Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, Miszellen, S. 466 |
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Miscellen.
Miscellen.
Kohlenbrecher von Louis Wolf in Görlitz.
Bezug nehmend auf den Schluſsabsatz der Beschreibung dieser Maschine (* S. 424 d.
Bd.) ist zu bemerken, daſs die Erfahrung gezeigt hat, daſs Walzwerke und
Steinbrecher, welche nur durch Druck wirken, bei der Zerkleinerung von Kohlen weit
mehr Staub geben, als dies bei der Kohlenmühle oder Kaffeemühle der Fall ist,
welchem letzteren Apparat in seiner Wirkungsweise der Wolf'sche Brecher gleicht. Die Kaffeemühle wirkt zerreiſsend genau wie der
Kohlenbrecher, und wenn deren Verwendung bislang eine beschränkte war, so hat dies
seinen Grund darin, daſs die Auswechslung der Backen, d.h. der arbeitenden Theile,
eine theure und umständliche ist. Die Kaffeemühle hat auſserdem noch den Nachtheil,
daſs, wenn harte Gegenstände zwischen die Zähne kommen, diese keinen Ausweg finden
und leicht Brüche herbeiführen, was mit ein Hauptgrund ist, daſs dieser Apparat mehr
oder weniger in Miſscredit gekommen ist.
L. W.
Walzwerk mit selbsttätiger Rückführung.
Um das bei älteren Werken übliche zeitraubende Ueberheben des Walzstückes über die
obere Walze zu vermeiden, ist man dazu übergegangen, 3 Walzen über einander an
Stelle der bisherigen Walzenpaare zu verwenden. Nach O.
Helmholtz in Bochum (* D. R. P. Nr. 7134 vom 23. Januar 1879) soll nun aber
auch bei den alten Walzwerken das lästige Ueberheben vermieden werden. Hierzu
benutzt er das in Folge der Ungleichheit der Walzendurchmesser bedingte Bestreben
des Walzstückes, sich um die kleinere Walze aufzuwickeln. Im vorliegenden Falle
macht man im Gegensatze zum bisherigen Gebrauch die Oberwalze kleiner und verstärkt
das Bestreben zum Aufwickeln durch gröſsere Differenz der Walzendurchmesser, sowie
durch Verringerung der sogen. Bereitung. Die Eisenstäbe, „Hunde“ genannt,
welche mit einer Schärfe das Walzstück dicht unter der Unterwalze abstreifen, werden
bei dem vorliegenden Walzverfahren auf die andere Seite der Walze nach oben verlegt.
Um nun das um die Oberwalze sich wickelnde Walzstück wieder gerade zu biegen, wird
eine kleine Walze oder Rolle angewendet, die sich unmittelbar über der oberen Walze
befindet und im Verein mit dem „Hund“ das Walzstück auf die Vorderseite zu
den Arbeitern zurückführt. Diese Methode läſst sich aber ebenso für die Unterwalze
einrichten; in manchen Fällen kann die kleine Führungswalze auch fehlen.
Packpresse mit Schaltmechanismus; von Gildemeister u. Comp. in
Bielefeld.
Zu beiden Seiten des Preſskastens, für das zu pressende Material bestimmt, befinden
sich mit demselben auf gleichem Fundament zwei eiserne Böcke zur Aufnahme von
Zahnstangen, deren obere Enden an zwei Hebelarme gehängt werden, welche sich an den
beiden Enden des Querbalkens des Deckels befinden. In jedem Bocke ist sodann ein
Hebel gelagert, der mit einer beweglichen Sperrklinke versehen ist, welche beim
Niederdruck des Hebels in einen Zahn der Zahnstange greift und dieselbe, mithin auch den
Preſsdeckel, um eine Zahnlänge abwärts zieht, um welches Maſs also auch die Höhe des
Materials im Kasten verringert wird. Eine tiefer im Bock gelagerte zweite bewegliche
Sperrklinke ist inzwischen in einen der unteren Zähne der Zahnstange eingesprungen
und hält diese fest, während oben der Zahn des Hebels in den folgenden Zahn der
Zahnstange eingreift u.s.f. Letztere bewegt sich zur leichteren Führung über im Bock
befestigte Rollen.
