen in großer Ausführung sind zum
Richten von Drähten im Durchmesser von 9–15 mm und zum Schneiden von Stücken mit
100–50000 mm Lauge bestimmt. Mit dem kleinen Modell
können Drähte im Durchmesser von 0,5–2 mm gerichtet und Längen von 15–1000 mm
geschnitten werden. (Abbildg. 5.)
Textabbildung Bd. 346, S. 149
Abb. 5. Aut. Drahlricht- und Abschneidemaschine. Kleines Modell. (Fa. Carl
Semper & Co., Greiz).
Aber auch Drahtrichtmaschinen für Massenerzeugung werden in
Sonderausführung gebaut. So sind Doppel-Richt- und
Abschneidemaschinen recht vorteilhaft, da sie das Richten und Schneiden von
gleichzeitig zwei Drähten mit 0,8–2 mm Ø in Längen von
20–1000 mm ermöglichen. Als weitere, für hohe Leistung berechnete Sonderbauart mögen
hier die automatischen Drahtricht- und Abschneidemaschinen für Blumendrähte erwähnt sein. Mit diesen Maschinen können gleichzeitig drei
Blumendrähte in Dicken von 0,5 bis 2 mm gerichtet und in Längen bis 6000 mm
geschnitt werden.
Textabbildung Bd. 346, S. 150
Abb. 6. Richt- und Abschneidemaschine für Profil- und Runddrähte (Carl Semper
& Co.).
Von der genannten Firma werden weiter auch noch Drahtricht- und Abschneidemaschinen
gebaut, die sowohl Runddrähte, als auch besonders Profildrähte zu verarbeiten gestatten. (Abb. Nr. 6.) Die Arbeitsweise
solcher Maschinen ist jedoch eine andere als bei den vorbehandelten. Der
Richtvorgang wird hier durch zwei hinter einander gebaute Rollenrichtapparate bewerkstelligt,von welchen der eine wagerecht,
der andere senkrecht auf den Profildraht einwirkt. Die Richtwirkung kommt also
gleichzeitig in zwei senkrecht zu einander liegenden Ebenen zur Geltung. Dei
einzelnen Richtrollen in den beiden Richtkörpern können durch Stellschrauben
unabhängig von einander eingestellt werden. Für den Vorschub kommen statt der Rollen
Zugzangen in Anwendung, die auf hin und her gleitenden, durch Kabelstangen betätigte
Schlitten angeordnet sind.