Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 231, Jahrgang 1879, Miszellen, S. 279 |
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Miscellen.
Miscellen.
Fabrikation schmiedeiserner Scheibenräder; von Fr. Krupp in
Essen.
Bekannt ist die Herstellung schmiedeiserner Kanonenrohre aus vierkantigen
Eisenbarren, welche zu einem langen Bande zusammengeschweiſst, über einem Dorn
schraubenförmig aufgewunden und dann, auf Schweiſshitze gebracht, unter dem
Dampfhammer zu einem Hohlcylinder vereinigt werden. Dieses zuerst von Armstrong und seitdem dauernd im englischen Arsenal zu
Woolwich angewendete Verfahren gibt dem Rohre einen continuirlichen Faserfluſs in
peripherischer Richtung und dadurch die bei Schmiedeisen erzielbare maximale
Festigkeit. Etwas ähnliches wird durch das neue Verfahren, welches von Friedrich Krupp in Essen (*D. R. P. Nr. 2451 und Zusatz
Nr. 3029 vom 24. Januar 1878) patentirt worden ist, bei schmiedeisernen
Scheibenrädern erreicht. Es sind hierzu drei Flacheisensorten erforderlich, welche
in entsprechenden Kalibern gewalzt werden, von beliebigen Dicken, aber die eine Wut
der Nabenlänge als Breite, die zweite mit der Radscheibendicke und die letzte mit
der Felgenkranzbreite als Breitendimension. Diese drei Stücke werden in ihrer Dicke
entsprechenden Längen abgehauen, zusammengeschweiſst und dann über einem Dorne
spiralförmig aufgewunden, so daſs der breiteste Theil die Nabe bildet, das schmale
Flacheisen in auf einander folgenden Windungen die Scheibe und endlich das in
Felgenbreite gewalzte Flacheisen den Felgenkranz darstellt; dabei empfiehlt es sich
die erforderlichen Flacheisen nach Art des Flachfederstahles mit Nuth und Feder zu
walzen, um beim Aufwickeln die Mittel ebene erhalten zu können. Das so hergestellte
Paket wird auf Schweiſshitze gebracht, ins Gesenk geschlagen und erhält dadurch
leicht die übrige Formgebung als conische Nabe und Felgenkranz und entsprechende
Wölbung der Scheibe. – Das Verfahren kann dadurch vereinfacht werden, daſs man die
Nabe mit einer kreisförmigen Scheibe daran aus einem Pakete in Gesenken schmiedet
und dann nur ein Band von zweierlei Breite umwickelt.
Kreissägen- und Bandsägen-Schärfung.
Von Victor Maderspach zu Petroseny in Siebenbürgen (*D.
R. P. Nr. 2875 vom 2. Februar 1878) wurde eine neue Art, die Sägeblätter von Kreis-
und Bandsägen zu schärfen, patentirt, wonach diese zum Zwecke der Verminderung der
zum Vorschub erforderlichen Kraft in ähnlicher Weise zur Wirkung kommen wie die
vorhängenden Sägeblätter der Gattersägen. Die auf einander folgenden Zähne der
Kreissägeblätter werden mit ihren Spitzen im halben Blattumfange gegen einander je
um 0,5 bis 1mm radial vorwärts gestellt, je
nachdem hartes oder weiches Holz zu schneiden ist. Bei den Bandsägeblättern wird das
Vorhängen der Zahnspitzen dadurch erreicht, daſs das Blatt je nach dem zu
bearbeitenden Holze in gleich lange Abschnitte getheilt wird (z.B. für weiches Holz
1m,400 lang) und die Zähne in diesen
Abschnitten gegen einander gleichförmig vorstehend in das Sägeblatt eingeschnitten
werden.
Hobelmaschine für Cigarrenkisten-Bretchen.
Von G. D. Bracker Söhne in Hanau (*D. R. P. Nr. 2820 vom
30. April 1878) wurde eine kleine Holzhobelmaschine angegeben, welche zum Hobeln der
einen Seite von Cigarrenkisten-Bretchen bestimmt, zwei feststehende Hobelmesser
besitzt, die in den Messerhaltern schräg zur Hobelrichtung angebracht, mit diesen
durch Keile im Bette der Maschine befestigt werden derart, daſs tue Schneiden um die
Spandicke über die horizontale Tischfläche emporragen. Die in Packeten am vorderen
Tischende aufgelegten Bretchen werden mittels eines am Tische gleitenden Schiebers
einzeln in die Vorschubwalzen geführt, deren hier zwei Paar vorhanden sind. Diese schieben das
Bretchen unter einer Druckvorrichtung mit zwei Druckrollen von kleinem Durchmesser
über das erste Messer hinweg, hinter welchem es von einem dritten Paare
Vorschubwalzen erfaſst, in gleicher Weise über das darauf folgende zweite Messer
geschoben wird, über dem wieder eine mit der vorgenannten gleiche Druckvorrichtung
vorhanden ist. Die Anordnung des dritten Walzenpaares ermöglicht es, daſs auch die
dünnsten Bretchen von 1,5 bis 2mm Stärke noch mit
Sicherheit gehobelt werden können. Die drei oberen Vorschub walzen, welche durch
Spiralfedern nach abwärts gedrückt werden, sowie die Druckvorrichtungen sind in
einem Gestelle vereinigt, welches um eine in Ständern über dem Tische gelagerte
Achse drehbar ist, und können mit dem Gestelle aufgeklappt werden, so daſs die
Messer frei liegen, was zur leichteren Bedienung der Maschine erforderlich ist. Der
Antrieb der Vorschub walzen erfolgt durch Zahnräder und Riemenscheibe. Nach Angabe
des Erfinders kann man auf dieser Maschine bei 10stündiger Arbeitszeit täglich etwa
30000 Bretchen hobeln.
Dampfkessel mit Dampfentwicklung durch Zuführung des
Speisewassers auf erhitzte Metallstangen.
