Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 258, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 526 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Rettungsapparate bei Feuersgefahr.
In neuerer Zeit sind verschiedene Versuche gemacht worden, den bekannten, im
Seerettungswesen üblichen Raketenapparat auch für
Feuerrettungszwecke zu verwenden; da hierbei in der Regel nur mit verhältniſsmäſsig
kleinen Entfernungen zu rechnen ist, so sind auſser der Rakete noch mancherlei
andere Beförderungsmittel des Geschosses in Vorschlag gebracht worden.
Vor Kurzem hat die Société industrielle du Nord de la
France, wie aus ihrem Bulletin, 1885 S. 56
hervorgeht, einem Hrn. Bondues eine silberne Medaille
für einen Rettungsapparat zuerkannt, welcher im Wesentlichen aus einer starken
Armbrust besteht, die durch einen besonderen Hebel gespannt wird. An dem Pfeile ist
eine starke, aber dünne Schnur befestigt, welche zum Zwecke des leichten Abwickelns
auf eine kegelförmige Spule aufgewunden und zum Nachziehen eines stärkeren Seiles
bestimmt ist. Ein kleiner eiserner Wagen trägt die ganzen Bestandtheile des
Apparates, zu welchem noch Seile, Haken zum Anhängen, Rollen, ein Rettungskorb u.
dgl. gehören.
Merkwürdiger Weise soll die über das Dach weggeschossene Schnur durch einen zu diesem
Zwecke aufgestellten Feuerwehrmann gefangen, das Rettungsseil, die Haken, Rollen u.
dgl. durch diesen aufgezogen und die zu rettenden Personen durch denselben
Feuerwehrmann in den Korb gesetzt werden. Wie dieser Feuerwehrmann auf das Dach
gelangt, ist nicht gesagt; wenn er aber auf anderem Wege emporgelangt, so ist nicht
recht einzusehen, warum er nicht einfach die Rettungsleine mit sich nimmt. Uebrigens
meint auch die Société industrielle, daſs der Apparat
sich noch in der Praxis zu bewähren habe.
Nach Ansicht des Referenten sind solche Raketenapparate eben für jene Fälle
angezeigt, in welchen kein Feuerwehrmann mehr zu den Bedrohten gelangen kann, auch
andere Mittel, wie Leitern u.s.w. nicht anwendbar sind. Von diesen Gesichtspunkten
scheint das Fire-Department in New-York ausgegangen zu
sein, als es zur Construction solcher Apparate aufforderte. Wie das Scientific American, 1885 Bd. 52 * S. 325 mittheilt,
fand kürzlich in New-York eine Probe mit den eingegangenen Apparaten statt und zwar
am Fuſse einer hohen Klippe, auf welche mittels der Apparate dünne Schnüre
geschossen werden sollten. Die sämmtlichen vorgeführten Apparate, mit Ausnahme eines
einzigen, benutzten Pulver als Triebkraft, entweder für
eine Rakete, oder für ein Geschoſs aus einem Rohre; nur ein Apparat verwendete Preßluft.
Benj. F. Morris stellte einen Raketenapparat aus,
welcher ein Rohr von 1m,065 Länge und
hinreichender Weite besaſs, um die Rakete leicht einführen zu können; derselbe war
auf einem verstellbaren Dreifuſse angebracht, so daſs leicht der Rakete die
erforderliche Richtung zum Schusse gegeben werden konnte. Zum Abfeuern der Rakete
diente eine Zündkapsel ungefähr in der Mitte des Rohres.
Von R. Mac Donald wurde eine Büchse eingesendet, welche
etwa 50mm Bohrung und gezogenen Lauf besaſs. Die
Spitze des Geschosses, welches ungefähr wie ein gefiederter Pfeil (Armbrustbolzen)
aussah, besaſs spiralförmige Vertiefungen (Züge) und das hintere Ende war mit
radialen Flügeln und kreisförmigen Scheiben versehen, welche genau in den Lauf
paſsten. Die Büchse wurde nach Art einer gewöhnlichen Flinte an die Schulter
gesetzt, um zu zielen und abzufeuern.
