Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, Miszellen, S. 107 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Honigmann's Natrondampfkessel zum Betriebe unterseeischer
Boote.
Das Torpedoboot „Peacemaker“ der Submarine Monitor
Company in New-York, dessen Versuchsfahrten allgemeines Interesse
hervorgerufen haben, wird mit einem stehenden Natrondampfkessel nach M. Honigmann's Patent (vgl. 1885 256 * 1) betrieben. Das Boot besitzt 9m,15 Länge, 2m,44 Breite und 2m,13 Tiefe. Der Kessel hat 1m,20 Durchmesser, 2m,00 Höhe, enthält 120 Field'sche Röhren von
41mm Durchmesser und etwa 1m,20 Länge. Zum Treiben der Schiffsschraube dient
eine Westinghouse'sche Kapselzwillingsmaschine (vgl.
1882 246 * 349) von etwa 50 Pferd. Während der
Probefahrten legte das Boot, in die Tiefe versenkt, bei 7at Ueberdruck und 350 Maschinenumläufen 8 Knoten
zurück, besaſs also eine Geschwindigkeit von 4m in
der Secunde; während der ganzen Versuchsdauer blieb der Dampfdruck unverändert.
W. Schmidt's Gas- und Dampfmotor.
Zum Zwecke besserer Ausnutzung der Verbrennungswärme in Gaskraftmaschinen baut W. Schmidt in Braunschweig (* D. R. P. Kl. 46 Nr. 35626
vom 4. Oktober 1885) den Explosionscylinder einer solchen in den unteren Theil eines
Röhrenkessels ein, so daſs letzterer auſser durch die Wandungen des Cylinders auch
noch durch die in seine Heizrohre geleiteten Abgase geheizt wird. Der so in diesem
Kessel erzeugte Wasserdampf wird ebenfalls zur Arbeitsverrichtung in den Cylinder
des Gasmotors geleitet und zwar wirkt der Dampf auf einer Kolbenseite und das
Explosions-Gasgemisch auf der anderen Seite des Kolbens. Die Ein- und Abführung des Dampfes in
und aus dem Cylinder erfolgt durch einen gewöhnlichen Muschelschieber.
P. Scholz's Oberbau für Straſsenbahnen.
Einen Oberbau für Straſsenbahnen, welcher den Anschluſs an das Pflaster vollkommen
erreichen und eine leichte Auswechselung der Fahrschiene ohne Pflasteraufbruch
ermöglichen soll, setzt P. Scholz in Berlin (* D. R. P.
Kl. 19 Nr. 37370 vom 6. März 1886) aus drei Theilen zusammen: Zwei ╘-Eisen, die mit
versetztem Stoſse bei Ineinandergreifen der wagerechten Rippen durch Bolzen
verbunden werden, bilden dann aber eine ununterbrochene Rinne, in welche die
Fahrschiene eingelegt und darin befestigt wird.
Speisung von Locomotiven mit Sielwasser.
In Crewe, Stratford bei London u.a. O. werden, wie der Eisenbahn-Maschineninspector
v. Borries in seinen „Reise-Erinnerungen aus
England“ in Glaser's Annalen, 1886 Bd. 19 S. 175 berichtet, die Locomotiven mit gereinigtem
Sielwasser aus den städtischen Abzugskanälen gespeist. Das Wasser wird zunächst
durch eine Schicht von Abfallkokes, welche beim Ausreiſsen des Feuers aus den
Locomotiven gewonnen werden, geleitet, hierdurch von allen mechanischen Beimengungen
geklärt und dann in die Wasserbehälter gepumpt. Das Speisen der Locomotiven mit
diesem Wasser soll zur Folge haben, daſs der von anderem Wasser zurückgelassene
Kesselstein aufgelöst und in Schlamm verwandelt wird, so daſs derselbe beim
Auswaschen herausgespült wird und so die Kessel rein gehalten werden. Bei der
auſserordentlichen Wichtigkeit der Entfernung des Kesselsteines dürfte es sich
empfehlen, dieses eigenthümliche Mittel zur Beseitigung desselben auch bei uns zu
prüfen. In Crewe und Stratford stehen zusammen über 400 Locomotiven im Dienst; das
Wasser enthält an beiden Orten alle Arten von Abfallstoffen. Die zur Kühlung
verwendeten Kokes werden derart mit brennbaren Stoffen gefüllt, daſs dieselben,
getrocknet, nochmals unter den Kesseln der Werkstätten verfeuert werden, so daſs
auch in dieser Beziehung ein Gewinn erzielt wird.