J. G. A. Donneley und B. O.
Holtermann in Hamburg (*D. R. P. Nr. 2803 vom 1. März 1878) haben ein
Dampfkesselsystem construirt, in welchem Kupferbarren erhitzt werden, auf die nun
Wasser geleitet wird. Die sich entwickelnden Wasserdämpfe werden gemeinschaftlich
mit der schon vorhandenen überhitzten Luft der Maschine zugeführt. – Welche Vorzüge
dieser Apparat den gewöhnlichen Kesseln gegenüber haben soll, ist nicht gesagt;
jedenfalls ist bei demselben Abnutzung und Explosionsgefahr stärker als bei
diesen.
Zur Statistik der Dampfkessel-Explosionen.
In Frankreich explodirten i. J. 1877 22 Dampfkessel, wobei 40 Menschen getödtet und
32 verwundet wurden. Davon sind 3 Kessel in Folge schlechter Construction, 6 durch
Abnutzung, 2 durch äuſsere Corrosion (vgl. 1878 230 38),
9 in Folge von Wassermangel und 2 aus unbekannten Ursachen explodirt. (Nach den Annales des Mines, 1878 Bd. 14 S. 251.)
Feilenhärteofen mit Graphitröhren.
E. H. und C. Sievers in
Braunschweig (*D. R. P. Nr. 2576 vom 19. März 1878) haben einen Ofen construirt, in
dem eine Anzahl Graphitröhren liegen, welche die zu erhitzenden Feilen aufnehmen.
Nach ihrer Angabe wurden 400 bis 500k Feilen
gehärtet bei einem Brennstoffaufwand von 60k
Kokes. – Jedenfalls dürfte es sich empfehlen, Feuergase mit möglichst wenig
überschüssiger Luft anzuwenden, da die Graphitröhren sonst wohl von nicht langer
Dauer sein werden.
Ueber Nachweis und Untersuchung der schlagenden Wetter in den
Steinkohlenwerken; von Cl. Winkler.
In einem gef. eingesendeten Sonderabdruck aus dem Jahrbuch
für das Berg- und Hüttenwesen Sachsens, 1878 bespricht der Verfasser die
Apparate von Ansell (1877 223 546), Weyde (*1870 196 513) und Schöpfleuthner. Letzterer
empfiehlt als Indicator zur Sicherung gegen schlagende Wetter in Gruben und zur
Nachweisung von Stickluft in bereits verlassenen Stölln, Schächten u. dgl. eine Art
Wage, an deren einem Balkenende ein leichter, mit Luft gefüllter Glasballon hängt.
In normaler Luft steht die Wage im Gleichgewicht; mischen sich derselben aber
leichtere oder schwerere Gase bei, so geräth der Glasballon ins Sinken,
beziehentlich ins Steigen, und das entgegengesetzte Ende des Wagebalkens kommt
hierdurch mit einer elektrischen Leitung in Contact, schlieſst diese und bewirkt so
das Ertönen einer Lärmglocke.
Im Allgemeinen darf man nach Winkler wohl sagen, daſs
derartigen Untersuchungen von Fachleuten kein sonderlicher Werth beigemessen wird,
und A. Habets (Revue
universelle, 1877 Bd. 1 S. 94) hat sich über dieselben bei Gelegenheit
eines Berichtes über den Lemaire-Douchy'schen Apparat
in geradezu absprechender Weise geäuſsert. Die Klippe, an welcher alle Bestrebungen,
die in dieser Hinsicht gemacht werden, scheitern dürften, besteht in der
Schwierigkeit der Probenahme. Ist es für den Hüttenmann schon keine leichte Aufgabe,
einem Ofen eine richtige Gasprobe zu entnehmen, wie ungleich complicirter müssen
sich die Verhältnisse gestalten, wenn es sich darum handelt, einem mächtigen und
weit verzweigten Grubenbau eine relativ geringe Menge Luft zu entziehen, deren
chemische Untersuchung einen zuverlässigen Rückschluſs auf die Beschaffenheit der
Grubenwetter ermöglichen soll! Von welcher Stelle ab hat überhaupt die Probenahme zu
erfolgen? Wenn es auch möglich ist, das ganze Abbaugebiet mit einem Röhrennetze zu
durchziehen, dessen Hauptstränge zu Tage austreten und das Absaugen der Grubenluft
aus näheren oder entfernteren Zonen, geringeren oder gröſseren Teufen gestatten, so
wird doch die gezogene Probe im günstigsten Falle immer einen annähernden
Durchschnitt der die gesammte Grube oder deren einzelne Strecken und Oerter
erfüllenden Luft darstellen. Eine Durchschnittsprobe hat aber in dem einen wie im
anderen Falle nur zweifelhaften Werth, sofern es sich um Sicherung gegen
Explosionsgefahr handelt; denn sie wird ebenso wohl die reine Luft des
atmosphärischen Wetterstromes, wie die gasförmigen Aushauchungen der Kohle oder die
maſsige Gasemanation eines sogen. Bläsers in sich schlieſsen und, während ihre
chemische Untersuchung ein vielleicht völlig beruhigendes Ergebniſs liefert, können
in Wirklichkeit einzelne Theile des Grubenbaues mit den gefährlichsten Schlagwettern
erfüllt sein. Hat man doch derartige Verschiedenheiten oft genug auf der Sohle und
andererseits nahe der Forste einer und derselben Strecke beobachtet. Eben das locale
Auftreten des Grubengases, das allmälige Vorschreiten der Diffusion, die an gewisse
Grenzen gebundene Explosibilität des entstehenden Gasgemisches und auſser diesen
eine Menge anderer Umstände, die, wie z.B. Veränderungen im Wetterwechsel, in
Thermometer- und Barometerstand, von Einfluſs auf die Bildung der schlagenden Wetter
sein können, machen den Werth der chemischen Untersuchung der Grubenluft als Schutz-
und Warnungsmittel so ziemlich illusorisch, selbst dann, wenn die Probenahme an
denjenigen Punkten erfolgt, an welchen erfahrungsmäſsig die Ausströmung des
Grubengases vorwiegend stattfindet. Nicht minder wird es vorkommen, daſs die
osmotischen Lärmsignale das Grubenpersonal verfrüht, ja grundlos alarmiren, während
sie sich in Fällen höchster Gefahr schweigend verhalten; denn ihre Function wird
wesentlich beeinfluſst werden durch die Art der Aufstellung und die Richtung des
Wetterzuges in der Grube.
