Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, Miszellen, S. 104 |
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Miscellen.
Miscellen.
Kraftmessung an einem Martin-Hock'schen Sparmotor.
Prof. Teichmann hat die im k. Musterlager zu Stuttgart
ausgestellte Heissluftmaschine, Martin und Hock's Sparmotor (*1877 225
227), gebremst und die Resultate seiner Messung ausführlicher im Gewerbeblatt aus Württemberg, December 1877 S. 481
mitgetheilt.
Die Bremsung geschah auf der Betriebsriemenscheibe der Maschine mittels eines
horizontalen, auf einer Schneide genau ausbalancirten Hebels von 1m,100 Länge. Die Leistung Ne berechnet sich in bekannter Weise aus
der Hebellänge Lm,
dem Auflagegewicht Pk
und der minutlichen Umdrehungszahl n nach der Formel
N=\frac{2\pi LPn}{60 \times 75}=\frac{Pn}{651}.
Der Verbrauch für 1e und Stunde ergab sich zu 4k,25 Gaskokes; die Totalleistung in 101 Minuten
war im Durchschnitt zu 1e,143, also anhaltend um
fast 40 Proc. grösser als die vom Verfertiger angegebene Stärke von 1e. Der Brennmaterial verbrauch wäre ohne Zweifel
noch günstiger ausgefallen, wenn die Maschine vor dem Versuch längere Zeit, nicht
blos ¼ Stunde, in Gang gewesen und gehörig angewärmt worden wäre; zur genaueren
Ermittlung wäre auch ein Versuch von längerer Dauer nothwendig.
Der „Keely-Motor“-Schwindel.
Es verdient im Interesse einer Culturgeschichte unseres Zeitalters aufbewahrt zu
werden, dass der in Amerika seit 1874 grassirende „Keely-Motor“-Schwindel,
obwohl demselben von allen berufenen Seiten zu steuern gesucht wird, noch immer in
voller Kraft fortbesteht. Wir beziehen uns auf die s. Z. gegebene Notiz der
Wirkungsweise und Erklärung des Keely- Motors (1875 218
81) und entnehmen jetzt aus Engineering, November 1877
S. 406, dass die Gesellschaft, welche sich zur Verwirklichung der Idee John W. Keely's gebildet hat, für einen Geldaufwand von
über 1 Million Dollars nunmehr das Vergnügen geniesst, einen grossen Apparat von
21t Gewicht zu besitzen, welcher nach der in
unserer Quelle enthaltenen Abbildung durch seine unzähligen Kugeln, Röhren,
Recipienten, Hähne und Manometer dem Laien jedenfalls imposant genug erscheinen mag.
Dabei ist zu bemerken, dass dieser Apparat nur den Generator des enormen Druckes von
1000at darstellen soll, welcher in der früher
beschriebenen Weise durch Einblasen von Luft und Verbindung mit einer
Niederdruck-Wasserleitung erzielt wird, während die Verwerthung dieses Druckes zur
Arbeitsverrichtung einer besonderen Maschine überlassen bleibt. Der Effect aber, der
sich damit erzielen Hesse, bildet selbstverständlich einen untrüglichen Prüfstein
des ganzen Schwindels, welcher auch dem grossen Publicum die Augen öffnen müsste; in
Folge dessen liess sich Keely trotz, alles Andrängens
seiner Actionäre nie dazu bewegen, diesen Versuch anzustellen. Endlich, im
vergangenen November, wurde der neueste Apparat in Verbindung mit einer Maschine
gebracht, welche zur Erbauung der ungeduldigen Actionäre mehrere Stunden vor ihren
Augen in Betrieb blieb, und nach Angabe eines Keely gesinnten
amerikanischen Journals „dem Augenmasse nach 5eentwickelte“. Dies wird nun zweifelsohne als grosser Erfolg verwerthet
werden und dem glücklichen Erfinder noch manchen Dollar eintragen, wie er sich schon
jetzt vom einfachen Lakirergesellen, was er 1871 war, zum luxuriösen Leben eines
grossen Herrn hinaufgeschwindelt hat.
