Titel: | Die ersten elektromagnetischen Entdeckungen und Versuche, an denen Faraday teilnahm. |
Autor: | B. Duschnitz |
Fundstelle: | Band 346, Jahrgang 1931, S. 162 |
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Die ersten elektromagnetischen Entdeckungen und
Versuche, an denen Faraday teilnahm.Im Jahre 1832
(Band 47, Seite 90) wurde im DPJ veröffentlicht: „Ueber einen Versuch, bei
welchem durch eine magneto-elektrische Strömung eine chemische Zersetzung
hervorgebracht wurde.“ Schreiben eines Herrn P. M. an Herrn Mich.
Faraday Esq.Die Schriftleitung.
Von Ingenieur B. Duschnitz.
Die ersten elektromagnetischen Entdeckungen.
Bis in den Oktober hinein feierte England und mit ihm die wissenschaftliche Welt
die 100. Wiederkehr des Tages, an dem der große Physiker Michael Faraday seine
Entdeckung der elektromagnetischen Induktion in sein Tagebuch eintrug, die
Entdeckung der Möglichkeit nämlich, Elektrizität aus Magnetismus zu erzeugen, ohne
die keine Dynamomaschine, kein Elektromotor und Transformator existieren würde.
Ueber die hierauf hinzielenden Versuche und Theorien sind in den Jahren 1832 bis
1850 von Faraday zahlreiche Veröffentlichungen erfolgt, doch wenig bekannt sind die
ersten elektromagnetischen Versuche, an denen Faraday teilnahm, da die
diesbezüglichen Berichte nicht unter seinem Namen erschienen sind. Diese Versuche
fanden 11 Jahre vor der erwähnten Entdeckung statt und bildeten die Grundlage für
das Wissen Faradays über den Elektromagnetismus. Daher sei hierüber im Folgenden an
Hand der Urquellen berichtet.
Die Entdeckung der elektromagnetischen Erscheinung überhaupt stammt von Johann
Christian Oersted, Professor der Physik zu Kopenhagen, und wurde von diesem in einem
am 21. Juli 1820 geschriebenen Briefe, der in mehreren Exemplaren namhaften
Gelehrten zugesandt wurde, offenbart. Eine deutsche Uebersetzung erschien 1820 in
Gilberts Annalen, Band 66, Seite 295 unter „Versuche über die Wirkung des
elektrischen Conflicts auf die Magnetnadel“. In dieser Abhandlung beschrieb
Oersted eingehend, in welcher Weise es gelingt, mit Hilfe einer genügend großen
Voltaischen Batterie die Magnetnadel aus ihrer Ruhelage zum Ausschwingen zu bringen.
Die Wirkung, welche „in dem verbindenden Leiter und um
denselben her vor sich geht“, nannte Oersted „electrischer
Conflict“. Durch die Ablenkung der Magnetnadel hat sich diese Wirkung, die
wir heute Elektromagnetismus nennen, offenbart. Oersteds Bericht hierüber, sein
Brief vom 21. Juli 1820, löste aber das Interesse der Zeitgenossen für die
elektromagnetische Erscheinung in solchem Maße aus, daß man kurz darauf sich
vielerorts anschickte, Oersteds Versuche zu wiederholen.
Die erste öffentlich bekannt gewordene Wiederholung dieser Versuche fand bereits am
19. August 1820 in Genf seitens der Professoren Pictet und De La Rive statt und
unter den Anwesenden befand sich Arago, Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu
Paris. Letzterer berichtete Arago hierüber am 4. September 1820 und erhieltvon
ihr den Auftrag, die Versuche vorzuführen. Das geschah am 11. September und am 18.
September las bereits Ampère eine Abhandlung über die neuen
„galvanisch-magnetischen Erscheinungen“ der Pariser Akademie vor.