Trotz dieser klar zu Tage liegenden Miſsstände, welche die Abneigung des Bergmannes
gegen die chemische Untersuchung der Grubenwetter erklärbar erscheinen lassen,
dürfte aber doch die Frage in Erwägung zu ziehen sein, ob derartige Untersuchungen
nicht vielleicht aus anderen als rein praktischen Gründen der Beachtung von Seiten
des Fachmannes werth erscheinen. Es läſst sich schlechterdings nicht vorhersagen, zu
welchen Aufschlüssen über die Beschaffenheit, Bildung, Aufhäufung und Beseitigung
der schlagenden Wetter man vielleicht gelangen würde, wenn man den Beobachtungen,
wie sie jetzt vielfach behufs Feststellung der Ventilations-, Temperatur- und
Druckverhältnisse innerhalb der Grubenatmosphäre angestellt werden, auch noch die
regelmäſsig fortgesetzte Analyse der Grubenluft zufügen wollte. In den
Epinac-Kohlenbergwerken zu Montceau-les-Mines geschieht dies bereits; an
verschiedenen Betriebspunkten der Grube sind Grisoumeter (* 1878 227 262) aufgestellt und ein Vorarbeiter ist besonders
damit beauftragt, dem Grubendirector viermal während jeder Schicht Anzeige über den
Gehalt der Luft an Grubengas zu erstatten. Hierbei ergab sich u.a., daſs man an
einem Abbauorte, an welchem sich die Mannschaft völlig sicher glaubte, 1m,25 über der Sohle einen Gehalt von 4 Proc.
Grubengas vorfand, nahe der Forste aber die Luft im höchsten Grade explosiv war.
Besonders werthvoll, wie auch von wissenschaftlichem Interesse müſste es aber sein,
der Entstehung und Weiterverbreitung der Schlagwetter mit Hilfe des Grisoumeters
nachzuspüren, ihre Anhäufung beim plötzlichen Ausströmen aus Klüften, beim Entstehen
eines Bruches u. dgl. so gut als möglich ziffermäſsig festzustellen, an der Hand der
chemischen Untersuchung die Wirksamkeit der Ventilationsvorrichtungen und der
Verzehrungslampen zu erörtern, oder endlich die noch immer streitige Frage über die
Einwirkung der barometrischen Druckschwankungen auf das Ausbrechen der in der Tiefe
angesammelten Gase zur Entscheidung zu bringen. Ob derartige Untersuchungen wirklich
von tief greifendem Nutzen zu sein vermögen, dies läſst sich, wie bereits
ausgesprochen wurde, nicht vorhersagen; als völlig nutz- und erfolglos werden sie
sich aber sicherlich nicht erweisen.
Zur Kenntniſs der Metalllegirungen.
Bekanntlich haben Legirungen im Innern oft eine andere Zusammensetzung als in den
äuſseren Theilen (vgl. 1874 213 150. 214 153). Nach den Versuchen von W. Roberts (Annales de Chimie, 1878 Bd. 13 S.