Wie stolz können wir Europäer sein, dass die allgemeiner verbreitete Bildung und die
ängstliche Sorgfalt des Kapitals uns vor ähnlichen Lächerlichkeiten bewahrt! Aber
vergessen sollen wir nicht, dass die Medaille auch ihre Kehrseite hat, und dass die
übergrosse Aengstlichkeit in der Aufnahme und Verwerthung von Neuerungen den
technischen Fortschritt jedenfalls in höherem Grade schädigt, als dies durch den
schlimmsten amerikanischen Humbug geschehen könnte. Und angesichts der Thatsache,
dass selbst ein so unsinniges Project wie der „Keely-Motor“ in Amerika
Unterstützung und Aufmunterung findet, wird man sich kaum mehr über die erstaunliche
Menge wahrhaft nützlicher Erfindungen, mit denen Amerika bereits die Welt beschenkt
hat, verwundern dürfen.
M-M.
Umhüllung der Dampfkessel.
Die Umhüllung der Dampfkessel ist beziehlich deren ökonomischen Werthes Gegenstand
von Versuchen gewesen, welche wir im Journal of the Franklin
Institute, 1877 Bd. 103 S. 233 mitgetheilt und in den folgenden Ergebnissen
bemerkenswerth finden.
Der vom Verfasser, J. G. Hoadley, benutzte, auf der
Philadelphia-Ausstellung 1876 in Thätigkeit gewesene Dampfkessel war ein
transportabler Vielrohrkessel mit innerer Feuerung. Seine der Maschinenstubenluft
ausgesetzte Ausstrahlungsfläche betrug ⅖ der Heizfläche. Zunächst wurde die Zeit
notirt, in welcher der Dampf in dem nackten Kessel von
0at Ueberdruck auf 9at,8 bei gut unterhaltenem
Feuer und geschlossenen Ventilen gebracht wurde; dann wurde rasch das Feuer
entfernt, die Feuer- und Aschenfallthür und auch Fussmündung des Schornsteines dicht
verschlossen. Die Fallzeit des Dampfes wurde dann von ⅙ zu ⅙at bis zu 3at,5
herunter beobachtet. Derselbe Versuch wurde wiederholt, nachdem der Kessel umhüllt worden war, mit einer 19mm dicken, durch ein Drahtnetz gehaltenen Lage von
Asbestcement und darauf 19mm starker Haarfilz mit
einem Eisenblechmantel. Am Rauchkasten bestand die Auflage in ihrer ganzen Dicke aus
Asbestcement.
Durch Vergleichung der Beobachtungszeiten ergab sich, dass die Ausstrahlung des
verkleideten Kessels nur 0,426 der des nackten in gleicher Zeit betrug. Die vom
nackten Kessel ausgestrahlte Wärme verhielt sich zu der in einer gleichen Zeit durch
die Feuerung zugeführten wie 1 : 7,3 bei dem Fallen von 9,84 auf 9at,14 dagegen wie 1 : 9,3 für 4,22 bis 3at,52. Im Mittel war das Verhältniss 1 : 8,47 oder
11,8 Proc. Von 100 + 11,8 durch die Feuerung gelieferten Wärmeeinheiten gingen also
11c,8 oder 10,55 Proc. verloren. Dieser
Verlust verminderte sich beim umhüllten Kessel im
Mittel auf 4,755 Proc., entsprechend einer Ersparniss an Brennmaterial von 5,8 Proc.
(Wochenschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
1877 S. 351.)
Olmstead's Schienenbürste.
Die Strassenreinigung mittels grosser Bürsten, welche unterhalb eines Wagengesteines
angebracht sind und durch dessen Fortbewegung in Drehung versetzt werden, ist in den
grossen Städten Amerikas vielfach in Gebrauch. Es wird nun dieselbe Methode zum
Säubern der Schienen der Eisen- und Strassenbahnen von Schmutz und Schnee
vorgeschlagen. Ein Wagen nach E. A. F. Olmstead's
Patent soll vorn und hinten je eine schief gestellte Rohrbürste tragen, welche durch
Kegelräderübersetzung von den Laufachsen angetrieben werden; feste Abstreifer
besorgen die Reinigung der Bürsten. Der Wagen wird auf 12t belastet und dann von der Locomotive
vorgeschoben, wobei er eine Schneeschicht von 400mm bei einer stündlichen Geschwindigkeit von 28km entfernen „soll“. Zur Vervollständigung
des Mechanismus können die Bürsten für den Leergang emporgehoben werden, zu welchem Zweck sie durch ein
Universalgelenk mit den getriebenen Kegelrädern verbunden sind.
M-M.
Bohren gehärteten Stahles.
