Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 252, Jahrgang 1884, Miszellen, S. 179 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Unterirdische Motoren für Förderungs-, Wasserhaltungs- und
Ventilationszwecke.
Die Direktion der Mansfeld'schen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft zu Eisleben
hatte im vergangenen Jahre einen Preis ausgeschrieben für die beste Lösung der
Aufgabe, einen unterirdischen Motor für Förderungs-, Wasserhaltungs- und
Ventilationszwecke zu beschaffen, welcher in etwa 500m Tiefe und in Entfernungen von 1000m
vom Schachte eine Betriebskraft von 10e benutzbar
macht, womit jedoch eine Störung des Grubenbetriebes durch entweichende Gase oder
Verbrennungsproducte nicht verbunden sein darf.
Von den zahlreich eingelaufenen Bewerbungen wurde keiner der ausgesetzte Preis
zuertheilt. Die von Prof. Gust. Herrmann in Aachen und
von Oberingenieur Wilh. Meyer in Graz eingereichten
Abhandlungen wurden aber mit Rücksicht auf die gebotenen Erörterungen, Berechnungen
und Constructionsangaben von der Preisstellerin für je 1500 M. erworben. Nach der
Wochenschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1883 S. 468 bezieh. 1884 S. 24 haben die Genannten die Lösung der Preisaufgabe in
folgender Weise vorgezeichnet.
Nach einer kritischen Beurtheilung aller bisher überhaupt bekannt gewordenen
Ferntrieb-Einrichtungen gelangt Prof. Herrmann auf
Grund angestellter Rechnungen zum Schlüsse, daſs der beabsichtigte Zweck am besten
unter Verwendung hochgepreſsten Wassers (bis zu 100at Ueberdruck) zu erreichen ist, welches von einem über Tage aufgestellten
Accumulator aus durch enge schmiedeiserne Röhren den Betriebsstellen zuzuführen ist,
um dort entsprechend construirte Wassersäulen-Zwillingsmaschinen in Bewegung zu
setzen. Für diese Maschinen, welche wegen des hohen Druckes nur geringe Abmessungen
erhalten, sind in der Abhandlung zwei Constructionen, eine für feste Aufstellung und
eine bewegliche, zur Befestigung auf einem Förderwagengestelle, angegeben. Durch die
Verwendung so hoher Pressungen werden gegenüber den bisherigen Maschinen mit
geringeren Drucksäulen namhafte Vortheile erreicht, indem nicht bloſs die nöthigen
Zuleitungsröhren nur geringe Weiten (80 bis 100mm)
erfordern und daher die in diesen Röhren enthaltene todte Masse des Wassers sehr
klein ausfällt, sondern auch, wie die Rechnung zeigt, gerade hierdurch eine sehr
ökonomische Wirkung der Kraft erzielt wird. Die Beschaffung des hochgepreſsten
Wassers ist in Bergwerken fast immer leicht dadurch zu erreichen, daſs man die
bereits vorhandenen Wasserhaltungsmaschinen dazu benutzt, das gebrauchte
Betriebswasser wieder zu Tage und in den Accumulator zu pumpen. Da diese Wasserhaltungsmaschinen
in den meisten Fällen eine überschüssige, für den gröſsten Wasserandrang bemessene
Gröſse und während der längsten Zeit nur einen Theil ihrer Leistungsfähigkeit zu
entwickeln haben, so ist auf dem angegebenen Wege die Möglichkeit dargeboten, diese
überschüssige Kraft für die geforderten Betriebszwecke in den Strecken nutzbar zu
machen. Nur für den Fall, daſs solche überschüssige Kraft der
Wasserhaltungsmaschinen nicht vorhanden sein sollte, würde die Aufstellung einer
besonderen Pumpmaschine über Tag vorzusehen sein, welche als centraler Motor dient,
dessen Kraft durch die gedachte Hochdruckwasserleitung nach den verschiedenen
unterirdischen Betriebspunkten fortgepflanzt wird.
Es erscheint demnach der Schluſs berechtigt zu sein, daſs die elektrische Kraftübertragung, die neuerdings so groſse Erwartungen rege
gemacht hat und für welche gerade der vorliegende Fall ein geeignetes Feld der
Anwendung darbieten dürfte, noch nicht auf der Stufe sich befindet, um gröſsere
Kräfte in einer den praktischen Bedürfnissen entsprechenden Weise zu übertragen.
