Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, Miszellen, S. 194 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Sicherheitsbremse für Gewichtsmotoren.
Wenn durch irgend einen Unfall das Gewicht an Gewichtsmotoren zu rasch abläuft, der
Motor also zu schnell getrieben wird, so soll bei der von C.
E. L. Croſs in Wien (* D. R. P. Kl. 46 Nr. 32292 vom 16. September 1884)
angegebenen Einrichtung durch die vergröſserte Centrifugalkraft eines mit einer
Scheibe umlaufenden und in letzterer radial gleitbaren Gewichtes die Spannkraft
einer Feder überwunden und das Gewicht über den Rand der Scheibe hervorgetrieben
werden, um durch Anstoſsen an eine Sperrung eine Bandbremse zur Wirkung zu bringen
und dadurch den Gang der Maschine zu mäſsigen.
J. Lemoine's Wagenbremse.
Bei den Wagen der Compagnie generale des Omnibus in
Paris ist nach dem Génie civil, 1885 Bd. 7 * S. 135
eine von J. Lemoine angegebene Bremse mit gutem Erfolge
in Anwendung, bei welcher ein aufgewickeltes Seil das Andrücken der Bremsklötze
bewirkt. Die Bremse ist vom Kutschersitze aus einfach durch einen Fuſstritt schnell
in Wirkung zu setzen und diese Wirkung ebenso rasch wieder aufzuheben, so daſs den
Pferden das Anziehen nach dem Bremsen erleichtert wird. Um die Nabe jedes Wagenrades
ist lose ein Seil geschlungen und stehen die Enden dieser Seile mit einem Tritthebel
am Kutschersitze und den Bremsklötzen in Verbindung. Tritt demnach der Kutscher auf
seinen Hebel, so werden die Seile angespannt und dadurch in Folge der Reibung auf
den Radnaben aufzuwickeln gesucht, wobei sie die Bremsklötze einziehen (vgl. Heberlein, 1872 206 * 252).
Der Kutscher hat zur Seite noch einen Handhebel, welcher in einem mit Einkerbungen
versehenen Bogen festgestellt werden kann und mit dem Bremsseile ebenfalls verbunden
ist, um verschiedene Grade der Hemmung hervorzubringen.
Marchand und Gerboz's Brennzeitzähler für Glühlampen u.
dgl.
Um die Summe der Brennzeiten einer Anzahl von Glühlampen bezieh. der Benutzungszeiten
anderer elektrischer Apparate, bei denen man die in denselben verbrauchte
Elektricitätsmenge nicht zu wissen braucht, zu erhalten, wollen Marchand und Gerboz in
Paris nach dem Bulletin d'Encouragement, 1885 Bd. 12 *
S. 490 in den Stromkreis eines jeden dieser Apparate einen Elektromagnet
einschalten, welcher während der Dauer der Benutzung eine Klappe öffnet und dadurch
Wasser aus einer bekannten Ausfluſsöffnung unter constantem Drucke zum Ausflieſsen
bringt. Die Ausfluſsöffnungen haben an allen Apparaten dieselbe Gröſse. Das gesammte
ausflieſsende Wasser wird einer Art schwingendem Löffel zugeführt und die beim
Füllen und Entleeren gemachten Schwingungen des Löffels durch ein Zählwerk in
bekannter Weise gezählt.
H. Wellstein's Verfahren zum Luftleermachen von
Glühlampenglocken.
Um nach Zerstörung des Kohlenfadens einer elektrischen Glühlampe deren Glasglocke
noch weiter benutzen zu können, bringt H. Wellstein in
Berlin (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 32275 vom 26. Oktober 1884) die vom Kohlenfaden
kommenden Leitungsdrähte in einem Glaspfropfen an, welcher, nachdem das Aussaugen
der Luft aus der Glocke mittels einer Luftpumpe bewirkt worden ist, gehoben und
dadurch in den Hals der Glocke eingeführt wird und nach dem Abheben der Glocke von der Luftpumpe
durch den äuſseren Luftdruck unter Mitwirkung einer geeigneten Dichtung die Glocke
luftdicht verschlieſst.
Buntfeuermasse.
