Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 259, Jahrgang 1886, Miszellen, S. 380 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
H. Förster's Verdrängung des Stauwassers bei Turbinen.
Zur Verdrängung des Stauwassers bei Turbinen empfiehlt Hugo
Förster in Mühle Gorsdorf bei Jessen (* D. R. P. Kl. 88 Nr. 33884 vom 7.
Mai 1885), das Laufrad mit einem Mantel zu umgeben, der oben gegen das Druckwasser dicht schlieſst und in welchen Preſsluft gepumpt
wird. (Vgl. Laudien 1880 238
433.)
Schiffsgeschwindigkeiten.
Auf Seeschiffen wird die Fahrgeschwindigkeit nach Knoten (zu je 1852m) in der Stunde berechnet; 1 Knoten entspricht
also 0m,514 in der Secunde. Ein Segelschiff alter Construction lief mit günstigem Winde
höchstens 8 Knoten (4m,112), während ein heutiger
Segler es auf 13 Knoten (6m,682) bringen kann,
wenn Wind und Wetter günstig sind. Die Fahrgeschwindigkeit der Frachtdampfer liegt zwischen 8 und 10 Knoten (4m,112 und 5m,140). Post- und Passagierdampfer sind erheblich schneller. Die transatlantischen
Schnelldampfer des Bremer Lloyd laufen mit einer
Durchschnittsfahrt von 15 bis 16 Knoten (7m,710
bis 8m,214) über den Ocean. Die schnellsten Torpedoboote können eine Geschwindigkeit von 21 bis 22
Knoten (10m,794 bis 11m,308) erreichen. Unsere Panzerfregatten
machen 12 bis 13 Knoten (6m,168 bis 6m,682) Fahrt bei äuſserster Anspannung der
Maschine.
Der Postdampfer Irland, nach dem Engineer, 1885 Bd. 60 * S. 204, von Gebrüder
Laird in Birkenhead für die Linie Holyhead-Kingstown gebaut, erreichte bei
der Probefahrt eine Geschwindigkeit von 20 Knoten oder 37km (10m,28 in
der Secunde). Bemerkenswerth ist, daſs Maschine und Kessel nach dem alten, vor 30
Jahren üblich gewesenen Niederdrucksystem construirt sind, während man sonst in der
ganzen Schiffstechnik bei Neubauten heute in der Regel das Compoundsystem anwendet,
welches bedeutende Kohlenersparniſs, also bei gegebenem Kohlenvorrathe die
Zurücklegung eines gröſseren Weges als das alte System ermöglicht. Da der Weg von
Holyhead nach Kingstown in nur 3 Stunden zurückgelegt wird, ein Kohlenmangel also
ausgeschlossen ist, gab man die Vortheile des Compoundsystem es auf, um eine
möglichst leichte Maschine zu haben.
Leimwärmapparat für Buchbindereien.
L. Hertz in Warschau und G. v.
Nawrocki in Berlin (* D. R. P. Kl. 11 Nr. 33693 vom 21. Juni 1885) haben
einen Apparat zum Flüssighalten von Leim angegeben, bei welchem der Leim in dünner Schicht durch Dampf für das Durchziehen ganzer
Papptafeln warm gehalten wird. In einen auf Füſsen stehenden viereckigen
Dampfkessel ist eine nur für Holzkohlen berechnete Feuerung eingebaut und läuft der
Dampfraum oben am Kessel in zwei flache Kammern aus, welche auf ihrer oberen Fläche
Pfannen zur Aufnahme des Leimes bilden. In der Mitte zwischen beiden Pfannen ist
Platz zum Aufstellen der Kochtöpfe für den Leim, aus welchen der letztere in die
Pfannen immer nachgegossen werden kann. Die Papptafeln werden mit der zu beklebenden
Seite nach unten einfach über den Spiegel des flüssigen Leimes in den Pfannen
hinweggezogen.
Carhart's Tragband für Telephon-Luftkabel.
