Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 139 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Ueber eine besondere Art der Fadenbildung bei der
Glasspinnerei; von E. Tscheuschner.
Bis zu welchem Grade von Feinheit und Elasticität Glas versponnen werden könne, hat
bekanntlich zuerst Jul. de Brunfaut (vgl. 1868 190 432. 493. 1872 206 242.
1874 211 482) gezeigt, indem er seine Gespinnste in
Verbindung mit Seide zu geköperten Kleiderstoffen verweben lieſs, von welchen
letzteren ein Anzug einem Werthe von 2000 M. und mehr entsprach. Konnten auch diese
Stoffe ebenso wenig, als die aus Fädenbündeln geflochtenen Kragen, Schleifen.,
Spitzen, Besätze verschiedenster Art u. dgl. bei allem Glänze ihrer äuſseren
Erscheinung wegen der unleidlichen Wirkung der beim Gebrauche solcher Gegenstände
unvermeidlich sich ablösenden Fadensplitter auf die Haut keines dauernden Erfolges
sich erfreuen und ist heute die Herstellung eines wolle- oder watteartigen, zu
chemischen Zwecken dienenden Gebildes fast die einzige gröſsere Verwendungsweise, des
Glasgespinnstes, so wird doch die Gewinnung des letzteren immerhin zu den
interessanteren Arbeiten vor der Glasbläserlampe zu zählen sein.
Man nimmt in der Regel an, daſs zum Spinnen eine besondere Zusammensetzung des Glases
nicht erforderlich sei, wenn man von der Forderung eines guten, elastischen
Materials als selbstverständlich absieht, und auch die von Benrath (Glasfabrikation S. 365)
mitgetheilten Analysen eines böhmischen Flechtwerkes und einer Watte de Brunfaut's sprechen im Allgemeinen dafür. Es sei
indessen auf eine Thatsache aufmerksam gemacht, die ich bisher niemals erwähnt
gefunden habe. Die Glasfäden lassen sich bekanntlich mittels eines heiſsen Eisens in
ähnlicher Weise kräuseln und zu Locken brennen wie das Haar; während nun aber J. de Brunfaut, den ich einmal wochenlang in seiner
Werkstätte zu beobachten Gelegenheit hatte, zu schlichten Fäden einfache Glasstäbe
von augenscheinlich nicht besonderer Beschaffenheit verspann, wendete er zu lockigem
Gespinnste die Verbindung eines Tafel glasstreifens mit einem Rundstabe an, welche
letzteren er, wie die Figur zeigt, der Länge nach an einander schmolz. Beim Spinnen
vereinigten sich dann beide Gläser zu einem Faden. Daſs J.
de Brunfaut auf diese Weise etwa ein Glas von mittlerer Zusammensetzung
hätte erzielen wollen, ist kaum anzunehmen, da es ihm ein Leichtes gewesen sein
würde, derartige Stäbe sich zu verschaffen. Auch scheint es wenig wahrscheinlich,
daſs er einen besonderen, vielleicht ovalen Querschnitt des Fadens erstrebte. Denn
wenn auch bekanntlich schlichtes menschliches Haar im Querschnitte fast rund,
krauses hingegen flach gedrückt, oval ist, so dürfte doch in dieser Beziehung von
der Querschnittsform des Glasfadens kaum etwas zu erwarten sein; auch würde J. de Brunfaut mit Rücksicht auf die Eigenschaft des
Glases, beim Ausziehen zu selbst sehr feinen Fäden die Querschnittsform nicht zu
ändern, durch Anwendung eines ovalen Stäbchens viel einfacher haben zum Ziele
gelangen können. Vielleicht aber wollte er von der verschiedenen durch die Wärme
bewirkten Ausdehnung andersartiger Glassorten in der Weise Vortheil ziehen, daſs er
einen durch die Vereinigung zweier Fäden von verschiedenen Ausdehnungscoefficienten
hervorgegangenen Glasfaden zu erzeugen suchte. Besteht z.B. ein Faden aus zwei
Hälften, von denen die rechte einen gröſseren Ausdehnungscoefficienten besitzt als
die linke, so wird vom Augenblicke der Erstarrung des neu gebildeten Fadens an bis
zur völligen Abkühlung desselben die rechte Seite sich mehr zusammenziehen, also
kürzer werden als die linke und daher der ganze Faden sich soweit nach rechts
krümmen müssen, bis die innere kürzere Curve der sich mehr, die äuſsere längere
Curve aber der sich weniger zusammenziehenden Hälfte entspricht.
