Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, Miszellen, S. 249 |
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Miscellen.
Miscellen.
Schraubzwinge aus gebogenem Holze.
Ant. Dörner in Waldheim i. Sachsen (* D. R. P. Kl. 38
Nr. 8986 vom 14. October 1879) stellt Schraubzwingen aus gebogenem Holze her. Der
Holzbügel ist bei a durch ein Eisenstängelchen
zusammengehalten; bei s sitzt die Schraube zum
Einklemmen der Arbeitsstücke.
Textabbildung Bd. 237, S. 249
Fräsmaschine mit langem Quersupport.
Eine besonders für kleinere Werkstätten recht zweckmäſsige Werkzeugmaschine dürfte
die im Engineer, 1879 Bd. 48 S. 344 in perspectivischer
Ansicht dargestellte Fräsmaschine von der Britannia
Manufacturing Company in Colchester sein, welche als besonderes Detail den
langen Quersupport aufweist, der nach Art einer Shapingmaschinen-Wange mit
seitlichen Prismen versehen, auf zwei Füſsen ruht und oben im Mittel den fest
aufgeschraubten Spindelstock von bei Fräsmaschinen gewöhnlich gebräuchlicher
Construction trägt. Am Quersupport ist der Supportschlitten durch Leitspindel und
Kurbel von Hand verstellbar. Für die selbstthätige, diesem Schlitten zu ertheilende
Steuerungsbewegung ist auf der Leitspindel ein durch conische Reibungskupplung
feststellbares Schneckenrad vorhanden, in welches eine Schnecke eingreift, die durch
Riemen- und Steuerungsstufenscheiben in Umdrehung versetzt wird. Am Schlitten ist
der mit horizontal verschiebbarer geschlitzter Aufspannplatte versehene Supporttisch
vertical verstellbar. Letztere Verstellung wird durch eine auf die Schraubenspindel
aufgesteckte Ratsche bewirkt. Die Hauptdimensionen dieser Maschine sind folgende:
Breite des Antriebriemens = 57mm, Zahl der
verschiedenen Durchmesser der Antriebsstufenscheibe = 4, Durchmesser des Lagerhalses
der aus Guſsstahl gefertigten Frässpindel = 57mm,
Länge des
Quersupportes = 1830mm, horizontale Verschiebung
der Aufspannplatte = 230mm Länge derselben =
610mm, Breite derselben = 305mm.
J. P.
Ladenbewegung an mechanischen Webstühlen.
Diese von F. Sicher in Chemnitz (* D. R. P. Kl. 86 Nr.
8779 vom 30. April 1879) construirte Neuerung bezieht sich auf die Webstühle der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz, deren
Ladenbetriebs welle ziemlich tief liegt und gleichzeitig als Schlagexcenterwelle
arbeitet, somit für jeden Schuſs eine Umdrehung macht. Diese Betriebs welle trägt
Excenter, welche in ähnlicher Weise wie die an Schönherr'schen Stühlen üblichen geformt sind. Diese Excenter wirken oben
und unten gegen anliegende Rollen. Die oberen sind an den verlängerten
Ladenschwingen angebracht, die unteren ruhen in an dem Stuhlgestell befestigten
einarmigen Hebeln, welche durch kräftig gespannte Spiralfedern mit den Schwingen in
Verbindung stehen. Erfolgt der Vorgang der Lade, so drückt jedes Excenter seine
obere Rolle und hierdurch seine Schwinge vorwärts, wobei der untere Apparat in
ähnlicher Weise dieser Bewegung folgt. Das Umgekehrte findet statt, während sich die
Lade zurück bewegt. Es drückt das Excenter die untere Rolle und ihren Arm hinunter
und zieht letzterer durch die Feder die Schwinge zurück. Die Feder macht sich
nöthig, um die verschiedenartige Bewegung der beiden Rollen auszugleichen.
Neuerungen an Kochöfen.
Bisher pflegte man die Kochtöpfe auf von dem Rauch erwärmte Platten zu setzen, oder
den Rauch unmittelbar mit den Auſsenseiten der Kochtöpfe in Berührung zu
bringen.