Ebenso erscheint die Verwendung gepreſster Luft, von welcher bei der Bohrung der
groſsen Alpentunnele ein so ausgedehnter Gebrauch gemacht wurde, vom ökonomischen
Standpunkte aus sehr unvollkommen, da die damit verbundenen Kraftverluste sehr
beträchtlich und daher die erzielbaren Wirkungen sehr gering sind, wie die Theorie
und die Erfahrung lehren.
Oberingenieur Meyer gelangte zu gleichen
Schluſsresultaten wie Prof. Herrmann; doch ging das
Wesen seines Vorschlages dahin, Wasser von 200 bis 250at Spannung zu verwenden. Während sich für die in der Grube wirkende
Arbeitsmaschine leichter Typen finden lassen, ist es vor Allem wichtig, die
Arbeitstransmission so einfach und den Grubenbetrieb so wenig wie möglich hindernd
zu gestalten. Die elektrische Arbeitsübertragung ist in dieser Beziehung die
vortheilhafteste; doch hier sind es gerade die Arbeitsmaschinen, welche in den
bisher gebauten Typen den Bedingungen des Programmes und mancherlei Anforderungen
des Grubenbetriebes nicht entsprechen. Die vorgeschlagenen Wasserspannungen
gestatten, bis zu einer Leistung von 20e
schmiedeiserne gezogene Röhren von 40mm Lichtweite
zu verwenden. Das einzige Bedenken der einen hohen Nutzeffect in Aussicht stellenden
Anlage ist ein allmähliches Inkrustiren der Röhren, weshalb im Bedarfsfalle auf eine
Reinigung des Wassers oder Verwendung stets desselben Wassers Bedacht zu nehmen ist.
Für alle mit Wasser arbeitenden Maschinen ist leicht auswechselbare
Lederstulpdichtung in Aussicht genommen, welche trotz der kleinen Abmessungen der
Plunger noch immer wenig Arbeit für Reibung verzehrt.
Damit die mit Wasser von hoher Spannung bedienten Motoren in der Grube stoßfrei und mit denkbar möglicher Wasserökonomie
arbeiten, sind von W. Meyer einige zum Theile neue
Constructionen in Vorschlag gebracht worden.
Dreifache Eisenbahnkreuzung.
Die amerikanische Railroad Gazette lenkt die
Aufmerksamkeit auf ein wahrhaftes Curiosum der heutigen Eisenbahntechnik: die
Kreuzung dreier Hauptbahnen in verschiedenen Höhen.
Unweit von Pittsburg bei der Millville-Station zwängt sich von Osten nach Westen die
Pennsylvania-Bahn durch ein enges Thal; von Süden kommend bricht die Junction
Railroad aus einem Hügel hervor, um sofort wieder unterhalb des
Pennsylvania-Geleises die Tiefe zu suchen, und hoch in der Luft 21m über ersterer, 27m über letzterer Linie zieht die East End Railroad dahin in einer kühnen
Gitterbrücke von 229m Gesammtlänge, 37m gröſster Spannweite. – Ein ähnliches, wenngleich
weniger imposantes Zusammentreffen tritt uns in der Nähe von Ludgate Hill Station in
London entgegen. Hier überbrückt die London Chatham- und Dover-Bahn den Straſsenzug,
während unterhalb desselben zwei Linien der unterirdischen Metropolitan Railroad
sich kreuzen. (Nach dem Engineer, 1884 Bd. 57 S.
221.)
Bewegliches Gerüst für den Bau und die Ausbesserung von
Fabrikschornsteinen.
