Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 4, Jahrgang 1821, Nr. XXX., S. 253 |
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XXX.
Miszellen.
Miszellen.
Mittel gegen den Rausch.
Wir lesen in mehreren Journalen (Journal de Medicine. Nov. 1820. und Giornale di
Fisica l. c. p. 469.) ein Mittel des Hr. Girard
gegen den Rausch, welches aus sechs Tropfen Ammonium in einer halben Tasse
Zuker-Wasser, oder drei bis vier Loͤffel voll einer Mischung von
zwanzig Tropfen fluͤchtigen AlkaliDer
Rausch scheint chemisch betrachtet eine Art Phosphoreszenz zu seyn; und da
der Stikstoff das Verbrennen der entzuͤndlichen Stoffe erschwert, so
ist das Ammonium allerdings das Mittel um den Rausch oder den
Entzuͤndungsprozeß aufzuheben. Haͤnel sagt im dritten
Baͤndchen seiner chemisch technischen Abhandlungen S. 55: daß das
Selbstverbrennen lebender, ausgetrokneter Menschen, welche viele geistige
Getraͤnke zu sich nehmen, ein wahrhaft phosphorischer Prozeß seyn
koͤnne, der in Zerlegung der geistigen Fluͤssigkeit durch
Wasserbildung (als hoͤchstes Beduͤrfnis der Natur) und dadurch
veranlaßte Desoxydation des Stick- u. Kolenstoffes, erregt durch
thierische Elektrizitaͤt, besteht, welche Stoffe sich sofort auf
Kosten des Lebens wieder oxydiren, und den thierischen Organismus
zerstoͤren. Ein beachtenswerther Vorwurf der thierischen Chemie.
D. in einer Tasse Wassers besteht. Dieses Mittel soll
augenbliklich wirken. Wir halten es fuͤr unsere Pflicht gegen dieses Mittel
zu warnen, indem es auch dann noch, wenn es durchaus unschaͤdlich
waͤre, hoͤchst verderblich werden muͤßte, da es
hoͤchstens dazu dienen koͤnnte, die Leute noch mehr zu
verfuͤhren sich zu betrinken, und so des physischen und moralischen Elendes
noch mehr zu machen auf dieser besten Welt. Wir wissen ein weit sicheres und weit
kraͤftigeres Mittel gegen den Rausch, welches der beruͤhmte Benjamin
Franklin, der in seiner Jugend in Gefahr war, ein
Trunkenbold zu werden, an sich selbst probat gefunden hat. Dieses Mittel heißt:
„Trinke nie so viel, daß du irgend Beschwerde davon im Kopfe
fuͤhlst; trinke eingedenk deiner Menschenwuͤrde, und
schaͤme dich wuͤster als ein Schwein zu werden und dich zu
belaufen!“
Kantharidin.
Aus einer Reihe von Versuche welchen Dr. J. Fremann Dana
(vergl. Siliman's American Journal of science et Arts, Vol.
II. p. 137) anstellte, erhellt, daß die Lytta
vittata oder gemeine Erdaͤpfel-Fliege in Nordamerika eben so
wie die Lytta vesicatoria (Meloë vesicatoria Linn.) eine Menge Kantharidin enthaͤlt,
und noch staͤrker wirkt als diese spanische Fliege. – (Waͤr es
nicht moͤglich, dieses Insekt aus Amerika zu uns nach Europa zu verpflanzen,
da auch wir das Futter fuͤr dasselbe, Erdaͤpfel, bei uns besizen? Ist
es aber den Erdaͤpfeln nicht vielleicht nachtheilig. A. d. Uebers.) Aus Thom. Thomson'sAnnals of
Philosophy
November 1820. N. 95. S. 393. (Das Verfahren um das Kantharidin (den
blasenziehenden Stoff, welcher aus kristallinischen Blaͤttchen besteht) in
der Lytta vittata zu ziehen, findet man in Schweiggers
Journal fuͤr Chemie und Physik B. 30. S. 247 uͤbersezt. D.)
Laccin.