Friedr. Birnbacher in Straſsburg (* D. R. P. Kl. 36 Nr.
9756 vom 30. August 1879) hat einen „Sparkochofen“ entworfen, in welchem die
Kochgefäſse von heiſser Luft bespült werden. Diese findet ihre Erwärmung an den
Wandflächen eines Füllofens, der unter der Kochstelle sich befindet.
Wilh. Pickhardt in New-York (* D. R. P. Kl. 36 Nr. 9825
vom 7. März 1879) will ebenfalls mittels heiſser Luft kochen. Derselbe erwärmt aber
die Luft an einem schraubenförmig gewundenen, mit Dampf gespeisten Rohre.
Peter Delpeuch in Paris (* D. R. P. Kl. 36 Nr. 9739 vom
26. October 1879) hat sich Koch- und Backöfen patentiren lassen, welche in so fern
von den bisher bekannten derartigen Einrichtungen abweichen, als sie fast
ausschlieſslich aus feuerfestem Thon gefertigt sind.
H. F.
Beleuchtung geschlossener Fundirungskästen.
Die Beleuchtung geschlossener Fundirungskästen (Caissons u. dgl.) mit offenen Lampen
bringt die Belästigung des Arbeiters durch Rufs mit sich. Um eine solche zu
vermeiden, stellen A. Couvreux Söhne in Paris
geschlossene Laternen her, welche in der Revue
industrielle, 1879 * S. 246 ausführlich beschrieben sind. Dieser
Mittheilung entnehmen wir, daſs die Laterne aus einem starken Glascylinder mit Boden
und Kappe aus Metall besteht. Diese drei Theile sind durch Bolzen zusammengehalten,
die Fugen mit Gummi abgedichtet. Der Beleuchtungskörper ist durch die Oeffnung des
ringförmigen Bodens geschoben und mittels Bajonetverschluſs am Boden dicht
befestigt. Als Lichtquelle dient entweder eine Kerze, welche in einer Hülse
untergebracht und nach Maſsgabe der Verbrennung durch eine Feder in dieser
vorgeschoben wird (die bei Wagenlaternen gebräuchliche Einrichtung), oder eine
Glasflamme, welche wie bei der Beleuchtung der Eisenbahnwagen von einem Behälter aus
mit gepreſstem Gas unterhalten wird, nachdem sie mittels des elektrischen Stromes
entzündet wurde. Lampen für andere Leuchtstoffe können nur dann angewendet werden,
wenn dieselben jeder nicht auſserhalb der Laterne anbringbaren Regulirvorrichtnng
entbehren. Zur Anwendung elektrischen Lichtes ist die Laterne ebenfalls
geeignet.
Die zur Verbrennung nöthige Luft wird der Flamme von auſsen zugeführt, zu welchem
Zweck das Innere der Laterne durch ein an ihrem Boden mündendes, mit Absperrventil
versehenes Rohr mit der Atmosphäre in Verbindung steht. Die Verbrennungsproducte
entweichen durch ein an der Laternenkappe angesetztes Rohr ins Freie. In dieses Rohr
wird zur Erhöhung des Zuges ein feiner Strahl gepreſster Luft geblasen. Will man zur
Flamme gelangen, so hat man zunächst das Luftzuführungs- und das Ableitungsrohr zu
schlieſsen, dann aber zur allmählichen Druckausgleichung das Ventil eines dritten
Rohres langsam zu öffnen, durch welches gepreſste Luft (von der im Fundirungskasten
herrschenden Spannung) in das Innere der Lampe geführt wird. Dann erst darf der
Bajonetverschluſs gelöst und die Lampe aus der Laterne gezogen werden. Beim
Schlieſsen der Laterne verfährt man umgekehrt; doch ist darauf zu achten, daſs nicht
durch zu rasches Oeffnen der Luftrohre die Flamme verlösche.
Kohlenproduction Deutschlands und Frankreichs.
Deutschland förderte i. J. 1879 42 031 726t
Steinkohlen und 11 442 503t Braunkohlen.
Frankreich dagegen 16 576 854t Steinkohlen und 520
038t Braunkohlen. Davon lieferte das
Kohlenbecken von Valenciennes 7 251 969t, Loire 3
050 177t und Alais 1 797 873t Steinkohlen und Aix 429 480t Braunkohlen.
