Titel: | Wothly's photographische Porträts in natürlicher Größe. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Miszellen, S. 238 |
Wothly's
photographische Porträts in natürlicher Größe.
Der französischen Akademie der Wissenschaften wurden mehrere photographische Porträts
in beiläufig der natürlichen Größe vorgelegt als Proben eines neuen, von Hrn.
Wothly in Aachen (Preußen) ermittelten Verfahrens um auf
Collodium erhaltene Bilder beim Sonnenlicht oder beim elektrischen Licht zu
vergrößern. Derselbe sagt in dem Begleitschreiben:
„Ich bin zu unerwarteten Resultaten gelangt mittelst Verfahrungsarten,
welche in ihrer Verbindung fast eine neue Kunst bilden. Eine dem Heliostat
analoge optische Anordnung gibt mir einen großen Bündel von genau parallelen
Strahlen, welcher durch das, auf einer mit Collodium überzogenen Halbplatte
erhaltene Negativ geht, das positiv gewordene Bild mit sich nimmt, und sich zu
einem ungeheuren Kegel von divergirenden Strahlen ausspannt, die das Bild auf
einem empfindlich gemachten Blatt Maschinenpapier fixiren. Die Intensität dieser
Strahlen ist groß genug, daß das Positiv, wenn man beim Sonnenlicht operirt, in
fünfzehn bis zwanzig Minuten fertig wird; ihre Vertheilung ist so regelmäßig,
daß der Abdruck an den äußersten Rändern ebenso scharf wie in der Mitte ist,
selbst wenn das Bild 2,6 Met. (8 Fuß) Höhe und 1,5 Met. (4 Fuß 7 Zoll) Breite
hat. Um die Exposition auf eine so kurze Zeit zu beschränken, mußte ich neue
Combinationen von empfindlich machenden Agentien anwenden. Um die Operationen
des Waschens, der Schönung des Tones und des Fixirens mit so schwer zu
handhabenden Blättern auszuführen, konnte ich die Cuvetten nicht anwenden,
sondern mußte zu eben so rasch ausführbaren als wirksamen Kunstgriffen meine
Zuflucht nehmen. Meine Porträte in halber und ganzer natürlicher Größe haben
einen eigenthümlichen Charakter, in Folge dessen man sie mit großem Vergnügen
betrachtet; sie ähneln mehr als die gewöhnlichen Photographien einer mit der
größten Geschicklichkeit ausgeführten Kreidezeichnung, so harmonisch und
verflossen sind die Tinten; ich bemerke noch, daß sie am Licht fast
unveränderlich sind, weil mein Fixirverfahren sie gegen jede SchwefelungSchwefelnng schützt.“ (Comptes rendus,
October 1860, Nr. 15.)