Otto Regl führte eine Windbüchse vor, deren cylindrische
Windkammer einen Druck von 20at aushielt; auf
dieselbe wurde ein Rohr geschraubt. Das Geschoſs hatte die Form eines Hohlkegels, an
welchem noch mit Gelenk ein Stab befestigt war, welcher anfangs nach oben (vorn)
gelegt wurde, so daſs die an seinem Ende befestigte Schnur oben aus der Mündung des
Rohres austrat. Zum Laden der Windkammer diente eine kleine Pumpe; mit jeder Ladung
konnten 3 Schüsse gethan werden.
Fr. J. Gray brachte einen Rakenapparat, aus einer Rinne
bestehend, die zwischen zwei Schnurbehältern angebracht war; derselbe ruhte auf
Zapfen in einem einfachen Gestelle, um ihm die erforderliche Neigung geben zu
können. Hier, wie bei allen Raketenapparaten, war zunächst an der Rakete ein kurzes
Stück Draht befestigt, an dessen Ende sich dann die Schnur anschloſs.
Patrick Ryan's Apparat bestand in einer kleinen Kanone,
aus deren Mündung das lange zugespitzte Geschoſs noch hervorragte. Die Schnur an
demselben war wieder in der Art angebracht, daſs sie zunächst an das Ende einer
dünnen Stange geknüpft wurde, welche beim Laden des Geschützes taschenmesserartig in
eine Längsrinne des Geschosses eingeklappt und so nach vorn gelegt werden konnte.
Zum Richten des Geschützes dienten zwei in -Gestalt verbundene parallele
Stangen, deren eine in die Bohrung des Laufes paſste, während längs der anderen
visirt wurde.
Alle diese Apparate, bewährten sich als gut; es wurden mit denselben eine gröſsere
Anzahl Schnüre von 60 bis 200m Länge völlig sicher
über die etwa 45m hohe Klippe geschossen.
Es wird abzuwarten sein, welchen dieser Apparate das New-Yorker Amt annehmen wird.
Dasselbe verlangt, daſs der Apparat möglichst einfach gebaut, leicht zu handhaben,
gegen Witterungseinflüsse unempfindlich, nicht zu schwer und unter allen Umständen
zuverlässig sei. Der Apparat muſs im Stande sein, eine Schnur über die höchsten
Gebäude wegzuschieſsen, und so sicher treffen, daſs jedes beliebige Fenster erreicht
werden kann. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte der betreffende Apparat auch in
anderen groſsen amerikanischen Städten zur allgemeinen Einführung gelangen.
Für amerikanische Verhältnisse mögen diese an und für sich sehr lehrreichen Versuche
sicher ihre volle Berechtigung haben. Die auſserordentliche Höhe der Häuser, die
beliebte Benutzung von Aufzügen (lifts) an Stelle der
Treppen, die feuergefährliche Bauart, die groſse Trockenheit des Klimas stellen dort
der Menschenrettung bei Brandfällen weit umfänglichere und schwerere Aufgaben, als
dies bei uns der Fall ist. Es läſst sich deshalb erwarten, daſs wir, wie in vielen
anderen Dingen, kaum Veranlassung haben werden, auf dem Gebiete der Menschenrettung
in Brandfällen in die Fuſstapfen unserer erfindungsreichen Nachbarn jenseits des
Oceans zu treten.
Apparate zum Austrocknen von Neubauten.
Die gewöhnlich zum Austrocknen von Neubauten verwendeten Feuerkörbe wirken vorwiegend
durch strahlende Wärme und ergeben somit durch die Abwesenheit stärkerer
Luftströmung eine geringe Leistungsfähigkeit bei groſsem Brennmaterialverbrauche.
Zur Erzeugung einer Luftbewegung bei solchen
Feuerkörben (sogen. Schnelltrocknern) versieht J. Keidel
in Berlin (* D. R. P. Kl. 82 Nr. 33246
vom 1. Mai 1885) dieselben mit einem Blechmantel, in welchen, wie aus
nebenstehender Abbildung zu entnehmen ist, die Luft durch Oeffnungen E am Boden eintreten kann. Diese Luft erwärmt sich
innerhalb des weiten Mantels durch Vorbeistreichen an der glühenden Kokesfüllung im
Korbe und tritt oben frei aufsteigend in dem auszutrocknenden Raume in die Höhe.
