Titel: Das Mineral-Schmieröl aus West-Virginien.
Fundstelle: Band 193, Jahrgang 1869, Miszellen, S. 90
Das Mineral-Schmieröl aus West-Virginien. Das westvirginische Schmieröl, welches auf der letzten Pariser Welt-Ausstellung so vielen Beifall fand, hat seitdem eine ausgedehnte Verbreitung gefunden. Die natürlichen Eigenschaften des Mineralöles machen dasselbe bekanntlich ganz besonders zu Schmiermitteln geeignet, wenn es fett und haltbar genug ist, um als solches zu dienen. Dieser Anforderung entspricht nun vollkommen das Oel der vor etwa vier Jahren in Westvirginien entdeckten Quellen. Dasselbe ist specifisch bedeutend schwerer als gewöhnliches Erdöl, 0,87–0,9; das mittlere specifische Gewicht ist 0,885 und es genügt dieses für ein brauchbares gutes Schmieröl. Dieses Oel wird nur in Tiefen bis zu 400 Fuß gewonnen; in größerer Tiefe erhält man bloß leichtes Oel, welches zum Schmieren untauglich ist. Das gute schwere Oel wird, nachdem es durch ein einfaches Filter vom gröbsten Schmutz gereinigt worden, in große Behälter (tanks) gebracht, worin es unter gelinder Erwärmung mittelst Dampf (bis 70° C.) oft monatelang ruht, bis sich aller Schlamm, Wasser etc. abgesetzt hat; dabei gehen zugleich die leichtflüchtigen Theile des Oeles ab. Dann wird es in Fässer abgezogen, erfordert aber nach der Ankunft in Europa immer noch eine Reinigung. Das leichte Oel wird theils zur Darstellung von Brennöl mittelst Destillation, theils zur Fabrication künstlichen Schmieröles verwendet. In welchem Betrage Letzteres geschieht, ist daraus ersichtlich, daß die ganze Production echten Schmieröles nicht den dritten Theil von dem beträgt, was auf den Markt kommt. Diese Fälschungen sind bereits so zahlreich, daß die Oelcompagnien in einer deßhalb zu Parkersburg abgehaltenen Versammlung eine öffentliche Warnung zu erlassen beschlossen, der wir entnehmen, daß das Oel von den Quellen stets ächt und unverfälscht verschickt und erst in den Handelsplätzen, namentlich in Cincinatti, Cleveland, Pittsburg, Parkersburg, Baltimore und New-York gefälscht wird. Dieses geschieht durch Beimischung von rohem Petroleum, Petroleum-Rückständen oder Paraffinöl. Die Farbe und das sonstige Aussehen des Oeles wird dadurch nicht verändert, so daß es selbst für einen Sachverständigen schwer ist, Fälschungen zu erkennen. Bei der Anwendung sind diese gefälschten Oele jedoch sofort an dem Warmlaufen der Maschinen und dem Geruch zu erkennen. Es kommt deßhalb beim Bezuge solchen Oeles wesentlich auf die Quelle an, von der man es erhält. Die Güte des Schmieröles und die Fälschungen desselben erkennt man: 1) an dem specifischen Gewicht; 2) an dem Geruch; 3) an der Verdampfungsfähigkeit und 4) an dem Widerstand gegen Kälte. Die gefälschten Oele sind meist leichter als 0,88; man hat daher, um zu täuschen, das Oel durch Rückstände möglichst dick gemacht. Eine Partie solchen Oeles ist erst kürzlich in einem deutschen Hafen angekommen; selbstverständlich ist dasselbe noch weniger brauchbar als dünnes Oel, nicht einmal als Wagenschmiere nimmt man es gern; die sehr leichten Schmieröle, wie z.B. Solaröl Nr. 0 sind mit rohem Petroleum, dem die flüchtigsten Bestandtheile entzogen sind, gemischt und können schon am schärferen Geruch erkannt werden, noch besser aber an der leichten Verdampfungsfähigkeit. Nach einer Untersuchung des Hrn. Dr. Hallwachs in DarmstadtPolytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXIX S. 83. entwickelt die schwerste Sorte Vulcan-Oel schon bei 100° C. entzündliche Dämpfe, und die gewöhnlich gebrauchte Sorte schon bei 64°, während nach der unten folgenden Untersuchung echtes Oel erst bei 350° C. anfängt in großer Masse überzugehen und bis 150° C. noch nicht einmal 3 Proc. durch Dämpfen verliert. Diese Feuerbeständigkeit ist natürlich von großem Werth, da mit ihr auch die Haltbarkeit zusammenhängt. Feuergefährlich ist ferner das virginische Oel überhaupt nicht. Das mit Petroleum-Rückständen vermischte Oel ist durch Erniedrigung der Temperatur leicht zu erkennen; manches stockt schon bei + 10° und wird erst bei 15–160 recht flüssig; alle aber erstarren sicher, wenn sie unter 0° erkaltet werden. Echtes Oel dagegen bleibt selbst bei – 30° noch flüssig, wie Ingenieur Reuß in St. Petersburg constatirt hat. Bemerkenswerth ist neben der Feuerbeständigkeit der geringe Rückstand, welchen echtes Oel hinterläßt, während er bei gefälschtem