Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 256, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 420 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Hochofen-Gebläse-Compoundmaschine.
Für die Rimamurány-Salg⊣-Tarjáner Eisenwerks – Actiengesellschaft in Ungarn sind nach
Stahl und Eisen, 1885 * S. 196 von der Märkischen Maschinenbau-Anstalt vormals Kamp und Comp.
in Wetter a. d. Ruhr (Direktor Alfr. Trappen) zwei
Gebläsemaschinen construirt und erbaut, auf dem neuen Hochofen werke in Likér bei
Nyustia aufgestellt und im Herbst vorigen Jahres mit Erfolg in Betrieb gesetzt
worden.
Die zu liefernde Luftmenge wurde für jede Maschine minutlich auf 650cbm von atmosphärischer Dichtigkeit, gepreſst auf
0at,43 Windspannung festgestellt. Die ferneren
Vorschriften bezogen sich auf möglichste Oekonomie im Dampfverbrauche und auf
zuverlässigste Construction; im Uebrigen wurden die Vorschläge der ausführenden
Maschinenfabrik erbeten. Die Vorschläge derselben waren: 1) Liegendes System; bei
richtiger Construction hält Trappen die liegenden
Maschinen für ebenso dauerhaft als die aufrechten, spricht denselben aber gröſsere
Uebersichtlichkeit, bequemere Wartung und leichtere Zugänglichkeit zu den einzelnen
Theilen zu, alles Eigenschaften, welche im Betriebe gewiſs gewürdigt und anerkannt
werden müssen. 2) Compoundsystem mit Rücksicht auf Dampfökonomie und reichlich zu
Gebote stehendes Injectionswasser. 3) Mittlere, der Steigerung noch sehr zulässige
Geschwindigkeit, so daſs jede Maschine in sich schon eine starke Reserve bildet.
Die Maschinen erhielten folgende Abmessungen:
Durchmesser
des
kleinen
Dampfcylinders
1,100m
„
„
groſsen
„
1,650
„
der
Windcylinder
2,250
Gemeinschaftlicher Hub
1,700
Die verlangte Luftmenge wird bereits bei 25 Umdrehungen in der Minute erreicht, also bei einer
Kolbengeschwindigkeit von 1m,42 in der Secunde;
diese Geschwindigkeit kann aber ohne jede Besorgniſs bis 30 minutlichen Umdrehungen
und mehr gesteigert werden. Der Dampfdruck in den Kesseln beträgt 6at Ueberdruck; der Einströmdruck ist zu 5at,4 angenommen worden. Die Kolbenfläche des
kleinen Dampfcylinders beträgt nach Abzug der Kolbenstange 9292qc, des groſsen Cylinders nach Abzug der
Kolbenstange 21128qc, das Verhältniſs der
Kolbenflächen mithin 1 : 2,26. Das durchlaufene Kolbenvolumen in beiden Cylindern
ist 654cbm,5; ein Windverlust durch den höchst
geringen schädlichen Raum ist bei bisherigen Ausführungen nicht nachzuweisen
gewesen.
Die Arbeit in den beiden Windcylindern berechnet sich bei einem mittleren Drucke von
0,425k/qc
zusammen zu 620e. Nach vorliegenden Erfahrungen
verhält sich die Winddruckarbeit zur Dampfarbeit wie 0,85 : 1, so daſs also beide
Dampfcylinder zusammen 730e entwickeln müssen,
welche sich bei den gewählten Verhältnissen ziemlich gleichmäſsig auf beide Cylinder
vertheilen. Diese Dampfarbeit wird erreicht bei ¼ bis ⅕ Füllung des kleinen
Dampfcylinders, so daſs also die ganze Ausdehnung des Dampfes das 9 bis 11 fache
beträgt; da wohl selten mit 0at,43 geblasen wird,
so ist in Wirklichkeit die Ausdehnung des Dampfes eine noch gröſsere. Das Volumen
der Zwischenräume zwischen kleinem und groſsem Cylinder beträgt, den
Zwischenbehälter (Receiver) einbegriffen, das 1,2fache Volumen des kleinen
Dampfcylinders. Die doppeltwirkende Luftpumpe hat einen Durchmesser von 0m,630, einen Hub von 0m,850 und ist nach Horn's Patent
construirt.