Ueber dem Korbe ist zur seitlichen Ableitung der gerade aufsteigenden Feuergase und
zum Schütze der gewöhnlich schon trockenen Decke vor strahlender Wärme ein Schirm
S angebracht. Verbindet man die Oeffnungen E durch Rohre mit der Auſsenluft und macht nahe am
Fuſsboden in dem Schornsteine des auszutrocknenden Raumes eine Oeffnung zum
Entweichen der feuchten schweren Raumluft, so wird eine beständige Strömung der Luft
ähnlich wie bei der St. v. Kosinski'schen Einrichtung
(vgl. 1884 251 470) erzielt.
Textabbildung Bd. 258, S. 527St. v. Kosinski in Berlin (* D. R. P. Kl. 82
Nr. 32467 vom 6. November 1884, Zusatz zu Nr. 18815, vgl. 1884 251 470) hat an seinem Apparate zum Austrocknen von Neubauten eine
Verbesserung dahin getroffen, daſs einzelne Heizrohre,
wenn sie durchgebrannt sind, leicht aus dem Ofen entfernt und durch neue ersetzt werden können. Es hat sich auch gezeigt, daſs
der beabsichtigte Abzug durch die saugende Kraft des Feuers im Apparate nicht
ausreichte, und ist deshalb das Gebläse zur Einführung
frischer Auſsenluft doppelseitig ausgeführt worden. Die
Flügelscheibe des Gebläses ist durch eine Mittelwand getheilt und saugt daher auf
der einen Seite Auſsenluft an, während sie auf der anderen Seite die feuchte,
schwere Raumluft durch eine am Boden des Raumes gehende Leitung ins Freie
befördert.
J. Tenwick's halbfestes Straſsenbahnrad.
Wie Engineering, 1885 Bd. 39 * S. 342 berichtet, bringen
Jessop und Comp. in Sheffield nach dem Vorschlage
von J. Tenwick für Straſsenbahnwagen halbfeste,
schwingende Räder zur Ausführung, mit welchen ein leichtes Durchfahren von Curven
ermöglicht werden soll (vgl. E. Schultz * S. 151 d.
Bd.). Die Radachse erhält eine Kugel, welche mit einem senkrecht zur Radachse
stehenden Flanschringe versehen ist. Das Rad wird in seiner Nabe entsprechend der
einen Kugelhälfte und der Flansche ausgedreht, auf die Achse geschoben und auf die
Nabe eine der anderen Kugelhälfte entsprechend ausgedrehter Ring geschraubt. Zu
beiden Seiten des Kugelflanschen werden dabei Gummiringe eingelegt, welche
einestheils die Drehung des Rades auf der Achse hindern und anderentheils die
Schrägstellung des Rades beim Durchfahren von Curven zulassen, jedoch darauf durch
ihre Elasticität das Rad sofort wieder in gerade Stellung bringen.
Sellner's optisch-elektrischer Nacht-Signalapparat.
Während der diesjährigen Uebungen des österreichischen Panzergeschwaders ist auch ein
von dem Linienschiffsfähnrich Leop. Sellner angegebener
optischer Nacht-Signalapparat für Schiffe zur Erprobung gekommen, welcher nicht
mittels Lichtblicken von verschiedener Dauer oder verschiedener Farbe signalisirt
(vgl. 1885 257 386), sondern aus weiſsen und rothen
Lichtern Signale bildet und dieselben so lange sichtbar erhält, bis der
Signalempfänger durch ein vereinbartes Zeichen – am besten aber durch Wiederholung
des gegebenen Signals – anzeigt, daſs er das Signal auch wirklich verstanden habe.