Textabbildung Bd. 256, S. 140 Bezeichnet D den Durchmesser des Kreises,
nach welchem dergestalt die Mittellinie des Fadens sich krümmt, s aber die Fadendicke, so folgt die äuſsere Fadenlange
lt = x α (D + s) und die innere l2 = xα (D – s),
woraus das Verhältniſs beider l1 : l2 (D + s) : (D – s) sich ergibt, Nach Lavoisier und Laplace schwankt der
Ausdehnungscoefficient zwischen 0,0000081 für englisches Flintglas und 0,0000091 für
bleifreies Glas und zwar für jeden Grad des hunderttheiligen Thermometers. Unter der
Annahme, daſs J. de Brunfaut ähnliche Gläser verwendet
habe, ferner eine Erstarrungstemperatur = 1000° für den neugesponnenen Faden
vorausgesetzt, bei welcher beide Hälften des letzteren gleiche Länge l haben, wird man daher:
l1 (1 + 0,0000081 ×
1000) = 1,0081 l1 sin.
l2 (1 + 0,0000091
× 1000) = 1,0091 l2 =
l, also 1,0081 l1 = 1,0091 l1 oder endlich l1 : l2 = (1,0091 : 1,0081) = (D + s) : (D – s) setzen können,
woraus D = 2017,2 s =
2017,2 × 0,006 = 12mm,10 folgt, wenn man
gleichzeitig die Dicke s der feinsten Fäden nach Kick zu 0mm,006
annimmt. Ein solcher Faden müſste sich somit selbstthätig zu einer Locke von 12mm Durchmesser krümmen, während gröſsere
Unterschiede der Ausdehnungscoefficienten entsprechend feinere Kräuselungen bedingen
würden. In Wirklichkeit aber dürften die Krümmungsdurchmesser schon deshalb kleiner
ausfallen, weil die Ausdehnungscoefficienten nicht constant sind, sondern mit den
Temperaturen nicht unbedeutend zunehmen.
R. Schaum's Anordnung eines verstellbaren Loskieles zur
zeitweiligen Erhöhung der Stabilität kleiner Fahrzeuge.
Um die Stabilität eines Schiffes zeitweilig erhöhen zu können, wenn Sturm oder
starker Wind das Kentern befürchten läſst, ordnet nach dem Scientific American, 1884 Bd. 51 * S. 426 Rud.
Schaum in Tell City, Ind., einen schweren Loskiel an, welcher an zwei oder
mehr Stangen hängt und mit diesen Stangen, die durch entsprechende, auf dem
eigentlichen Kiele aufstehende und gegen das Schiffsinnere wasserdicht
abgeschlossene Führungen über Deck hinaufgeführt sind, mittels geeigneter Windewerke
herabgelassen werden kann. Hierdurch wird der Schwerpunkt des Fahrzeuges
beträchtlich herabgerückt, während die Höhenlage des Metacentrums nur ganz
unbedeutend beeinfluſst wird, so daſs die Stabilität des Fahrzeuges sich bedeutend
erhöht. Gleichzeitig wird auch das Rollen des Schiffes durch den Widerstand, welchen
der herabgelassene Loskiel im Wasser findet, nicht unbeträchtlich herabgezogen
werden können. Andererseits ist bei heraufgezogenem Kiele der Tiefgang des Schiffes
nicht wesentlich vermehrt, so daſs Schiffe, welche mit dieser Vorrichtung versehen
sind, auch in flacherem Fahrwasser gebraucht werden könnten.
Heizung und Lüftung einer Pariser Schule.