Was nun die übrige Construction der Maschine anbelangt, so ist dieselbe auf einem in
der ganzen Länge der Maschine einheitlich durchgehenden, starken Bette breit und
derart aufgelagert, daſs die Mittellinie der Maschine auf das knappste Maſs, nur
ganz wenig über der Auflagerungsfläche liegt, also alle schädlichen Hebelarme
möglichst herabgemindert sind, gleichzeitig aber die festeste Verbindung zwischen
den Windcylindern, den Dampfcylindern und den Schwungradlagern hergestellt wird.
Beide Cylinder sind mit Präcisionssteuerung versehen, von denen diejenige des
kleinen Cylinders durch den sehr empfindlichen Porter'schen Regulator, diejenige des groſsen Cylinders von Hand eingestellt
wird. Trappen hält die Anbringung eines guten
Regulators namentlich deshalb für sehr nützlich, weil bei vorkommenden Entlastungen
der Windcylinder, welche zwar vorbereitet im Betriebe, unvorbereitet dagegen bei
Unfällen vorkommen können, jede Gefahr des Durchgehens der Maschine beseitigt ist;
die fast absolute Gleichförmigkeit des Ganges der Maschine ist jedenfalls auch eine
groſse Annehmlichkeit. Der Regulator kann für verschiedene Geschwindigkeiten mit
Leichtigkeit eingestellt werden. Der Zwischenbehälter ist lothrecht zwischen beiden
Cylindern stehend angeordnet; sowohl dieser als die beiden Dampfcylinder sind mit
Dampfmänteln versehen, welche mit frischem Kesseldampf gespeist werden; durch
Filzumhüllung und Blechmäntel sind Cylinder und Zwischenbehälter auſserdem gegen
Wärmeausstrahlung möglichst geschützt. Am Zwischenbehälter sind die sämmtlichen
Manometer für Dampf und Wind, sowie ein Vacuummeter angebracht, so daſs der
Maschinenwärter beim Anlassen der Maschine diese sämmtlichen Apparate unmittelbarvor
Augen hat. Die Kolbenstangen der Dampfmaschine bestehen aus Stahl, diejenigen der
Windcylinder aus feinkörnigem, festem Guſseisen; letztere sind mit aller Sorgfalt
aufrecht gegossen.
Die Maschinen arbeiten auſserordentlich ökonomisch; das Hochofenwerk hat zum Betriebe
einer der beschriebenen Gebläsemaschinen und eines groſsen Gichtaufzuges, System Gjers, 3 Dampfkessel in Gebrauch; auf 1e indicirt ergibt dies 0qm,67 Heizfläche.
Vorrichtungen zum Abkühlen der Luft in
Fleischtransportwagen.
Für Eisenbahnwagen, in welchen Fleisch verfrachtet wird, gibt C. Palmer
in Oakland, Californien (* D. R. P. Kl.
53 Nr. 29706 vom 19. December 1883) folgende Einrichtung an: An einem
Ende des Wagenraumes stehen zwei abgeschlossene Abtheilungen, deren Trennungswände
wie die Wände des ganzen Wagens die Wärme schlecht leiten. In der einen Abtheilung
ist eine Luftpreſspumpe aufgestellt, welche von einer Wagenradachse aus durch Riementrieb in Bewegung
gesetzt wird; eine selbstthätig wirkende Spannvorrichtung hält den Riemen stets
straff, gestattet demselben aber sich hinreichend auszudehnen, wenn der Wagen in
einer Curve fährt, oder sich unter der Wirkung der Federn auf- und abwärts bewegt.