Nach der Oesterreichisch-Ungarischen Post, 1885 S. 255
besteht Sellner's Signalapparat aus einer kleinen
Dynamomaschine, welche auf Schiffen unter Dampf durch die Schiffsmaschine, sonst
aber durch Handbetrieb in Gang gesetzt wird, ferner aus dem optischen Theile und dem
Stromvertheiler mit den Signalgriffen. Den optischen Theil bilden vier
Signallaternen mit je zwei Glühlichtern, die unter einander stehen und durch eine
undurchsichtige Scheidewand von einander getrennt sind. Das eine der beiden Lichter
jeder Signallaterne leuchtet weiſs, das andere roth. Die vier Signallaternen werden
auf Schiffen unter einander auf die Spitze eines Mastes oder einer Gaffel gehiſst
und dort in der Regel belassen, da die Ausführung der Laternen selbst wie der
dieselben verbindenden Kabel sie gegen äuſsere Einflüsse vollkommen schützt. Der
wichtigste Theil des Apparates – der Stromvertheiler – besteht aus einem Kasten, der
bei seiner Kleinheit bequem auf einem kleinen Tischchen Platz findet; er trägt die
Signalgriffe für etwa 30 verschiedene Signalzeichen, welche aus Combinationen von 2,
3 bis 4 rothen und weiſsen Lichtern bestehen. Ist die Dynamomaschine im Gange, so
genügt das Aufheben des betreffenden Signalgriffes, um die gewünschte
Lichtercombination sofort leuchten zu lassen, und diese Combination bleibt so lange
sichtbar, bis der Taster wieder herabgedrückt wird. Diese Art der Signalgebung ist
eine äuſserst rasche–, sie übertrifft die bisherigen besten optischen Signalmethoden
bei Tag.
Bei dem Uebungsgeschwader waren drei Schiffe mit Sellner'schen Signalapparaten versehen und mit denselben wurde der
Nachtsignaldienst in der zuverlässigsten Weise gehandhabt. Allein nicht nur zur See,
auch für Signalzwecke zu Lande dürfte der Apparat verwendbar sein.
Verfahren zur Verhütung oder Abschwächung von
Schiffszusammenstöſsen durch Benutzung von Explosivstoffen.
Von B.
Gründler in Petersdorf bei Lagow (*
D. R. P. Kl. 65 Nr. 33017 vom 20. December 1884) wird
zur Verhütung oder Abschwächung von Schiffzusammenstöſsen der sonderbare Vorschlag
gemacht, das Wasser an der Seite des Schiffes, auf welcher ein Zusammenstoſs zu
befürchten steht, mittels explodirter Patronen in heftige Wallung zu versetzen, um
durch die erzeugten Wellen die in Gefahr drohende Nähe kommenden Schiffe von
einander abzudrängen. Die Patronen sollen in besonderen Kammern an den äuſseren
Schiffswandungen gelagert und auf elektrischem Wege entzündet werden.
E. Doerr's Schwefelasphalteisen-Legirung.
Als Dichtungsmaterial für Gas- und Wasserleitungsröhren, sowie zur Anfertigung von
Modellen und Zierguſs zu architektonischen Zwecken gibt Ernst
Doerr in Glauchau (D.
R. P. Kl. 40 Nr. 33101 vom 3. März 1885) eine Legirung an, welche
erhalten wird, indem man zu Schwefeleisen aus 100 Th. Eisen und 80 Th. Schwefel 7
Th. Asphalt und 180 Th. Schwefel hinzufügt und die Masse durch wiederholtes
Schmelzen gleichmäſsig macht.
Münztechnische Notizen; von C. Ernst.
Neue Methode des Härtens von Münzstempeln u. dgl.: In
der Münze zu Philadelphia wird das Härten der Prägestempel nach einer
eigenthümlichen Methode durchgeführt, welche dem gravirten Theile desselben groſse
Härte und Widerstandsfähigkeit verleihen soll, während seine Hauptmasse zähe bleibt
und in Folge dessen unter den Prägeschlägen nicht so leicht unganz wird. Zur
Ausführung dient ein runder Kessel von etwa 1m im
Durchmesser, welcher mit einem Metalldeckel versehen ist. In dem Deckel sind nahe an
dem Rande runde Oeffnungen genau von dem Durchmesser der Hälse der zu härtenden
Stempel angebracht. In der Mitte des Deckels ist eine Oeffnung ausgespart, durch
welche eine dünne Röhre eingelassen ist, deren unterer aufgebogener Schenkel im
Inneren des Kessels genau unter eine der oben angegebenen Oeffnungen gestellt werden
kann. Ist nun der Prägestempel auf die gehörige Temperatur geglüht, so wird er in
eine der Oeffnungen – mit der gravirten Fläche nach abwärts – eingefügt, wo er durch
eine Zange festgehalten wird. Durch die Röhre wird dann ein Strahl Wasser unter
groſser Pressung auf die zu härtende Fläche des Prägestempels gerichtet. Dieser
Theil nimmt demzufolge eine gröſsere Härte an, als der auſserhalb des Kesseldeckels
befindliche und vor der Abkühlung durch den Wasserstrahl geschützte Theil des
Stempels. Das Glühen der Stempel geschieht in einer Mischung von thierischer Kohle
und Holzkohle.