Nachfolgende Tabelle gibt nach der Zeitschrift für Berg-,
Hütten- und Salinenwesen, 1879 S. 132 eine Uebersicht des
Steinkohlenbergbaues bezieh. der Braunkohlenförderung im preuſsischen Staate i. J.
1878:
Steinkohlen-Becken
BetriebeneBergwerke
ZahlderArbeiter
Fördermenge
Haldenwerth derFörderung
desStaates
desPrivaten
im Ganzen
auf 1Arbeiter
im Ganzen
auf 1Arbeiter
auf1 Ctr.
OberschlesienNiederschlesienWettinLöbejünProvinz
HannoverGrafsch.
HohnsteinSchaumburgMindenIbbenbürenRuhrAachenSaar
2–113–1–1––9
106 46– 1 11 3– 3 1204 17 5
30004 10012 142 188 2621 42 626 160 1231 73060 5409 21827
Ctr.164056267 43577901 190682 593994 5162125 69531 1676270 217790 3673452380308166 21586932 88890238
Ctr.546843521343316019701696267813612984520539914072
M. 34093457 13602932 122036 251098 1869420 25109 772760 102410 1250282 84952787 6176147 34827170
M.11361359 8591335 713 6121234 6401015116311421596
Pf.20,831,264,042,336,236,146,147,034,022,328,639,2
ZusammenIm J. 1877
1818
398408
145322145915
710003348673440492
48854615
178045608186679753
12251279
25,127,7
Zu- (Ab-)nahme† Wealdenkohle
–
(10)
(593)
36562856
270
(8634145)
(54)
(2,6)
BraunkohlenProvinz
BrandenburgPosenSchlesienSachsenHannoverHessen-NassauRheinprovinz
–––5–4–
110 6 43257 1 41 34
3244 92 118012224 7 1121 434
28760097 454087 8431002133713123 30141 3155876 2282997
8866 4935 714510939 4306 2815 5260
3613410 132401 145849521565434 6916 919008 295432
1114143912361764 988 820 681
12,529,217,316,122,929,112,9
Summe i. J. 1878 „ „ „ 1877
99
492513
1830218741
176827323172731954
9962 9216
2799109629167633
15291556
15,816,9
Zu- (Ab-)nahme
–
(21)
(439)
4095369
746
(1176537)
(27)
(1,1)
Feueranzünder.
Harnecker und Comp. in Friedenau bei Berlin (* D. R. P.
Kl. 10 Nr. 9121 vom 1. Juli 1879) tränken einen Schwamm in einer Blechbüchse mit
Erdöl und setzen auf denselben einen an einem Stiel befestigten Ballen Asbest,
welcher sich so allmählich vollsaugt. Zum Gebrauch entzündet man das Erdöl dieses
Asbestballens und hält diesen unter die Holzscheite. Ist das Oel ausgebrannt, so
bringt man den Ballen in die Büchse zurück.
Feuerwehrtelegraphen in London.
In London schreitet man endlich dazu, durch eine ausgedehntere Anlage von
Feuerwehrtelegraphen die Zeit zu verkürzen, welche zwischen dem Ausbruche eines
Brandes und der Ankunft der Meldung desselben in der Polizei- oder Feuerwehrstation
verflieſst. Einen Anstoſs dazu hat ohne Zweifel das bedenkliche Anwachsen der Zahl
von verheerenden Bränden in der letzten Zeit gegeben. Nach dem Telegraphic Journal, 1880 Bd. 8 S. 167 werden jetzt in
London mit zwei verschiedenen Systemen Versuche angestellt, nämlich mit dem von E. Bright und mit dem der Exchange Telegraph Company, welches im Wesentlichen einem in den
Vereinigten Staaten sehr verbreiteten gleicht. Das letztere zeigt dem Sender an, ob
das abgesendete Signal empfangen wurde oder nicht. – Nach der Tabelle, welche R. v. Fischer – Treuenfeld in seinem Buche: Feuertelegraphen (Stuttgart 1877) S. 31 über die Zahl
der Punkte zusammengestellt hat, von welchen aus in verschiedenen Städten
elektrische Feueralarmzeichen gegeben werden, besaſs London einen solchen Punkt auf
52 925 Einwohner, Chicago auf 780 Einwohner. Die Wirkung der Feuertelegraphen
beleuchtet eine andere Tabelle auf S. 35 der genannten Schrift, nach welcher z.B. in
Frankfurt a. M. die Groſsfeuer vor Einrichtung des Telegraphen 20,43, nach dessen
Einrichtung aber nur 5 Procent von der Gesammtzahl der ausgebrochenen Brände betrug.