Der Kasten selbst, dessen Wände unter einander durch Gelenkbänder verbunden, ist auch
an dem Fundament durch starke Bänder befestigt und besteht aus zwei vollständig
niederzulegenden, sonst aber durch eiserne Vorlegstangen fest verbundenen Hälften
und wird, nachdem das zu pressende Material eingefüllt und festgestampft, durch den
aufzulegenden Deckel geschlossen. Dann werden die Zahnstangen angehängt, zuvor
jedoch auf beiden Seiten die unteren Sperrklinken, welche erstere festhalten, auf
einen Augenblick durch Aufheben und Vorstecken eines Stiftes ausgesetzt, bis das
Anhängen geschehen, und beginnt hierauf das Pressen durch gleichmäſsigen Hebelduck,
wie oben beschrieben.
Läſst sich kein Druck mehr ausüben, so wird der Kasten nach Wegnahme der
Vorlegstangen aus einander geklappt und niedergelegt, und kann nun der freiliegende
und durch den Deckel noch festgehaltene Ballen in allen Richtungen geschnürt werden.
Ist der Ballen fertig geschnürt, so werden die Zahnstangen von dem Querbalken des
Deckels durch Niederdruck der Hebel, in denen sie hängen, leicht befreit, und die
Arbeit beginnt von neuem. Deckel und Querbalken sind durch Gegengewichte
ausbalancirt. (* D. R. P. Nr. 2373 vom 2. September 1877.)
Vorrichtung zum Verhindern des Platzens von
Wasserleitungsrohren beim Einfrieren und Aufthauen.
Um das so lästige Platzen von Röhren zu verhüten, ziehen R.
Vogdt und R. Otto in Potsdam (* D. R. P. Nr.
7854 vom 4. Mai 1879) in das zu sichernde Stück der Leitung einen Gummischlauch ein
von etwa der halben lichten Weite des Bleirohres als äuſseren Durchmesser. Der
Schlauch mündet an seinem oberen Ende in eine offene, gegen das Bleirohr
abgeschlossene Hülse, während er an seinem unteren Ende an ein Zweigrohr des
Wasserleitungshauptrohres angeschlossen wird; diese Verbindung kann mittels eines
Hahnes passend gesperrt oder geöffnet werden.
Ist das Hauptrohr eingefroren, so wird der Hahn, welcher ebenso wie das Zweigrohr an
einer stets frostfreien Stelle liegen muſs, geöffnet; das Wasser flieſst durch den
Gummischlauch und thaut das Eis in dem denselben um schlieſsenden Bleirohre auf. Ist
die Aufthauung erfolgt, so wird der Hahn geschlossen und dient in dieser Stellung
zur Entleerung des Gummischlauches. Um das zum Aufthauen zu verwendende Wasser
erwärmen zu können, ist in das Zweigrohr eine kupferne Kugel eingeschaltet, in
welcher das Wasser mittels einer Lampe erwärmt wird.
Wiegenaufhängungsmethode für Glocken.
Paul Burkhardt in Stuttgart (* D. R. P. Nr. 8426 vom 20.
Mai 1879) hat eine bemerkenswerthe Construction für die Aufhängung von Glocken
angegeben. In einfacher Weise ist hier die gleitende Reibung durch rollende ersetzt
und gleichzeitig ist die Lage des Schwerpunktes zur Unterstützung eine solche, daſs
die Glocke angemessen schwingt und die Beitöne nicht verloren gehen. Die
guſseisernen Lager des Glockenstuhles haben die Form von Scheibensegmenten, auf
welchen sich die Glocke wiegenartig bewegt mittels
entsprechend geformter Guſsstücke, welche auf den Glockenbalken festgeschraubt sind;
diese Guſsstücke haben an ihrer der Glocke zugekehrten Seite Spurkränze, um
seitliche Verschiebungen auszuschlieſsen. Zur Vermeidung des Gleitens in der
Schwungrichtung selbst stehen die Lager mit den Wiegen durch Verzahnung in
Eingriff.
Hf.
Appreturmaschine von Moritz Jahr in Gera.
Die Verbesserungen an dieser Maschine (* D. R. P. Nr. 6978 vom 4. December 1878)
beziehen sich darauf, daſs das Gewebe in gleichmäſsiger Richtung in die Maschine
einläuft, überall nahezu gleichmäſsig gespannt ist, daſs man die Leisten desselben
dämpfen und nässen kann, um die vorhandenen Nadellöcher zu entfernen, daſs alle
Walzen in der Maschine sich leicht drehen und das Schmieren ihrer Zapfen zum Theil
vermieden ist, daſs endlich die Waare je nach Wunsch und Bedürfniſs mit einer
beliebigen aber gleichmäſsigen Geschwindigkeit appretirt werden kann.