111) zeigen zunächst die Silber- und Kupferlegirungen folgende Schmelzpunkte:
Feingehalt
AnnäherndeFormel
Schmelz-punkt
Feingehalt
AnnäherndeFormel
Schmelz-punkt
1000
Ag
1040,0°
569,6
Ag7Cu9
899,9°
925
Ag7Cu
931,1
561,1
Ag3Cu4
917,6
820,7
Ag3Cu
886,2
540,8
Ag20Cu29
919,8
798
Ag5Cu2
887,0
500
Ag3Cu5
940,8
773,6
Ag2Cu
858,3
497
Ag15Cu26
962,6
750,3
Ag7Cu4
850,4
459,4
AgCu2
960,8
718,93
Ag3Cu
870,5
250,5
AgCu5
1114,1
630,29
AgCu
846,8
Kupfer
Cu
1330
600
Ag7Cu8
857,0
Mit Hilfe dieser Schmelzpunkte zeigt der Verfasser, daſs im Allgemeinen die Mitte
eines Würfels silberreicher ist als die Ecken; nur bei der Legirung von 718,93
Feingehalt waren die Ecken wenig silberreicher als die Mitte. Verfasser bestimmte
ferner den linearen Ausdehnungscoëfficienten des Silbers zwischen 0 und 1050° zu
0,00003721, sowie die in folgender Tabelle zusammengestellten Dichtigkeiten und
Ausdehnungscoëfficienten von Gold-Kupferlegirungen, welche in der Art wie Münzen
geprägt waren (vgl. 1877 226 334):
Feingehalt
Dichte
Differenz
CubischerAusdehnungs-coëfficient
gefunden
berechnet
1,000
19,3203
19,3020
+ 0,0183
0,00004245
980,1
18,8385
18,8355
+ 0,0030
0,00004270
968,8
18,5805
18,5804
+ 0,0001
0,00004284
958,3
18,3562
18,3605
– 0,0043
0,00004296
948,4
18,1173
18,1378
– 0,0205
0,00004308
938,5[Au6Cu]
17,9340
17,9301
+ 0,0039
0,01004319
932,0
17,7911
17,7956
– 0,0045
0,00004326
922,8
17,5680
17,6087
– 0,0407
0,00004337
900,5[Au6Cu]
17,1653
17,1750
– 0,0097
0,00004360
880,5
16,8062
16,8047
+ 0,0015
0,00004380
861,4[Au2Cu]
16,4832
16,4630
+ 0,0202
0,00004399
Ueber die Darstellung und Verwendung von hoch silicirtem
Roheisen.
Es galt bisher als Thatsache, daſs Phosphor vom Eisen im Hohofen nicht getrennt
werden kann. Sämmtlicher in den Erzen enthaltene Phosphor findet sich im Roheisen
vor und in der Schlacke nur dann theilweise wieder, wenn dieselbe eisenhaltig ist.
Nach den Versuchen von J. L. Bell u.a. findet bei einer
Temperatur, wie sie im Hohofengestell herrscht, stets eine vollständige Reduction
der vorhandenen Phosphorsäure statt, und selbst in der Bessemerbirne ist es Bell nicht möglich gewesen, auch nur eine Spur von
Phosphor zu beseitigen.
Eine diesen Erfahrungen vollständig widersprechende Thatsache berichtet E. C. Pechin in der Metallurgical Review, 1878 Bd. 1 S. 515. Nach ihm werden auf der
Hohofenanlage zu Gore, Hocking County, Ohio, Rotheisensteine von folgender
Zusammensetzung verschmolzen:
EisenoxydManganoxydKieselsäureThonerdeMagnesiaPhosphorsäureSchwefelWasser
66,861,1021,642,351,070,7350,264,05
Metallisches EisenPhosphor
46,8 Proc 0,32 „
––––––
99,845
Als Zuschlag dient Kalkstein, bestehend aus:
Kieselsäure
4,1
Eisenoxyd
1,2
Kohlensaurer Kalk
91,2
Kohlensaure Magnesia
3,21
–––––
99,71.
Die Beschickung des Ofens besteht aus 750k Kohle, 450k
Erz und 225k Kalkstein. Die Windpressung beträgt
0k,21 auf 1qc bei einer Temperatur von über 425°. Von dem hierbei erblasenen Roheisen
liegen zwei Analysen vor, nämlich:
A
B
Graphit
2,045 Proc.
3,195 Proc.
Gebundener Kohlenstoff
0,635
1,325
Silicium
8,239
9,686
Phosphor
0,007
0,003
Schwefel
0,013
0,036
Die Analyse der das Roheisen A
begleitenden Schlacke ergab:
KieselsäureThonerdeManganKalkMagnesiaPhosphorsäureSchwefelEisen
43,0811,622,9037,132,350,231,920,32
Phosphor 0,10 Proc.
–––––
99,53.
Da nun kleine Bruchtheile des in den aufgegebenen Erzen enthaltenen Phosphors in
Roheisen und Schlacke wieder erscheinen, so ist es unzweifelhaft, daſs der gröſsere
Theil desselben durch die Hohofengicht entweicht. Man ist versucht, anzunehmen, daſs
diese Austreibung des Phosphors ihren Grund hat in der auſserordentlich hohen
Silicirung des Roheisens, bedingt durch die in dem Hohofen herrschende ungewöhnlich
hohe Temperatur.
Als Seitenstück hierzu führt E. Riley im Journal of the Iron and Steel Institute die merkwürdige
Thatsache an, daſs Roheisen mit 20 Proc. Silicium, welches er erzeugte, keinen Kohlenstoff
mehr enthielt, und daſs seiner Erfahrung nach überhaupt mit zunehmendem
Siliciumgehalt der Gehalt an Kohlenstoff abnimmt. Es ist nun möglich und sogar
wahrscheinlich, daſs Silicium einen ähnlichen Einfluſs auf den Phosphor wie auf den
Kohlenstoff hat.