(Vgl. Siemens und Halske 1877 225 * 553.)
Herstellung einer künstlichen Kautschukmasse.
L. Dankwerth und F. Sanders
in St. Petersburg (D. R. P. Kl. 39 Nr. 9620 vom 18. Juni 1879) erhitzen zur
Herstellung eines Ersatzmittels für Kautschuk, namentlich für Telegraphenleitungen,
in einem Kessel gleiche Theile Theeröl und Hanföl auf 140 bis 150° mehrere Stunden,
bis die Masse sich zu Fäden ausziehen läſst, worauf noch ein Theil gekochtes Leinöl
zugesetzt wird. Nun fügt man auf 1000 Th. dieses Gemisches 0,5 bis 1 Th. Ozokerit
und etwas Wallrath zu, erhitzt die Masse nochmals einige Stunden und fügt
schlieſslich 0,6 bis 0,8 Th. Schwefel hinzu. Die so erhaltene Masse kann nun wie
Kautschuk weiter verarbeitet werden.
Thermische Theorie des galvanischen Stromes.
Aus einer längeren Versuchsreihe schlieſst J. L. Hoorweg
(Annalen der Physik, 1880 Bd. 9 S. 552), daſs überall, wo sich zwei Leiter
berühren, die Wärmebewegung eine Entwicklung von Elektricität zur Folge hat. Daher
tritt zwischen beiden Stoffen eine constante elektrische Differenz auf. Ist in einer
geschlossenen Kette die Gesammtsumme der Potentialdifferenzen von Null verschieden,
so tritt in dieser Kette ein andauernder elektrischer Strom auf. Dieser Strom
besteht auf Kosten der Wärme an dem einen Theile der Contactpunkte und hat
Wärmeerzeugung im anderen zur Folge. Alle Volta'schen Ströme sind Thermoströme. Die
chemische Wirkung in der Säule und den Zersetzungsapparaten ist eine Folge des
galvanischen Stromes.
Die specifische Wärme des Wassers.
Nach den neuen Berechnungen von A. Wüllner (Annalen der
Physik und Chemie, 1880 Bd. 10 S. 287) ergaben die Versuche von Münchhausen für die wahre specifische Wärme des Wassers
die Gleichung k = 1 + 0,000425 t, so daſs der Temperaturcoefficient fast um die Hälfte gröſser ist als
früher.
Hühner-Cholera.
Fortgesetzte Untersuchungen von L. Pasteur (Comptes
rendus, 1880 Bd. 90 S. 952 und 1030) zeigen, daſs die Hühner durch Impfung
gegen die Cholera (vgl. 1880 236 263) geschützt werden
können.
Explosion einer Platinretorte.
Nach F. Kuhlmann (Bulletin de la Société chimique, 1880
Bd. 33 S. 50) explodirte eine zur Concentration von Schwefelsäure verwendete
Platinretorte, als man beim Reinigen derselben zu der noch darin befindlichen
concentrirten Schwefelsäure Wasser einflieſsen lieſs.
Zur Kenntniſs der Sprengstoffe.
Nach den Versuchen von Berthelot und Vieille (Comptes rendus, 1880 Bd. 90 S. 946) zerfällt
Knall quecksilber bei der Explosion nach der Gleichung: HgC2N2O2 = Hg + 2CO + N2.
Dabei werden 403c entwickelt, genügend um die
Explosionsproducte auf 4200° zu erwärmen. Die mächtigen Wirkungen der Explosion
erklären sich aus der groſsen Dichte des Knallquecksilbers und aus dem Fehlen einer
Dissociation der Gase während der Explosion.