Textabbildung Bd. 259, S. 380 Da das Ausspannen einer groſsen Anzahl einzelner Leitungsdrähte in
mehrfacher Beziehung unbequem und schwierig ist, so vereinigen die amerikanischen
Telephongesellschaften sehr häufig eine gröſsere Zahl ihrer Drähte zu einem Kabel,
welches dann an einem einzigen starken Drahte in der Luft aufgehängt wird. Für
diesen Zweck erscheint das beistehend nach der Electrical
World, 1885 Bd. 6 * S. 96 dargestellte Kabel-Tragband von Carhart besonders geeignet. Dasselbe besteht aus zwei
aus schwachem Bleche hergestellten Theilen, einem oberen, auf dem tragenden Drahte
ruhenden und aus einem unteren, das Kabel umfassenden Theile, welcher das Kabel fast
vollständig umschlieſst; seine beiden nach oben gerichteten Lappen sind am Ende
hakenförmig nach auſsen umgebogen und greifen mit diesen Haken in entsprechende
Falze, zu welchen die Lappen des oberen Theiles nach innen zu umgebogen sind. Ein
Ausschnitt in diesen Falzen greift über einen zungenförmigen Ansatz der Lappen des
unteren Theiles und verhindert so die seitliche Verschiebung beider Theile gegen
einander.
Lestelle's Schutz der Weingärten gegen Fröste mittels
Elektricität.
Die Verheerungen, welche nächtliche Fröste im April und Mai in Obst- und Weingärten
anzurichten pflegen, bekämpft man seit einigen Jahren durch künstliche Erzeugung von
Wolken behufs Verminderung der Wärmeausstrahlung (vgl. 1874 214 498. 1878 229 566). Man verbrennt dazu
Theersubstanzen auf den zu schützenden Feldern. Um diesen Schutz zuverlässiger und
minder kostspielig zu machen, benutzt der Telegrapheninspector Lestelle in Mont de Marsan eine seit 1882 in den
Weingärten Laudes und in der Gironde eingeführte elektrische Anordnung. Wie die Zeitschrift für Elektrotechnik, 1885 S. 746 nach dem
Bulletin de la Compagnie internationale des
téléphones berichtet, bringt er inmitten des Weinberges oder Feldes ein
Thermometer an, welches, wenn die Temperatur auf 2° über Null sinkt, den Stromkreis
eines galvanischen Elementes schlieſst. Dadurch kommt ein von einem Triebwerke
bewegter Commutator in Thätigkeit, welcher nach und nach den Strom eines kleinen Rühmkorff'schen Inductors durch eine Reihe von
Stromkreisen sendet. In jedem Stromkreise befindet sich ein Zünder, welchen der
elektrische Strom entzündet, worauf eine Zündschnur ein Büschel Schieſswolle und
durch diese das Zündpulver auf einem benachbarten Feuerherde in Brand setzt. Die
Feuerherde, aus Laub, Kräutern u. dgl. gebildet, sind in etwa 40m Entfernung von einander und werden sämmtlich in
weniger als 1 Secunde entzündet. Gegen Unregelmäſsigkeiten wird der Herd dadurch
geschützt, daſs man denselben mit in Oel und Harz getränkten Sägespänen bedeckt,
welche zugleich die Raucherzeugung vermehren. Die Entzündung der von den Zündern
ausgehenden Schieſswollfäden wird dadurch erleichtert, daſs man auf ihre Unterlage
in geschmolzenes Pech eingetauchtes Stroh oder andere recht leicht entzündliche
Stoffe auflegt. Die Kosten der ersten Anlage werden auf 88 bis 90 M. für 1ha geschätzt, für welche Fläche 7 Feuerherde
ausreichen, um eine zusammenhängende Rauchwolke zu erzeugen.
Ueber Rübenbau.
Rübenbauversuche unter Anwendung der Elektricität wurden
von C. Braune (Deutsche
Zuckerindustrie, 1885 S. 1614) ausgeführt. Als die Rübenpflanzen
aufgegangen waren, wurde an einem Ende der 56m
langen Reihen eine Kupfer-, am anderen eine Zinkplatte eingesenkt und diese
oberirdisch durch einen Draht verbunden (A). Zwei andere Reihen erhielten an den
Enden Kupferplatten, in deren oberirdische Verbindung eine Batterie von 14 Meidinger'schen Elementen eingeschaltet war (B). Der
elektrische Strom war vom 3. Juni bis 7. August gleichmäſsig stark, nahm aber dann
ab. Die am 26. Oktober geernteten Rüben ergaben das Gewichtsverhältniſs 230 und 235
zu 210 ohne Elektricität (C). Bei der Polarisation fand man:
Brix
Zucker
Nichtzucker
Quotient
A
18,0
15,3
2,7
85,6
B
17,9
15,5
2,4
86,6
C
16,7
15,0
1,7
89,7.
Daraus ergibt sich, daſs die Vertheilung und Aufschlieſsung
der Salze im Erdboden, wie sie durch die Wirkung des elektrischen Stromes bedingt
ist, beim Zuckerrübenbau den Gewichtsertrag erheblich, den Zuckergehalt in etwas
bereichert, dagegen den Reinheitsquotienten wesentlich herabmindert.