Bucknill's Contactvorrichtung.
Zu einfacher Herstellung elektrischer Contacte und Unterbrechung derselben werden
nach Bucknill (vgl. Engineering, 1886 Bd. 42 * S. 522) die Contact machenden Metalltheile an
zwei passend gestalteten Platten von Hartgummi oder anderem geeigneten Isolirkörper
angebracht, diese Platten aber an einem Stahlringe nach innen zu befestigt, so daſs
sie beim Zusammendrücken des Ringes in der einen Richtung oder auch durch
Auseinanderziehen desselben in der dazu senkrechten Richtung die Metalltheile zur
Berührung bringen, während letztere beim Aufhören des Druckes oder Zuges sich von
einander entfernen und der Stromkreis unterbrochen wird. Elliot Brothers in London stellen diese in der englischen Marine und dem
Heere namentlich für Land- und Seeminen verwendete
Contactvorrichtung in der angegebenen Anordnung und in mehreren anderen Anordnungen,
mit einem Paare von Contacttheilen oder mit mehreren her.
Heiz- und Schmelzversuche mit Wassergas; von H. Röſsler und M.
Ehrlich.
Die in Folgendem nach dem Sprechsaal, 1886 S. 747
beschriebenen Versuche sind insofern von ganz besonderem Interesse, als sie für die
Beurtheilung des relativen Heizwerthes von Wassergas insbes. im Verhältnisse zum
Steinkohlengase bestimmte Anhaltspunkte liefern.
Wie bekannt, erzeugt man Wassergas, indem man in glühendes Brennmaterial einen Strom
von Wasserdampf leitet und dadurch sowohl den Kohlenstoff des ersteren, als auch die
Bestandtheile des letzteren in brennbare Gase überführt. Theoretisch besteht das
Wassergas nur aus Wasserstoff und Kohlenoxyd; aber in der Praxis hält es freilich
immer noch gröſsere oder kleinere Mengen von Kohlensäure und Stickstoff, welche
herabstimmend auf den Heizeffect wirken. Durch die Zersetzung des Wassers wird die
Temperatur vermindert und muſs durch theilweise Verbrennung der glühenden Kohle mit
atmosphärischer Luft erhöht werden, um den Prozeſs in Gang zu erhalten. Dies kann nur auf zweierlei Art
ausgeführt werden, entweder dadurch, daſs man mit dem Dampfstrahle zugleich
atmosphärische Luft eintreten läſst, dadurch die Temperatur und damit die
Entwickelung gleichmäſsig erhält, wie dies bei dem Wilson'schen Wassergas-Generator der Fall ist, oder indem man, wie dies
Strong und nach ihm Quaglio und Dwight (vgl. 1880 238 * 146) thun, abwechselnd Luft, um die Temperatur zu
erhöhen, und dann Wasserdampf zur Zersetzung eintreten läſst und nun die ersteren
aus Kohlenoxyd und Stickstoff bestehenden Gase zur Heizung
des Dampfkessels benutzt, die letzteren aus Kohlenoxyd und Wasserstoff
bestehenden aber nach dem Gasbehälter führt.
In der Scheideanstalt in Frankfurt a. M. war im J. 1883/84 ein Wilson'scher Apparat in Gang, welcher indessen wieder
auſser Betrieb ist, weil er sich für die Zwecke der Anstalt weniger geeignet
hat.
