Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 249, Jahrgang 1883, Miszellen, S. 185 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Heben gesunkener Schiffe mittels gepreſster Luft.
Im Génie civil, 1883 Bd. 3 *S. 40 wird ein Vorschlag des
Ingenieurs Marbec zum Heben gesunkener Schiffe
mitgetheilt, welcher beachtenswerth erscheint. Hiernach soll in das auf dem
Meeresgrunde sitzende Schiff, dessen Oeffnungen bis auf die in der Nähe des Bodens
etwa befindlichen vorher zu schlieſsen sind, Luft eingepumpt werden, deren Pressung
hinreicht, das Wasser aus dem Schiffskörper zu verdrängen. Dieses Verfahren würde
auch bei gröſseren Tiefen angewendet werden können. Auch brächte dasselbe keine so
beträchtlichen Beanspruchungen des Schiffskörpers mit sich, als jene sind, welche
beim Auspumpen des Schiffes auftreten können. Denn während im letzteren Falle die
Schiffsdecke den ganzen Druck der über ihr stehenden Wassersäule auszuhalten hat
(ein Druck, welcher unter Umständen weitere Brüche herbeiführen kann), braucht sie
bei Anwendung des vorliegenden Verfahrens nur dem Ueberdrucke der gepreſsten Luft im
Inneren des Schiffes zu widerstehen, welch letzterer einer Wassersäule von der Höhe
des Schiffes entspricht. Wie an der Hand einer Berechnung nachgewiesen wird, sind
die Luftmengen, welche zum Heben selbst gröſserer Schiffe erforderlich wären,
keineswegs so groſs, daſs dieselben schwierig an Ort und Stelle durch Compressoren
zu beschaffen wären; zudem könnten die letzteren durch die Maschine des
Schleppdampfers selbst bethätigt werden. Versuche, welche mit groſsen Fässern und
kleinen Fahrzeugen angestellt wurden, lassen vollen Erfolg auch bei Anwendung des
Verfahrens im Groſsen erwarten.
Jacobs' Bohrwinkel.
H. H. Jacobs in Hamburg (* D. R. P. Kl. 49 Nr. 21758 vom
29. August 1882) schafft Befestigung und Gegenlager für die Bohrknarre oder
Bohrkurbel in folgender Weise: Ein eiserner Winkelarm hat noch zwei verschiebbare
und feststellbare Arme, von denen der mittlere mit dem festen Arme die Befestigung
an dem zu bohrenden Gegenstande durch Festklemmen an demselben besorgt, während
zwischen den beiden beweglichen Armen die Bohrknarre eingespannt wird. Der äuſsere
bewegliche Arm hat einen verschiebbaren Ansatz zur genauen Einstellung der
Vorschubschraube.
Desprez' Aufhängung des Wagenkastens.
Eine eigenartige Aufhängung des Wagenkastens zwischen
Federn behufs Aufhebung der die Räder treffenden Stöſse hat E. M. Desprez in St. Quentin (* D. R. P. Kl. 63 Nr. 22072 vom 2. August
1882) angegeben: Die gebräuchlichen Federn, welche den Kasten tragen, biegen sich
unter der Wirkung eines auf die Räder wirkenden Stoſses nach unten durch, federn
dann aber so schnell zurück, daſs ein Ruck den Wagenkasten trifft. Um dieses
plötzliche Aufwerfen des Kastens zu vermeiden, bringt Desprez Federn an, welche den Tragfedern entgegenwirken und deren
plötzliches Wiederaufwärtsgehen verhindern. Diese Federn verlangsamen den Auftrieb
der Tragfedern so sehr, daſs der Wagenkasten nur langsam und ohne Stoſs in seine
alte Lage zurückgehen kann.
Gérard's Wechselstrommaschine.
Die in der Revue industrielle, 1883 S. * 268
beschriebene Wechselstrommaschine von A. Gérard gleicht
in so fern der Gordon'schen (vgl. 1883 247 * 286), als die auf einer Scheibe sitzenden
inducirenden Spulen mit wechselnden Polen zwischen den in zwei Kreisen zu beiden
Seiten der genannten Scheibe liegenden, länglichen und flachen inducirten Spulen
umlaufen. Die letzteren lassen sich leicht dem Bedürfnisse entsprechend gruppiren;
bei Gruppirung in bloſs zwei Stromkreisen kann man Kohlen von 30mm Durchmesser brennen; man kann aber auch 4, 8,
12, 24, ja selbst 48 von einander unabhängige Stromkreise bilden.
