Titel: | Ueber die Kunst, Glas zu äzen und zu druken (Hyalographie). |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Miszellen, S. 237 |
Ueber die Kunst, Glas zu äzen und zu druken
(Hyalographie).
Es ist bekannt, daß man mittelst der Flußspathsaͤure, weil dieselbe die
Eigenschaft hat die Kieselerde aufzuloͤsen, Glas aͤzen kann. Die
Anwendung dieses Aezmittels ist indessen wegen der uͤberaus nachtheiligen
Einwirkung der genannten Saͤure auf die Gesundheit des Menschen bis jezt fast
unmoͤglich gewesen. Um also die Kunst, Glas zu aͤzen, fuͤr
wissenschaftliche und technische Zweke geeignet zu machen, bedurfte es der Erfindung
eines anderen voͤllig unschaͤdlichen Aezmittels und eines geeigneten
Aezgrundes. Ein junger tuͤchtiger Chemiker Dr.
Bromeis zu Hanau, und nach ihm der ruͤhmlichst
bekannte Professor Dr. Boͤttger in Frankfurt a. M., beide jedoch ganz
selbststaͤndig und ohne die Arbeiten des anderen zu kennen, haben nun ein
solches Aezmittel gefunden und mittelst desselben Glasplatten von beliebiger Dike
geaͤzt und zum Abdruk auf den gewoͤhnlichen bis jezt angewandten
Pressen vorgerichtet. Hr. Professor Boͤttger
machte uͤber diese von den Erfindern Hyalographie (sollte eigentlich
Hyalotypie heißen) genannte Erfindung in einer der lezten Versammlungen des
physikalischen Vereins ausfuͤhrliche Mittheilung und zeigte mehrere
Abdruͤke vor, die in der That, namentlich was die Feinheit des Strichs betrifft,
wenig zu wuͤnschen uͤbrig ließen. Zugleich bezeichnete derselbe die
Vortheile, die mit dieser neuen Erfindung verknuͤpft seyn sollen, von denen
ich nur die folgenden hervorheben will: 4) das Aezmittel ist voͤllig unschaͤdlich, und es entwikeln sich nicht, wie dieß
bei dem Aezmittel der Kupferstecher der Fall ist, Daͤmpfe oder Gasarten,
welche selbst auf den Zustand der Platte nachtheilig einzuwirken pflegen; auch ist
dasselbe von bleibender Staͤrke und dieselbe Menge kann zum Aezen von
mehreren hundert Glasstrichen verwendet. 2) Die Harte des Glases laͤßt weder
ein Abnuzen der Platten noch ein Zuwalzen der Striche zu, sowie denn auch ein Rosten
oder Oxydiren der Platte nicht moͤglich ist. 3) Das Glas gestattet eine
uͤberaus feine und leichte Behandlung, und die Striche stellen sich
vollkommener heraus, als bei einem Aezen in Stahl oder Kupfer. 4) Porzellan und
Krystallwaaren aller Art lassen sich sehr leicht mit farbigen und glaͤnzenden
Verzierungen versehen, indem man die darauf geaͤzten Zeichnungen mit leicht
schmelzbarer Glas- oder Porzellanfarbe einreibt und sodann den Gegenstand der
Einwirkung eines gelinden Feuers aussezt, wodurch die Farbe auf
unvergaͤngliche Weise eingebrannt wird. 5) Nach mehreren in der Naumann'schen lithographischen Anstalt vorgenommenen
Versuchen ist der Glasdruk vermoͤge der außerordentlichen Scharfe und
Reinheit der Abdruͤke ganz vorzuͤglich zum Umdruken auf Stein
geeignet. Vorausgesezt daß, woran ich nicht zweifle, die bis jezt gemachten
Erfahrungen sich auch ferner bestaͤtigen werden, ist mit.
Zuverlaͤssigkeit anzunehmen, daß diese Erfindung fuͤr artistische
sowohl als technische Zweke von großer Bedeutung werden wird, wenn gleich hierbei
nicht außer Acht gelassen werden muß, daß es sich hier lediglich um eine
Vervollkommnung der Aezkunst handelt, indem eine Bearbeitung durch den Grabstichel
auf Glasplatten natuͤrlicherweise unzulaͤssig ist. Die Erfinder
beabsichtigen ihr Verfahren gegen Entrichtung eines sehr maͤßigen Honorars
vollstaͤndig mitzutheilen, sofern sich im Gebiet des Zollvereins mindestens
fuͤnfzig Theilnehmer finden. Warum dieselben nicht darauf ausgehen, sich den
Gewinn ihrer Erfindung durch Einloͤsung von Patenten zu sichern, ist
erklaͤrlich, wenn man bedenkt daß, um sich das Gebiet des Zollvereins zu
sichern. die mit nicht unbedeutenden Kosten verknuͤpfte
Erwirkung eines Erfindungspatentes in jedem Zollvereinsstaat erforderlich seyn
wuͤrde. So dankenswerth nun auch dasjenige ist, was in Beziehung auf
die Patentgesezgebung zwischen den Zollvereinsstaaten vereinbart worden ist, so wird
doch eine wirksame Belebung des Erfindungsgeistes vermittelst des Patentschuzes in
diesen Staaten erst dann zu erwarten seyn, wenn jener Mißstand, die Nothwendigkeit,
in jedem einzelnen Vereinsstaat um Ertheilung eines Patentes nachsuchen zu
muͤssen, beseitigt seyn wird. (Allg. Ztg.)