Reinigung spröden Goldes im Tiegel: J. C. Booth, Beamter
der Staatsmünze zu Philadelphia, beschreibt im Journal of
the American Chemical Society, 1885 S. 159 das Verfahren, welches er zur
Reinigung eines Gusses Münzgold anwendete, der durch zufällige Beimischung eines
kleinen Postens unreinen Goldes spröde ausgefallen war, krystallinischen Bruch
zeigte und sich daher zur Vermünzung nicht geeignet erwies. Obgleich dieses
Verfahren längst bekannt und in allen Scheideanstalten zur vollständigen Reinigung
des Goldes angewendet wird, so sei hier der wesentlichste Gang der Behandlung doch
mitgetheilt, da deren Ergebniſs bemerkenswerth erscheint. Das 75162,55 Unzen
(2337k,817) biegende Gold wurde in 14 Posten
von je 5400 Unzen der Reinigung unterworfen. Dies geschah, indem man die Barren in
Stücke zerschlug und dann mit Aetzkali und geschmolzenem Borax niederschmelzte.
Nachdem sich eine klebrige blasige Schlackendecke über dem geschmolzenen Golde
gebildet hatte, wurden nach und nach 1 bis 2 Unzen Salpeter in der Mitte des
Metallbades eingetragen, welche, sobald sie zum Schmelzen gelangten, durch die
concentrische Bewegung eines Rührers über die ganze Oberfläche verrieben wurden. In
dem Augenblicke, da die oxydirende Wirkung sichtlich nachzulassen begann, wurde die
Schlacke vorsichtig abgehoben und das Gold darauf ausgegossen.
Auf diese Weise gelang es, binnen 1½ Tage bei sehr geringen Kosten und ohne
beachtenswerthen Verlust das ganze Gold wieder geschmeidig zu machen. Wie der
Verfasser mittheilt, zeigte nun die Goldpost, welche in ihrem spröden Zustande, der
Probe gemäſs, den Normalgehalt von 900 Gold und 100 Zusatz (gewöhnlich 90 Kupfer und
10 Silber) besaſs, nach der Behandlung mit kaum merklicher Veränderung den gleichen
Gehalt von 900 Gold. Booth bemerkt, daſs es wohl nicht
immer gelingen dürfte, sprödes Gold so erfolgreich und rasch, wie oben beschrieben,
zu reinigen; zumal wenn die Beimischung fremder Metalle gröſser wäre, müſste diese
Behandlung mehr als einmal wiederholt werden.
Neue Schmelzöfen in Peru: Die peruvianische Münze
vergröſsert und verbessert ihre Einrichtung und hat zu diesem Behufe bei der Morgan Crucible Company in Battersea bei London drei
Fletcher-Piat'sche Schnellschmelzöfen (vgl. 1878
229 * 107) bestellt. Diese Oefen sind ähnlich den von
der gleichen Gesellschaft an die königliche Münze in London gelieferten und für
einen sogen. Salamandertiegel von 100k Fassung
bestimmt, zeichnen sich durch ihren geringen Brennstoffverbrauch aus, denn sie
verzehren beim Schmelzen weniger als halb so viel Brennstoff wie ein gewöhnlicher
Silberschmelzofen und dabei hält die Wärme im Tiegel an, bis der letzte Tropfen
Metall ausgegossen ist.
Wittkowski's Preſspulver zur Herstellung von Parkettafeln und
plastischer Gegenstände.
Um das Hurtig'sche Preispulver (1885 255 490) zur Herstellung von erhabenen Gegenständen
geeigneter zu machen, werden demselben nach dem Vorschlage von C. Wittkowski in Berlin (Zusatz D. R. P. Kl. 38 Nr.
33339 vom 12. März 1885) Stoffe beigemengt, welche gröſsere Bildsamkeit
besitzen.