Sarrau und Vieille
(daselbst S. 1058 und 1313) geben für die Explosion der Schieſsbaumwolle folgende
Formel:
C24H29N11O42 =
12CO + 12CO2 + 17H + 11N + 6H2O,
desgleichen mit Salpeter:
2C24H29N11O42 +
24KNO3 = 36CO2 +
46 N + 19O + 29H2O + 12K2CO3
und mit Ammoniumnitrat:
2C24H29N11O42 +
44NH4NO3 =
48CO2 + 110ON + 117 H2O + 3O,
für Nitroglycerin: 2C3H5N3O9 = 6CO2 + 6N + 0 +
5H2O.
Daraus ergeben sich folgende Gasmengen für 1k
Sprengstoff:
CO
CO2
H
N
O
C2H4
H2S
Gesammt
Schieſsbaumwolle
234
234
166
107
–
–
–
741l
Dieselbe
mit
KNO3
–
171
–
109
45
–
–
325
„
„
NH4.NO3
–
184
–
211
6
–
–
401
Nitroglycerin
–
295
–
147
25
–
–
467
Sprengpulver
64
150
4
65
–
4
17
304
Findet die Explosion dagegen bei nur etwa 1at Druck
statt, so bilden sich erhebliche Mengen von Kohlenoxyd und Stickoxyden, so daſs bei
der Sprengarbeit die nicht wirkenden Schüsse die Luft ganz besonders stark
verunreinigen.
Heber die Zusammensetzung des Pyroxylins.
Nach den Untersuchungen von J. M. Eder (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 169) ist das Pyroxilin keine
Nitroverbindung, sondern ein Salpetersäurederivat der Cellulose nach der allgemeinen
Formel C12H20 –
nO10 – n(O.NO2)n.
Das Cellulosehexanitrat C12H14O4(NO3)6
oder die eigentliche Schieſsbaumwolle wird hergestellt durch Eintragen von bei 100°
getrockneter Baumwolle in ein auf 10° abgekühltes Gemenge von 3 Vol. Schwefelsäure
von 1,845 sp. G. und 1 Vol. Salpetersäure von 1,5 sp. G. Nach 24 Stunden wird
ausgedrückt, in viel Wasser geworfen, rasch gewaschen, mehrere Tage in viel Wasser
stehen gelassen und schlieſslich in heiſsem Wasser gewaschen. 100 Th. Baumwolle
geben 175 bis 180 Th. Pyroxylin. Diese Schieſsbaumwolle enthält noch 1,2 bis 5,8
Proc. in Aetheralkohol lösliche Pyroxyline. Das reine Cellulosehexanitrat hat die
Structur der Baumwolle und zeichnet sich vor den anderen Pyroxylinen
(Collodionpyroxylinen) durch seine leichte Entzündlichkeit und seine Explosivität
(wenn es auch durch Schlag und Stoſs nur schwer zur Detonation zu bringen ist),
seine Unlöslichkeit in Aether, absoluten Alkohol, Aetheralkohol, Eisessig und
Methylalkohol aus. Essigäther löst das Hexanitrat weder in der Kälte, noch in der
Wärme, auch nach Zusatz von etwas Aether nicht; höchstens quillt die Faser etwas auf, ohne die
Structur zu verlieren. Dagegen quillt es in Aceton stark auf und bildet eine
durchsichtige Gallerte, welche bei einem groſsen Ueberschusse von Aceton allmählich
in eine Lösung übergeht. Die Entzündungstemperatur liegt bei 160° bis 170°. Mit
Kalisalpeter und Schwefelsäure wird kein Hexanitrat erhalten.
Das Cellulosepentanitrat C12H15O5(NO3)5
entsteht beim Behandeln von Baumwolle mit stark concentrirten Säuregemischen bei
niederer Temperatur in Gegenwart von viel Schwefelsäure mit andern Nitraten
gemischt, rein durch Lösen von Pyroxylin in warmer Salpetersäure und Fällen mit
überschüssiger Schwefelsäure. Es ist löslich in Aetheralkohol und Essigäther,
unlöslich in reinem Aether und in Alkohol.