Dr. W. H. Wollaston war um jene Zeit Präsident der Royal Society of Sciences, der
Gesellschaft der Wissenschaften in London. Er unterhielt sich mit dem berühmtesten
und genialsten Chemiker jener Zeit, Humphry Davy, über die elektromagnetischen
Entdeckungen Oersteds. Diesem Meinungsaustausch entsprangen nun großzügig angelegte
Versuche, die die Meinungsverschiedenheiten klären sollten und von Davy im
Laboratorium der Royal Institution zu London, deren Ehrenprofessor Davy damals war,
durchgeführt wurden. Es waren dies die ersten elektromagnetischen Versuche, die in
England stattfanden. Ihre Ergebnisse faßte Sir Humphry Davy in einem Briefe
zusammen, den er am 12. November 1820 an Wollaston schrieb und der in den Schriften
der Royal Society zum Abdruck kam (Philosophical Transactions 1821, S. 7–19). Am
Schlüsse dieses Briefes steht folgendes:
„Die in diesem Aufsatz beschriebenen Versuche sind mit den Apparaten der Royal
und der London Institution angestellt worden, und es haben mir bei mehreren
derselben die Herren Pepys, Allen und Stodart, und bei
allen Herr Faraday geholfen. Mit Ausnahme des einzigen, auf den mich
das erwähnte Gespräch mit Dr. Wollaston geführt hat, wurden sie alle im Oktober 1820 ausgeführt; letzterer allein ist aus dem
Anfange des Novembers.“
Nachdem es so feststeht, daß Faraday bereits im Oktober 1820 an elektromagnetischen
Versuchen teilnahm, die der geniale Experimentator Davy leitete, ist es auch
interessant genug, näheres über die Art dieser Versuche zu erfahren, und im
Folgenden sei daher hierüber berichtet.
Zunächst fand eine Wiederholung der Oerstedschen Versuche statt, doch bald ging Davy
über die Entdeckung Oersteds hinaus. Bei der Wiederholung mit einem Voltaschen
Apparat, der aus 100 vierzölligen Plattenpaaren bestand, fand nämlich Davy, daß als
der Apparat so stand, daß sein positives Ende rechter Hand war, der Platindraht,welcher zum
Schließen der Batterie diente, den Südpol einer gewöhnlichen auf einer Spitze
schwebenden Magnetnadel, unter den er gebracht wurde, stark anzog und mit sich in
veränderter Richtung der Nadel in Berührung erhielt. Dies erklärte Davy damit, daß
der Platindraht selbst magnetisch sei, solange die Elektrizität der Voltabatterie
ihn durchfließt. Um die Richtigkeit dieser Vermutung festzustellen, schüttete Davy
Eisenfeilicht auf ein Papier und brachte es in die Nähe des Schließungsdrahtes. Der Platindraht zog die Eisenfeilspäne an und hielt sie in
einer solchen Menge fest, daß sie rund um ihn eine Hülle bildeten, welche 10-
bis 12mal dicker als der Draht selbst war. Sobald aber der
Batteriestromkreis unterbrochen wurde, fielen die Eisenfeilspäne augenblicklich
herunter, was Davy als Beweis dafür ansah, daß die magnetische Wirkung gänzlich auf
dem Durchströmen der Elektrizität durch den Draht beruhte. Der Platindraht war
ungefähr 1/20 Zoll
dick und 7 bis 8 Fuß lang und in seiner ganzen Ausdehnung zog er die Späne an,
sobald mit ihm die Batteriepole verbunden wurden. Auch Drähte, durch welche einzelne
Elemente der Batterie geschlossen wurden, zogen die Späne an und wirkten auf die