Ich habe diesen Namen einer besondern Substanz gegeben, welch vor einigen Jahren von
Dr. John als einer der Bestandtheile des
Stangenlacks beschrieben wurde, und ich habe bisher keine Nachricht hieruͤber
in englischer Sprache gefunden. Man erhaͤlt dieses Laccin durch wiederholte
Digestion des Stangenlakes in Alkohol und Wasser, bis nichts mehr davon ausgezogen
werden kann. Das was uͤbrig bleibt, ist das Laccin. Es besizt folgende
Eigenschaften:
Es ist hart und bruͤchig, gelb von Farbe und besizt einen gewissen Grad von
Durchscheinbarkeit. In kaltem Wasser ist es unaufloͤsbar, in heißem Wasser
aber wird es, obschon es sich nicht aufloͤset, weich. In kaltem Alkohol
erweicht es sich, nimmt an Umfang zu, und fuͤhlt sich endlich
schluͤpfrig an. Auch heißer Alkohol vermag es nicht aufzuloͤsen. In
Aether und in wesentlichen Oelen schwillt es ein wenig auf, und wird beinahe
durchscheinend, loͤst sich aber nicht auf. In Pottaschenlauge loͤset
es sich sehr leicht auf, und die Aufloͤsung hat eine lichtbraune Farbe.
Salzsaͤure macht die Aufloͤsung milchicht, und das Laccin schlagt sich
langsam nieder. Konzentrirte Schwefelsaͤure loͤst es sehr schnell auf;
die Aufloͤsung hat eine Amethystfarbe, und wird, wenn man Wasser zugießt,
truͤbe und wolkig. Wenn man es lang mit Wasser kocht, welches 1/16 bis 1/8
seines Gewichtes enthaͤlt, so wird nur ein kleiner Theil davon
aufgeloͤset. Und diesen Theil erhaͤlt man in dem Zustande eines
gelblichen Gummi, wenn die Saͤure durch Kalk abgeschieden und die
Aufloͤsung abgeraucht wird. Diese Eigenschaft unterscheidet das Laccin leicht
vom Cerasin. Konzentrirte Salpetersaͤure loͤset es mit
Beihuͤlfe der Waͤrme langsam auf. Die Aufloͤsung ist klar, gelb
von Farbe und ohne bitteren Geschmack. Allmaͤhlig sezt sie einige Kristalle
von Sauerkleesaͤure ab. Verduͤnnte Salpetersaͤure wirkt weder
kalt noch warm auf dasselbe.
Das Laccin verbreitet, wenn es erhizt wird, einen aromatischen Geruch, und wird
weich. Es schmilzt nicht, sondern wird allmaͤhlig verkohlt. Wenn man es
destillirt, so erhaͤlt man Wasser, eine Saͤure die, mit Soda
gesaͤttigt, salzsaures Eisen weiß niederschlaͤgt, und gelb und braunes
Oel. Kein Ammonium laͤßt sich in der Produktion der Destillation entdecken.
(Vergleiche John's chemische Untersuchungen. IV. 12.) Ebendaselbst S. 392.
Beitrag zur naͤheren Kenntniß der Hefen.
Die Chemiker waren bisher noch nicht im Stande sich uͤber die chemische
Beschaffenheit der Hefen zu verstaͤndigen, und konnten noch nicht zu einem
bestimmten Schlusse uͤber jenen Theil in dem sehr zusammengesezten
Koͤrper, den man Hefen nennt, gelangen, welcher eigentlich als
Gaͤhrungsmittel wirkt. Kirchoff's Versuche scheinen wirklich zu dem Schlusse
zu leiten, daß die Hefen ihre Wirkung der wechselseitigen Einwirkung des Gluten und
der Staͤrke auf einander verdankt, und daß diese beiden Koͤrper in der
Hefen (wahrscheinlich in irgend einem besonderen Zustande) vorhanden seyn
muͤssen, ehe sie Gaͤhrung zu erzeugen vermag. Daß reiner Gluten allein
nicht als Gaͤhrungsmittel wirkt, war lang bekannt, und jeder kann sich leicht
uͤberzeugen, daß Gluten einen sehr bedeutenden Theil in dem gemeinen Porter
Hefen bildet. Man pflegte seit einigen Jahren Porter Hefen zu trocknen, und in diesem Zustande nach
Westindien und wahrscheinlich auch nach anderen Plaͤzen zu verfuͤhren,
wo man dieselbe mittelst Wassers auf ihren urspruͤnglichen Zustand, oder
wenigstens soviel moͤglich auf denselben zuruͤckfuͤhrt, und
dann als Gaͤhrungsmittel anwendet. Wenn Hefen getrocknet wird, so bekommt sie
den Geruch, und zum Theile auch den Geschmack von Kaͤse; nun ist es aber eine
charakteristische Eigenschaft des Gluten, daß er durch fortschreitende
Gaͤhrung in Kaͤse verwandelt wird. Es ist daher klar, daß Hefen,
insoferne sie diese Veraͤnderung auf eine auch fuͤr den sorglosesten
Beobachter hinlaͤnglich fuͤhlbare Weise erleidet, eine Menge Glutens
enthalten muͤsse. (Ebendaselbst.)