Umfassende Versuche über die Keimfähigkeitsdauer der Runkelrübenknäule wurden von G.
Marek ausgeführt (Zeitschrift des deutschen Vereins
für Rübenzucker-Industrie, 1885 S. 945). Hiernach war die einjährige Saat
die beste, dieser folgten fast gleichwerthig die 3- und 4jährige Saat, dieser die
frisch geerntete und die 2jährige Saat. Im Allgemeinen hat diese Untersuchung einen
wesentlichen Unterschied in der Beschaffenheit zwischen den 5 letzten Ernten nicht
ergeben; es hat sich sogar herausgestellt, daſs der 3- und 4jährige Samen
vollwerthig dem frischen zur Seite steht. Mit dem Alter von 5 Jahren begannen
merkliche Rückgänge in der Keimfähigkeit hervorzutreten, welche sich nach dem 6. und
7. Jahre allmählich steigerten und mit dem 9. Jahre ihre höchste Grenze
erreichten.
Umfassende Versuche von G. Marek (daselbst S. 1073)
lieferten das für Rüben Samenzüchter wichtige Ergebniſs, daſs der Zuckergehalt eine erbliche Eigenthümlichkeit der Rübe
ist, bei welchem der Standort derselben nicht einen solchen Einfluſs zu üben
scheint, daſs diese erbliche Eigenthümlichkeit hierdurch verdeckt wird. Fälle dieser
Art dürften in normalen Verhältnissen nur die Ausnahme bilden. Es scheint sogar die
Eigenschaft der Rübe, ihren Zuckergehalt auf ihre Nachkommen zu vererben, so stark
zu sein, daſs sie Bodenarten, welche bisher als dem Rübenbau nicht günstig
bezeichnet wurden, sich zu erschlieſsen vermag, und Düngungen, welche bisher als
schädlich galten, in gewissen Fällen, ohne Einbuſse der Güte, zulässig erscheinen
läſst.
Versuche von M. Hollrung (daselbst S. 297) bestätigen,
daſs Frost namentlich den vorgequellten Rübensamen
stark schädigen kann.
B. Corenwinder (Sucrerie
indigène, 1885 Bd. 24 S. 630) bestätigt die schon von J. Liebig gemachten Angaben über den Einfluß der Aschenbestandtheile auf das Wachsthum der
Zuckerrübe, daſs die übrigen Düngemittel nichts helfen, wenn der Boden
nicht genug Kalk enthält.
E. Wollny (Fühling's
landwirthschaftliche Zeitung, 1885 Nr. 10) zeigt, daſs die Behäufelungskultur nur auf bündigen, humosen, das
Wasser gut anhaltenden Böden, sowie in einem feuchten Klima dem Ertragsvermögen der
Pflanzen förderlich, auf allen leicht austrocknenden Böden und in einem trockenen
Klima aber unzweckmäſsig ist, weil den Kulturpflanzen unter solchen Umständen die
zur normalen Entwickelung nothwendigen Wassermengen nicht zur Verfügung stehen.
W. Rimpau (daselbst 1885 Nr. 12) führt aus, daſs aus den
durch Polarisation ausgewählten Stammrüben immer einige
ihre Vorzüge nicht vererben, so daſs nur eine mehrere Jahre hindurch ausgeführte
Zuchtwahl sicheren Erfolg gibt.
Nach Versuchen von G. Marek (Der
Landwirth, 1885 S. 521) haben Salzlösungen zur
Bestimmung der specifischen Schwere ganzer Rüben nur sehr bedingten Werth,
da die Gröſse des Kopftheiles, anhaftende Luft u. dgl. groſsen Einfluſs besitzen.
Auch durch Einlegen kleiner Abschnitte in Salzlösungen von 1,06 ist eine Auswahl der
an Zucker reichsten Rüben nicht zu erzielen.
L. Malkhoff (Neue Zeitschrift
für Rübenzucker-Industrie, 1885 Bd. 14 S. 313) findet, daſs die
gleichzeitige Zuführung von Feuchtigkeit und Düngstoffen der Entwickelung des Keimes und der jungen Pflanzen sehr förderlich ist.
Nach A. Ladureau (Sucrerie
belge, 1885 S. 314) wirkt die Phosphorsäure
auf die Zuckerrübe als basisches, citratlösliches Phosphat ebenso vortheilhaft wie
als Superphosphat. (Vgl. 1885 255 354. 256 374.)