Elektrische Beleuchtung der Union Society in Oxford.
Eine von der Union Society in Oxford zur Ausstellung im
Crystal Palace 1882 entsendete Commission hatte zur
elektrischen Beleuchtung der Räume der genannten Gesellschaft die Pilsen-Bogenlampe (vgl.
1882 243 428) und Swan's
Glühlampen ausgewäht. Der etwa 21 × 12m groſse
Vortragssaal war nach Engineering, 1883 Bd. 35 * S. 394
früher durch 2 Gassonnen von je 49 Flammen zu 8 Kerzenstärke in 9m Höhe beleuchtet worden, also von 784
Kerzenstärken. Die Sonnen wurden durch 2 Pilsenlampen zu je 2000 Kerzen ersetzt; 50
Proc. verschlucken davon die matten Glasglocken; die Lampen können behufs Reinigung
und Auswechselung der Kohlen auf- und abgelassen werden. In der Bibliothek (ungefähr
15m hoch, 9m
breit, 21m lang) ersetzen 2 Pilsenlampen in 7m,6 Höhe einen groſsen Kronleuchter mit 54 Flammen
und 10 Einzellichter unter der Galerie. Unter der Galerie sind 9 Glühlampen (zu je
20 Kerzen) angebracht, um die von der Galerie geworfenen Schatten zu mildern, sind
aber thatsächlich nicht erforderlich; man hat hier also 2180 Kerzen gegen 64 × 10 =
640 bei Gas. Seit Einführung der elektrischen Beleuchtung halten sich die Bücher
viel besser, namentlich jene nahe an der Decke. Das Schreibzimmer wurde früher durch
4 Kronleuchter mit zusammen 50 Flammen erhellt; jetzt geben 14 Glühlampen zu je 20
Kerzen eine wirksamere Beleuchtung der Schreibtische. Das über dem Schreibzimmer
gelegene Rauchzimmer erhielt 1 Pilsen- und 7 Glühlampen an Stelle des Kronleuchters
mit 54 Flammen von je 8 Kerzen und der 10 Einzellichter, also ungefähr eine
Verdoppelung des Lichtes. In allen übrigen geschlossenen Räumen, Hallen,
Treppenhäusern u.s.w., sind ausschlieſslich Glühlampen angebracht, während 1
Pilsenlampe im Garten wirkungsvoll Bäume und Gras beleuchtet.
Die Glühlampen sind paarweise hinter einander geschaltet, so daſs, wenn in der einen
Lampe ein kurzer Schluſs eintritt, die andere als Sicherstellung wirkt; es hat sich
dies als zuverlässiger erwiesen als die sonst gewöhnliche Anwendung von
Blei-Abschmelzstöpseln; doch sind in allen Hauptleitungen Abschmelzstöpsel
eingeschaltet. (Vgl. Edmunds 1882 245 * 375.)
Die Glühlampen werden von einer dickdrähtigen Maschine, die Pilsenlampen von einer
Pilsen-Dynamomaschine Nr. 6 gespeist. Als Motor dient eine Otto'sche-Gasmaschine von
12e nominell, mit besonderem Schwungrade. Auch
beide Dynamomaschinen haben solche; ebenso ist die Transmissionswelle mit einem
Schwungrade von ungefähr 300k Gewicht
versehen.
Die Gesammtlichtmenge beläuft sich auf 8180 Kerzen (6 Bogenlampen zu je 1000 und 109
Glühlampen zu je 20 Kerzenstärken) anstatt 3530 Kerzen Gas. An Gas verbraucht die
Maschine nach sorgsamen Beobachtungen für 1400 M. (1000l = 10 Pf.); die Ausgaben für Kohlen, Lohn der Wärter u.s.w. belaufen sich
auf 2400 M.; daher betragen die Gesamtkosten der elektrischen Beleuchtung 3800 M. im
Jahre, während die frühere Gasbeleuchtung 5000 M. gekostet hat.
Pyritlager in Nordamerika.
Ein Bericht im Engineering and Mining Journal, 1883 Bd.
35 S. 251 enthält eine Uebersicht der verschiedenen Pyritquellen Amerikas und
erwähnt vorzüglich das Davis-Bergwerk in Massachusetts und ein Pyritlager in
Virginia, welche beide einen von Arsen fast völlig freien Pyrit liefern. Die
Pyritlager in Maine und New-Hampshire sollen unbedeutend sein und sowohl Blei als
Zink haltige Erze führen.