Wirkung der Chlorine (oxidirte Salzsaͤure) auf gewisse Insekten, von Herrn Hieronymus Ferrari. Frei uͤbersezt aus dem Giornale di Fisica l. c. p. 468.
Bei dem Glauben einiger, uͤbrigens angesehener Maͤnner, daß Ansteckung
durch eine Atmosphaͤre von Infusionsthierchen statt habe, und bei der
erwiesenen Wirkung der Chlorine gegen Ansteckung, beschloß Hr. Hierom. Ferrarie, erster Pharmaceut im Hospitale von Vigevano,
die Wirkung der Chlorine auf einige Infusionsthierchen zu versuchen. Er
waͤhlte hierzu die Essig-Aelchen, und verband in dieser Hinsicht einen
halben Maaßtheil Chlorine mit drei ganzen Maaßtheilen Essig, die Mischung etwas
schuͤttelnd, damit das Chloringas von dem Essige desto leichter verschlukt
werden koͤnne. Ein Theil dieses Gases ward wirklich von dem Essige
verschluckt, und man sah noch Essig-Aelchen in demselben, aber in weit
geringerer Menge. Als er aber einen ganzen Maaßtheil Chlorine mit drei ganzen
Maaßtheilen Essig verband, kamen nur aͤußerst wenige Infusionsthierchen mehr
zum Vorscheine, und bei gleichen Theilen ward der Essig entfaͤrbt und keine
Spur mehr von Infusionsthierchen zu sehen.
Er versuchte hierauf die Wirkung der Chlorine auf jene Insekten, welche man
gewoͤhnlich als Staub auf der Rinde alter Kaͤse findet. Er nahm ein
Stuͤck solcher Kaͤse-Rinde, auf welcher, wie man mit einem
Vergroͤßerungsglase sehen konnte, eine unzaͤhlige Menge solcher
Insekten sich befand, und brachte sie in eine Luft, welche aus einem halben Theile
Chlorine und aus drei Theilen gemeiner atmosphaͤrischer Luft bestand. Nach
einer viertel Stunde bewegten sich diese Insekten (acarus
casei) noch beinahe wie zuvor. Ein anderes Stuͤck Rinde wurde in
eine Luft gebracht, welche aus einem Theile Chlorine und drei Theilen gemeiner Luft
bestand, und kaum bemerkt man noch, daß ein oder das andere Insekt sich auf den
bereits getoͤdteten bewegte. In einer Mischung von gleichen Theilen Chlorine
und atmosphaͤrischer Luft sah man aber auch nicht ein einziges Insekt sich
mehr bewegenDieses Mittel,
Insekten zu zerstoͤren duͤrste nur in den wenigsten
Faͤllen Anwendbarkeit finden, indem es den Thieren und Pflanzen, auf
welchen diese Insekten laufen, eben so nachtheilig ist, als den Insekten
selbst. A. d. Uebers..
Mittel, Leinwand unverbrennlich zu machen.