Sollen flache Reliefs aus dem Preſspulver erzeugt werden, so wird den mit
Seifenwasser und Kalkmilch behandelten Sägespänen, nachdem sie an der Luft völlig
getrocknet sind, eine Mischung von Caseïn und gebranntem, an der Luft in Staub
zerfallenem Kalk hinzugefügt. Hierbei ist zu beobachten, daſs diese Mischung erst
dann zugesetzt wird, wenn der erwähnte Kalk das Caseïn bereits zu einer breiartigen
Flüssigkeit aufgelöst bezieh. zersetzt hat. Sind die Sägespäne von dieser
Flüssigkeit gänzlich durchfeuchtet und durchdrungen, so werden dieselben wiederum an
der Luft getrocknet und sind nun preſsfähig. Brauchbare Ergebnisse werden erzielt,
wenn man die vorstehend genannten Stoffe in der angegebenen Weise in folgenden
Verhältnissen verarbeitet. Man nimmt 5 bis 30l
Sägespäne, 0,1 bis 0l,5 Fettseife, 0,5 bis 3l gelöschten Kalk und 3 bis 8l Caseïn, welches letztere durch Mischung mit 0,5
bis 3l gebranntem, an der Luft in Staub
zerfallenem Kalk in eine breiartige Flüssigkeit verwandelt wurde.
Zur Herstellung stark erhabener Gegenstände aus tiefen Formen ist die Bereitung eines
Preſspulvers nothwendig, welches neben groſser Bildsamkeit und gröſserer
Leichtigkeit hervorragende elastische Eigenschaften besitzt, damit der aus der
erhitzten Form herauszunehmende Gegenstand durch Sprödigkeit nicht beschädigt wird,
oder gar zerbricht, sondern noch bis zu einem gewissen Grade biegsam bleibt, so
lange er noch warm ist, und seine Festigkeit erst im Erstarren erhält. Man läſst
reife Kartoffeln mit den Schalen in Dämpfen von mindestens 100° so lange dämpfen
bezieh. sieden, bis der gröſsere Wassergehalt, etwa 20 bis 30 Procent des
Eigengewichtes, verdampft ist. Hierauf zerstampft und zerreibt man dieselben und
fügt denselben fein pulverisirte Kieselguhr (Infusorienerde) sowie etwas
BurgunderharzUnter Burgunderharz (pois de Bourgogne, pois
blanche) versteht man weiſses gereinigtes Fichtenharz.
hinzu. Diese Mischung, gut mit einander vereinigt, wird den Sägespänen im feuchten
Zustande hinzugefügt, hierauf Alles gut durch einander gemengt und dann an der Luft
getrocknet. Es ist vortheilhaft, daſs die Kartoffeln mit Schalen verwendet werden,
damit das Schalengewebe sowie die Eiweiſsstoffe der unmittelbar unter der Schale
liegenden Zellschicht der Mischung erhalten bleiben. Man erhält auch brauchbare
Masse mit geschälten Kartoffeln, jedoch sind diese minder gut. Bei Anwendung von
Kartoffeln und Infusorienerde wird eine gröſsere Leichtigkeit der ganzen Masse
erreicht.
Brauchbare Massen werden erzielt, wenn man die vorerwähnten Stoffe in der angegebenen
Weise in folgenden Verhältnissen verarbeitet. Man nimmt 10 bis 30l Sägespäne und fügt denselben eine Mischung
hinzu, welche besteht aus 5 bis 40l wie oben
behandelte Kartoffeln und Zusatz von 1 bis 5l fein
pulverisirter Kieselguhr nebst 0,5 bis 2l,5
gemahlenem Burgunderharz.
Zur Wundendesinfection.
Nach Versuchen von Gärtner und Plagge (Langenbeck's Archiv 1885 Heft 2)
werden durch eine 3procentige Carbolsäurelösung die für den Chirurgen bis jetzt
wesentlich in Betracht kommenden Mikroorganismen rasch getödtet.
Referent kann nach langjähriger Erfahrung für alle gewöhnlichen Verwundungen bei
Menschen und Hausthieren (Pferden und Hunden) ein Gemisch von 1 Th. Phenol und 9 Th.
Olivenöl bestens empfehlen.
Zur Concessionirung von Leimfabriken.
