Titel: | Antiseptische Eigenschaften der Kohlensäure. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, Miszellen, S. 226 |
Antiseptische Eigenschaften der Kohlensäure.
Nach Versuchen von H. Kolbe (Journal für praktische Chemie, 1882 Bd. 26 * S. 249) bleibt Ochsenfleisch
lange vor Fäulniſs geschützt, wenn es in einem Gefäſs aufgehängt wird, auf dessen
Boden flüssige Salzsäure., Salpetersäure oder wässerige Schwefligsäure sich
befindet; es verliert aber seinen frischen Geschmack, ebenso wie das mit
Salicylsäure conservirte. In einer Atmosphäre von Kohlensäure aufgehängtes
Ochsenfleisch war dagegen nach 8 Tagen von frischem Fleische nicht zu unterscheiden.
Nach 14 Tagen war das Fleisch äuſserlich etwas grau gefärbt, im Inneren aber noch
fleischroth und saftig. Die davon gekochte Fleischbrühe wie das Fleisch selbst waren
wohlschmeckend und nur eine feine Zunge war im Stande, einen geringen Unterschied im
Geschmack dieser Fleischbrühe und der von frischem Fleische wahrzunehmen. In einigen
Fällen besaſsen Fleisch und Fleischbrühe schwach säuerlichen Geschmack, welcher
durch Eintragen ganz kleiner Mengen von kohlensaurem Kali in die kochende Masse
vollständig beseitigt wurde. Auch nach 3 wöchentlichem Verweilen in der
Kohlensäure-Atmosphäre war das Fleisch noch von gleicher Güte wie nach 14tägiger
Behandlung; nur war es weicher als frisches Fleisch und erforderte zum Garkochen wie
zum Erzielen guter Fleischbrühe noch kürzere Zeit. Nach 4 bis 5 Wochen langem
Verweilen im Kohlensäuregas zeigte sich das Fleisch zwar noch ganz frei von fauligem
Geruch; aber die davon gekochte Fleischbrühe war doch nicht mehr so wohlschmeckend
als frische.
Hammelfleisch fängt schon nach 8tägigem Verweilen im Kohlensäuregas an, faulig zu
riechen; auch Kalbfleisch wird von Kohlensäure bei weitem nicht so lange vor dem
Verderben geschützt wie Ochsenfleisch.
In einem mit Kohlensäure und Kohlenoxyd gefüllten Gefäſs 3 Wochen lang aufgehängtes
Ochsenfleisch behielt die fleischrothe Farbe und eine schwach saure Reaction; es gab
eine wohlschmeckende, von frischer nicht zu unterscheidende Fleischbrühe und das
gekochte Fleisch selbst war tadellos im Aussehen und Geschmack. Dennoch dürfte diese
Eigenschaft der Kohlensäure, Ochsenfleisch wochenlang vor dem Verderben zu schützen,
schwerlich praktische Bedeutung gewinnen.