Der Einfluſs der Weichreife auf die Beschaffenheit des
Malzes.
Nach C. Lintner sen. (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1885 S. 468) wird nicht in allen
Mälzereien derselbe Grad von Weichreife angewendet, da durch einen höheren Weichgrad
auch ein etwas gröſserer Verlust an nützlichen Bestandtheilen der
Gerstetrockensubstanz eintritt. Je geringer aber der Wassergehalt des Grünmalzes
ist, um so rascher wird unter sonst gleichen Umständen das Austrocknen auf der
oberen Darre vor sich gehen und auch um so geringer wird der Wassergehalt des Malzes
sein, wenn dasselbe auf die untere Darre gebracht wird. Auf diese Weise erhält man
leicht ein lichtes Malz, unbedeutend süſs und nahezu
ohne Aroma. Ist aber dagegen der Wasserrest in dem auf die obere Darre gegebenen
Grünmalze noch ein verhältniſsmäſsig hoher, so muſs die Austrocknung desselben
langsamer ausgeführt werden und dürfte auſserdem das Trockenmalz noch mit einem
etwas höheren Wassergehalte auf die untere Darre gelangen. Dieser Wasserrest im
Grünmalze auf der oberen und derselbe auch im Trockenmalze auf der unteren Darre
sind aber zu berücksichtigen, wenn nicht ein leichtes, sondern ein mehr oder weniger
dunkles und jedenfalls ein süßes Darrmalz mit deutlichem Malzaroma erhalten werden soll. Wird ein
Grünmalz auf der oberen Darre mit genügendem Wasserrest in einer ziemlich hohen
Schicht langsam ausgetrocknet, so sterben zwar auch
hier die Keime bald ab; wegen der groſsen Feuchtigkeit im Malze geht aber der
diastatische Proceſs in demselben noch eine Zeit lang fort und, da der dabei
erzeugte Zucker nicht mehr verbraucht wird, so bleibt derselbe im Malze und es
entsteht ein süſses Malz. Ein gewisser Zuckergehalt mit
einer geringen Wassermenge – etwa dem Wassergehalte der lufttrockenen Gerste 12 bis
14 Proc. entsprechend – geben auf der unteren Darre das süſse und aromatische Malz
für bayerische Biere.
Zur Kenntniſs der frischen Kartoffeln.
Noch nicht völlig ausgereifte, frische Kartoffeln enthielten nach J. Hungerbühler (Landwirthschaftliche Versuchsstation, 1885 Bd. 32 S. 386) als wichtigste
Bestandtheile:
Zeit der Probenahme
Eiweiſs
Stärke
Zucker
Vom Gesammtstickstoffvorhanden
alsEiweiſs-N
als Nicht-Eiweiſs-N
23.
Juni
0,94%
9,65%
1,09%
70,9%
29,1%
30.
„
1,22
12,44
0,91
64,4
35,6
7.
Juli
1,02
12,83
0,90
58,7
41,3
Der Gehalt an Eiweiſs wurde in bekannter Weise durch Multiplication des
Eiweiſs-Stickstoffes mit 6,25 berechnet.
Neuer Zuckerersatz.
Auf der Erfindungsausstellung in London war von C.
Fahlberg in New-York unter der Bezeichnung „Saccharin“ ein ungemein süſs schmeckendes weiſses Pulver
ausgestellt, welches den Zucker ersetzen soll. Diese neue Verbindung wird als
Anhydroorthosulfaminbenzoesäure, C6H4.CO.SO2NH,
bezeichnet. Nach Angabe einer Flugschrift: „Saccharin, Patent Dr. C. Fahlberg in
New-York und A. List in Leipzig (New-York
1885)“ löst sich dieser Stoff schwer in kaltem Wasser, leichter in heiſsem
Wasser. Der Geschmack soll viele Hundertmal süſser sein als der von Traubenzucker.
Stärkezucker, mit 0,05 bis 0,1 Procent dieser Verbindung versetzt, soll den
Rohrzucker in jeder Beziehung vertreten.
Damit soll also der Rübenzucker beseitigt, der chemischen Industrie dagegen durch die Lieferung von
Schwefelsäure, Salzsäure, Chlorkalk und Soda aufgeholfen werden, der
Kohlentheerindustrie durch Nachfrage nach Toluol, der Landwirthschaft durch
Lieferung des zur Beschaffung des Stärkezuckers erforderlichen Getreides. Als sehr
schätzenswerth werden überdies die groſsen antiseptischen Wirkungen des Stoffes bezeichnet.