Cellulosetetranitrat C12H16O6(NO3)4
und Cellulosetrinitrat C12H17O7(NO3)3
bilden sich bei der Darstellung von Collodiumwolle neben einander, konnten aber bis
jetzt nicht völlig getrennt werden. Die Schering'sche Collodiumwolle ist vorwiegend
Tetranitrat (vgl. 1879 231 94). Das Tetranitrat ist in
reinem Aether und in Alkohol unlöslich, dagegen leicht löslich in Aetheralkohol,
Essigäther, Holzgeist, einem Gemenge von Essigsäure und Alkohol, Essigsäure und
Aether. In kaltem Eisessig ist es kaum, in kochendem langsam löslich. Das Trinitrat
wird von absolutem Alkohol bei gewöhnlicher Temperatur allmählich aufgelöst; ein
groſser Aetherüberschuſs fällt die concentrirte, alkohol-ätherische Lösung milchig.
Es ist in Essigäther, Holzgeist, kochendem Eisessig leicht löslich. Durch Behandlung
mit concentrirter Salpeter-Schwefelsäure geht sowohl Tetranitrat wie Trinitrat in
Penta- und Hexanitrat über. Kalilauge und Aetzammoniak verwandeln sie in
Dinitrat.
Cellulosedinitrat C12H13O8(NO3)2
entsteht immer als letztes Product der Salpetersäure entziehenden Einwirkung von
Kali oder Ammoniak auf die anderen Cellulosenitrate, auſserdem bei der Einwirkung
von sehr verdünnter und heiſser Salpeter-Schwefelsäure auf Cellulose, wenn das
Pyroxylin schon unter theilweiser Zersetzung und Entwickelung von rothen Dämpfen
sich zu lösen beginnt. Seine Lösung in Aetheralkohol gibt eine milchig trübe
Collodiumhaut. Ein Mononitrat konnte bisher nicht erhalten werden.
Zur Analyse Stickstoff haltiger organischer
Verbindungen.
W. H. Perkin (Chemical News, 1880 Bd. 41 S. 191) mischt
eine concentrirte Lösung von Kaliumchromat, welches 10 Proc. Dichromat enthält, mit
gefälltem Mangansuperoxyd, trocknet und legt bei Verbrennungen organischer,
Stickstoff haltiger Verbindungen eine 15cm lange
Schicht dieses Gemisches vor. Wird diese Schicht nach Beendigung der Analyse im
Luftstrome stark erhitzt, so entweichen die Stickstoffverbindungen, so daſs das Rohr
zu einer folgenden Analyse gebraucht werden kann. Ist auſserdem Schwefel zugegen, so
wird eine etwas längere Schicht genommen, von der die erste Hälfte stark erhitzt
wird zur Aufnahme der Schwefligsäure, die zweite nur auf etwa 250°.
Zur Bestimmung der Salpetersäure,
Nach Warington (Chemical News, 1880 Bd. 41 S. 192)
erhält man in Gegenwart von Zucker oder Leim mit Eisenchlorür aus einer
Salpetersäure haltigen Flüssigkeit zu wenig Stickoxyd, wenn man nicht die vorhandene
Luft durch Kohlensäure völlig verdrängt und die Destillation in einem
Chlorcalciumbad bei 140° vornimmt.
Zur Nachweisung der Phosphorsäure.
Schmilzt man kohlensaures Kalium mit Kieselsäure am Platindraht zu einer klaren
Perle, setzt wolframsaures Kalium und Phosphorsalz hinzu, so erhält man nach W. A. Roſs (Chemical News, 1880 Bd. 41 S. 187) eine
grünlich graue Perle. Zur Nachweisung der Phosphorsäure mittels des Löthrohres
schmilzt man nun die Probe mit Borax und etwas Potasche zusammen und setzt dieses
Gemisch der obigen Wolfram haltigen Silicatperle zu.
Herstellung von kaustischem Baryt.
