Titel: | Wasserdichte Kleider. |
Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Miszellen, S. 382 |
Wasserdichte Kleider.
Die HHrn. Rattier und Guibal
haben die Verfertigung wasserdichter Kleider (deren sich auch Hr. Parry auf seiner Nordpol-Expedition bediente) aus
England nach Frankreich eingefuͤhrt. Die Société d'Encouragement beschaͤftigt sich
gegenwaͤrtig mit Versuchen, um zu bestimmen, in wiefern die englische
Methode, zwischen Futter und dem Zeuge, der zum Kleide bestimmt ist, eine
duͤnne Schichte Kautschuk-Aufloͤsung zu bringen, und beide
hierauf durch starkes Pressen zu Einem Zeuge zu
vereinigen, vortheilhaft ist. So viel ist gewiß, daß ein Filtrum aus einem solchen
Stuͤk Zeuge einen ganzen Monat uͤber mit Wasser gefuͤllt blieb,
ohne ein Troͤpfchen durchzulassen.Wenn diese Kleider keinen Tropfen Regen durchlassen, so lassen sie auch
keinen Tropfen Schweiß, kein Atom Hautausduͤnstung durch, und werden
folglich die Hautausduͤnstung unterdruͤken, verdorbene Luft in
der Naͤhe der Haut anhaͤufen, und, wenn nicht andere
Krankheiten, doch wenigstens Hautkrankheiten erzeugen. Ein Mantel oder
Ueberrok von einem solchen wasserdichten Stoffe fuͤr einen
Steuer-Mann auf dem Verdeke, fuͤr Matrosen und Soldaten auf
dem
Posten mag allerdings fuͤr einige Stunden gut seyn; einen solchen
wasserdichten Rok aber z.B. auf Reisen Tag und Nacht auf dem Leibe zu haben,
koͤnnte vielleicht eben so boͤse Folgen haben, als bis auf die
Haut naß zu seyn; er koͤnnte das Kleid der Deianira werden. Es ist
sonderbar, daß wir, ungeachtet unserer hohen Cultur, in mancher Hinsicht
noch weit hinter Voͤlkern zuruͤk sind, die, wie wir wenigstens
glauben, weit hinter uns stehen. Der japanische Bauer ist gewiß 1000 Mal
kluͤger, als der europaͤische Bauer und Buͤrger: er
baut nicht Hanf und Flachs und Baumwolle; er spinnt nicht, sondern er
laͤßt die Seidenraupe spinnen, und webt bloß das, was sie gesponnen
hat, zum Kleide. Seide ist in jeder Hinsicht der beste Kleidungsstoff; er
ist der leichteste und kuͤhlste im Sommer; im Winter,
ausgefuͤttert mit Filoselle oder Seiden-Quatte, der
waͤrmste, und doch wieder der leichteste. Gut gewebt ist er auch der
dauerhafteste. Ist der japanische Bauer nicht kluͤger wie wir?
Koͤnnte nicht auch bei uns jeder Bauer eben so gut in Seide, als in
Zwillich gehen, wenn er sich Seidenraupen ziehen wollte, die bei uns so gut
fortkommen, wie in Japan, weil der Maulbeerbaum bei uns eben so gut gedeiht?
Damit ihm das Naßwerden vom Regen nicht schadet, traͤgt er, wenn er
ausgehen muß, wo Regen droht, eine Rolle von leichtem japanischen, mit
japanischem Firnisse uͤberzogenen, Papiere in seiner Hand, das kein
Wasser durchlaͤßt. Regnet es, so huͤllt er sich in diese Paar
Bogen Firnißpapier von Elefanten-Format, wie ein Venezianer, in
seinen Mantel, und laͤßt, wie die Nuͤrnberger, regnen, da er
nicht naß davon wird. Das Wasser laͤuft von dem gefirnißten Papiere
ab, und ist troken, wenn es abgelegt wird. A. d. U. Die HHrn. Rattier und Guibal
verfertigen auch Kissen
aus Kautschuk, die man aufblasen kann, elastische Matrazen u.s.w. Bulletin d. Scienc. techn. Janv. S. 23.