Akerman theilt verschiedene Analysen mit, welche in der
Bergschule zu Stockholm angestellt worden sind und Obigem wenigstens nicht
widersprechen. Bei der Untersuchung phosphorhaltiger Eisensteine auf trockenem Wege
fand man nämlich häufig, daſs ein Theil des in den Erzen enthaltenen Phosphors
während der Behandlung entweicht, und ferner, daſs die Summe des Phosphorgehaltes im
Eisenkönig und in der Schlacke stets um so geringer ist, je höher die Temperatur
war, welcher der Schmelztiegel bei dem Versuche ausgesetzt wurde.
Wenn die hohe Temperatur auf die Austreibung des Phosphors indirect einen so groſsen
Einfluſs hat, so knüpft sich an die Mittel zur hohen Erhitzung der Gebläseluft ein
neues bedeutendes Interesse, und bleibt es weiteren Versuchen hierin vorbehalten, ob
in dieser Richtung wesentliche Fortschritte zu erwarten sind.
Wiedergewinnung des Zinns von Weiſsblechabfällen.
W. D. Walbridge in London (*D. R. P. Nr. 2739 vom 1.
Januar 1878) schlägt vor, in ein Bad von 3k
Aetznatron, 1k salpetersaures Natron und 7l Wasser oder 3k
Aetzkali, 1k salpetersaures Kali und 7l Wasser oder aber 0k,2 Aetzkali und 2k Kochsalz auf 7l Wasser die Blechabfälle als positiven Pol
einzutauchen, während das eiserne Gefäſs mit dem negativen Pol verbunden ist. Das
Zinn löst sich von den Blechschnitzeln und setzt sich metallisch an die Gefäſswände
ab.
Zur Kupfer- und Silbergewinnung auf nassem Wege.
A. Drouin in Paris und José de
Baxeres de Torres in Valladolid (D. R. P. Nr. 1577 vom 22. November 1877)
haben gefunden, daſs Silber- und Kupferhaltige Mineralien diese Metalle schon in der
Kälte an eine angesäuerte Lösung von Seesalz abgeben. Ein Zusatz von Braunstein
beschleunigt die Lösung des gebildeten Silber- und Kupferchlorides. Durch diese
kalte Behandlung wird somit das bisher übliche Glühen der Erze mit Kochsalz
überflüssig, der hierbei durch Verflüchtigung von Chlorsilber eintretende Verlust
vermieden. Enthält das Mineral Schwefel, Arsen oder Antimon, so wird es vorher
geröstet. Das gepulverte Mineral wird wiederholt mit der angesäuerten Salzlösung
behandelt, aus der erhaltenen Lösung das Silber durch Kupfer, das Kupfer mittels
Eisen gefällt. Die niedergeschlagenen Metalle werden ausgewaschen, getrocknet und in
einem gewöhnlichen Schmelzofen geschmolzen. Die zurückbleibende Salzlösung kann nach
dem Ansäuren wiederholt zum Ausziehen neuer Erze verwendet werden. (Vgl. S. 265 d.
Bd.)
Elektrolytische Bestimmung des Cadmiums.
Nach E. J. Smith (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1878 S. 2048) kann Cadmium aus einer
wässerigen Lösung der essigsauren Verbindung, deren Concentration etwa 1 : 50 ist,
leicht elektrolytisch bestimmt werden, wie folgender Versuch zeigt. Es wurden 145mg CdO in Essigsäure gelöst; die überschüssige
Säure wurde in einem Platintiegel auf dem Wasserbade verdampft, der Tiegel halb mit
Wasser gefüllt und mit dem negativen Pole einer zweizeiligen Bunsen'schen Batterie
in Verbindung gebracht. Mit dem positiven Pole war ein Platindraht verbunden,
welcher in die Acetatlösung eintauchte. Das Metall setzte sich in einer sehr
regelmäſsigen und krystallinischen Schicht auf den Seiten des Tiegels ab und war
nach 3stündigem Durchleiten des Stromes völlig ausgefällt. Nachdem der Tiegel auſser
Verbindung mit der Batterie gebracht und die verdünnte essigsaure Lösung abgegossen
war, wurde der metallische Niederschlag zuerst mit reinem Wasser, dann mit Alkohol
und schlieſslich mit
Aether gewaschen, sodann über Schwefelsäure getrocknet und gewogen. Das metallische
Cadmium wog 127mg, entsprechend 87,58 Proc. Die
berechnete Menge Cadmium in dem Oxyde ist 87,50 Proc.
Reynier's neue elektrische Lampe.
Bei seiner neuen Lampe (vgl. * 1878 227 399) läſst Emil
Reynier den Kohlenstab, welchem ein elastischer Contact den Strom an einer
Stelle zuführt, bis zu der hin der Stab glühen soll, sich mit der Spitze gegen den
Umfang einer sich drehenden Contactscheibe legen. So soll der Contact zwischen den
beiden Elektroden beständig gleich gut, das Licht daher ganz gleichmäſsig sein.
Zugleich soll die Scheibe die Asche der Kohle entfernen. Bei kräftiger
Elektricitätsquelle mögen mehrere Lampen in denselben Stromkreis gelegt werden.
Bei der einen Anordnung dieser Lampe schiebt der schwere Kohlenträger nicht nur die
Kohle in dem Maſse fort, wie sie abbrennt, sondern er ertheilt der Scheibe auch,
durch Räderübertragung, ihre drehende Bewegung. Bei einer neueren Anordnung legt
sich der Kohlenstab mehr seitwärts an die Scheibe; die Achse der Scheibe ist in zwei
einarmigen Hebeln gelagert, an welchen sich noch ein Bremsschuh befindet; der
Bremsschuh aber legt sich mit einer dem Druck des Kohlenstabes auf die Scheibe
entsprechenden Kraft gegen den glatten Kranz eines Rades, das von dem Stabträger
mittels Zahnstange und Getriebe in Umdrehung versetzt wird, und regulirt so das
Niedergehen des schweren Kohlenträgers. (Nach der Revue
industrielle, 1878 S. 477.)