Im Journal suisse d'horlogcrie, 1877 S. 76 ist folgendes
Verfahren angegeben: Man macht den Bohrer oval, statt ihm die gewöhnliche Form zu
geben, und härtet ihn so weit als möglich, ohne ihn dabei zu verbrennen. Mit einer
geringen Menge verdünnter Salpetersäure bestreicht man zunächst die Fläche des zu
bohrenden Stahlstückes, um sie etwas rauh zumachen; hierauf beginnt man mit der
Bohrarbeit, indem man den Bohrer von Zeit zu Zeit mit Terpentinöl statt mit
gewöhnlichem Oel benetzt. (Manche Arbeiter bedienen sich zu diesem Zweck des
Kerosins oder guten rectificirten Petroleums, in welchem vorher etwas Kampfer
aufgelöst wurde.) Wenn der Bohrer nicht mehr greift und daher der Grund des Loches
geglättet wird, dann reinigt man diesen letzteren mittels Terpentin oder Kerosin,
gibt etwas Salpetersäure darauf, um die Glätte wieder zu entfernen, und setzt danach
die Bohrarbeit fort. – Diese Operation ist wohl etwas langwierig, aber sie führt
doch endlich zum gewünschten Ziele; es ist dies der einzige sichere Weg zum Bohren
wenig angelassenen Stahles.
Raffination von Eisen.
Zur Ausscheidung von Schwefel und Phosphor aus Eisen und Stahl schlägt S. Stein in Bonn (englisches Patent vom 17. April 1876)
Cyanammonium vor; dasselbe soll sich dadurch bilden, dass man dem betreffenden
Materiale Titanerz oder Potasche zusetzt und überhitzten Wasserdampf oder
Kohlenwasserstoffgase in den Hohofen, in den Siemens'schen. Ofen oder in die
Bessemerbirne einführt.
Vorschläge zur Erleichterung des Vertriebes und Gebrauches von
Eisen- und Stahlfabrikaten.
Grüner, Ehrenpräsident der Société de l'industrie minérale de Saint-Etienne, bespricht die vielen
Täuschungen, denen die Eisenconsumenten, sowohl den Fabrikanten als namentlich den
Händlern gegenüber, ausgesetzt sind. Ueber die Qualität der Fabrikate dieses
Industriezweiges entscheidet bekanntlich, neben der chemischen Analyse, nur eine
Reihe von Versuchen, welche angestellt werden müssen, um die Tauglichkeit des
betreffenden Artikels für die Zwecke, zu denen er bestimmt ist, nachzuweisen. Es
handelt sich hierbei gewöhnlich um den Grad der Härte, der Festigkeit und der
Elasticität, sowie darum, ob die Waare sich härten lässt, und welchen Einfluss
dieses Verfahren auf die sonstigen Eigenschaften des Metalles hat.
Für Eisenbahnen, die Marine und sonstige grosse Unternehmungen ist es allerdings ein
Leichtes, vor der Bestellung ihrer Materialien dieselben auf jede gewünschte Art und
Weise zu untersuchen. Der kleine Consument dagegen ist in der Regel nicht in der
Lage, dies thun zu können und läuft deshalb Gefahr, häufig getäuscht und
übervortheilt zu werden. Es wäre daher sehr wünschenswerth, dass sämmtliche
Fabrikanten ihre Waaren mit einem Stempel versähen, welcher direct auf das Product,
bei Probesendungen auf das die Hülle umschliessende Band gedrückt wird. Dieser
Stempel sollte Folgengendes enthalten: Bruchbelastung und Längenausdehnung vor dem
Bruch, bezogen auf eine Normallänge von 20cm und
eine Rundstange von 10mm Durchmesser. Die
Bruchbelastung konnte auf dem Stempel durch den Buchstaben B nebst derjenigen Ziffer ausgedrückt sein, welche in Kilogramm das
Gewicht bezeichnet, bei dem ein Stab von 1qmm
Querschnitt reisst. Die Längenausdehnung dürfte man mit A nebst einem Decimalbruch andeuten, welcher angibt, um welchen Bracht
heil seiner Länge der Stab sich vor dem Abreissen ausgedehnt hat.
Für Stahlfabrikate wäre es ferner angezeigt, die Elasticitätsgrenze zu
veröffentlichen.
Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, wäre es nothwendig, dass die Eisenfabrikanten
Tabellen drucken und verbreiten Hessen, welche über die Bedeutung der auf den
Stempeln befindlichen Zeichen genaue Auskunft geben. So würde ein Eisen, welches bei
einer Belastung von 30 bis 35k reisst, und dessen
Längenausdehnung 20 bis 25 Proc. beträgt, vorzüglich zu Blechen für Dampfkessel
tauglich sein, während Stahl, welcher erst bei 70 bis 100k Belastung reiset, ohne mehr als 5 Proc.