Broussas verwendet, wie die Annales industrielles, 1884 Bd. 1 * S. 26 mittheilen, für den Bau und die
Ausbesserung von Fabrikschornsteinen ein einfaches bewegliches Gerüst, bestehend
aus zwei Rahmen, welche je aus vier durch Eisenbänder verbundene Doppelbalken
gebildet werden; letztere werden kreuzförmig um den Schornstein gelegt und an
denselben durch Schraubenwinden, welche mittels Ketten je zwei gegenüber liegende
Balken zusammenziehen, kräftig angepreſst. Die Schraubenwinden werden durch mittels
Handgriff drehbare Doppelschrauben mit Rechts- und Linksgewinde, welche in je ein
mit Muttergewinde versehenes Kettenglied eingreifen, gebildet; ferner werden die
rechtwinklig zu einander liegenden Balken eines Rahmens durch Ketten zusammengezogen
und zwischen die inneren Balken und die Schornsteinfläche Keile, welche gegen die
Balken in Eisenbändern verschieblich angeordnet sind, getrieben. Die gegenseitige
Abstützung der beiden in ungefähr 2m,5 Entfernung
von einander um den Schornstein festgelegten Rahmen erfolgt durch vier Eisenstüzen,
deren jede aus zwei Theilen besteht, welche durch eine Rechtsund Linksschraube
zusammengezogen werden. Auf diese Weise wird ein Gerüst mit genügender Haltbarkeit
um den Schornstein gelegt, welches mit einem kleinen Krahne o. dgl. zum Aufziehen
von Baumaterialien versehen wird. Der untere Rahmen trägt die Laufbretter,
aufweichen die Arbeiter stehen; senkrechte Stäbe, welche zwischen die äuſseren
Balken des oberen und unteren Rahmens gestellt und noch durch wagrechte Stangen
verbunden werden, bieten den Arbeitern eine Art Schutzgeländer.
Textabbildung Bd. 252, S. 181
Gegenüber dieser Construction scheint der Besteigapparat von Yule und Wilkie in Glasgow (vgl. 1850 117 * 406 und wiederholt 1874 214 * 195) doch einfacher und die Verschiebung desselben ungleich leichter
zu bewerkstelligen, ganz abgesehen von den noch einfacheren Steigeapparaten für je
einen Arbeiter, z.B. jenen von E. v. Mengden in Ehrenfeld bei Köln (* D. R. P. Kl. 77 Nr. 4524 vom 18.
Juli 1878 und Zusatz * Nr. 8299 vom 1. April 1879).
Akustischer Umlaufzähler für Spinnereispindeln.
Bekanntlich beurtheilt man bei physikalischen und technischen Untersuchungen den
Gleichförmigkeitsgrad sehr rascher Drehbewegungen am einfachsten nach der Stetigkeit
des Tones, welchen irgend ein durch den bewegten Theil in Schwingungen versetzter
Körper erzeugt. Für ein geübtes Ohr wird es aber auch nicht schwierig sein, aus der
Höhe des Tones auf die Tourenzahl eines umlaufenden Maschinentheiles zu schlieſsen.
Dies benutzt Prof. R. Escher in Zürich nach dem Centralblatt für die Textilindustrie, 1884 S. 2, um auf
eine einfache und verhältniſsmäſsig sichere Weise die Drehungszahl von
Spinnereispindeln zu ermitteln, wo mechanische Zählapparate ihres nicht
unbeträchtlichen Kraftverbrauches wegen meistens recht ungenaue Angaben liefern.
Auf eine leere hölzerne Nähfadenspule wird ein mit Leim bestrichener Papierstreifen
gleich der Spulenbreite gewickelt. Nach dem Trocknen werden alsdann in den
entstandenen Papiercylinder in gleichen Abständen Löcher eingeschnitten. Steckt man
diesen Cylinder alsdann auf eine rotirende Spindel und bläst durch ein Röhrchen
einen Luftstrom auf denselben, so hat man eine vollkommene Sirene und kann aus der
Höhe des Tones auf die Umlaufzahl der Spindel schlieſsen. Ein Irrthum in der
Auffassung der Tonhöhe ist bei einiger Uebung wohl nur um eine ganze Octave möglich
und würde dann der Fehler sofort bemerkt werden, da eine solche Annahme sogleich zu
einer 2 mal zu groſsen oder zu kleinen Drehungszahl führen würde.
Wäre eine solche Sirene mit 4 Löchern versehen, so würde sich die Umlaufzahl aus der
nachfolgenden Tabelle ergeben. Die beigeschriebenen Differenzen können zur
Erleichterung der Interpolation dienen. Der Tabelle ist Pariser Stimmung zu Grunde
gelegt (a1 = 435 Schwingungen in der Secunde):
Ton
Umlaufzahl
Differenz
Ton
Umlaufzahl
Differenz
f
2589,4
–
dis1
4613,8
258,8
fis
2743,4
154,0
e1
4888,2
274,4
g
2906,5
163,1
f1
5178,8
290,6
gis
3079,4
172,9
fis1
5486,8
308,0
a
3262,5
183,1
g1
5813,1
326,3
ais
3456,5
194,0
gis1
6158,7
345,6
h
3662,0
205,5
a1
6525,0
366,3
c1
3879,8
217,8
ais1
6913,0
388,0
cis1
4110,4
230,6
h1
7324,0
411,0
d1
4355,0
244,6
c2
7759,5
435,5.