Das Gewebe kommt zuerst in einen Gummirapparat, wobei die Spannung desselben regulirt
wird. Alsdann erhält es eine solche Führung, daſs die Leisten richtig laufen, worauf
es nach einander auf drei Trockencylinder gelangt und zuletzt straff aufgewickelt
wird.
Der Antrieb und der Zug der Waare erfolgen vom letzten Apparat aus und sind hierfür,
damit das Gewebe mit möglichst kleiner Spannnng und mit gleichbleibender
Geschwindigkeit läuft, folgende Vorrichtungen angebracht: Die Zapfen der
Trockentrommeln liegen auf Reibungsrollen; der Gummirapparat wird durch den Mechanismus betrieben und seine
Walzengeschwindigkeit durch eine Spannrolle regulirt, welche den Riemen auf dem
Antriebconus entsprechend einstellt. Wird die Waare locker, so verschiebt die
bewegliche, in einem Sack des Gewebes hängende Rolle den Treibriemen des
Gummirapparates in solcher Weise auf seinen Conussen, daſs die Gummirwalzen
langsamer laufen, und umgekehrt, bis die Gummirwalzen mit derselben
Umfangsgeschwindigkeit sich drehen wie die Aufdockrolle. Die Netz- und
Dämpfvorrichtung besteht in fein gelochten, über und unter der Kante des Gewebes
liegenden kupfernen Röhren, welche der Breite des Gewebes entsprechend verstellt
werden können. Ihre aufwickelnde Drehung erhält die Aufdockwalze durch
Riemenconusse, Kurbel, Hebel, Sperrklinke und Sperrrad und regulirt die gröſsere
Füllung den Hub der Klinke in solcher Weise, daſs die Oberflächengeschwindigkeit der
Walze, also auch die Auflaufgeschwindigkeit der Waare, immer die nämliche
bleibt.
E. L.
Mehlsieb von L. H. Thomas in Reading, Mich.
Dieses in Nordamerika patentirte Mehlsieb hat korbförmige Gestalt; in der Mitte des
Siebbodens erhebt sich eine kleine, mit einer Art Scale versehene Säule, an welcher
die Menge des bis zu dem einen oder den andern Säulenring reichenden Mehles
abgelesen werden kann. Beim Gebrauch faſst man das Sieb am Säulengriffe, taucht es
in das Mehl und ertheilt dem Korb zugleich eine Drehung. Dadurch siebt sich das Mehl
durch die Maschen des Bodens und Mantels von auſsen ins Innere des Siebkorbes bis
zur verlangten Höhe.
Vorrichtung zum Abtragen von Maſsen; von Martin Wegmann in
Stuttgart.
Zwei Dreiecke oder ein Dreieck und ein Lineal, aus Holz oder Metall, tragen Maſsstäbe
und Nonien und dienen dazu, um bei Anfertigung von Bauzeichnungen oder Construction
der Aufnahmen mittels Coordinaten und in zahlreichen andern Fällen das Auftragen von
Maſsen schnell und sehr genau ausführen zu können, sowie auch von fertigen
Zeichnungen Maſse abzunehmen, ohne dieselben mit Zirkelstichen zu beschädigen. Die
Hypothenusenfläche des einen Dreieckes (oder das Lineal) trägt eine Theilung und die
eine Kathete des Dreieckes einen Nonius; eine Modifikation besteht darin, daſs die
beiden Katheten eines rechtwinklig gleichschenkligen Dreieckes je zwei Nonien
tragen. Man kann nun, ohne die Lage des Lineals zu ändern, mit Hilfe dieses
Dreieckes ganze Figuren aus ihren Coordinaten auftragen. Von der Art der Ausführung
der Constructionen mittels der Wegmann'schen Dreiecke
(* D. R. P. Nr. 1044 vom 4. Juli 1877) unterrichtet man sich auf die einfachste
Weise durch Anfertigung von solchen aus Pappe u. dgl., oder durch Auftragen einer
beiläufigen Theilung auf den Seiten zweier Dreiecke, und gewinnt so das beste Urtheil
über die praktische Verwendbarkeit. M. Wegmann führt
diese von ihm „Distanzmesser“ genannten Apparate für verschiedene Maſsstäbe
und Theilungsverhältnisse nach Wunsch und Bedürfniſs aus.