Die Luft zur Speisung der Pumpe wird entweder aus dem Freien oder aus dem Inneren
des Fleischraumes entnommen, dann durch die Pumpe verdichtet und durch eine Leitung
in Kessel gedrückt, welche am einfachsten unter dem Wagenkasten angeordnet werden
und den Zweck haben, die gepreſste Luft aufzuspeichern. Damit die in den Kesseln
herrschende Spannung ein gewisses Maſs nicht übersteige, ist in die genannte Leitung
ein Ventil eingeschaltet, welches sich selbstthätig öffnet und Luft ausströmen
läſst, sobald der Druck in den Kesseln die gewünschte Höhe erreicht hat; es kann
auch statt dessen im Saugrohre der Luftpumpe ein Absperrventil angebracht werden,
dessen Stellung von dem Kesseldrucke abhängig gemacht ist, so daſs bei
Ueberschreitung eines bestimmten Grades die Luftcompressionspumpe im luftleeren
Raume arbeitet. Der in den Kesseln stets herrschende Druck der Preſsluft soll 40 bis
50at betragen. Durch diese Luft wird nun eine
Aethercompressionspumpe, welche in demselben Raume wie die Luftpumpe steht,
betrieben, indem die Preſsluft durch eine Leitung in einen Treibcylinder geführt
wird, in welchem sie auch durch Ausdehnung auf einen Kolben wirkt, dessen Bewegung
dann in bekannter Weise auf eine mit Schwungrad versehene Welle übertragen wird; von
dieser wird der Kolben eines Aethercompressionscylinders bewegt. Der hier
zusammengedrückte Schwefeläther gelangt durch ein Rohr in einen Condensator, der aus
Röhren besteht, welche, um Raum zu sparen, in einem abgeschlossenen Theile der
genannten Wagenabtheilung angeordnet sind. Diese Röhren erfahren eine Abkühlung
theils dadurch, daſs ein Theil der aus der Aethercompressionspumpe entweichenden,
sich ausdehnenden Treibluft in den Raum geleitet wird, in welchem die Röhren liegen,
theils dadurch, daſs aus einem auf dem Wagendache angebrachten Behälter Wasser nach
einer die Röhren umhüllenden Decke aus Faserstoff geleitet wird, so daſs eine
Verdunstung des Wassers entsteht. Die abgekühlte Aetherflüssigkeit strömt nach den
eigentlichen Kühlröhren, welche in der zweiten erwähnten Abtheilung des Wagenraumes
untergebracht sind, nämlich zwischen dem Fleischraume und der ersten Abtheilung und
mit dem ersteren durch eine schmale Oeffnung am Boden in Verbindung stehend. In
diesen Röhren verflüchtigt sich der durch Einstellung eines Ventiles in geringer
Menge eingeleitete Aether und die Luft, welche nun aus dem Fleischraume durch ein
von der Schwungradwelle der Luftpumpe aus betriebenes Flügelrad mittels Röhren
angesaugt wird, die an der Decke des Fleischraumes befestigt und mit Löchern
versehen sind, umspült die Kühlröhren, kühlt sich an denselben ab, sinkt zu Boden
und flieſst durch den erwähnten Spalt wieder in den Fleischraum ein. In dieser Weise
wird stets eine Abkühlung der Luft des Fleischraumes durch Umlauf erzielt, auch wenn
der Wagen längere Zeit still steht, da in diesem Falle die in den Kesseln
aufgespeicherte Preſsluft noch längere Zeit zum Betriebe der Aetherpumpe ausreichen
wird, um so mehr, da der hierzu nothwendige Betriebsdruck bedeutend kleiner ist als
der Druck der Luft in den Kesseln; ein in die Zuleitung der Preſsluft
eingeschaltetes Druckverminderungsventil bewirkt diese Verminderung des
Kesseldruckes. Der in den Kühlröhren sich verflüchtigende Aether sammelt sich in den
oberen Röhren, von wo derselbe durch das Saugrohr der Aetherpumpe entnommen wird.
Die Verstopfung der Kühlröhren durch Bildung von Krystallen des Aethers ist durch
den weiten Querschnitt der Röhren verhütet. Die gesammte Anordnung sowie die
Construction der Einzeltheile scheint zweckmäſsig gewählt zu sein, so daſs die
Einrichtung sich für den angegebenen Zweck empfiehlt.
Eine andere Kühleinrichtung war an einem Straßenwagen
angebracht, welcher auf der Gesundheits-Ausstellung zu London 1884 von Will. Whiteley in London vorgeführt war. Auch hier ist
die Bewegung einer Radachse zum Betriebe der Vorrichtung benutzt; jedoch hört
derselbe auf, wenn der Wagen still steht. Es wird ein kleines, als Bläser wirkendes
Flügelrad von einer Wagenachse aus durch Riementrieb in Umdrehung versetzt und
hierdurch Auſsenluft angesaugt und in eine unter dem Wagenkasten angeordnete Kammer
geblasen, in welcher Eisstücke so gelagert sind, daſs sie dem durchstreichenden
Luftstrome eine möglichst groſse Oberfläche bieten. Die in dieser Weise gekühlte
Luft tritt in den Wagen am Boden desselben ein, durchzieht den Wagenraum, in welchem
die Fleischstücke oder andere bei heiſser Jahreszeit dem Verderben ausgesetzte
Nahrungsmittel sich befinden, und gelangt dann an der Decke des Wagens ins Freie.
Diese einfachere Einrichtung läſst sich leicht an derartigen Versandtwagen anbringen
und dürfte sich für solche empfehlen, da solche Wagen stets in Bewegung sind bezieh.
nur kurze Stillstände machen.