Die École Monge in Paris ist, wie im Genie civil, 1884/5 Bd. 6 * S. 72 mitgetheilt wird, mit Warmwasserheizung und Sauglüftung versehen
worden. Für die erstere sind 2 Heizsysteme mit je 3 Wasserheizkesseln angeordnet;
von diesen aus werden die Heizkörper gespeist, als welche hauptsächlich mit Rippen
versehene Guſseisenröhren verwendet sind, die lothrecht über einander in Kanälen
stehen, um vom Boden des Kellergeschosses bis zur Decke des zu Schlafräumen
benutzten Obergeschosses in den Ecken der Räume zu führen; diese Kanäle springen in
letztere ein. Für einzelne Räume sind statt dieser Rippenröhren cylindrische
Wasseröfen angeordnet. Die Lufterneuerung der Räume geschieht in der Weise, daſs
unmittelbar von auſsen frische Luft durch kurze, die Auſsenwände in der Höhe der
Fuſsböden des Erdgeschosses und ersten Stockwerkes durchdringende Kanäle in die
erwähnten lothrechten Eckkanäle zugeleitet wird; diese Luft erwärmt sich, steigt
aufwärts und tritt nahe der Decke aus den eigentlich nur als lokale Luftheizkammern
wirkenden Eckkanälen in die Räume. Zur Entfernung der Abluft ist ein über Dach
führender Saugschlot angebracht, in den die auf dem Dachboden liegenden Sammelkanäle
der Abluft münden, welche in dieselben aus den Räumen durch lothrechte Abluftkanäle
flieſst, die mit den Räumen nahe dem Fuſsböden in Verbindung stehen. Der Saugschlot
wird in der kalten Jahreszeit durch die Ausdehnungsgefäſse der Warmwasserheizung, in
der warmen Jahreszeit durch einen besonderen Ofen erwärmt; es ist auch eine
Gasheizung vorgesehen, welche bei nothwendiger Erhöhung des Auftriebes in Wirkung
gesetzt wird. Es ist in genannter Quelle angegeben, daſs die in die Räume
einspringenden Wandungen der Heizkanäle ¼ Stein stark gemauert sind, woraus folgt,
daſs die nothwendige Reinigung dieser Kanäle wie der in denselben befindlichen
Heizröhren nicht möglich ist, die frische Luft also, ehe letztere in die Räume
tritt, stets vorher über verstaubte Flächen ziehen muſs.
Kraftbedarf bei Bogenlichtbeleuchtung und elektrischer
Arbeitsübertragung.
Nach wiederholten Messungen über den Kraftverbrauch beim Betriebe der
Bogenlichtbeleuchtung und Kraftübertragung hat die Oesterreichische Waffenfabriks-Gesellschaft in Steyr nach Mittheilung an
die Zeitschrift für Elektrotechnik, Wien 1885 S. 180
folgende Erfahrungen gesammelt: Bei der Länge der meisten Bogenlichtleitungen
(durchschnittlich 1000m hin und zurück) von
2000m und 3mm starkem Leitungsdraht war der Spannungsverlust etwa 10 Proc. und ergab
die Bremsung durchschnittlich einen Kraftverbrauch (an den Turbinen, vgl. 1884 254 396) von 1e,1 für
ein Bogenlicht mit 1100 Kerzen Lichtstärke, Leitung mit inbegriffen.
Die Kraftübertragung war rund 1400m von den
Stromerzeugern entfernt, also die ganze Leitungslänge 2800m mit 3 bezieh. 2mm,4 starkem Draht (800m mit 3mm,
2000m mit 2mm,4 Dicke). Als Stromquelle dienten 2 hinter einander auf Spannung
gekuppelte Maschinen, Type T. L. 4 (8 bis 10 Bogenlicht), welche 850 Umläufe machten
und hierbei 16 bis 17e bedurften. Die Kraftabgabe
an der Secundärmaschine (ebenfalls Type T. L. 4) wurde durch Bremsung mit 6,5 bis
6e,75 nachgewiesen, was einem Nutzeffecte von
40 Proc. gleichkommt.
Bei der Glühlichtbeleuchtung in der Villa war es nicht möglich, sich ein richtiges
Bild über den Kraftverbrauch zu schaffen, da die dort verwendeten Glühlampen viel zu
ungleich in der Lichtstärke waren.
Theiſsen's Verfahren zur Herstellung von Stiefeleisen.
Nach dem von H. Theißen und C. Theißen in
Düsseldorf (* D. R. P. Kl. 49 Nr.