Magnetnadel an jeder Stelle des Schließungskreises. Nunmehr vermutete Davy, daß ein
stromdurchflossener Draht, der solche magnetischen Wirkungen hervorbrachte, auch
fähig sein müsse, den Stahl dauernd zu magnetisieren. Er befestigte daher an einen
11 Zoll langen und 1/30 Zoll dicken Silberdraht mittelst feinen Silberdrahts Stahlnadeln in
verschiedenen Richtungen, einige dem Draht parallel, andere mehr oder weniger in die
Quere und teils über teils unter demselben, brachte den langen Silberdraht in den
Schließungskreis einer Batterie von 30 Paar Platten, jede 9 Zoll lang und 5 Zoll
breit, und untersuchte nun mittelst Eisenfeilicht, ob die Stahlnadeln magnetisch
waren oder nicht. Sie waren es alle. Die mit dem Draht
parallelen Nadeln zogen die Späne ebenso an als der Silberdraht, alle Nadeln aber, welche am Silberdraht quer saßen, zeigten
zwei Pole; und als sie Davy mittelst empfindlicher Magnetnadeln
untersuchte, fand er, daß als das Plusende der Batterie in Osten stand, der Nordpol
in allen unter dem Drahte in Querrichtungen befestigten Nadeln an der Südseite, in
allen über dem Drahte befestigten Quernadeln dagegen an der Nordseite des Drahtes
lag, und dies war immer der Fall, unter welchem Winkel auch die Nadeln gegen den
Horizont geneigt sein mochten. Nach Unterbrechung des
Stromkreises behielten alle Nadeln, welche in Querrichtungen am Silberdraht
befestigt waren, ihren Magnetismus ungeschwächt, während die parallel an ihm
befestigten Nadeln den Magnetismus ebenso schnell als der Silberdraht selbst
wieder verloren.
Bei der darauffolgenden Versuchsreihe befestigte Davy kleine Drahtstücke aus Platin,
Silber, Zinn, Eisen und Stahl in Querrichtungen aneinem Platindraht und brachte
diesen in die Schließungskette derselben Batterie. An den Stahl- und an den
Eisendrähten zeigten sich unmittelbar Pole wie bei den obigen Versuchen, nicht aber an den anderen Drähten; sie wirkten bloß als
Teile des Schließungskreises. Der Stahl behielt nach
Stromunterbrechung seinen Magnetismus ungeschwächt, der Eisendraht verlor aber
unmittelbar einen Teil seiner Kraft und in sehr kurzer Zeit seine ganze
Polarität.
In der Folge kam es Davy darauf an, festzustellen, ob der Erdmagnetismus irgendeinen
Einfluß auf die elektromagnetischen Wirkungen des die Voltabatterie schließenden
Drahtes ausübt. Zu diesem Zwecke wurde die Voltabatterie im Verlauf der
diesbezüglichen Versuchsreihe samt Schließungsdraht nach verschiedenen
Himmelsrichtungen gedreht und so festgestellt, daß die
elektromagnetischen Wirkungen stets dieselben blieben und ein erdmagnetischer
Einfluß nicht wahrnehmbar ist.
Sodann wurde festgestellt, daß es bei den vorstehenden Versuchen nicht nötig war, daß
die Stahlnadeln den Schließungsdraht berühren; vielmehr
trat die Wirkung augenblicklich auch dann ein, wenn die Nadeln sich bloß nahe bei
dem Drahte in Querrichtungen befanden, selbst Wenn sie durch dicke Glasplatten von
demselben getrennt sind. Eine Nadel, die Davy nur einen Augenblick in einer
Querrichtung an den Draht hielt, zeigte sich ebenso stark magnetisiert als eine
andere, die mit dem Drahte in einer solchen Richtung lange in Berührung stand.