A. Rose in Braunschweig (D. R. P. Kl. 75 Nr. 9828 vom 7.
Juni 1878) will Schwerspath in bekannter Weise mit Kohle glühen und mit Wasser
auslaugen. Aus der concentrirten heiſsen Flüssigkeit krystallisirt ein Gemisch von
Aetzbaryt mit Schwefelbarium. Die Mutterlaugen werden in bekannter Weise auf
Chlorbarium und Schwefel verarbeitet, die Krystalle in heiſsem Wasser gelöst und so
lange mit einer Lösung von Zinkoxyd in Aetzbaryt versetzt, bis aller Schwefel als
Schwefelzink gefällt ist. Der Niederschlag wird geglüht als Farbe verwendet, die
Lösung wird zur Kristallisation eingedampft.
Zur Trennung von Mineralien.
Um Mineralien, welche schwerer als Quarz sind, mechanisch zu trennen, bringt R. Breon (Comptes rendus, 1880 Bd. 90 S. 626) das
gepulverte Gestein in ein geschmolzenes Gemisch von Chlorzink (spec. Gew. = 5) und
Chlorblei (spec. Gew. = 2,4).
Ueber die Einwirkung der Metalle auf
Phosphoroxychlorid.
Nach den Versuchen von B. Reinitzer und H. Goldschmidt (Monatshefte für Chemie, 1880 S. 413)
wird dem Phosphoroxychlorid durch Metalle meist der Sauerstoff entzogen, so daſs
Phosphorchlorid entsteht, zuweilen aber auch das gesammte Chlor und ein Theil des
Sauerstoffes unter Bildung von Phosphoroxyd P4O.
Prüfung der Salpetersäure auf Jod und Jodsäure.
H. Hager (Pharmaceutische Centralhalle, 1880 S. 82)
versetzt 3cc der Salpetersäure mit 3 Tropfen
Natriumsulfitlösung, übersättigt mit Ammon und setzt einen Tropfen Silbernitrat
hinzu. Die Flüssigkeit darf nicht getrübt werden.
Ueber die Schwefelverbindungen des Chroms.
Durch Glühen von Chromoxyd mit Schwefel im Wasserstoffstrom hat M. Gröger (Monatshefte für Chemie, 1880 S. 242) die
Verbindung Cr3S4
erhalten. In gleicher Weise wurden dann Zinksulfochromit ZnCr2S4,
Ferrosulfochromit FeCr2S4 und Mangansulfochromit MnCr2S4 dargestellt.
Herstellung von Eupittonsäure aus Holztheer.
Nach R. Gottheil in Berlin (D. R. P. Kl. 22 Nr. 9328 vom
31. December 1878) wird das durch Destillation des Holztheeres erhaltene schwere Oel
mit etwa 25 Proc. Alkali in 6 bis 10procentiger Lösung erwärmt, das nicht gelöste
Oel abgenommen, die Lösung heiſs filtrirt und durch Zusatz von Kochsalz gefällt. Die
ausgeschiedene Masse von Pyrogallussäuredimethyläther (vgl. 1878 229 387) und Methylpyrogallussäuredimethyläther wird
abgepreſst und entweder mit dem 5 fachen Volumen einer 20 procentigen
Alkalicarbonatlösung, aufgerührt unter Durchblasen von atmosphärischer Luft, so
lange gekocht, bis die ganze Masse blau ist, oder zunächst mit einer Säure zerlegt,
das aasgeschiedene Oel rectificirt und, in Alkalicarbonat gelöst, mit Luft
behandelt. Das so gebildete eupittonsäure Alkali wird in Wasser gelöst, filtrirt,
die Eupittonsäure durch Salzsäure gefällt und mit concentrirter Kochsalzlösung
ausgewaschen.
Zur Kenntniſs des Harzöles.
Behandelt man das leichte Harzöl mit Natronlauge, so verschwindet der unangenehme
Theergeruch. Die Natronlösung enthält Isobuttersäure, Capronsaure, wahrscheinlich
auch Valeriansäure und Oenanthylsäure. Aus dem in Natronlauge unlöslichen Oel hat
nun W. Kelle (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1880 S. 1157) ein neues, bei 173 bis 1750 siedendes Cymol
abgeschieden. Es bildet eine farblose, stark lichtbrechende Flüssigkeit von
angenehmem, dem des gewöhnlichen Cymol ähnlichen Geruch, welche mit
Kaliumpermanganat Isophtalsäure gibt.