Das Mikrophon als Empfänger.
Das Mikrophon pflegt gewöhnlich als telephonischer Sender benutzt und dazu nebst
einem als Empfänger dienenden Telephon in einen Stromkreis eingeschaltet zu werden.
Es läſst sich indeſsen auch als EmpfängerEine derartige Beobachtung machte auch Edison's
Assistent, Ch. Batchelor, an einem im August
1877 hergestellten, im Engineer, December 1878
Bd. 46 S. 415 beschriebenen Mikrophon, in welchem die maſsiven Kohlenplatten
durch mit Graphit überzogene Seidenfasern ersetzt sind.
gebrauchen und zwar nach den Comptes rendus, 1878 Bd.
87 S. 8 am besten in folgender Gestalt. In einer verticalen Tafel von der nämlichen
Gröſse wie bei einem gewöhnlichen Mikrophon bringt man ein Loch an, das groſs genug
ist, um das Hörrohr eines gewöhnlichen Bindfaden-Telephons darin zu befestigen,
jedoch so, daſs die Pergamentmembran in der nach dem Mikrophon hin liegenden Fläche
der Tafel liegt. Diese Membran trägt in ihrer Mitte ein Stückchen metallisirte
Tannenkohle, gegen welches sich unter sehr schwachem Druck ein zweites anlegt, das
am oberen Ende eines verticalen zweiarmigen Hebels sitzt; der Hebel und das erste
Kohlenstück sind in den Stromkreis der Batterie (4 bis 5 Leclanché-Elemente)
eingefügt, der Druck aber, den die beiden Kohlenstücke gegen einander ausüben, läſst
sich durch eine sehr feine Spiralfeder reguliren. Das Ganze ist in ein Kästchen
eingeschlossen, aus dem nur das Hörrohr heraustritt. Mit einem solchen Mikrophon
kann man Worte absenden und hören, doch minder deutlich wie mit einem Bell'schen Telephon.
Tahier's elektrische Uhr.
Bei einer elektrischen Uhr, mit welcher er die Pariser Ausstellung beschickt hatte,
ersetzt Ch. Tahier (Scientific
American Supplement, 1878 S. 2435) dem Pendel die durch Reibung und
Luftwiderstand verlorene Kraft durch einen stets von derselben Höhe herabfallenden,
bis dahin von einem Elektromagnete schwebend erhaltenen Körper. Hierbei schwingt das
(Secunden-)Pendel, mit einer 18k schweren Kugel an
seiner kiefernen Stange, auf seinem übrigen Wege ganz frei, seine Länge ändert sich
durch den Temperaturwechsel nicht merklich, und der Anstoſs, welcher ihm bei jeder
Schwingung ertheilt wird, hat stets die nämliche Gröſse und ist von der
Batteriekraft ganz unabhängig.
Es ist dies übrigens ganz die nämliche Art der Kraftersetzung, welche der
Uhrenfabrikant Sebastian Geist in Würzburg (vgl. * 1876
219 130) bereits zu Anfang dieses Jahrzehnts
angewendet hat.
E–e.
Nachahmung von Elfenbein.
Nach dem Reichspatent von B. Harras in Böhlen (D. R. P.
Nr. 3008 vom 9. März 1878) löst man zur Herstellung einer sogen.
„Elfenbein-Imitation“ zunächst 100g
Leim in 1l Wasser und 50g Alaun in 1l
Wasser und mischt ferner 50g gut gebleichte
Cellulose mit 3l,5 Wasser. Nun wird die
betreffende Metallform sorgfältig mit einer Mischung von gleichen Theilen Gänse- und
Schweinefett ausgepinselt; dann mischt man in einem irdenen Gefäſse 75g Leimlösung, 200g Cellulosenbrei, 200g Wasser und 250g fein gesiebten Gyps, fügt noch 200g Alaunlösung zu und mischt nochmals gut. Diese
Masse bringt man löffelweise in die Metallform, rüttelt dieselbe, damit die
Luftblasen entweichen und läſst bis zur empfangenen Verdickung ruhig stehen. Nun
bedeckt man die Masse mit Leinwand, preſst das überschüssige Wasser ab, läſst völlig
erstarren, reinigt das aus der Form genommene Stück mit heiſsem Wasser von Fett,
trocknet und tränkt es mit einem heiſsen Gemisch von gleichen Theilen Wachs und
Stearin. Nach dem Erkalten wird der Abdruck abgebürstet, bis der Elfenbeinglanz
hervortritt.
Tectolith, ein neues Bedachungsmaterial.
Als Grundlage dieses Bedachungsmaterials, welches die Asphaltdachpappe ersetzen soll,
dient ein Leinwand- oder Hanfgewebe. Daſselbe wird durch ein Gemisch von 10 bis 15
Th. Leim, 5 bis 6 Th. Glycerin, 15 bis 20 Th. Cellulose und 60 bis 70 Th. Wasser
hindurchgezogen, abgepreſst und auf beiden Seiten mit einer dünnen Schicht von
Holzpappe überzogen. Bei dem nun folgenden Asphaltiren setzt man nach dem Vorschlage
von F. A. Malchow in Leopoldshall (D. R. P. Nr. 3097
vom 7. März 1878) dem Goudron etwa 5 Proc. Infusorienerde zu.