R.
Verfahren zur Herstellung künstlichen Leders für
lithographische Rollen.
Die Bestandtheile dieses künstlichen Leders von Gripekoven
und Comp. in Brüssel (D. R. P. Nr. 8738 vom 31. Juli 1879) bilden 20 Th.
Syrup, 20 Th. Leim, 3 Th. Salpeter, 3 Th. Zucker, 5 Th. Wasser, 1 Th. Mandelöl und 1
Th. Chromgelb, sowie schwefelsaure Thonerde und Potasche. Diese Stoffe werden auf
dem Wasserbade erwärmt und die Mischung wird in heiſsem Zustande in eine runde
metallene Form gegossen, nachdem zuvor in letztere eine hölzerne Walze, welche um
1cm schwächer ist wie die Form, als Kern
eingebracht worden ist. Nachdem die Flüssigkeit vollständig erkaltet ist, wird die
Walze aus der Form herausgezogen und die Rolle 10 Stunden lang in ein aus einer
Auflösung von 1 Th. schwefelsaurer Thonerde, 1 Th. Potasche und 10 Th. Wasser
bestehendes Bad gebracht und an der Luft getrocknet. Nach 4 bis 5 Tagen hat sich um
dieselbe eine steife and gegen das Wasser vollständig undurchdringliche Haut
gebildet.
Zur Herstellung von Celluloïd.
Nach G. Magnus und Comp. in Berlin (D. R. P. Nr. 8273
vom 6. November 1878) löst man in einer Mischung von 100 Th. Aether und 25 Th.
Kampfer 50 Th. Collodiumwolle und behandelt die erforderlichenfalls mit Farben
versetzte Masse so lange zwischen Walzen, bis sie plastisch geworden ist. Die
erhaltenen Platten läſst man an der Luft liegen, bis sie hart und polirbar sind. Zur
Herstellung von Billardbällen, Kegelkugeln u. dgl. werden die zusammengerollten
Platten geraspelt, bei 106° getrocknet, in Metallformen gepreſst und auf 120°
erwärmt. (Vgl. S. 203 d. Bd.)
Specifische Wärme und Schmelzpunkt verschiedener
Metalle.
Nach J. Violle (Comptes
rendus, 1879 Bd. 89 S. 702) läſst sich die specifische Wärme des Iridiums
ausdrücken durch die Formel:
C0'
= 0,0317 + 0,000006 t,
sie ist demnach bei 100° = 0,0323, bei 1400° aber 0,0401.
Derselbe hat, bezogen auf Luftthermometer, folgende Schmelzpunkte bestimmt: Silber
954°, Gold 1035°, Kupfer 1054°, Palladium 1500°, Platin 1775° und Iridium 1950°.
Ueber die galvanische Oxydation des Goldes,
Taucht man einen Golddraht als positive Elektrode in verdünnte Schwefelsäure, so löst
sich derselbe auf, wie bereits Grotthus beobachtete und
nun Berthelot (Comptes
rendus, 1879 Bd. 89 S. 683) bestätigt. Bei Anwendung von verdünnter
Salpetersäure löst sich das Gold ebenfalls und es scheidet sich ein violetter
Niederschlag aus; Phosphorsäure und Kalilauge dagegen greifen das Gold nicht an.
Neue galvanische Säule mit circulirender Flüssigkeit; von L.
Ponci.
Rechteckige, am einen Ende schnabelförmig gebogene (17cm lange, 6cm breite) Bleirinnen sind in
schräger Lage (mit 15mm Neigung) so über einander
gelegt, daſs der Schnabel der ersteren über dem breiten Ende der darunter
befindlichen sich befindet u.s.f. In den Rinnen liegt eine amalgamirte Zinkplatte,
auf derselben eine mit zwei Kautschukringen versehene, dadurch von ihr isolirte
Kohlenplatte, die unter dem Schnabel der oberen Bleirinne durchbohrt ist. Die
Bleirinnen tragen Drähte, die Kohlenplatten am oberen Ende Klemmschrauben, durch die
sie abwechselnd verbunden werden. Durch Kautschukheber wird durch ein System solcher Elemente eine
Lösung von chromsaurem Kali geleitet (200g K2Cr2O7, 2l Wasser, 1l käufliche Salzsäure; bei längerem Gebrauch kann
man 3 bis 6l Wasser und 100 bis 150cc Salzsaure jedem Liter der Lösung zusetzen).