27343 vom 25. November 1883) angegebenen Verfahren werden zur Bildung von
Stiefeleisen Walzeisenstäbe von U-förmigem Querschnitt in einzelne Abschnitte von
der Dicke der gewünschten Stiefeleisen zerlegt, welche dann nur noch zu lochen und
etwas nachzuarbeiten sind, um ohne Aufwand groſser Kosten fertige Stiefeleisen zu
ergeben. Die beiden Schenkel des U-förmigen Querschnittes können gleiche oder
ungleiche Form erhalten; die letztere Form wird angewendet, um eine etwaige
ungleichmäſsige Abnutzung der Stiefeleisenschenkel auszugleichen, was jedoch bei
ersterer Form auch schon durch schräge Schnitte zur Stabrichtung, d.h. durch
verschieden dicke Stiefeleisenschenkel erreicht werden kann. Zar Herstellung von
Stiefel eisen aus Messing nach diesem Verfahren werden die Profilstäbe statt durch
Walzen durch Ziehen oder Gieſsen hergestellt. Die verwendeten Stäbe werden in kaltem
oder warmem Zustande mittels einer passenden Metallsäge zerschnitten.
Verfahren zum Verbleien von Metallblechen.
Nach P.
Suckow und Comp. in Breslau (D. R. P. Kl. 48 Nr. 30214 vom 9. Juli 1884) werden die zu
verbleienden Metallbleche und die Bleiplatten zunächst einseitig verzinnt, die
Zinnflächen mit Kolophoniumpulver bestreut auf einander gelegt und von der
Auſsenseite her mittels einer Stich- oder direkten Flamme so weit erwärmt, daſs die
Zinnüberzüge zu schmelzen beginnen. Durch Andrücken des Bleibleches wird sodann eine
innige Vereinigung mit dem Metallbleche erzielt, wie dies für Sulfitstoffkessel u.
dgl. erforderlich ist.
Zur Verwerthung der Milch.
Die Milchwirthschaftliche Versuchsstation in Kiel verarbeitete nach Schrodt (Milchzeitung.
1885 S. 212) im J. 1884 28492k Milch und
verwerthete diese zu 3025,80 M., 1k Milch daher zu
10,6 Pf. Am vortheilhaftesten erwies sich die Verarbeitung der ganzen Milch zu
Kamembert-Käse, da 1k Milch sich auf 21,9 Pf.
stellte. Bei der Herstellung von Käse aus Magermilch brachte 1k derselben für Holsteiner Käse 2,23 Pf.,
Limburger Käse 4,34 und Kümmelkäse 3,39 Pf.
Nachweis von Caramel in Wein oder Rum.
Versetzt man nach C. Amthor (Zeitschrift für analytische Chemie, 1885 S. 30) eine mit Caramel gefärbte
alkoholische Flüssigkeit mit Paraldehyd, so bildet sich ein brauner Niederschlag und
die Flüssigkeit wird entfärbt.
Zur Ausführung des Nachweises werden dem entsprechend 10cc der zu untersuchenden Flüssigkeit in einem engen hohen Gefäſse mit
senkrechten Wänden mit 30 bis 50cc Paraldehyd (je
nach der Stärke der Färbung), hierauf mit absolutem Alkohol versetzt, bis sich die
Flüssigkeiten mischen. Bei Wein sind 15 bis 20cc
Alkohol nöthig. War Caramel vorhanden, so hat sich nach 24 Stunden am Boden des
Gefäſses ein bräunlichgelber bis dunkelbrauner, fest anhaftender Niederschlag
abgesetzt. Man gieſst jetzt die überstehende Flüssigkeit ab und wäscht zur
Entfernung des Paraldehyds mit etwas absolutem Alkohol nach. Den Niederschlag löst
man in heiſsem Wasser, filtrirt und engt auf 1cc
ein. Aus der Stärke der Farbe kann man ungefähr auf die Menge des vorhandenen
Caramels schlieſsen.
Sind die in zu untersuchendem Weine vorhandenen Caramelmengen sehr gering, so muſs
man über Schwefelsäure, am besten mit Zuhilfenahme einer Luftpumpe auf ½ oder ⅓
einengen, filtriren und nun wie oben verfahren. Eindampfen durch Erwärmen ist
unbedingt zu vermeiden, da sich sonst leicht caramelartige Producte bilden können,
welche zu Täuschungen Anlaſs geben. So gab ein schwach gefärbter, ganz reiner
Naturwein die Caramel-Reaction nicht; dieselbe entstand aber sehr deutlich, nachdem
der Wein auf ⅓ eingekocht und dann wieder auf das frühere Volumen gebracht worden
war.