sehr bedeutend ist. Im nieder-österreichischen Gewerbeverein zu Wien ist kürzlich in Folge einer sehr gründlichen Untersuchung, welcher das echte westvirginische Schmieröl unterworfen wurde, ein Bericht über dasselbe erstattet worden, welchen wir des allgemeinen Interesses wegen, den die Sache hat, hier folgen lassen. Das Oel war von den HHrn. Wirth u. Comp. in Frankfurt a. M., welche directe Verbindungen mit Westvirginien unterhalten, bezogen und lieferte nur 3,2 Proc. Kohks, welche beim Verbrennen 0,006 Proc Asche hinterließen. Mit diesem Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung stimmte denn auch die praktisch-mechanische vollkommen überein und es sind damit auch die höchst widersprechenden Urtheile erklärt, welche über anscheinend ein- und dasselbe Oel da und dort gefällt werden. Gutachten der Abtheilung für Chemie und Physik über ein von den Herren Wirth und Comp. in Frankfurt a. M. zur Prüfung vorgelegtes Maschinenöl aus West-Virginien. Die grünlich-braun undurchsichtige Flüssigkeit von der Consistenz eines dicken Oeles und von schwachem Steinölgeruche zeigt bei 140 R. eine Dichte von 0,885, welche also genau der angegebenen entspricht. Mit Wasser abgekocht, ertheilt es diesem keine saure Reaction, wodurch sich das Oel als völlig frei von jeder Mineralsäure erweist. Kocht man das Oel über schwacher Aetzlauge, so verschwindet die alkalische Reaction der wässerigen Flüssigkeit nur dann, wenn sie bloß mit einer äußerst geringen Alkalimenge versetzt wird. Nach diesem Verhalten kann das betrachtete Oel keine nennenswerthe Menge eines harzartigen Körpers saurer Natur enthalten. Beim Verbrennen hinterläßt dieses Oel so gut wie keinen Rückstand, und die nicht mehr als 6/1000 Procente betragende Asche besteht aus Eisenoxyd. Wird dieses Maschinenöl erhitzt, so tritt circa bei 100° C. Aufschäumen unter geringer Dampfentwickelung ein, und die trübe Flüssigkeit klärt sich. Stärker erwärmt, gehen allerdings fortwährend Dämpfe weg, allein selbst bis auf 150° C. erhitzt, beträgt die hierbei verflüchtigte Oelmenge noch nicht volle 3 Procente. Die Verdampfung der Hauptmenge des Oeles findet erst in verhältnißmäßig hoher Temperatur statt. In der folgenden kleinen Tabelle sind die Resultate, welche 50 Gramme dieses Oeles bei der Destillation gaben, zusammengestellt. Verdampfungs-Temperaturin Graden Celsius. Abdestillirt Specifisches Gewichtdes Destillates. in Grammen. in Procenten. bis  100         0,6         1,2    von 100   „   150         0,8         1,6      „   150   „   300         5,55       11,1     0,836      „   300   „   350         2,15         4,3     0,853         über 350          Kohks       39,3        1,6       78,6        3,2  I. 0,843II. 0,835 Man sieht daraus, was besonders hervorzuheben wichtig erscheint, daß volle 4/5 Theile – genau 81,8 Proc. – des Oeles eine Temperatur von selbst 350° C. ertragen, ohne verflüchtigt zu werden. Setzt man das Schmieröl längere Zeit einer Temperatur von 100° C. aus, so tritt keine Abnahme seines Flüssigkeitsgrades ein, und es verharzt sich nicht. Vergleicht und erwägt man alle diese erörterten und nachgewiesenen Eigenschaften des in Rede stehenden Maschinenöles, als: daß es säurefrei, sowie frei von allen Mineralstoffen, daß eine namhafte Verflüchtigung seiner Bestandtheile erst in verhältnißmäßig hoher Temperatur vor sich geht, sowie, daß es auch in der Wärme seine Flüssigkeit nicht ändert, so kann man mit Recht behaupten, daß dieses virginische Maschinenöl völlig als Schmieröl geeignet ist, und daß es allen an ein solches gestellten billigen Anforderungen entspricht. Gutachten der Abtheilung für Mechanik. Die Versuche wurden an einer Maschine mit conischer Spindel, deren Durchmesser 1 1/8 W. Zoll hatte, von ungehärtetem Gußstahl gemacht. Lager-Tiefe 7/8 W. Zoll von eingesetztem Gußeisen. Die Spindel hatte per Minute eine Umdrehungszahl 1700. Während einer Arbeitsdauer von 14 Tagen, täglich 10 Stunden bei einer Temperatur von 12-13° R. im Arbeitslocale wurden mit einem Schmierapparate von Civilingenieur J. Munk 15/16 Loth von diesem Schmieröle verbraucht. Während dieser 14 Tage wurden weder Spindel noch Lager und Maschine geputzt, und es zeigte sich weder eine Verdichtung noch Verflüchtigung des Schmiermittels. Auch wird constatirt, daß weder Lager noch Spindel auf irgend eine Weise angegriffen wurden, und merklich kühlend einwirkten.