Herr Gay-Lussac fand, daß die Leinwand in eine
Aufloͤsung von phosphorsaurem Ammonium getaucht und hierauf getroknet
unverbrennlich wird: dieses Salz schmilzt naͤmlich im Feuer; das Ammonium
entwikelt sich, und um
jeden Faden bildet sich eine Art von Firniß von Phosphor-Saͤure,
welcher denselben trefflich vor dem Verbrennen schuͤzt. Diese Erfindung
laͤßt sich sehr gut bei Theater-Dekorationen u. d. gl. anwenden (Aus
dem Giornale di Fisica l. c. p. 469.)
Von Baaders neue Dampf- und Dreschmaschine.
Das Wochenblatt des landwirthschaftlichen Vereins in Baiern vom 6. dieses Monats
Februar zeigt vorlaͤufig die Erfindung einer neuen Dampfmaschine von Hr.
Oberst-Bergrath R. von Baader an, welche auf dessen Einladung von einer aus
sechs Mitgliedern des General-Comité hierzu ernannten Kommission vom
7. Jaͤnner dieses Jahres untersucht worden ist. Die Kommission bezeugt durch
ihre Unterschriften, „daß sie sich von der einfachen und wohlfeilen
Konstruktion dieser Maschine, so wie von ihrer vortheilhaften Wirkung
uͤberzeugt habe, und sie glaubt daher, daß die Anwendung derselben in
unserm Vaterlande, welches an Holz, Torf und Steinkohlen einen so
betraͤchtlichen, groͤßtentheils noch unbenuͤzten Reichthum
von Brennmaterialien besizt, von den wichtigsten und wohlthaͤtigsten
Folgen fuͤr den Gewerbfleiß fuͤr Fabriken aller Art, insbesondere
aber fuͤr die Landwirthe werden koͤnne.“
Dem sichern Vernehmen nach ist diese Erfindung, von welcher Hr. von Baader zu
Numphenburg die erste Probe auf seine eigne Kosten, zwar nur im Kleinen, aber doch
mit dem gluͤklichsten Erfolge hergestellt hat, dazu bestimmt, statt der
fuͤr unser Vaterland, besonders auf dem Lande noch immer viel zu kostbaren
und kuͤnstlichen englischen Dampfmaschine, die bewegende Kraft des
Wasserdampfes mittelst eines ganz verschiedenen Apparates, welcher aller Orten von
gemeinen Arbeitern leicht, und mit geringen Kosten hergestellt, und unterhalten
werden kann, zur Hebung des Wassers, und zum Betriebe von Muͤhlen und anderen
Maschinen-Werken aller Art zu benuͤzen. Eine hoͤchst wichtige
Aufgabe, durch deren befriedigende Loͤsung der Erfinder um Staat und
Vaterland, so wie um das Maschinenwesen im allgemeinen sich sehr verdient machen
wird. – In der lezten am 10. Februar gehaltenen Versammlung des
General-Comité legte auch derselbe das Modell einer von ihm
neuerfundenen Dreschmaschine vor, deren aͤußerst einfache, wohlfeile, und
zwekmaͤßige Konstruktion den vollstaͤndigsten Beifall aller Anwesenden
erhielt. Diese Maschine zeichnet sich vor allen bis jezt bekannten Dreschmaschinen
besonders dadurch sehr vortheilhaft aus, daß dieselbe leicht von einem Orte zum
andern gefuͤhrt, auf jeder gewoͤhnlichen Tenne ohne irgend einer
Veraͤnderung an den Scheunen oder Stadeln angebracht, und dabey durch Pferde
oder Ochsen betrieben werden kann. Das General-Comité hat eine
Kommission ernannt, um uͤber diese sehr interessante Erfindung, und
uͤber einen damit im Großen zu veranstaltenden Versuch Bericht zu erstatten.
Es ist sehr erfreulich, daß Hr. von Baader die Muße, welche ihm unlaͤngst
durch Enthebung von seinen eigentlichen Berufsgeschaͤften im
Bergwerks-, Huͤtten und Salinenwesen zu Theil geworden ist, auf eine
so thaͤtige, uneigennuͤzige und zwekmaͤßige Art dazu verwendet,
durch feine vielfach erprobten Kenntnisse und Talente seinem Vaterlande und der Welt
auf einem andern Wege nuͤzlich zu werden. (Eos.)