Nach der Chemikerzeitung, 1885 S. 1188 hatte die Firma
Zimmermann und Schenk im August 1882 die Concession
zum Betriebe einer Gelatinefabrik in Bergnassau-Scheuern bei Nassau erhalten. Die
Fabrik entwickelte sich im J. 1883 zu einer chemischen Fabrik, welche im
Wesentlichen die Herstellung von Leim verfolgte, und
kam im August 1884 um Erweiterung der Concession auf Leimfabrikation und
Aufarbeitung der Nebenproducte zu künstlichem Dünger ein. Hiergegen erhob die
Actiengesellschaft „Bad-Nassau“ und einige Interessenten Einsprache; die
nachgesuchte Concession wurde jedoch unter üblichen Beschränkungen im April 1885 von
der Regierung ertheilt, nachdem zwei von derselben entsendete Sachverständige die
bereits bestehende Anlage begutachtet und deren Concessionirung befürwortet hatten.
Gegen diesen Beschluſs wendete sich die Actiengesellschaft „Bad-Nassau“ mit
Recurs an das Ministerium für Handel und Gewerbe und dieses entschied dahin,
„daſs der angefochtene Bescheid aufzuheben und der Antrag der Fabrikbesitzer
Dr. Zimmermann und Dr. Schenk zu Nassau auf Ausdehnung der ihnen unter dem 31. August 1882
ertheilten Concession auf die Fabrikation von Leim abzulehnen sei.“ Zur
Begründung dieser Entscheidung führt das Ministerium an, „daſs die Eigenart der
Leimfabrikation es bedinge, daſs selbst bei den sorgfältigsten Vorkehrungen die
Entwickelung putrider Gerüche nicht zu vermeiden sei.“
Zur Bestimmung der Verbrennungswärme organischer
Stoffe.
D. Diakonow macht in den Protokollen der russischen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 283 den
Vorschlag, schwer verbrennliche organische Stoffe für calorimetrische Bestimmungen
mit Glycerin und Asbest gemischt im Sauerstoffstrome zu verbrennen.
Zur Spiritusuntersuchung.
Wenn man nach H. Hager (Pharmaceutische Centralhulle,
1885 S. 304) zu 3cc reinem Alkohol 3 Tropfen
Mercuronitratlösung (1 : 9) setzt und schüttelt, so entsteht eine milchige Mischung
mit gelblichweiſsem Farbentone und nach mehrstündigem Stehen setzt sich ein ziemlich
starker blaſsgelber Bodensatz ab. Aehnlich ist das Verhalten, wenn ein Kornspiritus
an Stelle des reinen Spiritus gesetzt wird, vorausgesetzt, daſs dieser frei von
Essigäther oder ähnlichen Aethern ist. Nach 6 bis 9 stündigem Stehen zeigen die
vorstehenden Mischungen einen starken blaſsgelben Bodensatz und die darüber stehende
Flüssigkeit ist klar und wie Spiritus hell.
Werden etwa 3cc Spiritus aus Kartoffeln, also
Amylalkohol enthaltend, mit 3 Tropfen jener Mercuronitratlösung versetzt und
geschüttelt, so entsteht eine bläulichweiſse, bedeutend schwächer milchig trübe
Mischung, welche nach 9 bis 12stündigem Stehen einen sehr geringen, etwa ⅓ so
starken Bodensatz wie in dem reinen Weingeiste bildet. Dieser Bodensatz ist rein
weiſs; die darüber stehende Flüssigkeit ist nicht völlig klar und wasserhell,
sondern wahrt eine bläulichweiſse Trübung viele Stunden hindurch. Aehnlich verhält
sich ein Spiritus, welcher Spuren Essigäther enthält, in welchem Spiritus der
Fuselgeruch künstlich verdeckt ist.
A. Grandval's Nachweisung von Salpetersäure.
Zur Bestimmung kleiner Mengen von Salpetersäure in Wasser, Boden und Luft versetzt
A. Grandval (Comptes rendus, 1885 Bd. 101 S. 62)
die Probe mit einer Lösung von 3 Th. Phenol in 37 Th. Schwefelsäure, dann mit
Ammoniak und vergleicht die Färbung der entstandenen Ammoniumpicratlösung mit der in
gleicher Weise in einer Kaliumnitratlösung erzeugten.
Zur Kenntniſs der Fette.