Eine Säule von 99 solchen Elementen gibt einen Lichtbogen wie eine Säule von 60
Bunsen'schen und ist für die Dauer constant. (Nach der Natura, 1879 Bd. 3 S. 402 durch die Beiblätter zu
den Annalen der Physik, 1880 S. 66.)
Edison's neueste Lampe.
Edison erzeugt das Glühlicht nicht mehr mit Platin,
sondern mit Kohlenstückchen, die er aus hufeisenförmig ausgestanzten Papierstücken
herstellt, indem er dieselben erst der trocknen Destillation unterwirft und dann
zwischen Lagen von Seidenpapier in eisernen Kästen glüht. Die Hufeisen werden mit
den Schenkeln in Platinklemmen befestigt und durch diese in Parallelschaltung in den
Stromkreis eingeschaltet; sie brennen in einem bis auf 1 Milliontel verdünnten
Räume. (Nach dem Scientific American, 1880 Bd. 42 S.
19.)
E–e.
Ueber die Beschaffenheit des Erdinnern.
Nach W. Thomson muſste die Erde im Innern fest sein, da
nach den Versuchen von Bischof die Zusammenziehung der
geschmolzenen Silicate beim Erstarren 20 Proc. beträgt. Schon Mallet hatte aber gefunden, daſs diese Zusammenziehung
nur etwa 6 Proc. beträgt, und W. Siemens (Beiblätter zu den Annalen der Physik, 1880 S. 24)
zeigt, daſs beim Glase diese Zusammenziehung hauptsächlich beim Uebergang aus dem
leichtflüssigen in den zähflüssigen Zustand eintritt. Es wurden zwei gleiche, oben
etwas verengte Tiegel aus Glashafenmasse gefertigt und der eine in dem Schmelzraume
(Temperatur 1600 bis 1700°), der andere im Arbeitsraume (Temperatur 1200 bis 1300°)
mit möglichst blasenfreier Glasmasse bis zum Rande gefüllt, dann langsam im Kühlofen
abkühlen gelassen und durch Eingieſsen von Quecksilber die Volumenveränderung
bestimmt; es ergab sich:
Vol. d. festenGlases
Vol. der Höhlung
Veränd. d. Vol. in Proc.des festen Glases
Temp.
I
1050cc
84,7cc
8,07
1650°
II
1080
36,4
3,37
1250
Das flüssige Glas dehnt sich also für 100° um 1,18 Proc., das feste bekanntlich um
0,24 Proc. aus. Um die Volumenänderung beim Uebergang aus dem plastischen in den
festen Zustand zu bestimmen, wurde eine weite Glasflasche in einer kalten eisernen
Form geblasen, noch dunkelroth glühend herausgenommen und ihr Umfang nach dem
Erkalten zu 293cm,3 gemessen; ein in derselben
Form erstarrter Gypsklumpen hatte einen Umfang von 290cm,2. Ist die Temperatur des rothglühenden Glases etwa 800° und setzt man
seine lineare Ausdehnung gleich 0,0008 auf 100°, so wäre die Contraction des festen
Glases etwa doppelt so groſs als die gefundene; es hätte also eine Ausdehnung beim
Erstarren stattfinden müssen, worauf auch Messungen Mallet's über die Dimensionen von Spiegelglasplatten im rothglühenden und
kalten Zustande hinweisen. Nach diesen Versuchen würden mittels der W. Thomson'schen Rechnungen folgen, daſs das Innere der
Erde nicht starr, sondern zähflüssig öder plastisch ist. Durch eine solche Masse
pflanzt sich aber jede Störung äuſserst langsam fort und könnten ihre Fluth- und
Ebbebewegungen äuſserst wenig die an der Erdoberfläche vermindern.
Vorkommen von Leucin und Tyrosin in Kartoffelknollen.