Weiller's Siliciumbronzedraht für Telegraphen- und
Telephonleitungen.
In einer kürzlich erschienenen SchriftJ. B. Grief: Siliciumbronze-Leitungen. Mit 100
Abbildungen u. dgl. (Wien 1885. L. W. Seidel und
Sohn.) gibt J. B. Grief
Anleitungen zur Errichtung und Instandhaltung oberirdischer Telegraphen- und
Telephonleitungen aus L. Weiller's Siliciumbronzedraht
(vgl. 1884 253 134. 479. 254
492); aus dieser Quelle sind nachstehende neuere Zahlenangaben über
Leitungsfähigkeit und Festigkeit entnommen.
Siliciumbronze-Telegraphendraht mit sehr
hoher Leitungsfähigkeit und ent-sprechender Festigkeit.
Marke
Leitungsfälligkeitzu reinem Kupfer
Absolute Festigkeit
A
97 bis 99 Proc.
44 bis 46k/qmm
B
80 bis 84 Proc.
55 bis 58k/qmm
Siliciumbronze-Telephondraht mit sehr groſser
absoluter Festigkeit und ent-sprechender Leitungsfähigkeit.
Marke
Leitungsfälligkeitzu reinem Kupfer
Absolute Festigkeit
Extra A
42 bis 44 Proc.
80 bis 86k/qmm
Special B
20 bis 22 Proc.
110 bis 115k/qmm
Die lineare Ausdehnung dieser sämmtlichen Drahtsorten beträgt weniger als 1 Proc.
unter einer Belastung bis zum erfolgenden Bruche.
Es wird hinzugefügt, daſs sich besonders eigne: 1) Der Draht Marke A für oberirdische
internationale Telegraphenlinien, elektrische Beleuchtung, Kraftübertragung auf
groſse Entfernungen, Untersee- und Luftkabel (auch für isolirte Leiter zu
militärischen Zwecken); diese Drahtsorte wird in sehr langen Adern geliefert. 2) Der
Draht Marke B für längere Staats- und Eisenbahn-Telegraphenlinien, besonders zur
Durchführung gröſserer Spannweiten. 3) Der Draht Marke Extra A für mittlere
Telegraphenlinien, Stadt- und Feuerwehrleitungen, ausgedehnte Telephonanlagen,
vorübergehende elektrische Leitungen (Feldtelegraphen u.s.w.). Diese neue
Drahtausführung dient als vortheilhafter Ersatz des bisher schon bewährten
Telephondrahtes und übertrifft letzteren bei groſser Geschmeidigkeit noch an
Leitungsfähigkeit und Festigkeit. 4) Der Draht Marke Special B für auſsergewöhnlich
groſse Spannweiten (wie bei Uebersetzungen von Flüssen und Schluchten), der sehr
bedeutenden absoluten Festigkeit wegen auch vorzüglich zu Förderseilen und anderen technischen Zwecken, anstatt der Senkbleileinen
(für Sondirungen) u.s.w. verwendbar.
Weckeruhr mit Minuten-Einstellung für chemische
Laboratorien.
Bei vielen chemischen Arbeiten ist es wünschenswerth, an den Verlauf einer gewissen
Anzahl Minuten erinnert zu werden. Die gewöhnlichen Uhren mit Wecker lassen sich
hierzu, da sie keine genügend feine und sichere Einstellung erlauben, nicht
verwenden. Hofuhrmacher Weise in Dresden bringt deshalb
ohne wesentliche Vertheuerung an der Rückseite eines gewöhnlichen Reiseweckers ein
zweites Zifferblatt an, welches eine genaue Einstellung auf ganze und annähernd auf
halbe und viertel Minuten gestattet. Es leuchtet der Vortheil ein, daſs man sich bei
der Verwendung eines solchen Uhrwerkes in irgend eine Arbeit vertiefen kann, ohne befürchten zu
müssen, einen bestimmten Zeitpunkt zur Unterbrechung einer Erwärmung, eines
Absetzenlassens o. dgl. zu versäumen, oder endlich die Arbeit selbst rechtzeitig
abzubrechen.
Verhalten des Zinkes bei Herstellung von Neusilber.
Nach Versuchen von A. R. Haslam (Chemical News, 1885 Bd. 51 S. 123) wird beim Erhitzen von Neusilber bis
zum Rothglühen anfangs rasch, allmählich langsamer Zink verflüchtigt; jedoch bleiben
immer mindestens 0,6 bis 1 Proc. zurück. An Nickel reiche Legirungen halten das Zink
fester als solche, welche wenig Nickel enthalten, oder als Messing.