Nach Carl Schmidt in Nieder-Schönhausen (D. R. P. Kl. 78
Nr. 34020 vom 13. Mai 1885) wird eine Mischung von 100 Th. flüssigem Collodium, 1
bis 10 Th. Magnesiumstaub und 3 Th. chlorsaurem Barium oder chlorsaurem Strontium
auf glatte Flächen gegossen. Die nach dem Verdunsten des Aethers verbleibenden
dünnen Blättchen werden entweder unmittelbar als Leuchtkörper verwendet, oder zuvor
gemahlen. Das hierdurch erhaltene Pulver wird in Formen gepreſst und für bengalische
Flammen und Leuchtkugeln benutzt.
Legirung zu Preſsglasformen.
Nach C. H. Knoop in Dresden (D. R. P. Kl. 32 Nr. 34137
vom 31. Mai 1885) erhält man eine zur Herstellung von Preſsglasformen geeignete
Legirung durch Zusammenschmelzen von 100 Th. Eisen – je nach der Beschaffenheit
desselben – mit 10 bis 25 Th. Nickel oder Kobalt. Das Metall soll gleichmäſsig und
leicht- zu bearbeiten sein.
Ueber den Markgehalt der Zuckerrüben.
M. Hollrung (Zeitschrift des
deutschen Vereins für Rübenzucker-Industrie, 1885 S. 377) verwendet zur
Bestimmung des Markgehaltes der Zuckerrüben unten durch engmaschiges Drahtgewebe
verschlossene Cylinder, welche etwa 400cc fassen.
Damit ist es möglich, durch 4maliges, in Zeiträumen von 10 zu 10 Minuten auf
einander folgendes Aufgieſsen von je 350cc Wasser
etwa 30g Rübenbrei vollständig auszulaugen, so
daſs das nach einem erneuten Aufgusse ablautende Wasser weder die Polarisationsebene
dreht, noch beim Eindampfen im Uhrschälchen einen bemerkenswerthen Rückstand
hinterläſst. Der ausgelaugte Rübenbrei wird mit Alkohol und danach mit Aether
übergossen und nunmehr im Drahtfilter einer 1000 nicht übersteigenden Hitze im
Trockenschranke ausgesetzt. Erst dann, wenn das Mark den weitaus gröſsten Theil
seiner Feuchtigkeit verloren hat, wird der Inhalt des Drahtfilters mittels eines
kleinen Messers und Pinsels in eine Uhrschale gebracht und getrocknet. 12
verschiedene Rübensorten gaben so 3,88 bis 5,64. im Mittel 4,54 Proc. Mark, somit
einen mittleren Saftgehalt von 9546 Proc.
Um festzustellen, in wieweit eine Zunahme des Zuckers und des Nichtzuckers in der
Rübe beim Austrocknen stattfindet, wurden Rüben der Länge nach in drei Theile
gespalten, dann wurde ein Stück frisch (I), eins nach 12tägigem (II), eins nach
24tägigem Liegen (III) an der Luft untersucht und ergab sich in 100 Theilen:
I
II
III
Gewichtsverlust
–
32,81
51,30
Mark
3,74
6,06
8,96
Wasser
83,95
78,50
68,93
Zucker
9,67
11,16
15,45
Nichtzucker
2,64
4,28
6,66.
Anscheinend findet beim Liegen an der Luft eine durch Säuren
veranlaſste Invertirung des Zuckers statt.
Schoſsrüben hatten einen Markgehalt von 3,42 bis 5,61 Proc.
Ueber die Aufbewahrung des Stallmistes.
Nach Versuchen von Holdefleiß (Hannoversche Land- und Forstwissenschaftliche Zeitung, 1885 S. 888) verlor
Stallmist beim halbjährigen Lagern fast 24 Proc. des Gesammtstickstoffes. Dieser
erhebliche Verlust wurde vollständig vermieden, wenn der Dünger sorgfältig mit Kainit vermischt war. War der Dünger mit
Superphosphatgyps gemischt, so zeigte sich sogar eine geringe Zunahme an Stickstoff,
in Folge Aufnahme von Ammoniak aus der Atmosphäre. Auch durch Bedecken mit Erde
wurde der Zweck der Stickstofferhaltung fast völlig erreicht.
Desinfection mit Salpetrigsäure.
Nach G. Langbein in Leipzig (D. R. P. Kl. 30 Nr. 34313
vom 2. April 1885) können durch Desinfection mit aus salpetrigsaurem Natrium und
verdünnter Schwefelsäure hergestellter Salpetrigsäure völlig desinficirte Abfall-,
Kanalwässer o. dgl. mit hohem Gehalte an Stickstoff in unmittelbar aufnehmbarer
Form, nämlich an salpetersaurem Ammoniak bezieh. salpetersaurem Natron, erzielt
werden, ohne daſs dabei Sinkstoffe sich bilden, welche lästige Verstopfungen der
Kanäle oder Wasserläufe hervorrufen.