Als Silberdraht von 1/20 und von 1/50 Zoll Dicke in verschiedene Teile des Schließungskreises gebracht wurde
und über demselben auf einer Glasplatte Eisenfeilicht in schüttelnde Bewegung
versetzt wurde, beobachtete Davy, daß sich die Eisenteilchen
in gerade Linien reihten, die sämtlich die Achse des Silberdrahts rechtwinklig
durchkreuzten, und diese Wirkung wurde, obgleich schwach, doch noch in
einem Abstande von ¼ Zoll über dem dünneren Drahte wahrgenommen. An jeder Seite des Drahtes hatten die Linien, in welche das
Eisenfeilicht sich reihte, nahezu dieselbe Länge. Auf Grund dieser
Feststellung und weiterer systematisch durchgeführter Versuche, bei denen teils
Tauchbatterien, teils in Serien- und Gruppenparallelschaltung angewandte
Voltatrogbatterien zur Erziehung variabler Stromstärken angewandt wurden, gelangte
Davy zu folgendem wichtigen Lehrsatz: „Die Wirkung ist
proportional der Menge der durch einen gegebenen Raum strömenden
Elektrizität, ohne daß die Art des Metalles, durchwelche sie hindurchgeht,
darauf irgendeinen Einfluß hat. Je dünner die Drähte sind, desto stärker ist
also ihr Magnetismus.“
Nunmehr folgte eine Versuchsreihe, mit deren Hilfe Davy Aufschluß über den
Einfluß der Stromwärme auf die elektromagnetische Wirkung gewinnen wollte. Bei einem
dieser Versuche wurden 12 Voltabatterien, jede aus 10 Zinkplatten und 20
Kupferplatten bestehend, zu drei parallel geschalteten Batterien vereinigt, die
mittels eines dünnen Platindrahtes kurzgeschlossen wurden. Der Draht glühte so
heftig, daß er nahe am Schmelzen war und zeigte dennoch die stärksten
magnetisierenden Wirkungen; er zog nicht nur große Massen von Eisenfeilicht, sondern
selbst kleine Stahlnadeln aus einer bedeutenden Entfernung an. Aus dieser
Versuchsreihe schloß Davy folgendes: „Der durch Voltaische
Elektrizität hervorgebrachte Magnetismus scheint, wenn der Draht, den sie
durchströmt, derselbe bleibt, genau im gleichen Verhältnisse wie die Hitze
zu wachsen; und es werde die Hitze des Drahts auch noch so groß, so schadet
sie der magnetischen Kraft nicht.“ Dies folgt ja aus obigem
Lehrsatz.
In der Folge wurden die obigen Versuche mit Reibungselektrizität wiederholt und es
wurde gefunden, daß die Reibungselektrisiermaschinen, selbst die mächtigsten, keine
merkbaren magnetischen Wirkungen hervorzurufen vermögen. Wenn aber die von ihnen
gelieferte Reibungselektrizität auf Leydner Batterien geladen wird, so konnte Davy
an Hand zahlreicher Versuche feststellen, „daß immer
Magnetismus entsteht, wenn verdichtete Elektrizität durch den Raum
hindurchgeht.“ Als „Raum“ benutzte hierbei Davy teils Luft,
teils Schwefelsäure in einer Glasröhre, teils Metalldrähte als Leiter der
aufgespeicherten, zur plötzlichen Entladung gelangten statischen Elektrizität und
die Wirkungen prüfte er an Stahlnadeln und Stahlstäben, die den Entladungsschlag
durchquerten oder mit ihm die gleiche Richtung hatten. So erzeugte z.B. eine stark
geladene Leydner Batterie von 17 Quadratfuß Belegung, wenn sie durch einen
Silberdraht von 1/20 Zoll Dicke entladen wurde, einen so mächtigen Magnetismus, daß er
hinreichte, 2 Zoll lange und 1/20 bis 1/10 Zoll dicke Stahlstäbe so stark magnetisch zu
machen, daß sie kleine Drahtstücke oder Nadeln anzogen, und daß diese Wirkung bis in
Entfernungen von 5 Zoll über, unter und neben dem Silberdrahte, durch Wasser oder
dicke Glasplatten oder isoliertes Metall hindurch hervorgebracht wurde.