Längenausdehnung zu zeigen, zu Werkzeugen verwendet werden sollte. Andere Fabrikate,
deren Festigkeit und Ausdehnung zwischen den beiden genannten liegt, dürften
tauglich sein zu Radreifen, Achsen, Federn u.s.w.
Obige Vorschläge sind namentlich geeignet, uns über die Verwendbarkeit der vielen
neuen Eisenfabrikate und durch den Bessemer- und Siemens-Martin-Process erzeugten
Stahlfabrikate zu beruhigen.
Nach kurzer Besprechung stimmte die Versammlung der oben genannten Gesellschaft den
Vorschlägen Grüner's ausnahmslos bei. (Vgl. die
Mittheilung „Zur Classification von Eisen und Stahl etc.“ 1877 225 515.)
– r.
Bedingungen bei Cementlieferungen.
Bei der Begebung von Cementlieferungen durch Behörden ist, da es auf die Qualität des
Cementes sehr ankommt, verschiedentlich eine sogen. engere Submission in Anwendung
gebracht. Durch einen kürzlich seitens des kgl. preuss. Handelsministers ergangenen
Erlass an die Behörden seines Ressorts ist dieses Verfahren im Allgemeinen
gebilligt. Andererseits ist aber auch angeordnet, dass selbst in solchen Fällen in
den Submissionsausschreiben das verlangen nach einer bestimmten Garantie für die
Güte und Qualität des zu liefernden Materials nicht unterbleiben soll, da nicht
selten bei der Grösse des Objectes und der langen Dauer der Lieferungen die
Möglichkeit eines Wechsels im System der Fabrikation oder auch in der Grösse der
Tonnen nicht ausgeschlossen bleibt. Keinesfalls sollen die Behörden aus dem
Umstände, dass es sich um eine engere Submission handelt, für sich die Verpflichtung
herleiten, derjenigen Fabrik die ganze Lieferung zu übertragen, welche für die Tonne
Cement den absolut niedrigsten Preis fordert, da kleine Preisunterschiede nicht
selten dadurch eine Ausgleichung erfahren, dass die theurere Fabrik einen Cement
liefert, welcher bei gleicher Festigkeit einen grösseren Sandzusatz als die übrigen
Cemente erträgt. Bei künftigen grössern Cementbeschaffungen sollen daher
vergleichende Prüfungen der Qualität des Materials, für welche die von den grossen
technischen Vereinen aufgestellten und veröffentlichten „Normen“ für die
einheitliche Lieferung und Prüfung von Portlandcement (vgl. 1877 224 417) 655. 225 569) einen
erwünschten Anhalt gewähren, nicht unterlassen werden.
Cylindrische Holtz'sche Elektrisirmaschine.
Die Vorzüge der Inductions-Elektrisirmaschinen und die Beschränktheit der Grösse, in
welcher sich die Holtz'sche Maschine mit Scheiben
ausführen lässt, zugleich mit der geringen zulässigen Umlaufsgeschwindigkeit bei
Anwendung von Glas, haben Prof. Elihu Thomson
veranlasst, eine solche Maschine aus Holz oder Papiermasse herzustellen, welches
vollständig gedörrt, noch warm in geschmolzenes, über 100° warmes Paraffin
eingetaucht wird und dann beim Erkalten ein sehr guter Isolator wird, sehr fest ist
und sich nicht wirft. Ein Hohlcylinder von paraffinirter Papiermasse, an den Enden
von Scheiben aus derselben Masse oder ähnlich präparirtem Holz geschlossen, läuft
auf einer Achse aus paraffinirtem Holz oder einem andern isolirenden Stoff; diese
dient als Lagerung für einen ebenfalls ausparaffinirten inneren Cylinder, welcher
still steht und mit den als Sectoren oder Inductoren bekannten Streifen aus
theilweise leitendem Material an seiner Innenfläche belegt ist, gegenüber den
ausserhalb des äussern Cylinders stehenden, aufsaugenden metallenen Kämmen. Geladen wird die
Maschine durch ein geriebenes Stück Kautschuk oder Vulcanit, welches dem einen der
beiden, diametral gegenüber liegenden, durch Wegnehmen oder Einbiegen des innern
Cylinders gebildeten Fenster gegenüber gehalten wird. (Nach dem Journal of the Franklin Institute, 1877 Bd. 103 S.
207.)
E–e.
Herstellung metallischer Ueberzüge mittels
Elektricität.