Wasserdichte Zündhölzchen.
E. H. Cameron in Woolwich (D. R. P. Nr. 2773 vom 10.
April 1878) schlägt vor, Streichzündhölzchen dadurch widerstandsfähig gegen Wasser
zu machen, daſs man sie in geschmolzenes Wachs oder Paraffin taucht (vgl. 1875 218 171).
Seuchenfestigkeit und Constitutionskraft, und ihre Beziehung
zum specifischen Gewicht des Menschen.
Unter diesem Titel hat Prof. Jäger (bei Günther in Leipzig) ein Buch veröffentlicht, in welchem
er ausführt, daſs ein vermehrter Wassergehalt der Gewebe und Säfte des Körpers eine
der wesentlichsten Bedingung der Erkrankungsfähigkeit eines Menschen ist. Wir
schützen uns gegen Seuchen, wenn wir für möglichste Wasserabgabe durch Haut und
Lungen sorgen und alles vermeiden, was eine Wasseransammlung im Körper begünstigt.
Jäger empfiehlt daher: 1) Jahr aus Jahr ein
durchaus wollene, gut anliegende, stets geschlossene Bekleidung zu tragen. 2) Von
Zeit zu Zeit schweiſstreibende Körperbewegungen vorzunehmen, weshalb er z.B.
energisches Turnen in den Schulen für ein wirksames Vorbeugemittel gegen die
Kinderseuchen hält. 3) Bei Ausbruch von Seuchen Nachhilfe durch Schwitzbäder und
Genuſs von schweiſstreibenden Getränken (Thee, Kaffee, stärkeren Weinen und Bieren
u.s.w.), und von schweiſstreibenden Speisen (stark gewürzte, namentlich mit spanischem Pfeffer versetzte
Speisen). 4) Stete Lüftung der Wohn- und Schlafräume, damit in diesen die
Luftfeuchtigkeit keinen höheren Betrag erreichen kann.
Nach Jäger ist nun das specifische Gewicht eines
Lebenden ein genauer Maſsstab für die Constitutionskraft eines Menschen oder
Hausthieres, d.h. seiner Widerstandsfähigkeit gegen Krankheitsursachen (Erkältung,
Ansteckung) und seiner körperlichen und geistigen Arbeitsfähigkeit. Das specifische
Gewicht von Menschen, Pferden u.s.w. soll in folgender Weise bestimmt werden: Es
werden zwei luftdicht verschlieſsbare, durch eine Röhre verbundene Räume
hergestellt. Der eine ist ein Cabinet, in welches der Mensch oder das Thier
eintritt; der andere liegt unter dem Fuſsboden, und steht mit einer Wasserleitung
mit genügendem Druck in Verbindung. Beim Eintritt des Menschen sind beide Räume mit
Luft gefüllt; ist die Thüre hinter ihm luftdicht geschlossen, so wird der untere
Raum genau mit eingedrücktem Wasser angefüllt, so daſs sein Gehalt an Luft in den
oberen Raum herübergedrückt wird. Je gröſser nun der Raumgehalt des in dem oberen
Raum befindlichen Menschen ist, um so gröſser wird die Compression der Luft, welche
sich an einem angebrachten Quecksilbermanometer ablesen läſst. Ist der Apparat
vorher geeicht, so kann nun aus dem Quecksilberstand unmittelbar das Körpervolum
abgelesen werden. Auf einer gewöhnlichen Wage wird dann das Gewicht des Körpers und
durch Division das specifische Gewicht erhoben.
Herstellung fleischhaltiger Teigwaaren.
Nach J. Neſsler in Carlsruhe (D. R. P. Nr. 2756 vom 22.
Januar 1878) wird das rohe oder gedämpfte Fleisch rasch fein zermalmt, mit Mehl und
Eiern gemischt, zu dünnen Teigwaaren geformt und rasch getrocknet (vgl. 1878 226 209).
Zur Mehluntersuchung.
Nach A. Müntz (Comptes
rendus, 1878 Bd. 87 S. 679) enthält Roggen 3 bis 5 Proc. Synanthrose;
käufliches Roggenmehl enthielt 2,3 Proc. dieses im Topinambour vorkommenden Zuckers.
Weizen, Hafer, Gerste und Mais enthalten dagegen keine Synanthrose, sondern nur
Rohrzucker.
Conservesalz.
Nach dem Vorschlage von H. Jannasch in Bernburg (D. R.
P. Nr. 3059 vom 31. Juli 1877) werden gleiche Theile Chlorkalium, salpetersaures
Natron und Borsäure in Wasser gelöst, gemischt und zur Trockne verdampft. Das
zurückbleibende Salz, Borocat genannt, soll zum Conserviren von Nahrungsmitteln
verwendet werden.
Quantitative Spectralanalyse.
C. H. Wolff (Zeitschrift für
analytische Chemie, 1879 S. 38) bestimmt mittels der Spectralanalyse Kobalt
als Rhodamir in alkoholischer Lösung, Kupfer als Kupferoxydammoniak, metallisches
Eisen ebenfalls als Kupferoxydammoniak durch Reduction äquivalenter Mengen von
Kupfersalzen.
Zur quantitativen Bestimmung des Zinns.