Das weiſse Wachs von Sze-chuen.
Auf einem immergrünen Baum mit eiförmig zugespitzten Blättern, Ligustrum lucidum, welcher in der Provinz Keen-chang in
China sehr häufig ist, leben Millionen von Insekten, welche im Frühjahre gleichsam
eine dünne Haut über die Zweige bilden und dieselben bald mit einer wachsartigen
Ausscheidung überziehen. Die Wachsschicht verdickt sich bis Ende August. Hierauf
werden die mit Thieren und Wachs überzogenen Aeste und Zweige abgeschnitten und mit
Wasser ausgekocht, wobei das Wachs an die Oberfläche schwimmt und abgeschäumt wird,
um alsdann in tiefen Pfannen umgeschmolzen und abgekühlt zu werden. Besonders reich
ist diese Wachsausscheidung durch die jeden Frühling von Keen-chang nach der Provinz
Kea-ting-Fu übergeführten Insekten. Der Werth des so erzeugten Wachses wird jährlich
auf 60 Millionen Mark geschätzt. (Nach New Remedies Bd.
9 durch die Pharmaceutische Centralhalle, 1880 S.
169.)
Was ist künstliches Mineralwasser?
Der Streit über diese Frage, mit welcher sich die Behörden vielfach zu beschäftigen
gehabt haben (vgl. 1877 226 325), ist durch eine
kaiserliche Verordnung vom 8. Februar 1880 zum Abschluſs gebracht worden. Sie
lautet, wie folgt: „Unter künstlich bereiteten Mineralwässern im Sinne des
Verzeichnisses A zur Verordnung, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln, vom
4. Januar 1875 (Reichs-Gesetzblatt S. 5), sind nicht nur die Nachbildungen
bestimmter in der Natur vorkommender Mineralwässer, sondern auch andere
künstlich hergestellte Lösungen mineralischer Stoffe in Wasser zu verstehen,
welche sich in ihrer äuſseren Beschaffenheit als Mineralwässer darstellen, ohne
in ihrer chemischen Zusammensetzung einem natürlichen Mineralwasser zu
entsprechen. Auf mineralische Lösungen der letztgedachten Art, welche Stoffe
enthalten, die in den Verzeichnissen B und C zur deutschen Pharmakopöe
aufgeführt sind, findet die vorstehende Bestimmung keine Anwendung; dieselben
gehören vielmehr zu denjenigen Arzneimischungen, welche nach §. 1 der Verordnung
vom 4. Januar 1875 als Heilmittel nur in Apotheken feilgehalten und verkauft
werden dürfen.“
Verfahren, Bier haltbar zu machen.
Um Bier für den Versandt haltbar zu machen, bringt es J. Böhm in Bastide-Bordeaux (*
D. R. P. Kl. 6 Nr. 9019 vom 20. Juli 1879) in ein aus zwei zusammenschraubbaren
Hälften bestehendes Faſs von glasirtem Eisenblech, welches im Wasserbade erwärmt
wird.
Um beim längern Lagern des Bieres Trübung oder Bodensatz zu verhüten, will es Ch. Roſs in Kl. Flottbeck, Preuſsen (* D. R. P. Kl. 6
Nr. 9742 vom 18. November 1879) stark abkühlen und dann unter Druck filtriren.
Ueber Staubregen.
Am 15. April 1880 fiel in Autun (Departement Saône et Loire) mit dem Regen ein rother
erdiger Staub und am 21. April in Barcelonnette (Basses-Alpes) groſse Mengen eines
braunrothen, sehr feinen Staubes. Letzterer enthielt nach Daubrée (Comptes rendus, 1880 Bd. 90 S. 1098 und 1131) Calciumcarbonat,
Glimmerblättchen, Feldspath, ferner Diatomeen, Infusorien, Stärkekörner und
verschiedene Pflanzenreste, kann demnach keine vulkanische Asche sein. Da er ferner
kein Eisen enthielt, so ist es kein Meteorstaub (1876 222
188), und weil er ohne Quarzkörnchen ist, so kann er auch nicht aus der Sahara
stammen (vgl. 1878 229 486).