E. Schulze und J. Barbieri
(Chemisches Centralblatt, 1879 S. 773) haben
Kartoffelknollen in Scheiben zerschnitten, getrocknet, zerrieben und mit starkem
Weingeist ausgekocht. Der Alkohol der erhaltenen Lösung wurde abdestillirt, der
Rückstand in Wasser aufgenommen, die Lösung mit Bleiessig ausgefällt. Das Filtrat
wurde durch Schwefelwasserstoff vom Blei befreit, dann zum dünnen Syrup
eingedunstet. Nach mehrtägigem Stehen schied sich eine anscheinend unkrystallinische
Substanz ab, welche sich unter dem Mikroskope als aus hyalinen, kugeligen Aggregaten (deren Aussehen
demjenigen des ganz unreinen Leucins glich) zusammengesetzt zeigte. Dieselbe wurde
durch Absaugen mittels der Wasserluftpumpe und Abpressen zwischen Filtrirpapier von
der dicken Mutterlauge befreit, dann wieder in wenig heiſsem Wasser gelöst. Beim
Erkalten lieferte die Lösung zunächst eine Ausscheidung von Tyrosin. Dasselbe
bildete, durch nochmaliges Umkrystallisiren aus Wasser gereinigt, eine lockere,
weiſse Masse, welche sich sehr schwer in kaltem, leichter in kochendem Wasser, sehr
leicht in Ammoniakflüssigkeit löste und unter dem Mikroskope die Formen des Tyrosins
(feine, zu Büscheln vereinigte Nadeln) zeigte. Sie gab, schon bei Anwendung höchst
geringer Substanzmengen, die charakteristischen Tyrosin-Reactionen. Beim Erhitzen
mit Millon'schem Reagens wurde ihre Lösung tief rosenroth; beim Erkalten schied sich
ein rothbrauner Niederschlag aus (Hoffmann's Reaction). Wurde sie mit einigen
Tropfen concentrirter Schwefelsäure ½ Stunde lang auf 50° erhitzt, die Lösung mit
Wasser verdünnt und nach dem Sättigen mit kohlensaurem Barium filtrirt, so gab das
Filtrat auf Zusatz von sehr verdünnter Eisenchlorid-Lösung eine schön violette
Färbung (Piria's Reaction). Dieses Verhalten beweist, daſs die fragliche Substanz
Tyrosin war. – Es mag hier Erwähnung finden, daſs J.
Borodin auf mikrochemische Weise schon früher Tyrosin in Kartoffeln
nachgewiesen hat (vgl. Botanische Zeitung, 1878 Nr. 51
und 52). – Aus der Mutterlauge vom Tyrosin schied sich bei weiterem Eindunsten in
Krusten und krümligen Massen eine Substanz ab, welche, nachdem sie durch mehrmaliges
Umkrystallisiren aus ammoniakalischem Weingeist gereinigt war, vollkommen das
Aussehen und das Verhalten des Leucins zeigte. Sie krystallisirte in glänzenden
weiſsen Blättchen, welche nach dem Trocknen sich mit Wasser nur sehr langsam
benetzten, in heiſsem Wasser sich leicht lösten. Beim vorsichtigen Erhitzen im
Glasröhrchen verflüchteten sie sich ohne Rückstand zu einem weiſsen, wolligen
Sublimat; bei stärkerem Erhitzen trat der eigenthümliche Geruch (nach Amylamin) auf,
welchen Leucin bei der Zersetzung entwickelt. Wenn eine Probe derselben in
Salpetersäure gelöst und die Lösung auf einem Platinbleche verdunstet wurde, so
blieb ein farbloser Rückstand, welcher sich in Natronlauge mit gelber Farbe löste;
diese Lösung zog sich bei vorsichtigem Verdunsten zu einem öligen, auf dem
Platinbleche umherrollenden Tropfen zusammen (Scherer's Reaction). Die wässerige
Lösung der Substanz löste Kupferhydrat mit blauer Farbe; aus der so erhaltenen
Flüssigkeit krystallisirte eine in Wasser schwer lösliche Kupferverbindung in
hellblauen Warzen.
Ueber die Verbindungen der Phosphorsäure im
Thierkörper.
Nach L. Joly (Comptes
rendus, 1879 Bd. 89 S. 756 und 958) gaben 100g trockne Nervensubstanz in der Asche:
Gehirn von
Rückenmark
Kalb
Ochsen
des Ochsen
Freie Phosphorsäure
–
0,095g
0,874g
Phosphors. Kalium
4,774g
1,851
2,310
„ Calcium
0,104
0,206
0,105
„ Magnesium
0,054
0,178
0,076
„ Eisen
0,088
0,309
0,154
––––––––––––––––––––––––––––––
5,020
2,639
3,519
Die Muskelfaser enthält in 100g:
Kalb
Ochse
mager
fett
Phosphors. Alkali
0,971g
0,201g
1,201g
„ Calcium
0,099
0,060
0,350
„ Magnesium
0,135
0,093
0,430
„ Eisen
0,042
0,040
0,065
––––––––––––––––––––––––
1,247
0,394
2,046
Nicht an Phosphorsäure gebundenes Eisenoxyd ist nicht
vorhanden.