In Fortsetzung seiner Versuche (vgl. 1877 225 402) über
die Bildung durchsichtiger Metallhäutchen schlägt A. W.
Wright (Journal of the Franklin Institute,
1877 Bd. 103 S. 242) vor, die zu überziehenden Gegenstände in luftleeren Behältern
zwischen die Elektroden aus den betreffenden Metallen zu bringen und nun kräftige
Inductionsströme überspringen zu lassen. Das Verfahren ist nicht unwichtig, da auch
nichtleitende Körper auf diese Weise mit einer dünnen Metallschicht überzogen werden
können.
Schmelzpunkt des Silbers und Platins.
J. Violle (Comptes rendus,
1877 Bd. 85 S. 546) hat den Schmelzpunkt des Silbers zu 954°, den des Platins zu
1779° bestimmt, doch ist letzterer voraussichtlich etwas niedriger. Auf seine
Untersuchungen über die specifische Wärme des Platins bei verschiedenen Temperaturen
werden wir später zurückkommen.
Anleitung zur chemischen Untersuchung der Industriegase; von
Cl. Winkler.
Dem bereits früher in diesem Journal, 1876 222 277
erwähnten qualitativen Theile ist jetzt (in der Engelhard'schen Buchhandlung zu Freiberg i. S.) die erste Hälfte der
quantitativen Abtheilung gefolgt.
Der Verfasser bespricht zunächst sehr eingehend die Wegnahme der Gasproben, die
Bestimmung fester und flüssiger Beimengungen und das Messen der Gase. Sodann werden
die Absorptions- und Messapparate abgehandelt und durch zahlreiche Abbildungen
erläutert. Verfasser spricht hier (S. 105) den Wunsch aus, dass sich eine
Gasmesserfabrik damit befassen möge, kleine Trockenuhren, möglichst richtig gehend,
eigens für analytische Zwecke anzufertigen, da man dadurch in den Stand gesetzt
werde, selbstthätige Gasuntersuchungsapparate zu construiren. Handelt es sich z.B.
um die Untersuchung eines Rauchgases, also um die Bestimmung von vier Bestandtheilen
(CO2, CO, O und N), von denen drei absorbirbar
sind, so braucht man vier Gasuhren und drei Absorptionsgefässe, durch welche das Gas
mittels eines Aspirators hindurchgesaugt wird. Die erste Gasuhr misst nun das
Gesammtvolum des zutretenden Gases, das folgende Absorptionsgefäss mit Kalilauge
hält die Kohlensäure zurück. Die zweite Gasuhr misst dieses kohlensäurefreie Gas (O,
CO und N), aus welchem das folgende Absorptionsgefäss mit alkalischem Pyrogallol den
Sauerstoff zurückhält. Die dritte Uhr misst somit das Kohlenoxyd und den Stickstoff;
die vierte, nachdem das dritte Absorptionsgefäss mit Kupferchlorür das CO
zurückgehalten hat, den Stickstoff.
Die Apparate zur Gasverbrennungsanalyse bilden den Schluss des Heftes.
Die zweite Hälfte dieses Bandes und somit der Schluss des ganzen in jeder Beziehung empfehlenswerten Werkes wird die
einzelnen Bestimmungs- und Trennungsmethoden der Gase bringen.
F.
Zur Kenntniss des Vacuums.
S. Tolver Preston nimmt nach Maxwell an, dass in 1cc Luft bei
normaler Dichte 19 Millionen Billionen =19 \times 10^{18}
Molecüle enthalten sind. Die mittlere Zahl derselben auf 1cm ist also \sqrt[3]{19 \times
10^{18}}=2668400, oder der mittlere Abstand derselben ist
\frac{1^{cm}}{2668400}.. Verdünnen wir das Gas auf ein
Milliontel, so wird der mittlere Abstand der Molecüle
\sqrt[3]{1000000}, d.h. 100 Mal grösser, und es werden noch
19 Billionen in 1cc enthalten sein, so dass also
die Zahl derselben selbst bei dieser Verdünnung noch eine sehr beträchtliche ist,
und der mittlere Abstand der Molecüle nicht unverhältnissmässig vergrössert wird.
(Philosophical Magazine, 1877 Bd. 4 S. 110. Beiblätter zu Poggendorff's Annalen, 1877 S. 551.)
Verflüssigung von Acetylen und Stickoxyd.
Nach Cailletet (Comptes
rendus, 1877 Bd. 85 S. 851. 1016) wird Acetylen verflüssigt bei den
folgenden Temperaturen und Spannungen:
bei
1°
unter
48at
2,5
50
10
63
18
83
25
94
31
103.