Referent hatte kürzlich Gelegenheit, diesen wunderbaren Stoff zu kosten. Etwa 1mg desselben, auf die Zunge gebracht, entwickelte
anfangs einen an Benzoesäure erinnernden, dann einen eigenthümlich süſsen Geschmack,
welcher mehrere Stunden anhielt und dadurch
schlieſslich SO unangenehm wurde, daſs zur Beseitigung
desselben etwas China genommen werden muſste. Diese Eigenschaft erscheint wenig
geeignet für die Einführung dieses Süſsstoffes an Stelle von Zucker. Welche
Wirkungen ferner der tägliche Genuſs eines stark antiseptischen Stoffes auf den
menschlichen Körper haben wird, müssen erst noch Versuche zeigen. Zu berücksichtigen
ist ferner, daſs dieses sogen. Saccharin bestenfalls lediglich ein Genußmittel sein würde, während Zucker zugleich ein Nahrungsmittel ist. 100k Rohzucker von 96 Proc. kosten zur Zeit 46 M. oder nach Abzug der Steuer
rund 28 M., während nach König (Nahrungsmittel, S. 210) der Nährwerth von 100k solcher Stickstoff freier Extractstoffe 25 M. beträgt, so daſs auf
Rechnung des „Süſsstoffes“ nur 3 M. kämen (vgl. S. 219 d. Bd.).
F.
Zur Untersuchung von Borsäure.
Das Verfahren von Stolba (Zeitschrift für analytische Chemie, 1864 S. 357) zur Bestimmung des
Wassergehaltes der Borsäure durch Erhitzen mit 4 Th. Borax ist nach H. Gilbert (Repertorium für
analytische Chemie, 1885 S. 375) bei Gegenwart von Schwefelsäure nicht
verwendbar. Er bringt dagegen 1g,5 Aetzkalk in
eine Platin schale, glüht auf dem Gebläse bis zum bleibenden Gewichte, übergieſst
den Kalk mit etwa 10cc Wasser, rührt 2g Borsäure mittels eines Glasstäbchens in die
Kalkmilch ein, spritzt das Anhaftende zum Schaleninhalte und dampft auf dem
Wasserbade zur Trockene. Dann wird erhitzt anfangs mit kleiner, später mit voller
Flamme und zuletzt, um die aufgenommene Kohlensäure zu verjagen, noch 5 Minuten auf
dem Gebläse. Der Gewichtsverlust ist Wasser, bei der toskanischen Borsäure Wasser
und Ammoniak, welches letztere selbstverständlich besonders ermittelt und in Abzug
gebracht werden muſs. Proben von toskanischer (I) und kalifornischer Borsäure (II)
hatten folgende Zusammensetzung:
I
II
Wasser
42,03
45,29
Unlösliches
0,96
0,22
Ammoniak
1,23
–
Natron und Kali
0,72
1,01
Kalk
0,40
0,47
Magnesia
0,83
0,15
Eisenoxyd und Thonerde
0,28
0,07
Chlor
0,06
0,97
Schwefelsäure
7,04
1,17
Borsäure
46,47
50,87
––––
––––
100,02
100,22
Ab Sauerstoff für Chlor
0,02
0,22
Neue Pyridinabkömmlinge.
W. Epstein (Liebig's
Annalen, 1885 Bd. 231 S. 1) erhielt durch Zusammenbringen von Zimmtaldehyd,
Ammoniak in wasserfreier alkoholischer Lösung und Acetessigäther in den der
Gleichung: C9H8O +
HN3 + 2C6H10O3 = C21H25O4N + 3H2O
entsprechenden Verhältnissen den Benzylidendihydrocollidindicarbonsäureäther: C5N(CH3)2(CH.CH.C6H5.H2)(COOC2H5)2 und daraus das Lutidin: C5N(CH3)2H3.