H. Whitemore (Daselbst S. 266), Vertreter der Milan Mining Company in New-Hampshire, bietet als
Antwort auf Obiges beliebige Mengen 48 bis 50 Proc. Schwefel enthaltende, von Arsen
freie Pyrite an. Das Milan Bergwerk hat einen bedeutenden Umfang und sollen die
verschieden reichen Pyritsorten leicht aus einander gehalten werden können. Die Erze
enthalten zum Theil kleine Mengen Zink; über Kupfergehalt ist nichts erwähnt.
Verfahren zur Herstellung mineralischer Dochte.
G. Beck in Waco, Texas (D. R. P. Kl. 4 Nr. 21391 vom 14.
März 1882 will Schlackenwolle in Bädern mittels Siebe reinigen und die daraus
gefertigten Schlackenwolldochte in Baumwollgewebe einnähen oder mit Wasserglaslösung
tränken.
Ueber den Phosphorsäuregehalt von Ackerboden.
Nach Versuchen von G. Thoms (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1392) ist der
Phosphorsäuregehalt eines Bodens allein nicht maſsgebend für die Fruchtbarkeit
desselben; aber es steht wenigstens fest, daſs alle sehr fruchtbaren Ackerböden auch
einen hohen Phosphorsäuregehalt besitzen und zwar nicht unter 0,1 bis 0,2 Proc. Die
Ackerböden der baltischen Ostseeprovinzen besitzen nur selten einen
Phosphorsäuregehalt von 0,1 Proc., in der Regel weniger, und es hängt damit
zusammen, daſs von derselben die höchste Fruchtbarkeitsstufe kaum jemals erreicht
worden ist.
Ueber Aves-Guano.
Der von den Aves-Inseln im Caraibischen Meerbusen an der Küste von Venezuela
gewonnene Guano, dessen ungemein mächtige Lager in den Besitz von Schröder, Michaelsen und Comp. in Hamburg übergegangen
sind, hat, entsprechend aufbereitet, nach E. Güntz (Chemikerzeitung, 1883 S. 780) folgende
Zusammensetzung:
Wasser
6,83
Organische Substanz
7,03
Eisenoxyd
0,22
Thonerde
0,36
Kalk
42,62
Magnesia
2,03
Kali
0,14
Natron
1,44
Ammoniumoxyd
0,22
Phosphorsäure
33,12
Schwefelsäure
1,19
Kohlensäure
3,84
Salpetersäure
Spur
Chlor
1,07
Kieselsäure
0,18
Fluor
0
Sand
0,17
––––––
100,46.
Der Gesammtgehalt an Stickstoff dieses aufbereiteten Guano,
wie er als Rohstoff für die Superphosphatfabrikation für den Handel bestimmt ist,
beträgt 0,284 Proc.
Nachdem die Guanolager der Chincha-, Balestas-, Guanape-, Baker- u.a. Inseln abgebaut
und nunmehr auch die Mejillones-Guanolager so weit erschöpft sind, daſs die
chilenische Regierung die weitere Ausfuhr untersagt hat, ist dieser Fund eines an
Phosphorsäure so reichen Guano ganz besonders wichtig.
Schlechtes Schmalz.
In einem amerikanischen Schmalze fand A. Athenstaedt
(Industrieblätter, 1883 S. 221) 17 Procent einer
weiſsen, wässerigen, breiartigen Masse, – offenbar ein Extract thierischer Stoffe.
Wahrscheinlich wurden die sämmtlichen Theile des Schweinerumpfes – nach Beseitigung
der brauchbaren Fleisch- und theilweise auch der Specktheile mit dem Flomenfette
zusammen – mit Wasser gekocht und dann die obere Schicht abgeschöpft.
Ueber Zink haltigen Essig.
E. Hahn macht in der Pharmaceutischen Centralhalle, 1883 S. 327 darauf aufmerksam, daſs bei
Verwendung grauer Gummischläuche zum Abfüllen von Essig dieser leicht Zinkoyxd aus
dem Schlauche löst. Zum Abfüllen von Essig sollten daher nur völlig metallfreie,
schwarze Gummischläuche Verwendung finden.
Ueber die Zersetzung von Wasser durch Schwefel.
Nach Versuchen von C. Z. Cross (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1195) wird Wasser
beim Sieden mit Schwefel langsam zersetzt nach der Gleichung 2H2O + 3S =
2H2S + SO2.
Diese Producte zersetzen sich dann wieder unter Abscheidung von Schwefel, Bildung
von Thiosäuren u. dgl.
Nachweisung der Pikrinsäure.