Nach Faraday hatte Aethylen bei 0° eine Tension von
44at.
Stickoxyd wird nach Cailletet verflüssigt bei – 11°
unter einem Druck von 104at; bei + 8° ist dasselbe
aber noch bei 270at gasförmig.
Formen wurde bei 7° und 180at nicht flüssig.
Es ist daher wenig Hoffnung vorhanden, dass diese Stoffe in der Eisfabrikation (vgl.
1877 224 167) Verwendung finden können.
Auffindung von Sauerstoff in der Sonne.
Nach Draper (Comptes
rendus, 1877 Bd. 85 S. 613) finden sich die meisten Sauerstofflinen im
Sonnenspectrum als helle Linien, woraus auf dessen Gegenwart in der Sonnenatmosphäre
bestimmt geschlossen werden darf.
Ueber die Verbindung des Nickels mit Kohlenstoff und
Silicium.
E. Gard (American Journal of
Science 1877 Bd. 14 S. 294) hat drei Nickelanoden analysirt, welche durch
Schmelzen von käuflichem Nickel mit Kohle hergestellt waren; dieselben bestanden
aus:
Nickel
98,208
98,392
97,440
Kohlenstoff
0,530
1,104
1,900
Silicium
0,303
0,130
0,255
Eisen
0,464
0,108
0,301
Kobalt
0,446
Spur
Spur
Schwefel
0,049
0,266
0,104.
Gard mischte ferner reines Nickeloxyd mit gepulvertem
Quarz und Holzkohle und erhitzte zum Schmelzen. Der so erhaltene weisse
Metallregulus enthielt 9,3 Proc. Kohlenstoff und 6,6 Proc. Silicium. Käufliches
Nickel mit Kohle im hessischen Tiegel geschmolzen enthielt 2,12 Proc.
Kohlenstoff.
Bestimmung der Kohlensäure neben schwefligsauren
Verbindungen.
Um Carbonate neben Sulfiten oder Hyposulfiten quantitativ zu bestimmen, empfehlt E. Polacci, das Salzgemenge in einem der üblichen
kleinen Apparate durch Kaliumbitartrat, schliesslich unter gelinder Ewärmung, zu
zersetzen. Es werde in diesem Falle nur die Kohlensäure ausgetrieben, aber das
Sulfit oder Hyposulfit zersetzt. (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1877 S. 1747.)
Ozonbildung und Absorption des freien Stickstoffes durch
elektrische Spannungen.
Berthelot (Comptes rendus,
1877 Bd. 85 S. 173) zeigt, dass auch durch geringe elektrische Spannungen Ozon
gebildet wird, und dass organische Stoffe unter ihrem Einfluss freien Stickstoff aus
der Atmosphäre aufnehmen. Hieraus erklärt sich, dass unter Umständen ein Acker in
der Ernte mehr Stickstoff liefert, als demselben im Samen, Dünger und durch die
Meteorwasser zugefürt wurde.
Zur Trennung von Antimon und Arsen.
Das von Bunsen vorgeschlagene Verfahren zur Trennung des
Antimons von Arsen, welches auf der Unlöslichkeit des Antimontrisulfids (Sb2S3) und Löslichkeit
der entsprechenden Arsen Verbindung in Kaliumbisulfit beruht, ist nach L. F. Nilson (Zeitschrift für
analytische Chemie, 1877 S. 417) nicht brauchbar, da sich auch
Schwefelantimon löst.
Zur Bestimmung des Chlores.
H. Pellet zeigt im Bulletin de
la Société chimique de Paris, 1877 Bd. 28 S. 68, dass bei der Titrirnng des
Chlores mittels Silbernitrat und Kaliumchromat als Indicator arsensaure,
arsenigsaure und phosphorsaure Salze, sowie Fluorverbindungen nicht störend
einwirken, dass somit bei Bestimmung des Chlores in Aschen u. dgl. die Phosphorsäure
vorher nicht entfernt zu werden braucht.
Ueber amerikanische Butter.
