Titel: | Was ist: Künstliches Mineralwasser? |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, Miszellen, S. 325 |
Was ist: Künstliches Mineralwasser?
Prof. H. Kolbe beleuchtet in einer
kleinen Schrift (Leipzig bei A. Barth) ein Obergutachten der wissenschaftlichen Deputation
für das Medicinalwesen zu Berlin, in welchem ausgeführt ist, daß
überall, wo die Frage zu beantworten steht, ob eine gewisse
Flüssigkeit Arzneimischung als ein „künstlich
bereitetes Mineralwasser“ anzusehen ist, das Urtheil
lediglich davon abhängig gemacht werden muß, ob das in Rede
stehende Präparat nach seiner qualitativen und quantitativen
Zusammensetzung einem in der Natur vorkommenden Mineralwasser so
ähnlich ist, daß es als eine künstliche Nachbildung desselben
gelten kann. Es wird dem entsprechend einem Urtheil des
Medicinalcollegiums der Provinz Sachsen zugestimmt, welches die
nachstehenden Zubereitungen a)
pyrophosphorsaures Eisenwasser, b)
kohlensaures Bitterwasser, c)
kohlensaures Lithionwasser, d)
Hämorrhoidalwasser, e) Natrokrene,
f) weinsaures Kaliwasser, g) zweifach-kohlensaures Magnesiawasser,
h) kohlensaures Ammoniakwasser nicht
als künstliche Mineralwässer, sondern als flüssige
Arzneimischungen bezeichnet, die nur von Apotheken verkauft
werden dürfen.
Kolbe widerspricht dieser Auffassung;
er führt aus, daß auch das bekannte Sodawasser, ja daß ein
großer Theil der übrigen künstlichen Wässer vom allgemeinen
Verkauf auszuschließen seien, wenn man diese Auffassung gelten
lassen wollte. Es liegt aber gewiß im allseitigen Interesse, daß
diese künstlichen Wässer, auch die erwähnten erdachten
Zusammensetzungen dem Publicum so leicht als möglich zugänglich
bleiben, Darstellung und Verkauf derselben daher nicht auf
Apotheken beschränkt werden.
Es sind mehrere der künstlichen Mineralwässer auf speciellen
Wunsch derer, die sie erdacht haben, von den unter der Firma Dr. Struve
und Soltmann betriebenen
Mineralwasser-Anstalten zuerst angefertigt und eingeführt
worden; so ist das kohlensaure Bitterwasser des Dr. H. Meyer
seit nahezu 50 Jahren präparirt und feil gehalten, ferner das
pyrophosphorsaure Eisenwasser des Dr. Nega, welcher im J. 1851
die oben genannte Firma um Ausführung seiner Vorschrift
ersuchte. Welch glänzende Resultate in sanitätlicher Beziehung
mit diesen beiden namhaft gemachten Wässern erzielt worden sind
und erzielt werden, wenn sie, wie von dieser Firma, auf das
Gewissenhafteste nach den Magistralformeln hergestellt werden,
ist bekannt.