Das Gas, welches in diesem Apparate erzeugt wurde, hatte im Durchschnitte folgende
Volumenzusammensetzung: 18 Kohlenoxyd, 10 Wasserstoff, 68 Stickstoff, 4 Kohlensäure
und bewährte sich sehr gut zum Heizen des Dampfkessels, welcher während eines ganzen
Jahres damit gefeuert wurde, wie man denn auch an anderen Orten damit Muffeln heizt,
Druckgeschirr damit verglüht und andere Arbeiten verrichtet, welche keine sehr hohe
Temperatur verlangen. Die Zuführung der Luft war leicht zu regeln und die
Verbrennungsgase enthielten 12 Kohlensäure, 8 Sauerstoff, 80 Stickstoff.
Der eigentliche Zweck der Scheideanstalt aber, die Edelmetall-Schmelzungen in
Tiegelöfen mit dem Wilson-Gas auszuführen, konnte nicht erreicht werden, da,
abgesehen von den Schwierigkeiten einer regelmäſsigen Zuleitung des unmittelbar aus
dem Apparate (nicht aus einem Gasbehälter) kommenden Gases nach den verschiedenen
Schmelzöfen, die nothwendige Temperatur nicht zu erzielen war. Es war kaum möglich,
auf Silberschmelzhitze zu kommen, was übrigens durch die so auſserordentlich starke
Verdünnung mit Stickstoff zur Genüge erklärt wird.
Was die Kosten der Feuerung betrifft, so stellte sich die Heizung des Dampfkessels
ebenso theuer als mit anderem Brennmaterial; es würde aber zweifelsohne eine
wesentliche Ersparniſs stattgefunden haben, wenn man die Gasentwickelung näher bei
der Verbrennung gehabt hätte, um die Erzeugungswärme des Gases von etwa 400° ganz
auszunutzen, und wenn man auſserdem. was das Wesentlichste ist, die Verbrennungsluft
vorgewärmt hätte. Mit letztgenannter Verbesserung hat man in der That auch den Wilson'schen Apparat mit groſsem Vortheile zum
Glasurschmelzen und zu ähnlichen Arbeiten verwendet, ja man versichert, daſs damit
in England auch Stahl geschmolzen wird (vgl. 1885 258 *
404).
Seit 1885 wird nun in der Scheideanstalt zum Schmelzen von Flüssen und Metallen, zum
Glühen von Farbkörpern und zu allen Laboratoriumsarbeiten Wassergas benutzt, welches
auf der benachbarten Frankfurter Gasfabrik dargestellt, im sogen. Gasometer
angesammelt und zu 6 Pf. für 1cbm geliefert wird.
Dieses Gas, welches allen Anforderungen entspricht, hat die folgende
Zusammensetzung: 36 Kohlenoxyd, 51 Wasserstoff, 7 Stickstoff, 4 Kohlensäure, 2
Wasser und ist selbstverständlich viel heizkräftiger als das durch Stickstoff so
stark verdünnte Wilson-Gas; es gibt, obwohl es kalt aus dem Gasometer strömt, also
die ursprünglich vorhanden gewesene Temperatur von etwa 600° wieder verloren hat,
auch ohne Vorwärmung der Verbrennungsluft zu allen vorliegenden Arbeiten die
gewünschte Hitze. So lassen sich leicht Silber, Gold, Kupfer schmelzen und es hat
keine Schwierigkeit, die zur Erzeugung von Porzellanfarben nöthigen Temperaturen zu
erreichen. In dem kleinen Rößler'schen Patent-Gasöfchen
(vgl. 1884 253 * 79) schmilzt die Legirung von 70 Gold
und 30 Platin. Bei richtiger Ausnutzung der ursprünglichen Wärme und Vorwärmung der
Verbrennungsluft aber, wie z.B. auf dem Werke von Schulz,
Knaudt und Comp. in Essen, lassen sich mit Leichtigkeit weit höhere
Temperaturgrade erzielen, wie sie zum Schweiſsen von Schmiedeisen und zum Schmelzen
von Stahl nothwendig sind. Dort findet das Wassergas übrigens auch zugleich für Leuchtzwecke Verwendung, indem man damit kammförmig
zusammengestellte Magnesiastäbchen glühend macht (vgl. 1886 259 * 413. 261 * 526).