In ähnlicher Weise wie Mène (1850 170 230) empfehlen H. Pellet und A. Allart im Bulletin de la
Société chimique, 1878 Bd. 27 S. 438 zur maſsanalytischen Bestimmung des
Zinngehaltes einer Lösung von Zinnchlorür Eisenchlorid. Die Zinnchlorürlösung wird
siedend so lange mit einer Eisenchloridlösung von bekanntem Gehalt versetzt, bis
eine schwach bräunliche Färbung auftritt.
Zur Werthbestimmung des Essigs.
Da der Gehalt eines Essigs an reiner Essigsäure nicht durch das Aräometer bestimmt
werden kann, so bleibt nur die Untersuchung auf chemischem Wege übrig. Bisher ist es
noch üblich, im Handel den Werth eines Essigs durch die Menge Kaliumcarbonat
auszudrücken, welche eine Unze oder 480 Gran Essig neutralisirt. Ein Essig, von
welchem 480 Gran 30 Gran kohlensaures Kalium neutralisiren, wird z.B. 30granig
genannt. Wie Bronner (Industrieblätter, 1878 S. 262) hervorhebt, hat sich nun allmälig ein
gewaltiger Unfug hierbei eingeschlichen, indem seit etwa 20 Jahren statt des reinen
kohlensauren Kaliums unreines angewendet wurde. Diese Unsitte ist am einfachsten
dadurch zu beseitigen, wenn der Essig nur noch nach dem Procentgehalt an reiner
Essigsäure gehandelt wird, der durch Titriren mit Normalalkali festzustellen ist
(vgl. 1877 228 287).
A. Hilger (Archiv der
Pharmacie, 1878 Bd. 213 S. 431) gibt folgende Anleitung zur Untersuchung
des Essigs (vgl. 1876 221 184). Zunächst werden etwa
20cc Essig mit 2 bis 3 Tropfen
Methylviolettlösung versetzt. Tritt keine Farbenänderung zu Grünblau oder Grün ein,
so wird dieselbe Probe im Wasserbade bis auf ein Dritttheil concentrirt, um
nachzusehen, ob nicht bei stärkerer Concentration dennoch vielleicht Farbenänderung
eintritt. Wird die Gegenwart freier Mineralsäuren bestätigt, so reihen sich direct
zwei Proben an: 1) Probe auf freie Schwefelsäure durch Concentration der Essigprobe
im Wasserbade auf ein kleines Volum und Zusatz eines Stückchen Rohrzuckers. 2) Probe
auf Salzsäure durch Destillation einer Essigmenge, am besten in einem
Fractionirkölbchen mit angelegtem Kühlrohre von Glas und Prüfung des Destillates mit
Silbernitrat (vgl. 1877 226 559).
Ein Essig mit Kahmpilzen (Mycoderma vini) ist zu
beanstanden, um so mehr er meist nicht einmal 2 Proc. Essigsäure enthält, während
ein guter Speiseessig mindestens 3 Proc. haben sollte.
E. Somstadt (Chemical News,
1878 Bd. 37 S. 199) zeigt, daſs reine Essigsäure bei 17,5° erstarrt; Rüdorff hatte 16,7° gefunden. Bemerkenswerth ist, daſs
beim Abkühlen einer Essigsäure von 79 Proc. C2H4O2 auf 0° reine
Essigsäure herauskrystallisirt, eine Erscheinung, welche im Winter zur Herstellung
derselben geeignet sein dürfte.
Zur Fabrikation der Weinsteinsäure.
Läſst man nach F. Dietrich in Murten (D. R. P. Nr. 2688
vom 19. April 1878) 188,1 Th. Weinstein, 100 Th. kohlensaures Calcium und 472 Th.
Wasser unter Druck auf einander einwirken, so erhält man 260 Th. krystallisirtes
weinsaures Calcium und eine Lösung von 100,1 Th. Kaliumbicarbonat in 400 Th. Wasser.
Nach der Formel: 2KC4H5O6 + CaCO3 = CaC4H4O6 + K2C4H4O6 + CO2 + H2O entwickelt sich zunächst freie Kohlensäure, die,
am Entweichen gehindert, das kohlensaure Calcium zu Bicarbonat löst, welches sich
mit dem Kaliumtartrat in folgender Weise umsetzt: K2C4H4O6 + CaCO3 + CO2 + H2O = CaC4H4O6 + 2KHCO3. Die
Gesammtreaction läſst sich durch die Zersetzungsgleichung: KC4H5O6 + CaCO3 = CaC4H4O6 + KHCO3
ausdrücken.
Man nimmt die Umsetzung am besten unter Umrühren in einem Mineralwasserapparate vor;
hat der anfangs entstehende Druck nachgelassen, so wird Kohlensäure nachgepumpt, bis
der Druck von einigen Atmosphären constant bleibt, die Zersetzung somit beendigt
ist. Das ausgeschiedene weinsaure Calcium wird in bekannter Weise auf Weinsäure
verarbeitet, die Lösung zur Gewinnung von kohlensaurem Kalium verdampft.
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Berichtigungen. In der Beschreibung der Kämmmaschine S. 134 Z. 9 v. o. ist zu lesen „Maschinen“ statt „Maschine“. In der Zeichnung des Piccard'schen Abdampfapparates Taf. 19 Fig. 3 im
Kessel A' lies „Salzsoole 108°“ statt „Salzsoole 180°“.