Verfahren zur Entfernung von Chlor oder Schwefligsäure beim
Bleichen.
Nach G. Lunge in Zürich (D. R. P. Kl. 8 Nr. 34436 vom 2.
Juli 1885) gelingt die Entfernung der letzten Bleichmittelreste aus Faserstoffen
durch Wasserstoffsuperoxyd. Beim Bleichen mit Chlorkalk
gibt das Wasserstoffsuperoxyd seinen wirksamen Sauerstoff zusammen mit demjenigen
der Unterchlorigsäure ab, wodurch letztere bezieh. ihre Salze zerstört werden. Das
Wasserstoffsuperoxyd kann also als „Antichlor“ in der Bleicherei von Pflanzenfasern oder Papierstoff dienen, um die Haltbarkeit der gebleichten Stoffe zu erhöhen
und den Bleichgeruch zu entfernen, ohne daſs die bekannten Nachtheile anderer
Antichlore, z.B. des Natriumthiosulfates, auftreten.
Andererseits kann das Wasserstoffsuperoxyd dazu dienen, um die nach dem Schwefeln der
Wolle und Seide
hartnäckig in der Faser zurückgehaltene und durch kein Waschen zu beseitigende
Schwefligsäure durch Oxydation zu entfernen. Bei dem gewöhnlichen Verfahren geht die
Schwefligsäure, welche vielleicht in chemischer Verbindung mit einem Bestandtheile
der thierischen Faser steht, nur ganz allmählich durch Abdunsten oder Oxydation
fort, wobei ein Nachgilben der gebleichten Faser eintritt; ihr Vorhandensein in der
Faser ist auch für viele Färbearbeiten sehr störend und erschwert z.B. die
Verbindung von weiſser Seide oder Wolle mit Silberfäden, welche sich bald schwärzen.
Wenn man dagegen die geschwefelte Seide oder Wolle nach dem Waschen mit einer
äuſserst verdünnten Lösung von Wasserstoffsuperoxyd behandelt, so wird die an die
Faser gebundene Schwefligsäure sofort in Schwefelsäure übergeführt, welche man durch
weiteres Waschen vollständig entfernen kann. Ein kleiner Ueberschuſs von
Wasserstoffsuperoxyd ist natürlich ganz unschädlich und kann die Bleiche nur
befördern.
Verfahren zur Darstellung von Azofarbstoffen.
Nach Dahl und Comp. in Barmen (D. R. P. Kl. 22 Nr. 34299
vom 25. Juni 1885) haben die von E. Nölting (Bulletin de Mulhouse, 1885 S. 144) aus Thioanilin
S(C6H4NH2)2 mit Phenolen
erhaltenen Azofarbstoffe nur wenig Aussicht auf praktische Verwendung. Werthvoll
erscheinen dagegen die mit Thioparatoluidin hergestellten Tetrazofarbstoffe.
40k Thioparatoluidin werden z.B. mit 120k gewöhnlicher Salzsäure in etwa 500l Wasser gelöst, auf 5° abgekühlt und mit 26k salpetrigsaurem Natron diazotirt. Nach
3stündigem Stehen läſst man die Diazoverbindung zu einer mit 145k 33°-Natronlauge versetzten, ebenfalls auf 5°
abgekühlten Lösung von 130k
β-naphtoldisulfosaurem Natron in etwa 1000l Wasser einflieſsen. Der entstandene Farbstoff
wird durch Kochsalz aus der Lösung ausgefällt und in üblicher Weise durch Umlösen
gereinigt. Technisch brauchbare Farben erhält man durch Einwirkung des
Diazothioparatoluols auf die Sulfosäuren des α- und β-Naphtols, sowie des α-
und β-Naphtylamins.
Die Farbstoffe aus den Naphtolsulfosäuren liefern braun- bis blaurothe, die mit den
Naphtylaminsulfosäuren dargestellten gelb- bis braunrothe Farbtöne. Besondere
Beachtung verdienen die mit den β-Naphtoldisulfosäuren
gewonnenen Producte wegen ihrer Eigenschaft, sehr langsam an die Wollfaser zu gehen,
und der Waschechtheit der damit hergestellten Farben.