Zur sichereren Bestimmung der Tonhöhe könnte eine Stimmflöte benutzt werden, welche
zudem so eingerichtet sein könnte, daſs sie ein direktes Ablesen der Umlaufzahl
gestattete. Unbequem ist es auch, daſs man die Sirene anblasen muſs; doch lieſse
sich dies vielleicht durch eine andere Einrichtung umgehen.
Ulffers' Zapfenlager mit Schalen aus Pergamentpapier.
Nach F. W.
Ulffers in Berlin (* D. R. P. Kl. 47 Nr. 24837 vom 19. Mai 1883) soll
Pergamentpapier als Zapfenlagerungsmaterial in der Weise verwendet werden, daſs der
Zapfendruck auf die Kanten der stark zusammengepreſsten, nach dem Profile der
Lagerschalen ausgeschnittenen Papierscheiben lastet. Die Papierscheiben erfüllen
nicht die ganze Länge des Kastens, sondern es sind die einzelnen Scheibenpäckchen
durch Zwischenlagen aus anderem Materiale getrennt. Eine reichliche Schmierung
vorausgesetzt, mag in der That dieses Lager recht gute Resultate liefern, da stark
zusammengepreſstes Pergamentpapier sich als eine harte hornartige Masse darstellt,
welche durch Wasser oder Oel auſserordentlich schlüpfrig wird.
Ruſslands Zuckerindustrie.
Ruſsland verarbeitete im Betriebsjahre 1882/83, wie A.
Tolpygin in der Deutschen Zuckerindustrie,
1884 S. 360 berichtet, in 243 Fabriken von 3 663186t geernteten Rüben bis zum 1. December 1883 2950714t von 12,9 Proc. mittlerem Zuckergehalte. Der
Zuckerertrag für das ganze Betriebsjahr wird voraussichtlich 301960t betragen.
Am bedeutendsten ist die Zuckerindustrie im Gouvernement Kiew, dann folgen Podolien,
Charkow, Warschau, Kursk und Wolhynien.
Ueber südbayerische Kohlen.
E. Heyrowsky bespricht in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen,
Vereinsmittheilungen 1884 S. 38 eingehend den Bergbau auf den Gruben zu
Miesbach, Hausham und Au. Die Kohlenflötze finden sich in der oligocänen
Süſswassermolasse. Die Förderung ist auf jährlich etwa 275000t gestiegen. Miesbacher Kohle hatte folgende
Zusammensetzung:
Kohlenstoff
50
Wasserstoff
4
Sauerstoff
17
Schwefel
3
Wasser
10
Asche
16
–––
100.
Erstarrungstemperatur von Gasen und Flüssigkeiten.
Läſst man nach K. Olszewski (Monatshefte für Chemie,
1884 S. 127) in eine Glasröhre, welche in flüssiges, bei gewöhnlichem Drucke bis auf
102° erkaltetes Ethylen eingetaucht ist, Chlor
eintreten, so bildet sich alsbald eine orangegelbe Flüssigkeit, in welcher sich
gelbe Krystalle ausscheiden. Setzt man die Temperatur noch um einige Grad herab, so
gefriert die ganze Flüssigkeit zu einer gelben krystallinischen Masse. Es ist somit die Temperatur von –
1020 die Erstarrungstemperatur des Chlores. (Vgl. v.
Wroblewski S. 87 d. Bd.)
Chlorwasserstoff bild et bei –102° eine farblose
Flüssigkeit und erstarrt bei –115,7° zu einer weiſsen krystallinischen Masse, welche
bei –112,50 wieder zu schmelzen beginnt.
Arsenwasserstoff war bei –102° eine farblose
Flüssigkeit, bildete bei –118,9° eine weiſse krystallinische Masse und schmolz
wieder bei –113,5°. Wurde die Temperatur des Ethylens durch Hinzugieſsen von Aether
bis auf –54,8° erhöht, so begann der Arsenwasserstoff zu sieden. Fluorsilicium erstarrte in der bis auf –102° erkalteten
Glasröhre zu einer weiſsen amorphen Masse, welche bei Erhöhung der Temperatur
langsam verdampfte, ohne vorher eine Flüssigkeit zu bilden.