In letzter Zeit werden ungemein grosse Mengen Butter aus Amerika eingeführt, von der
in Bremen 1k zu 1,2 bis 1,8 M. verkauft wird. P. Petersen (Milchzeitung,
1877 S. 673) hat nun aus Bremen eine Probe dieser amerikanischen Butter und zwar
bester Sorte untersucht. Dieselbe hatte die Farbe einer guten Grasbutter, sie
schmeckte rein, und musste man, nach dem Geschmacke zu urtheilen, dieselbe für
Milchbutter halten. Auffällig war eine eigenthümlich krümliche Beschaffenheit der
Butter, wie eine solche sich meistens nur bei einem festeren Fette, als das
Butterfett ist, zeigt; diese Eigenschaft machte die Probe als Kunstbutter
verdächtig. Die Butter enthielt:
Wasser
7,49
Fett
89,67
Kasein
0,26
Milchzucker und Asche
2,58
–––––––
100,00.
Nach Hehner's Methode (1877 225 404) 226 103) ergab sie 93,49 Proc.
unlösliche Fettsäuren, enthielt somit 75 Proc. fremdes Fett, konnte daher nur als
Kunstbutter (vgl. 1877 224 204) bezeichnet werden. –
Uebrigens werden auch von Holland aus bedeutende Mengen Kunstbutter nach Deutschland
eingeführt und hier als holländische Butter verkauft.
Im Anschluss hieran mag erwähnt werden, dass dem Hehner'schen Verfahren nachträglich der früher (1877 223 225) erwähnte Preis zuerkannt wurde.
Zur Oxydation der Fette.
H. Schulz (Pflüger's Archiv für
die gesammte Physiologie, 1877 Bd. 15 S. 398) zeigt, dass Rindsfett,
Olivenöl, Mandelöl u.s.w. erst dann an der Luft oxydirt werden, wenn sie über 100°
warm sind, dass dagegen bei gewöhnlicher Temperatur der Sauerstoff der Luft allein
die Oxydation eines Fettes ins Werk zu setzen sich unfähig erweist, selbst wenn es
im Zustande sehr feiner Vertheilung ist. Es bedarf vielmehr dazu noch der
unterstützenden Gegenwart eines oder vielleicht auch mehrerer Fermente, welche, mit dem Sauerstoff
vereint, entweder durch ihre eigene Zersetzung auf das Fett einwirken, oder durch
ihre blose Anwesenheit dem Sauerstoff als solchen die Möglichkeit gewähren, das Fett
zu oxydiren.
Ueber Glycerin, Cellulose und Gummi.
C. Kosmann (Bulletin de la
Société chimique de Paris, 1877 Bd. 28 S. 246) erwärmte Wasser mit etwas
Schweinefett und einigen Eisenblechstreifen längere Zeit auf 60 bis 70°. Nach 11
Tagen schwamm eine braune Masse aus Stearinsaure und Eisenoxyd auf dem Wasser,
während sich auf dem Boden des Gefässes Eisenoxydhydrat in Flocken abgesetzt hatte.
Das Wasser enthielt Glykose und Glycerin; letzteres war somit bei Gegenwart von
Eisenoxyd theilweise in Glykose übergegangen.
Reine Baumwolle (Cellulose), mehrere Tage mit einer Lösung von übermangansaurem
Kalium oder dichromsaurem Kalium hingestellt, ging theilweise in Dextrin über –
unter gleichmässiger Bildung von etwas Ameisensäure. Baumwolle, mit Wasser und
Eisenblech hingestellt, gab etwas Glykose und Glycerin.
Senegalgummi gab mit Eisenblech und Wasser Glykose und Dextrin.
Verfälschung des Knochenmehles mit Phosphorit.
A. v. Wachtel hat in einem Knochenmehle grosse Mengen
von Phosphorit nachgewiesen. Da Phosphorit im Ackerboden nur so langsam gelöst wird,
dass seine Wirkung verschwindend klein ist, so ist ein Zusatz desselben zum
Knochenmehle verwerflich. Zur Auffindung dieser Verfälschung dient der grossere
Eisengehalt der Phosphorite, das Fluor derselben und die mikroskopische Untersuchung
(Organ des österreichischen Centralvereins für
Rübenzuckerindustrie, 1877 S. 611.)
Einfluss der Alkalinität verschiedener Stoffe auf das
Drehungsvermögen des Zuckers.
Bodenbender gibt an, alkalische Stoffe wirkten auf das
Drehungsvermögen des Zuckers im Verhältniss ihrer chemischen Aequivalente, so dass
28 Th. Kalk, 51,7 Th. Strontian oder 76,8 Th. Baryt 31,35 Th. Zucker unwirksam
machten Sostmann fand dagegen, dass kohlensaures
Natrium in concentrirter Losung das Drehungsvermögen stärker beeinflusst als in
verdünnter.