Nach G. Christel (Archiv der
Pharmacie, 1883 Bd. 221 S. 190) gibt Pikrinsäure mit basisch essigsaurem
Bleie einen gelben Niederschlag, welcher durch verdünnte Schwefelsäure leicht
zerlegt wird. In ähnlicher Weise werden die gelben Farbstoffe aus der Rinde von Quercus tinctoria L. (Quercitron) und aus dem Holze der
Broussonetia tinctoria Kth. (Gelbholz) durch
Bleiacetat als gelbe Niederschläge gefällt. Die Verbindungen dieser oder ähnlicher
Farbstoffe mit dem Bleie, denen man bei der Untersuchung gelber und grüner
Aquarellfarben nicht selten begegnet, werden wie diese durch verdünnte Schwefelsäure
zersetzt; aber die Lösungen der Farbstoffe selbst werden weder durch Cyankalium
verändert, noch durch Zinnoxydul-Kali reducirt; auch sind die Niederschläge niemals
wie in der Pikrinsäure hell- und weingelb. Erwärmt man eine Lösung von Pikrinsäure
mit Cyankalium, so wird dieselbe je nach dem Grade der Verdünnung heller oder
dunkler roth und aus der concentrirten Lösung scheidet sich das braunrothe
Kaliumsalz der Phenylpurpursäure ab.
Wolle und Seide färben sich in einer wässerigen Lösung von Pikrinsäure dauernd gelb,
während reiner Zellstoff den Farbstoff wieder an Wasser abgibt. Absoluter Alkohol,
Salzsäure und verdünnte Aetzalkalien entziehen den so gefärbten thierischen
Faserstoffen die Pikrinsäure wieder.
Zur Nachweisung der Pikrinsäure im Biere werden 200cc desselben zum Syrup verdunstet. Den Rückstand
bringt man in ein Kölbchen, setzt 50cc
90procentigen Alkohol zu, läſst 24 Stunden stehen unter wiederholtem starkem
Schütteln, filtrirt und behandelt den Rückstand mit etwa 30cc Alkohol in derselben Weise. Die gemischten
Filtrate werden zum Syrup verdunstet, dem Rückstande 4 bis 5 Tropfen verdünnte
Schwefelsäure (1 : 3) und darauf in einem mit Kork zu verschlieſsenden
Reagircylinder die 5 bis 6 fache Menge Aether zugesetzt. Nach starkem und
andauerndem Schütteln der Mischung wird der Aether decantirt und das Verfahren mit
einer neuen Aethermenge und unter Zusatz von 2 bis 3 Tropfen Schwefelsäure
wiederholt. Die gemischten ätherischen Lösungen werden in einem Porzellanschälchen
möglichst ohne Wärme verdunstet, der Rückstand, zu etwa 5 bis 10cc mit Wasser verdünnt, wird filtrirt, dann mit
Ammoniak neutralisirt. Die Lösung kann jetzt nach den angegebenen Methoden auf
Pikrinsäure untersucht werden, wobei auf die Anwesenheit von schwefelsaurem Salz
natürlich Rücksicht zu nehmen ist. Quantitativ wird die Pikrinsäure am besten
colorimetrisch bestimmt.
Verfahren zur Herstellung von Butylalkohol.
Von A. Vigna (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1883 S. 1438) wurden 2200g Glycerin mit verdünnten wässerigen Lösungen von
22g Kaliumphosphat und 44g Ammoniumtartrat vermischt, das Ganze wurde mit
Brunnenwasser auf 40l gebracht, dann mit
Calciumcarbonat und einigen Cubikcentimeter gährender Ammoniumtartratlösung (vgl.
König 1881 240 327)
versetzt. Das Gemisch blieb 2 Monate lang bei 20 bis 250 stehen. Es erfolgte eine
langsame, regelmäſsige Entwicklung von Gas, welches sich bei der Untersuchung als
eine Mischung von Kohlensäure und Wasserstoff erwies. Nach Beendigung der
Gasentwickelung wurde die Flüssigkeit destillirt und das Destillat wiederholt,
zuletzt über Potasche rectificirt. Erhalten wurden 270g Rohalkohole, welche durch fractionirte Destillation in normalen
Butylalkohol (116,5 bis 117°) und Aethylalkohol getrennt werden konnten. Die Menge
des ersteren betrug 196g, also 9 Procent des
angewendeten Glycerins. Wir haben somit in der Gährung des Glycerins mit den
Bacterien des Ammoniumtartrates eine einfache und vortheilhafte Methode, normalen
Butylalkohol darzustellen.