Von Alkohol und Wasser befreiter Aethyläther erstarrte
bei –129° zu einer weiſsen krystallinischen Masse, welche sich bei –117,4° wieder in
eine Flüssigkeit verwandelte.
Reiner Amylalkohol (Siedepunkt 131,60), bildete bei
–102° eine ölartige Flüssigkeit, war bei –115° noch butterartig weich und gefror
erst vollständig bei –1340 zu einer harten, halbdurchsichtigen, amorphen Masse.
Zur Kenntniſs der Pflanzenfarbstoffe.
Behandelt man nach R. Benedikt (Monatshefte für Chemie, 1884 S. 63) in Eisessig suspendirtes Morin mit Salpetersäure, so löst es sich ohne
Gasentwickelung auf. Baryt fällt amorphe Nebenproducte und geringe Mengen einer
krystallisirbaren Nitro Verbindung und aus dem Filtrate erhält man durch
Ausschütteln mit Aether Resorcylsäure.
Die neuholländische Strohblume, Helichrysum bracteatum,
deren Blüthen sich durch die lebhaft gelbe Farbe auszeichnen, welche sogar durch
lange direkt einwirkendes Sonnenlicht keine Veränderung erleidet, wird gegenwärtig
allgemein in den Gärten Deutschlands kultivirt, indem die getrockneten Knöpfchen zu
Immortellenkränzen verwendet werden. Daselbst ist es an manchen Orten auch
gebräuchlich, die getrockneten Knöpfchen in Boraxlösung, welcher man etwas Salzsäure
zufügt, einzutauchen, wodurch die Involucralblättchen schön rubinroth gefärbt
werden.
Nach Versuchen von A. Rosoll (daselbst S. 94) läſst sich
der Farbstoff schwer durch kaltes, leicht durch kochendes Wasser, Weingeist,
Alkohol, Aether und organische Säuren (Essigsäure, Oxalsäure und Weinsäure), nicht
aber durch Benzol, Chloroform und Schwefelkohlenstoff ausziehen. Er färbt Wolle und
Seide gelb und bildet, je nach der Behandlung rothe und gelbe Lacke. Dieser neue
Farbstoff, Helichrysin genannt, zeichnet sich noch
dadurch aus, daſs er sowohl durch Mineralsäuren, als auch durch Alkalien purpurroth
gefärbt und von Metalloxyden und deren Salzen im Extracte mit rother Farbe gefällt
wird. Die Verbindung, welche in alkalischer Lösung sowohl von Natriumamalgam, als
auch von Schwefligsäure stark reducirt wird, dürfte als chinonartige Verbindung
anzusehen sein, was selbstredend erst durch die genaue chemische Analyse
festgestellt werden kann.
Der häufig vorkommende Pilz Peziza aurantia enthält
ebenfalls einen eigenthümlichen gelben Farbstoff, Pezigin genannt.
Herstellung von Anthrachinonverbindungen.
Erhitzt man nach H. Engelsing in
Witten (D. R. P. Kl. 22 Nr. 26432 vom
25. August 1883) 1 Th. Anthrachinonsulfosäure mit 2 Th. rauchender
Salpetersäure und 3 bis 10 Th. Schwefelsäure, so steigt nach der Beendigung der
Nitrirung die Temperatur und es entweicht unter heftigem Aufschäumen Schwefligsäure.
Nach Beendigung des Schäumens erhält man das Gemisch noch 10 bis 15 Minuten auf 180
bis 1850. Durch Behandeln des Reactionsproductes mit Alkohol kann man den
gebildeten, leicht löslichen, rothen Farbstoff von dem schwer löslichen
blauvioletten trennen.
Der blauviolette Farbstoff ist leicht löslich in Wasser
und bildet mit Basen blaue neutrale und basische Salze. Der rothe Farbstoff bildet rothe neutrale und blaue basische Salze. Beide
Farbstoffe werden durch gebeizte Faserstoffe fixirt.