Blei haltige Geschirrglasuren.
F. Gantter (Gewerbeblatt aus
Württemberg, 1885 S. 153) hat 18 Stück irdener Geschirre auf ihre
Schädlichkeit untersucht, indem das Gefäſs bis an den Rand mit 4procentigem Essig
gefüllt und dieser darin ½ Stunde lang gekocht wurde; dann wurde der Essig
abgegossen, die darin gelöste Menge Blei ermittelt und auf 1l Gefäſsinhalt berechnet. Jedes Geschirr wurde in
dieser Weise 3mal behandelt. Aus sämmtlichen Glasuren wurde Blei gelöst und zwar für
je 11 Inhalt beim ersten Male 3 bis 666mg, beim
zweiten Male 0 bis 166mg und beim dritten Male 0
bis 33mg.
Ueber gestörten Verlauf der Mostgährung.
Nach Entfernung fast aller in einem an Zucker reichen Moste vorhandenen Hefekeime und
des gröſsten Theiles der gelösten Hefenährstoffe durch Kochen und Filtriren wird
nach H. Barth (Weinlaube,
1885 S. 61 und 86) die Vergährung bei Luftabschluſs verzögert. Dieselbe ist erst
nach 12 Monaten unter Bildung einer geringeren Menge Weingeist als bei unfiltrirtem
Moste beendigt. Ein Theil des Zuckers bleibt wegen Mangel an Hefekeimen unvergohren
oder ist in unvergährbare Extractstoffe umgewandelt. Ein Zusatz von Essigsäure zu
dem filtrirten Moste bewirkt eine gröſsere Verzögerung und Einschränkung der
Gährung, welche mit der Menge der zugefügten Säure zunimmt. In Folge der
Essigbildung bei der Gährung steigt der Gehalt an Essigsäure, der Zucker verliert
sein Linksdrehungsvermögen und reducirt nur noch theilweise Fehling'sche Lösung. Wie die Essigsäure wirkt auch Schwefligsäure hemmend
auf die Gährung ein, deren störender Einfluſs sich hauptsächlich bei Gegenwart
anderer Gährung verzögernder Umstände zu erkennen gibt. Durch Zusatz von Zucker zu
dem filtrirten Moste nach theilweise vollzogener Gährung wird derselbe nur
invertirt; er bewirkt jedoch keine Vermehrung, sondern eine Verminderung des
Weingeistgehaltes. Bei Anwesenheit von Essigsäure tritt auch hier eine Verzögerung
der Gährung und eine weitere Abnahme des Weingeistes ein. Der Glyceringehalt in den
mit Essigsäure vergohrenen Proben ist niedriger als bei filtrirten und ohne Zusatz
dieser Säure der Gährung überlassenen Weine.
Zur Verwendung der Salicylsäure in der Bierbrauerei.
Ein Brauer in Velden, Niederbayern, hatte Samenhefe mit Salicylsäure versetzt, vor
der Verwendung aber wieder gewässert, wurde jedoch trotzdem zu 180 M. Strafe
verurtheilt. In Folge Berufung fand die zweite Verhandlung am 10. Februar d. J.
statt, welche mit Freisprechung endete, namentlich weil Holzner im Gegensatze zu Emmerich bewies,
daſs durch das öftere Abwässern die gesammte Menge der zugesetzten Salicylsäure
wieder aus dem Zeuge entfernt war. Ferner ist die Hefe nicht bestimmt, ein
Bestandtheil des Bieres zu werden, sondern ist nur Hilfsstoff. Wenn die Hefe mit
Salicylsäure gereinigt, diese Säure aber hernach durch Abwässern wieder entfernt
wurde, so ist nichts von der zugesetzten Substanz in den Auszug aus Malz und Hopfen
gelangt, oder Bestandtheil des Bieres geworden. Da nun von der Säure nichts in das
Bier gelangt ist, so konnte dieses eine Aenderung in seiner Beschaffenheit nicht
erhalten.
Holzner (Zeitschrift für das
gesammte Brauwesen, 1885 S. 61) hat ferner nachgewiesen, daſs bei der Gährung ein verhältniſsmäſsig groſser Theil der
Salicylsäure verschwindet. Als 1hl Würze mit 3g Salicylsäure beim
Anstellen versetzt wurde, fanden sich im Biere nur Spuren, jedenfalls weniger als
0g,5 wieder vor, so daſs also mindestens 2g,5 verschwunden waren.