Ueber die Zusammensetzung des Hirschhorns.
Nach A. Bleunard (Comptes
rendus, 1879 Bd. 89 S. 953) besteht Hirschhorn aus 44,9 bis 45,03 Proc.
Kohlenstoff, 7,0 bis 7,3 Proc. Wasserstoff, 15,5 bis 16,01 Proc. Stickstoff und 2,3
bis 2,4 Proc. Asche. 100g Hirschhorn mit 3008
Bariumhydrat auf 150° erhitzt gaben 2g,7 Ammoniak,
3g Kohlensäure, 3g,2 Oxalsäure und 1g,2 Essigsäure,
ferner einen festen Rückstand. Hiernach ist das Hirschhorn ein niederes Homologe des
coagulirten Hühnereiweiſses und entspricht der Formel C168H302N47O88.
Vergiftung mit schwedischen Zündhölzern.
Ein wesentlicher Umstand, welcher der Verbreitung der so genannten schwedischen oder
Sicherheits-Zündhölzer das Wort redet, ist die Möglichkeit, dadurch die Zahl der
Phosphorvergiftungen einzuschränken, da zur Reibfläche amorpher Phosphor verwendet
wird. Nichts desto weniger kann die eigentliche Zündmasse, wie Th. Husemann im Archiv der
Pharmacie, 1879 Bd. 12 S. 518 hervorhebt, Vergiftungen herbeiführen, da sie
doppeltchromsaures Kali, etwas Phosphor und Arsen enthält. Auch die Streichfläche
der Jönköpinger Zündhölzchen enthält Arsen und Antimon. Dieser Arsengehalt rührt
theils vom Schwefelantimon, gröſsten theils aber vom amorphen Phosphor her. Der zur
Herstellung der Streichflächen verwendete amorphe Phosphor enthielt 1,80 Proc.
gewöhnlichen Phosphor und im Mittel 0,9 Proc. Arsenik. Bei starkem Verbrauch ist
somit die Möglichkeit einer chronischen Arsenvergiftung keineswegs ausgeschlossen
und sollte daher ein an Arsen freier Phosphor verwendet werden.
Sotnitschewsky zeigt in der Zeitschrift für physiologische Chemie, 1879 S. 391, daſs bei
Phosphorvergiftungen noch während des Lebens Leucin und Tyrosin in der Leber
gebildet werden.
Eine neue Verbindung des Wasserstoffes mit Silicium.
Nach J. Ogior (Coniptes
rendus, 1879 Bd. 89 S. 1068) zersetzt sich reiner Siliciumwasserstoff durch
den elektrischen Strom unter Abscheidung eines gelben Körpers Si2H3 und
Vergröſserung des Gasvolumens. Durch heftigen Stoſs wird diese Verbindung
entzündet.
Bestimmung des Schwefelgehaltes der Kiese.
Im Anschluſs an seine frühere Mittheilung (1878 227 97)
zeigt R. Fresenius (Zeitschrift
für analytische Chemie, 1880 S. 55), daſs alle Methoden der
Schwefelbestimmung in Pyriten, bei welchen die durch Oxydationsmittel auf nassem
Wege erzeugte Schwefelsäure durch Chlorbarium aus der Eisenchlorid enthaltenden
sauren Lösung gefällt wird, zwei Fehlerquellen haben: den Eisenoxydgehalt des
schwefelsauren Baryts und die Löslichkeit des Bariumsulfates in der sauren,
Eisenchlorid haltigen Flüssigkeit. Im Allgemeinen steigern erhöhter Gehalt an freier
Salzsäure und rasches Abfiltriren das Gelöstbleiben des schwefelsauren Baryts und
vermindern seinen Eisengehalt, während ein geringer Gehalt an freier Salzsäure und
Abfiltriren nach längerem Stehen das Gelöstbleiben des schwefelsauren Baryts
vermindern und seinen Eisengehalt erhöhen. Dabei ist geeignete und gleiche
Verdünnung der zu fällenden Flüssigkeiten vorausgesetzt.