Beim vorsichtigen Erhitzen der Nitroanthrachinonsulfosäuren bezieh. ihrer Salze,
ebenso der Disulfosäuren bezieh. deren Salze, auf 150 bis 180° findet ein lebhaftes
Aufblähen der Masse statt, indem die schwach gelbe Färbung allmählich in eine tief
schwarze Farbe übergeht. Nach 5 bis 10 Minuten langem Erhitzen auf genannter
Temperatur ist die Umwandlung vollständig vor sich gegangen. Leichter noch gelingt
dieselbe durch einen geringen Zusatz von Schwefelsäure, welcher jedoch den dritten
Theil bis die Hälfte der in Anwendung gekommenen Nitroanthrachinonsulfosäuren nicht
übersteigen darf, weil sich sonst auch noch nebenher rothe und violette Farbstoffe
bilden würden. Sehr verdünnte Lösungen dieses schwarzen Farbstoffes haben einen
Blaustich. In Alkohol, Aether, Eisessig u. dgl. ist er unlöslich, in Schwefelsäure
löst er sich mit schwarzgrüner Farbe. Mit Basen verbindet er sich zu neutralen und
basischen Salzen. Beide Salzverbindungen besitzen eine schwarze Farbe und sind, mit
Ausnahme der Alkalisalze, in Wasser fast unlöslich. Die Faser gebeizter Stoffe
fixirt die Farbe.
Um diese Farbstoffe, Oxyverbindungen der Anthrachinonabkömmlinge, in ätherartige
Verbindungen überzuführen, ist es zweckmäſsig, dem Gemische des Farbstoffes mit
Schwefelsäure gleich nach dem Erkalten den betreffenden Alkohol zuzusetzen und zwar
am besten in einem Verhältnisse von 2 : 1. Man erhitzt dieses Gemisch in einem
Kolben mit aufsteigendem Kühler ½ bis 1 Stunde auf 90 bis 120°. Neutralisirt man
darauf vorsichtig, so lassen sich die Aether durch Sublimation rein gewinnen, oder
man kann dieselben auch durch Destillation mit Wasserdämpfen oder Alkohol in
wässeriger oder alkoholischer Lösung erhalten. In ihren äuſseren Eigenschaften sind
der Methyläther und der Aethyläther von einander nicht zu unterscheiden. In
trockenem Zustande stellen diese Aether ein braunes Pulver dar mit grünlichem
Metallreflexe, in Alkohol lösen sie sich ziemlich leicht mit fast fuchsinrother
Farbe auf. Die neutralen Salze der Aether sind in Wasser mit rother Farbe löslich,
die basischen haben eine blaue Farbe und sind, mit Ausnahme der Alkalisalze, in
Wasser unlöslich.
Durch mehrtägiges Erhitzen des Methyläthers bezieh. seiner Barytsalze mit etwas
überschüssigem Aetzbaryt und Wasser erhält man, nachdem vorher durch Einleiten von
Kohlensäure oder vorsichtiges Zusetzen von Schwefelsäure aller Baryt ausgefällt ist,
Vanillin. Wendet man anstatt des Methyläthers den
Aethyläther an, so erhält man den Aethyläther des Dioxybenzaldehyds, welcher
gleichen Geruch und gleiche Krystallformen und Farbe besitzt wie das Vanillin.
Das Vanillin wird auch auf folgende Weise gewonnen: Man
fällt aus den beschriebenen, durch Erhitzen von Schwefelsäure mit den Nitro- und
Amidoanthrachinonen bezieh. deren Sulfosäuren erhaltenen rohen Massen, bestehend aus
den rothen und violetten sowie schwarzen Farbstoffen und Schwefelsäure, mit einer
wässerigen Lösung von Aetzbaryt die basischen Salze aus. In dieses kochende Gemisch
läſst man, unter Ersatz des verdampften Wassers allmählich so viel
Methylschwefelsäure eintröpfeln, daſs die Schwefelsäure zur Fällung des Bariums aus
der organischen Verbindung gerade hinreicht. Wendet man anstatt der
Methylschwefelsäure die Aethylschwefelsäure an, so erhält man den Aethyläther des
Dioxybenzaldehyds. Das Vanillin und der Aethyläther des Dioxybenzaldehyds lassen
sich der wässerigen Lösung durch Aethyläther, Chloroform u.s.w. entziehen.
Das Vanillin wird ebenfals erhalten, wenn man die basischen Barytsalze der oben
beschriebenen Farbstoffe mit einer zur Umsetzung berechneten Menge
Methylschwefelsäure in geschlossenen Röhren auf 150 bis 170° erhitzt. Bei Anwendung
von Aethylschwefelsäure entsteht auch nach dieser Methode der Aethyläther des
Dioxybenzaldehyds.