Zur Herbeiführung der Reaction mit Phenylhydrazin wird
die filtrirte Lösung des mit Paraldehyd erzielten Caramel haltigen Niederschlages in
eine frisch bereitete, klare, salzsaure Phenylhydrazinlösung von der durch E. Fischer (1884 252 483)
angegebenen Concentration eingegossen. Der Niederschlag entsteht schon in der Kälte;
doch kann dessen Entstehung durch ganz kurzes Erwärmen auf dem Wasserbade befördert
werden. Ist sehr wenig Caramel vorhanden, z.B. wenn die Lösungen nur hellgelb
gefärbt sind, so entsteht anfangs Trübung und der Niederschlag setzt sich erst nach
24 Stunden vollständig ab. Man schichtet, da die Phenylhydrazinlösung schon nach
kurzem Stehen rothbraune, harzartige Producte bildet, welche die Reaction vorzüglich
bei kleinen Mengen verdecken könnten, eine etwa 2cc hohe Aetherschicht in dem Reagensglase über die Flüssigkeit; der Aether
nimmt, namentlich wenn man das Glas mehrmals sanft umkehrt, die harzartigen Körper
mit Leichtigkeit auf und bildet damit eine mehr oder weniger gefärbte Lösung, In der
unten stehenden wässerigen Flüssigkeit setzt sich der amorphe schmutzig- oder
rothbraune Caramelniederschlag ab.
Verfahren zur Gewinnung von Schwefel aus
Schwefelwasserstoff.
Die Oesterreichische Sodafabrik in
Hruschau (D. R. P. Kl. 12 Nr. 30746
vom 26. Juli 1884) läſst den Schwefelwasserstoff durch erhitzte Sulfate
von Alkalien oder alkalischen Erden streichen, wobei der Sauerstoff dieser Salze
sich mit dem Wasserstoffe des Schwefelwasserstoffes zu Wasser verbindet, während das
betreffende Schwefelmetall zurückbleibt und freier Schwefel abflieſst. Durch darauf
folgendes Einblasen von atmosphärischer Luft bei fortdauernder Einwirkung von Hitze
kann das Schwefelmetall wieder zu Sulfat oxydirt werden, welches neuerlich
Verwendung findet.
Bei der praktischen Durchführung dieses Prozesses, welcher zur Verwerthung der bei
der Sodafabrikation nach dem Leblanc'schen Verfahren sich ergebenden Rückstände besondere Vortheile bieten soll, wird der zu verarbeitende
Schwefelwasserstoff durch ein zur Rothglut erhitztes, vorzugsweise mit Gypsstücken
gefülltes Röhrensystem geleitet, dessen anderes Ende mit einem Condensator für den
flüssigen Schwefel in Verbindung steht. Die hierbei stattfindende Reaction wird
durch folgende Gleichung ausgedrückt: CaSO4 + 4H2S = CaS + 4H2O +
4S.
Um bei dem Prozesse jede Möglichkeit einer Verbindung des frei werdenden Sauerstoffes
mit dem Schwefel zu verhüten, leitet man beständig einen Ueberschuſs an
Schwefelwasserstoff zu, so daſs jedes Sauerstoffatom im Entstehen immer eine
genügende Menge der gröſsere Affinität besitzenden Wasserstoffatome vorfindet. Der
auf diese Weise in die Condensationskammern gelangte Schwefelwasserstoff wird wieder
in die zur Herstellung dieses Gases dienende Lauge (vgl. H.
v. Miller und C. Opl 1884 253 350) geleitet und so weiter verarbeitet.
Ist sämmtlicher Gyps zu Schwefelcalcium reducirt, so leitet man das zu zersetzende
Schwefelwasserstoffgas durch einen Apparat gleicher Einrichtung, in welchem sich der
Prozeſs in gleicher Weise vollzieht, während man in den ersten Apparat
atmosphärische Luft einbläst, um das Schwefelcalcium wieder zu Calciumsulfat zu
oxydiren.
Behufs Verwerthung der bedeutenden Menge von Wärme, welche bei diesem
Oxydationsprozesse frei wird, sind die beiden im Vorstehenden erwähnten
zusammengehörigen Röhrensysteme so mit einander verbunden, daſs die in einem
Röhrensysteme frei werdende Wärme das Alkali- oder Erdalkalisulfat im anderen
Röhrensysteme erhitzt.
Verfahren zur Herstellung organischer Säureanhydride.
Zur Herstellung von Essigsäureanhydrid werden nach
Angabe der Chemischen Fabrik vormals Hoffmann und Schötensach in
Ludwigshafen (D. R. P. Kl. 12 Nr.