Zur Vergleichung des Heizeffectes und der Kosten wurde in der Scheideanstalt eine groſse Anzahl von
Versuchen angestellt, deren Durchschnittsergebnisse unten folgen. Dabei wurden alle
Heizungsbrenner angewendet, wie sie für Leuchtgas üblich sind; nur wurden die
Luftöffnungen an den Ausströmungsröhren geschlossen, um Rückschlagen der Flamme zu
vermeiden und weil beim Wassergas eine vorherige Mischung mit der Luft nicht nöthig
ist;
1) Ein kupfernes Gefäſs, mit Wasser gefüllt, wurde unter genau denselben
Verhältnissen von 15 bis 100° erhitzt und zwar nach einander mit Wassergas, mit dem
fetten, leuchtkräftigen Leuchtgase der Frankfurter Gasfabrik und mit dem
gewöhnlichen Steinkohlengase der englischen Gasfabrik. Verbraucht wurden: 10cbm Wassergas an Stelle von 4cbm Frankfurter Gas und 5cbm englischem Gas. Dem Geldbetrage nach erreicht
man mit 10 M. in Wassergas so viel als mit 20 M. in Frankfurter Gas und 14 M. in
englischem Gas.
2) Gleiche Gewichtsmengen von zwei Sorten Fluſs für Schmelzfarben wurden ebenfalls
unter vollständig gleichen Verhältnissen im Perrot'schen Gasofen einmal mit Wassergas, das andere Mal mit Frankfurter
Leuchtgas geschmolzen. Dabei wurden für 4,60 M. und 6,50 M. Wassergas bezieh. für
19,60 M. und 26,80 M. Frankfurter Gas verbraucht.
3) Gleiche Mengen Feinsilber und Kupfer wurden in demselben Ofen zuerst mit Wassergas
und dann mit Frankfurter Gas geschmolzen und dabei wurden verbraucht: für 4,30 M.
und 5,70 M. Wassergas gegen 16,70 M. und 21,70 M. Leuchtgas.
Man wird also nach diesen Versuchen beim Kochen und Verdampfen für ungefähr die
Hälfte des Geldes, beim Schmelzen im Perrot-Ofen für ungefähr den vierten Theil
dasselbe leisten, wenn man Wassergas anstatt Leuchtgas verwendet, und es besteht
kein Zweifel, daſs bei gröſserer regelmäſsiger Darstellung durch die Gasfabrik oder
bei Selbstgewinnung das Cubikmeter weit weniger als 6 Pf., wie oben gerechnet, zu
stehen kommen wird. Sicher wird auch in den nächsten Jahren die Erzeugung des
Wassergases noch weiter vervollkommnet und dadurch für eine ganze Reihe von
Industrien die Einführung der Gasfeuerung ermöglicht werden.
Filter mit Fettrand.
A. Gawalowski empfiehlt zur Filtration von
Niederschlägen, welche leicht über den Filterrand kriechen, solche Filter
anzuwenden, deren Ränder mit aschenfreiem Paraffin, Wachs o. dgl. getränkt sind. Auf
diese Weise läſst sich der erwähnte Uebelstand selbst dann umgehen, wenn die zu
filtrirende Flüssigkeit bis nahe zum Rande des Filters aufgegossen wird. (Nach der
Zeitschrift für analytische Chemie, 1887 Bd. 26 S.
51.)
Feuerfeste Thone aus Nord-Carolina.
Im Engineering and Mining Journal, 1886 Bd. 42 S. 326
berichtet W. B. Phillips über das Vorkommen von
feuerfesten Thonen in Harnett County, N. C., welche in ihrer chemischen
Zusammensetzung den besten bis jetzt bekannten Thonen sehr nahe kommen; sie sind
fast sämmtlich von lichtgrauer Farbe, sehr homogen und frei von Kies. Die von Phillips ausgeführten Analysen von 4 Proben ergaben
folgende Zahlen, wobei in der 5. Reihe zum Vergleiche die Zusammensetzung des
Dowlais-Thones, eines der besten englischen feuerfesten Thone, angeführt ist:
Walker
Cameron
Mc Neill
Sprunt
Dowlais
Kieselsäure
70,60
75,34
69,70
74,51
67,12
Thonerde
20,46
17,06
21,80
10,85
21,18
Eisenoxyd
1,82
1,94
1,21
–
1,85
Kalk, Magnesia u.s.w.