Um wo möglich ein weiteres Unterscheidungsmittel verschiedener Thierfette zu
gewinnen, haben C. Dubois und L. Padé (Bulletin de la Société chimique,
1885 Bd. 44 S. 187) die
Löslichkeit der abgeschiedenen rohen Fettsäuren in absolutem Alkohol und reinem
Benzol bestimmt:
Fettsäuren von
100g
absoluter Alkohollösen bei
100g
Benzollösen bei12°
0°
10°
26°
Hammel
2,48
5,02
67,96
14,70
Ochse
2,51
6,05
82,23
15,89
Kalb
5,00
13,78
137,10
26,08
Schwein
5,63
11,23
118,98
27,30
Butter
10,61
24,81
158,20
69,61
Rohes Magarin des Handels
2,37
4,94
47,06
13,53
Zur Untersuchung von Buchweizenmehl.
Da Reismehl einem höheren Zolle unterliegt als Buchweizenmehl, so suchte Finkener (Mittheilungen aus den kgl. technischen
Versuchsanstalten zu Berlin, 1885 S. 74) nach einem Unterscheidungsmerkmale
beider Mehlsorten.
Die, mikroskopische Prüfung bei 325facher Vergröſserung, sowie auch das reducirende
Vermögen der Mühle ergab keinen brauchbaren Unterschied. Kocht man 2g Mehl mit 5cc
Eisessig einige Minuten, so wird beim Buchweizenmehle die Lösung dunkel weinroth
gefärbt, beim Reismehle nur wenig gelblich. Reismehl mit 5 Proc. Buchweizenmehl
liefert eine deutlich rosa gefärbte Flüssigkeit. Aber ein Gemisch von 75 Proc.
Buchweizenmehl und 25 Proc. Reismehl gibt eine nur wenig stärker gefärbte Lösung als
50 Proc. Reismehl und 50 Proc. Buchweizenmehl. Zum Nachweise von Buchweizenmehl in
Reismehl ist die Reaction geeignet; sie läſst sich aber nicht verwenden zum
Auffinden von Reismehl in Buchweizenmehl. Kocht man 2g Mehl mit 5cc absoluten Alkohol, so
wird der Alkohol bei Buchweizenmehl gelblich, bleibt farblos bei Reismehl. Vermischt
man den filtrirten Alkohol mit dem gleichen Volumen concentrirter Schwefelsäure, so
wird derselbe bei Buchweizenmehl dunkel weinroth, während er bei Reismehl farblos
bleibt. Obgleich diese Färbung noch kräftiger ist als die, welche der Eisessig
annimmt, so gibt sie doch keinen Anhalt zur Unterscheidung bei einer Beimengung von
Reismehl. Schwefelkohlenstoff, Benzin, Chloroform u. dgl. entziehen den Mehlen keine
in ihrem Verhalten von einander verschiedene Bestandtheile.
Uebergieſst man in einem Reagensglase je 2g der
ungetrockneten Mehlproben mit 10cc Chloroform und
kocht ein Mal auf, so setzt sich das Reismehl fest vollständig ab, während das
Buchweizenmehl sich theilt, indem eine kleine, die Kleie enthaltende Menge bis an
die Oberfläche steigt. Beim langsamen Erkalten der Mischungen steigt dann das
Reismehl zuerst an die Oberfläche und erst nach einigen Stunden auch das
Buchweizenmehl. Dann ist die Flüssigkeit unter dem Reismehle trüb, die unter dem
Buchweizenmehle klar. Wiederholt man den Versuch mit bei 100° getrockneten Proben,
so befinden sich nach völligem Erkalten beide Mehlproben am Boden; nur die
Buchweizenkleie schwimmt oben und das Chloroform ist bei beiden Proben fast
klar.
Erhöht man das specifische Gewicht des Chloroforms durch Zusatz von 0,5 Proc.
Bromoform und verfährt wie oben, so schwimmt das Reismehl, während das
Buchweizenmehl am Boden ist. Bei einem Gemische beider Mehle findet aber keine
Trennung derselben statt, es bleibt fast alles schweben. Geringe Aenderungen des
specifischen Gewichtes der Flüssigkeit ändern diese Erscheinungen aber, so daſs sie
nicht zur Erkennung von Reismehl im Buchweizenmehle benutzt werden können.