Bei Beschreibung der sodann folgenden Versuche zog Davy zunächst die folgende
Parallele: „Läßt man einen Magnet auf Stahlfeilicht
wirken, so reiht es sich aneinander in krummen Linien um die Pole, divergiert
aber in geraden Linien und bildet in seinem Aneinanderhängen gerade Linien,
welche sich wie kleine Aehren häufen. Dagegen gestalten sich diese Späne um den
Schließungsdraht eines Voltaschen Kreises zu einer rund um den Draht
kohärierenden Masse, welche ohne die störende Einwirkung der Schwere
wahrscheinlich vollkommenzylindrisch sein würde.“ Hieran schließen sich tiefgehende
Ueberlegungen Davys, die sich mit einer dahingehenden Aeußerung Dr. Wollastons
befassen, daß, wenn man eine Art von Umherkreisen des Magnetismus rund um die Achse
des stromdurchflossenen Drahtes in einer Richtung annimmt, welche von der Lage der
positiven und negativen Seite der Batterie abhängt, man für die Entstehung und
Verteilung der magnetischen Pole längs des Stromleiters eine Erklärung finden
könnte. Zahlreiche sinnreich durchdachte Versuche Davys, bei denen Stahlnadeln auf
Pappscheiben und -Zylindern in vielen Variationen befestigt und um den Stromleiter
gebracht durch Entladungsschläge magnetisiert wurden, dienten zur Klärung der
Wollastonschen Theorie, und es ist bekannt, daß es Faraday im folgenden Jahre, 1821,
gelang, die Rotation eines beweglichen Poles um einen festen Stromleiter zu zeigen,
was als Fortsetzung der eben erwähnten Versuche Davys anzusehen ist, über deren
wichtigsten Davy wie folgt berichtete: „Als ich die Stahlnadeln um einen Zylinder
aus Pappe so gestellt hatte, daß sie die Drahtachse quer durchschnitten, und
nach dem Entladen der Batterie einen Pinselstrich in der Richtung der Pole zog,
bildete er eine Spirale.“
Im weiteren Verlauf der Versuche wurden parallel laufende
Stromleiter angewandt. So wurden z.B. vier dünne Platindrähte in den Kreis
einer mächtigen Voltabatterie parallel gestellt zwischengeschaltet und die Tatsache,
daß sich die Stahlspäne, die sich an den entgegengesetzten Enden der Drähte
angehängt hatten, einander anzogen, wurde von Davy als Beweis dafür angesehen, daß:
sich diese Enden in entgegengesetzten magnetischen Zuständen befanden. Daraufhin
stellte Davy zwei Voltabatterien so, daß ihre beiden
elektrischen Enden nahe beieinander und ihre beiden Schließungsdrähte einander
parallel waren, um festzustellen, ob sich, wie er dies vermutete, an den einander
zugewandten Seiten beider Drähte Abstoßung äußere. In der Tat stießen sich
Eisenspäne, welche an zwei solchen Platindrähten hingen, einander stark ab, indes
sie sich stark anzogen, wenn man dadurch daß man die eine Batterie halb herumdrehte,
ihre gleichpoligen Enden aneinander brachte. Noch stärker als in Eisenfeilicht
äußerte sich diese Anziehung und Abstoßung in dünnen Stahldrähten, die sich an den
Schließungsdrähten angehängt hatten.
Nun sagte sich Davy, daß wenn stromdurchflossene Leiter magnetisch werden und die
Magnetnadel in Bewegung zu setzen vermögen, so müßten solche
Leiter auch von einem Magneten in Bewegung zu setzen sein. Um dies
festzustellen, legte Davy einzelne Platin-, Silber- und Kupferdrahtstückchen auf
zwei parallele Messerschneiden aus Platin, die er mit den Polen einer starken
Voltabatterie verband. Den einzelnen Drahtstückchen näherte er einen Magnet und
dieser bewirkte, daß sie sämtlich längs der Schneiden auf
denselben hinrollten, und
zwar je nach Stromrichtung angezogen oder abgestoßen
wurden. Auf die Schneiden aufgelegte Goldblättchen näherten sich dem
Nordpol eines kräftigen Magnets und entfernten sich von dem Südpol desselben.