29669 vom 9. April 1884) in einem mit Rührwerk versehenen guſseisernen
Doppelkessel 250k sorgfältig entwässertes
essigsaures Natrium zu einem staubförmigen Pulver gerührt; dann bringt man die
Temperatur im Doppelkessel auf 140° und leitet zugleich einen starken Strom reines
Chlorkohlenoxyd ein. Es destillirt ein in Folge seines Gehaltes an Chlorkohlenoxyd
die Schleimhäute heftig angreifendes Oel über welches durch eine gute Kühlung
niedergeschlagen wird. Das Rohproduct (150k) wird
der fractionirten Destillation unterworfen und sind daraus 100k ziemlich reines Anhydrid zu gewinnen. Es ist
besonders zu beachten, daſs die angegebene Temperatur nicht überschritten wird, da
sich sonst leicht beträchtliche Mengen Aceton bilden, welche sich kaum ganz von dem
Anhydrid abscheiden lassen.
Zur Herstellung von Propionsäureanhydrid wird in
entsprechender Weise propionsaures Natrium bei 170° mit Chlorkohlenoxyd behandelt.
Das Destillat besteht aus einem Gemenge von Propionsäureanhydrid und -Chlorid,
welche durch fractionirte Destillation getrennt werden; das Chlorid ist offenbar in
Folge secundärer Umsetzung des Anhydrids mit Phosgen entstanden: (C3H7CO)2O + COCl2 = CO2 + 2C3H7COCl; es kann durch Kochen mit Propionsäure wieder
in das Anhydrid verwandelt werden.
Die Darstellung von Buttersäureanhydrid erfolgt wie die
des Essigsäureanhydrids bei einer Temperatur von 200°; auch hierbei tritt ein
Gemenge von Anhydrid und Chlorid auf, welche leicht durch fractionirte Destillation
getrennt werden konnten; beim Destilliren über buttersaures Natron liefert das
Rohproduct von Chlorid freies Buttersäureanhydrid.
Ebenso gelingt die Darstellung von Benzoesäureanhydrid
im Gemenge mit Benzoylchlorid beim Ueberleiten von Phosgen über benzoesaures Natron,
welches auf 360° erhitzt wird. Beim Destilliren geht der gröſsere Theil des
Rohproductes bei 1980 über, der kleinere bei 360°; das erste Product bleibt flüssig
und erweist sich als Benzoylchlorid; das letztere
erstarrt zu einer bei 40° schmelzenden krystallinischen Masse, zu
Benzoësäureanhydrid.
Ueber die Darstellung von Thiophen.
Wird nach J. Volhard und H.
Erdmann (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1885 S. 454) eine Mischung von Bernsteinsäureanhydrid und
Phosphorpentasulfid erhitzt, so beginnt bei 140° eine heftige Reaction, welche sich
unter Wärmeentbindung und Entwicklung von Schwefelwasserstoff vollzieht. Das
Destillat wird durch Schütteln mit Natronlauge von übelriechenden, schwer flüchtigen
Stoffen befreit, mit Natrium digerirt und fractionirt.
Sehr viel bessere Ausbeute an Thiophen liefert ein Gemisch aus bernstein-saurem
Natron und Phosphortrisulfid. Man erhitzt in einer Retorte über freiem Feuer. Sobald
die Reaction an einer Stelle begonnen hat, was an dem Dunkelwerden der Masse und der
eintretenden Gasentwickelung zu bemerken ist, schreitet sie von selbst fort, ohne
daſs man nöthig hätte, weiter zu erwärmen. In der Vorlage sammelt sich eine leicht
bewegliche Flüssigkeit neben geringen Mengen einer halbfesten Masse, während der
Retortenhals sich mit einem gelben krystallinischen Sublimat überzieht. Man
destillirt den flüchtigeren Antheil des Uebergegangenen aus dem Wasserbade ab,
digerirt denselben mit Aetznatron und rectificirt schlieſslich über Natrium. Aus je
100g Natriumsuccinat wurden so mit dem
gleichen Gewichte Phosphortrisulfid 20, 23 bezieh. 22g,5, mit dem doppelten Gewichte Phosphortrisulfid 25g reines Thiophen, also beiläufig die Hälfte der
möglichen Ausbeute erhalten.
Weniger ausgiebig ist die von C. Paal (daselbst S. 456)
angegebene Bildung von Thiophen aus Schleimsäure.