H. Pellet (Bulletin de la
Société chimique de Paris, 1877 Bd. 28 S. 250) findet nun, dass 1g folgender Stoffe auf Zuckerlösungen von 17,3 und
5,4 Proc. nachstehende Einwirkungen zeigen, dass somit keine Beziehungen zwischen
Wirkung und Aequivalent bestehen:
Zuckerlösungen von
17,3 Proc.
5,4 Proc.
Kohlensaures Natron
0,132
0,040
Krystall. phosphorsaures Natron
0,036
0,016
Natron (NaO)
0,450
0,140
Ammoniak
0,085
0,073
Ammoniumcarbonat (NH3.CO2)
0,067
0,040
Kali (KO)
0,500
0,170
Kohlensaures Kali
0,065
0,044
Kalk
1,000
0,900
Baryt
0,430
0,190.
Optisch unwirksamer Zucker.
E Halse und J. Steiner (Chemical News, 1877 Bd. 36 8. 107) fanden in einer
Flüssigkeit aus einem Schiff, welches Rohrzucker geladen hatte, ausser den Bestandtheilen des
Meerwassers einen Zucker, welcher auf das polarisirte Licht ohne Wirkung war. Es
konnte selbst dann keine Drehung wahrgenommen werden, als ein Theil des Zuckers mit
Hefe in Gährung versetzt, ein anderer Theil mit Kali erwärmt war, um einmal die
Dextrose, das andere Mal die etwa vorhandene Levulose zu entfernen.
Reinigung von Canalwasser.
Rawson und Slater
(englisches Patent vom 5. Mai 1876) wollen die düngenden Bestandtheile des
Canalwassers mit Kieselfluor- oder Borfluorverbindungen von Eisen, Mangan, Aluminium
oder Zink niederschlagen. Für 9cbm Canalwasser
empfehlen sie z.B. folgende Mengenverhältnisse:
Borfluorwasserstoff
5k
Verkohlte Rückstände von Abflusswasser
5k
Thonerde
15k
Blut
100g
Alte und neue chemische Formeln.
Um in der Schreibweise der chemischen Formeln Verwechslungen möglichst zu vermeiden
und das gegenseitige Verständniss der neuen und alten Formeln zu erleichtern, werden
in Dingler's polytechn. Journal die alten
Aequivalentformeln mit Cursiv- (schräger) Schrift und die neuen Atomformeln mit
Antiqua(stehender) Schrift bezeichnet, sowie den in Abhandlungen vorkommenden alten
oder neuen Formeln in der Regel die entsprechenden Molecular- bezieh.
Aequivalentformeln in Klammern beigefügt. (Vgl. 1874 212
145.)
Bezeichnung der deutschen Masse, Gewichte und Münzen.
Die vom Verein deutscher Ingenieure aufgestellte und
seither in Dingler's polytechn. Journal gebrauchte
abgekürzte Bezeichnung der metrischen Masse und Gewichte wird auch weiterhin im
Journal angewendet werden, bis eine entgiltige Einigung der grossen technischen
Körperschaften über die vom Bundesrath am 8. October 1877 verfügte Schreibung
stattgefunden hat.
1 Kilometer
1km
1 Liter (Cubikdecimeter)
1l
1 Meter
1m
1 Cubikcentimeter
1cc
1 Centimeter
1cm
1 Tonne (1000k)
1t
1 Millimeter
1mm
1 Kilogramm
1k
1 Hektar
1ha
1 Gramm
1g
1 Ar (Quadratdekameter)
1a
1 Milligramm
1mg
1 Quadratmeter
1qm
1 Meterkilogramm
1mk
1 Quadratcentimeter
1qc
1 Pferdestärke (Pferdeeffect)
1e
1 Quadratmillimeter
1qmm
1 Atmosphärendruck
1at
1 Cubikmeter
1cbm
1 Reichsmark
1 M.
1 Hektoliter
1hl
1 Markpfennig
1 Pf.
1 Calorie
1c
(Deutsches Reich. Patent.
D. R. P.)
Alle abgekürzten Mass- und Gewichtsbezeichnungen werden wie Exponenten über die
Zeile, und zwar bei Decimalbrüchen vor das Komma gesetzt; z.B. 15 Meter = 15m oder 2,25 Kilogramm = 2k,25 u.s.w.
Citate.
Alle Dingler's polytechn. Journal betreffenden Citate
werden in dieser Zeitschrift einfach durch die auf einander folgenden Zahlen: Jahrgang, Band (mit fettem Druck) und Seitenzahl ausgedrückt.
Die Redaction.