Entsprechende Versuche von F. Engelmann (daselbst S. 37)
zeigen, daſs die ursprüngliche Reaction, aus Acetessigäther und Aldehydammoniak zu
Pyridinbasen zu gelangen, in der Reihe der
Fettaldehyde von der Formel CnH2nO wohl eine allgemeine genannt werden darf. Die
aus Propylaldehyd, Isobutylaldehyd und Valeraldehyd auf diese Weise gewonnenen Verbindungen
besitzen im Wesentlichen alle die schon am Hydrocollidindicarbonsäureäther
charakterisirten Eigenschaften, unterscheiden sich aber von diesem durch ihre
zunehmende Löslichkeit und abnehmende Krystallisationsfähigkeit. Bei der Oxydation
mit Salpetrigsäure geben die aus Propylaldehyd und Valeraldehyd gewonnenen
Hydroäther genau die erwarteten basischen Dicarbonsäureäther und schlieſslich die
entsprechenden Basen selbst; die aus Isobutylaldehyd erhaltene Verbindung hingegen
liefert merkwürdigerweise, abweichend hiervon, Lutidincarbonsäureäther und als
Endproduct Lutidin.
Auf das Acroleïn ist die Synthese nicht anwendbar und Benzoylessigäther, an Stelle
des Acetessigäthers gesetzt, gibt zwar ein Condensationsproduct mit Aldehyd, ist
aber unvermögend, Pyridinabkömmlinge zu liefern.
Nach E. Voges (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 3162) ist die von Böttinger beschriebene Pyridindicarbonsäure lediglich
Lutidinsäure.
A. Hesekiel (daselbst S. 3091) untersuchte das aus
Glycerin und Acetamid mit Phosphorsäure nach folgender Gleichung: 2C3H8O3 + C2H3O.NH2 = C6H7N + C2H3O.OH + 5H2O entstehende Picolin.
Wird statt Glycerin Paraldehyd verwendet, so entsteht Methyläthylpyridin. Propionaldehyd gibt Parvolin.
Nach M. Dennstedt (daselbst 1885 S. 3316 und 1886 S. 75)
findet die Umwandlung des Pyrrols in Pyridin nach folgender Gleichung statt: C4H4NH + 2NaOH +
CH2J2 = C5H5N + 2NaJ + 2H2O. Die Ausbeute an Pyridin ist aber
auſserordentlich gering.
Neuerung im Verfahren zum Bedrucken von
Gespinnstfasern.
Beim Bedrucken der Gespinnstfasern mit solchen Farbstoffen, welche als
Tanninverbindungen fixirt werden, verwendete man bisher Mischungen, welche auſser
dem Farbstoffe, der Verdickung u. dgl. noch Weinsäure, Methyl- oder Aethylweinsäure
enthielten. Diese genannten Säuren sollen sich jedoch nach Angabe der Farbwerke vormals Meister, Lucius und Brüning in Höchst a. M. (* D. R. P. Kl. 8 Nr. 34515 vom 8. Mai 1885) mit Vortheil durch Lävulinsäure ersetzen lassen, welche billig ist, beim
Dämpfen die Faser nicht angreift und eine schönere Entwickelung des Farbstoffes
veranlaſst. Auch die Essigsäure läſst sich beim Zeugdruck durch Lävulinsäure
ersetzen, so z.B. beim Bedrucken des Stoffes mit Alizarin oder Farbstoffen, welche
in ähnlicher Weise wie das Alizarin als Thonerde- oder Chromlacke auf der Faser
befestigt werden; es hat die Lävulinsäure vor der Essigsäure den Vorzug, daſs sie
mit Wasserdampf nicht flüchtig ist, also beim Dämpfen des bedruckten Gewebes nicht
entweicht.
Zweckmäſsig verwendet man beim Drucken lävulinsäure Salze der Farbbasen oder
Mischungen der Farbstoffe mit Lävulinsäure; man erhält solche, indem man in einer
Naſsmühle die Lävulinsäure mit der getrockneten oder besser noch etwas feuchten
Farbbase oder dem Farbstoffe so lange mahlt, bis eine vollständige Mischung erreicht
ist. So bedruckt man z.B. den Stoff mit nachstehender Mischung:
183
Th.
Druckblau (Indulin) als Paste, 25 proc.
500
„
Lävulinsäure
40
„
Oelemulsion
630
„
Essigsäure-Stärkeverdickung
100
„
Traganth-Tannin (50 Th. Traganthschleim und 50 Th. Tannin)
und entwickelt die Farbe dann durch Dämpfen des bedruckten
Stoffes.
Das sogen. „Lävulinblau“ (Mischung von lävulinsaurem Indulin mit Lävulinsäure)
wird durch Eintragen von 1 Th. feuchter Indulinbase in 3 Th. Lävulinsäure und innige
Vermischung erhalten; das Product bildet eine zähflüssige Masse, welche in dieser
Gestalt in den Handel gebracht wird und unmittelbar (unter Zusatz einer Verdickung)
beim Zeugdruck benutzt werden kann.