Durch weitere Versuchsreihen versuchte Davy chemische Wirkungen durch den
Elektromagnetismus hervorzurufen sowie den Einfluß des Erdmagnetismus auf
stromdurchflossene Drähte zu prüfen, doch beides ohne Erfolg. Ferner wurde im
Verlauf dieser Versuche, an denen Faraday teilnahm, auch der Einfluß eines Magnets
auf den Flammenbogen untersucht, doch gelang dessen Ablenkung erst 1821. Als
praktisches Ergebnis der vorstehend geschilderten Versuche schlug Davy vor, kräftige permanente Magnete dadurch zu erhalten, daß man an
Blitzableitern Stahlstangen quer festbindet oder um die Ableiterstange
bogenförmige Stahlstöcke befestigt, die, bei Blitzentladung zu Hufeisenmagneten
werden sollten. Er weist hierbei auf ältere Schriften der Royal Society
hin, die über einen Fall berichteten, wo der Blitz durch eine Schachtel mit Messern
ging, die dadurch zu starken Magneten wurden. Schließlich warf Davy in dem Briefe an
Wollaston die folgenden, sehr bemerkenswerten Fragen auf:
„Ob nicht der ganze Magnetismus der Erde bloß von ihrer Elektrizität herrühre,
und ob nicht die Veränderungen der magnetischen Abweichung auf den Veränderungen
beruhen, welche in den elektrischen Strömen der Erde durch die Bewegungen des
Erdkörpers, durch chemische Veränderungen im Innern desselben, und durch dessen
Beziehungen zur Sonnenwärme hervorgebracht werden? Und sollte nicht auch zufolge
dieser neuen Tatsachen das Nordlicht bloß elektrischer Natur sein? Soviel
ist wenigstens in die Augen fallend, daß wenn man starke elektrische Ströme der
täglichen Bewegung der Sonne folgend denkt, der Magnetismus der Erde gerade so
beschaffen sein müßte, als wir ihn finden.“
Kein Wunder daher, daß ein Genie, das in vorstehend geschilderter Weise folgerichtig
zu denken und systematisch zu experimentieren vermochte, in Faraday im Verlauf eines
vollen Jahrzehnts den Keim säte, aus dem dessen Größe und die heutige Elektrotechnik
erwuchs.
Am 24. November 1820 kam das Septemberheft der „Annales de Chimie“ aus Paris
nach London mit einer Abhandlung Ampère's über das Solenoid. Sogleich ging Davy mit
seinen Assistenten daran, Ampère's Theorien experimentell nachzuprüfen, die dahin
gingen, daß Elektrizität und Magnetismus identisch seien, was Davy bezweifelte.
Seine Zweifel stützte er auf die durch zahlreiche Versuche gefundenen Tatsachen, daß
ein in einer Glasröhre befindlicher Stahlstab durch einen Entladungsschlag stark
magnetisch wird, wenn die Leydner Batterie mittels eines die Röhre schraubenförmig
umwindenden Drahtes entladen wird; daß ferner ein Stahlstab noch in 14 Zoll Abstand
von einem Drahte magnetisch wird, durch den eine 70 Quadratfuß große geladene
Oberfläche entladen wird; und daß schließlich „dieses Magnetisieren in der Ferne mittelst Elektrizität durch Luft,
Wasser, Glas, Glimmer und durch Metalle hindurch, also durch Leiter und
Nichtleiter, mit gleicher Leichtigkeit vor sich geht.“
Damit hätten wir auch die letzten derjenigen elektromagnetischen Versuche und
Entdeckungen erwähnt, aus denen Faraday die ersten Anregungen zu seiner späteren
grundlegenden Arbeit schöpfte. Doch vermögen die vorstehenden Ausführungen auch
heute noch vielen Lesern gute Anregungen zu geben.