Nach Hilger (Correspondenzen
bayerischer Vertreter der angewendeten Chemie, 1885 Nr. 2) werden zum Nachweise der Salicylsäure im Biere 100cc Bier mit 5cc
verdünnter Schwefelsäure (1 : 10) angesäuert und dann annähernd mit gleichen Mengen
Aether ausgeschüttelt. Die ätherische Ausschüttelung wird im Scheidetrichter von der
wässerigen Schicht getrennt und durch ein ätherfeuchtes Filter filtrirt, der Aether
abdestillirt und der Destillationsrückstand mit wenig Wasser, dem einige Tropfen
Alkohol zugesetzt sind, aufgenommen. Diese Lösung wird mit einem Tropfen einer Kupfersulfatlösung versetzt, aufgekocht, hierauf mit
wenig Eisenchloridlösung versetzt und nochmals aufgekocht. Die nach Absetzen des
hier stets entstehenden Niederschlages oder nach Filtriren erhaltene Flüssigkeit
zeigt beim Vorhandensein der geringsten Mengen Salicylsäure die charakteristische
Salicylsäure-Färbung.
E. Prior (Erlaubtes und
Verbotenes im bayerischen Brauereiwesen, Würzburg 1885) befürwortet einen
Zusatz von Salicylsäure nur für die im Brauen begriffenen und für solche fertigen
Biere, welche für die Ausfuhr nach jenen Ländern bestimmt sind, in denen ein Zusatz
von Salicylsäure nicht verboten ist.
Nach Versuchen von M. Schwarz (Amerikanischer Bierbrauer, 1885 S. 5) kann man, um Bierwürzen oder Ruhbier
vor den Angriffen von Spaltpilzen zu schützen, unbeschadet der Haupt- oder
Nachgährung in dem Zusätze von Salicylsäure bis 16g auf 1hl gehen. Dasselbe gilt auch für
Bierwürze auf dem Kühlschiffe.
Zur Herstellung von Ammoniak.
Nach Isambert (Comptes
rendus, 1885 Bd. 100 S. 857) erfordert die bei der Herstellung von Ammoniak
vor sich gehende Reaction: CaO + 2NH4Cl = CaCl2 + 2NH3 + H2O einen Wärmeverbrauch von 10c,9. Aus dem Gemische entweicht bei gewöhnlicher
Temperatur, selbst bei Luftleere, kein Ammoniak, weil sich die Molekularverbindung
CaCl2.2NH3
bildet, welche erst bei 180 bis 200° Ammoniak abgibt. Durch Baryt und Strontian wird
aus Chlorammonium ebenfalls erst bei 180 bis 200° Ammoniak entwickelt, während durch
Bleiglätte schon bei gewöhnlicher Temperatur Ammoniak frei wird.
Reagens auf aromatische Orthodiamine.
Nach O. Hinsberg (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft 1885 S. 1228) geben selbst sehr geringe
Mengen von m-p-Toluylendiamin und o-Phenylendiamin mit Phenanthrenchinon
schwerlösliche Diphenylenchinoxaline. Zum Nachweise der Diamine versetzt man eine
alkoholische Lösung der Substanz mit einem Tropfen einer heiſsen Lösung von
Phenanthrenchinon in Eisessig und kocht kurze Zeit auf. Ist Orthodiamin vorhanden,
so entsteht schon während des Kochens ein voluminöser, aus feinen hellgelben
Nädelchen bestehender Niederschlag. Behufs weiterer Prüfung kann man denselben
abfiltriren und mit concentrirter Salzsäure befeuchten; er muſs sich dann tiefroth
färben. Auch p-Brom-o-Phenylendiamin reagirt in der angegebenen Weise mit
Phenanthrenchinon; der entstehende Niederschlag färbt sich jedoch mit concentrirter
Salzsäure nicht roth.
Ueber das Nachdunkeln der Farben.
Die Ursachen des Nachdunkelns der Oelfarben liegen nach R.
Kayser (Mittheilungen des bayerischen
Gewerbemuseums, 1885 S. 21) namentlich bei Verwendung von Zinnober
theilweise in der Zusammensetzung der verwendeten Firnisse. Wird ein mit Bleiglätte
gekochter Firniſs mit Zinnober verrieben, so bildet sich Schwefelblei. Man sollte
daher für Oelmalerei nur mit borsaurem Manganoxydul
bereitete Firnisse verwenden.