G. Lunge hebt dagegen in der Chemikerzeitung, 1880 S. 84 hervor, daſs nach seinen Erfahrungen die
Bestimmungen mit Königswasser nie gröſsere Abweichungen unter einander gezeigt
hätten als 0,25 Procent; auch habe er nie eine nachträgliche Trübung des ersten
Filtrates beobachtet. Eine rothe Färbung des geglühten Niederschlages hat Lunge nie wahrgenommen; nur hin und wieder war der
Niederschlag etwas gelblich. Daſs durch Schmelzen nach Fresenius etwa 1 Proc. Schwefel mehr gefunden wurde als mit Königswasser,
erklärt sich sehr wahrscheinlich dadurch, daſs bei der trocknen Aufschlieſsung auch
der Schwefel des Bleiglanzes und Schwerspaths mit in Lösung geht, während bei der nassen
Aufschlieſsung dieser Schwefel nicht mit bestimmt wird, was Lunge ausdrücklich als Vorzug seines Verfahrens erwähnt, weil dieser
Schwefel für den Fabrikanten werthlos ist.
Verarbeitung von Galmeirückständen und Zinkabfällen.
Nach A. Gurlt in Bonn (D. R. P. Nr. 8116 vom 9. Mai
1879) bringt man die Galmeirückstände und sonstigen Zinkabfälle mit einer dem
Zinkgehalte entsprechenden Menge von Chlormagnesium, Chlornatrium oder Chlorcalcium
gemischt in einem Flammofen mit Muffel oder directer Feuerung auf Weiſsglut.
Chlorzink destillirt über und wird in passender Weise durch zerstäubtes Wasser
verdichtet und so als Chlorzinklösung gewonnen.
Malereiverfahren zur Abkürzung der Trockenzeit und zur
Wiederherstellung eingeschlagener Farben.
Das neue Verfahren von K. C. Schnitger in Berlin (D. R.
P. Nr. 8493 vom 10. April 1879) soll den Maler unabhängig von der Zeit machen,
welche zum Trocknen der Farben nöthig ist; ferner soll es die Möglichkeit gewähren,
die „eingeschlagenen“ Stellen der Bilder zu jeder beliebigen Zeit wieder in
ihrer ursprünglichen Farbe erscheinen zu lassen.
Nach dem Auftragen einer Farbenschicht, die in einem beliebigen Stadium des Trocknens
sein mag, wird eine isolirende Substanz, welche in einer schnell verflüchtigenden
Flüssigkeit gelöst ist, derart auf die Farben Oberfläche angebracht, daſs sie eine
durchsichtige, zusammenhängende, widerstandsfähige Schicht bildet, welche die
darunter befindliche Farbenlage von der demnächst aufzutragenden Farbe trennt. Als
isolirende Substanz dient hauptsächlich lösliche Pflanzenfaser oder Collodiumwolle
in Aether-Alkohol gelöst, entweder allein oder unter Zusatz von Harzlösungen,
Firnissen oder Oelen.
Verfahren zur Herstellung eines Ueberzuges an
Zeichentafeln.
Nach A. Dworzaczeck in Berlin (D. R. P. Nr. 7866 vom 6.
April 1879) dient als Untergrund der Papp- oder Holztafeln Schellack oder Firniſs.
Der zweite Anstrich wird mit fetter Bleiweiſsfarbe ausgeführt; ein dritter Anstrich
besteht halb aus Zink-, halb aus Bleiweiſsfarbe, der mit gestoſsenem Bimsstein
versetzt ist. Hierauf kommt eine feine Bimssteinstaublage. Nachdem dieser Ueberzug
gut getrocknet ist, müssen die Tafeln sorgfältig geschliffen werden. Hierauf kommt
die letzte Lage, bestehend aus derselben schon vorhin verwendeten Anstrichfarbe mit
einem kleinen Wachs- und Terpentinzusatz.
Ueber das Verhalten der Infusorienerde gegen
Farbstoffe.
Zu der betreffenden Abhandlung von Gustav Engel (S. 150
d. Bd.) ist der Hinweis auf eine frühere ähnliche Arbeit von Dr. M. Reimann (1870 196 530)
beizufügen.
D. Red.
Abort mit Desinfection.
F. Petri in Berlin (* D. R. P. Nr. 7872 vom 23. April
1879) läſst in ähnlicher Weise wie M. Friedrich (* 1880
235 282) einen Theil des Spülwassers durch eine
Flasche mit roher Carbolsäure gehen.
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Berichtigung. In der Beschreibung von Zeitler's Abort ist zu lesen S. 283 Z. 5 v. u. „Kanalinhalt“ statt „Kalkinhalt“.