Titel: | Anwendung der Ketten-Dampfschleppschifffahrt in Deutschland. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Miszellen, S. 486 |
Anwendung der Ketten-Dampfschleppschifffahrt in
Deutschland.
Am 28. August d. Is. fand auf der Elbe zwischen der Neustadt und Buckau eine Probefahrt mit dem Kettendampfer statt, zu welcher sich
die Spitzen der Civil- und Militärbehörden und andere, von der vereinigten
Hamburg-Magdeburger Dampfschifffahrts-Compagnie eingeladene Gäste
eingefunden hatten. Ueber das System der neuen Betriebsart haben wir wiederholt
Mittheilung gemacht.Polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 312,
Bd. CLXXIII S. 311, Bd. CLXXVIII S. 410. Die in der Elbe liegende, an ihren Endpunkten stark verankerte Kette, an
welcher sich der Dampfer entlang zieht, ist 3/4 Meilen lang und wiegt 1400 Ctr. (7
1/2 Pfd. per Fuß); die Maschine, welche die beiden
Trommeln, um welche die Kette drei Mal gewunden ist, dreht, hat 60 Pferdekräfte
(Hochdruck mit Expansion und Condensation). Die bekannten Schwierigkeiten, welche
die schräg über die Elbe führende Eisenbahnbrücke und das mangelhafte Fahrwasser
oberhalb dieser Brücke darbietet, wurden überwunden, und die beiden Schleppkähne
wußten den Biegungen und Wendungen, welche das schmale Fahrwasser bedingte, mit
Geschick zu folgen. Ein zahlreiches Publicum an dem Ufer und auf der neuen Brücke
beobachtete die Fahrt mit sichtlicher Theilnahme.
Die Ketten-Dampfschleppschifffahrt, welche sich auf der Seine zwischen Paris
und Havre längst eingebürgert hat, ist für Deutschland hier zum ersten Male,
abgesehen von der Benutzung bei einigen Uebergängen am Rheine, in Anwendung gebracht
worden. Vorläufig wird sie nur zum Durchschleppen der Schiffsfahrzeuge von der
Neustadt nach Buckau stromaufwärts dienen, um die zeitraubende und kostspielige
Passage durch die Schleuße zu vermeiden, demnächst aber wird die oben genannte
Compagnie weitere Ketten legen zur Verbindung mit Wittenberge und hoffentlich auch
bald mit Hamburg. (Berggeist, 1866, Nr. 71.)