1,85
2,56
2,74
–
3,64
Kalk und Eisenoxyd
–
–
–
2,56
–
Wasser
5,27
3,10
4,55
11,12
6,21
–––––
–––––
––––––
–––––
–––––
100,00
100,00
100,00
99,04
100,00
Verhältniſs von Al2O3 : SiO2
1 : 3,45
1 : 4,41
1 : 3,2
1 : 6,86
1 : 3,17
Eine von der Baltimore Fire-Brick and
Retort Company mit dem Sprunt-Thon angestellte Brennprobe lieferte ein sehr
gutes Ergebniſs, indem die Masse eine schöne Fleischfarbe annahm und selbst an den
schärfsten Kanten keine Spur von Schmelzung zeigte. Der Fundort dieser Thone, welche
in sehr bedeutenden Mengen vorhanden sein sollen, befindet sich 3km,2 östlich von Spout Spring an der Eisenbahn Cape Fear und Yadkin Valley.
(Vgl. 1883 247 185. 248
167.)
Ueber Trinkwasser und dadurch verursachte Krankheiten.
Odling, Crookes und Tidy
haben der vorjährigen Jahresversammlung der British
Association (vgl. Journal of the Society of
Chemical Industrie, 1886 S. 544) eine Schrift über die Ausbreitung von
Krankheiten durch unreines Trinkwasser vorgelegt. In manchen, wenn auch nur sehr
seltenen Fällen ist es sicher bewiesen, daſs die Weiterverbreitung von Typhus und
anderen Krankheiten auf den Genuſs von schlechtem Trinkwasser zurückzuführen ist. Im
Gegensatze dazu kommt es aber sehr oft vor, daſs Leute Wasser, welches Abwasser von
Städten und andere Unreinigkeiten enthält, täglich als Trinkwasser benutzen, ohne
den geringsten Schaden zu nehmen. Noch vor 25 Jahren flössen die Abwasser von
Oxford, Reading und anderen Städten alle in die Themse. In jener Zeit kamen auch bei
der am Flusse wohnenden Bevölkerung ziemlich häufige Fälle von ansteckenden
Krankheiten vor. Trotzdem waren aber solche Krankheitsfälle in der zu unterst am
Flusse gelegenen Stadt London, welche Themsewasser als Trinkwasser benutzte, nicht
häufiger als in den höheren Fluſsgegenden. Es geht daraus hervor, daſs selbst bei
Genuſs von sehr stark verunreinigtem Wasser nur selten Ansteckungsfälle vorkommen.
Es scheint also, daſs die im Wasser vorhandenen ansteckenden Organismen sich wenig
vermehren, sobald sie aus der für ihre Ernährung zuträglichen Flüssigkeit entfernt
sind. Die Verfasser führten Versuche in dieser Hinsicht mit dem die Milzkrankheit
der Wollsortirer verursachenden Virus aus. Derselbe wurde zur Herstellung eines
verdünnten inficirten Wassers mit reinem Wasser versetzt und nach mehrstündigem
Stehen eine organische Stoffe enthaltende Flüssigkeit zugefügt. So behandelte
Mikroorganismen haben nach 5 bis 6 Stunden noch genügende Lebenskraft, um sich zu
vermehren; nach 18 Stunden dagegen tritt keine Vermehrung mehr ein. Es scheint
daher, daſs namentlich die groſse Verdünnung den menschlichen Körper vor der Wirkung
dieser Organismen schützt, indem sie deren Lebenskraft vermindert oder ganz
zerstört. Darum ist auch verständlich, warum die Bewohner von London durch den
Genuſs des schlechten Themsewassers nicht gelitten haben. Um alles Trinkwasser von
London in dem Maſse zu verunreinigen, wie es in Odling's Versuchen geschah, wären täglich etwa 4500cbm inficirte Flüssigkeit nothwendig. Um aber das
gesammte Themsewasser bis zu diesem Grade mit Mikroorganismen zu verunreinigen,
müſsten etwa 227000cbm Infectionsflüssigkeit
zugesetzt werden. Jedoch selbst bei dieser in Wirklichkeit unmöglichen
Verunreinigung wäre das Wasser, wie die Versuche zeigten, der Gesundheit nicht
nachtheilig. Nach Berechnungen von Odling würde beim
Zufügen von 1 Million Sporen zum Wasser der Themse nur eine Spore in 227cbm Wasser vorhanden sein. Es ist allerdings
sicher, daſs Sporen länger im Wasser leben als Bacillen, mit denen obige Versuche
angestellt wurden. Immerhin soll aus diesen
Untersuchungen hervorgehen, daſs man keine Befürchtungen über die Erzeugung
ansteckender Krankheiten durch den Genuſs von Themsewasser und Fluſswasser überhaupt
zu hegen braucht.
Verfahren, Kartoffeln und Rüben mit heiſser Luft zu
kochen.
Um für die Spiritus- und Zuckerfabrikation concentrirte Maische bezieh. Säfte zu
erhalten, bringt C. Pieper in Berlin (D. R. P. Kl. 6
Nr. 36291 vom 8. December 1885) das Kochen der Kartoffeln und Rüben mittels heiſser
Luft in Vorschlag. Dieselbe soll aus den abziehenden Gasen einer Feuerung, nachdem dieselben durch Filter o. dgl. zur
Abfangung von Ruſs und Asche (vgl. z.B. Gontard 1886
260 * 380) geleitet worden sind, erhalten werden.
Diese heiſse Luft wird zwischen die in einem gewöhnlichen Kochapparate befindlichen
Kartoffeln oder Rüben geblasen. Versuche sollen ergeben haben, daſs bei diesem
Verfahren Kartoffeln mit den Abgasen einer Dampfkesselfeuerung in 30 Minuten
vollständig gar gekocht waren und während dieser Zeit nahezu 25 Proc. an Gewicht
verloren, was bei einem ursprünglichen Stärkegehalte der Kartoffeln von 18 Proc.
einer Erhöhung dieses Gehaltes auf etwa 24 Proc. gleichkäme. Die so gekochten
Erdfrüchte zeigen auch eine gröſsere Widerstandsfähigkeit gegen Fäulniſs.
Darstellung von Fluoraluminium und Doppelverbindungen
desselben.
Die Oesterreichische Anilinfabrik von Strakosch und Comp. und C. O.
Weber in Döbling bei Wien (D. R. P. Kl. 12 Nr. 37079 vom 3. September 1885)
haben ein Verfahren zur Darstellung von Fluoraluminium bezieh. Verbindungen
desselben angegeben, welches darauf beruht, daſs ein inniges Gemisch eines
Fluorminerals mit Alkalisulfat und Kohle im Sodaschmelzofen geglüht wird. Das
hierbei gebildete Alkalifluorid wird mit Wasser aus der Schmelze gelaugt und die
Lösung mit der äquivalenten Menge schwefelsaurer Thonerde zur Trockne verdampft und
im Flammofen verschmolzen, wodurch man ein Gemenge von Alkalisulfat und
Aluminiumfluorid erhält. Oder man setzt der Fluoralkalilauge die äquivalente Menge
Alkalicarbonat und schwefelsaure Thonerde zu, verdampft, schmilzt ebenfalls und
erhält auf diese Weise eine Doppelverbindung: schwefelsaures
Alkali-Aluminiumfluorid.
Für Zwecke der Praxis schmilzt man am besten ein Gemenge von 5 G.-Th. Fluſsspath mit
1 G.-Th. calcinirter Soda im Sodaschmelzofen zusammen und erhält beim Auslaugen mit
Wasser etwa 5 G.-Th. Alkalifluorid in Lösung. Hierzu gibt man 13 G.-Th.
Thonerdesulfat, verdampft und sintert im Flammofen. Das erhaltene Gemenge von
schwefelsaurem Alkali und Fluoraluminium trennt man durch Ausziehen mit Wasser.
Zusatz von Kieselsäure beschleunigt das Aufschlieſsen des Fluſsspathes; doch
empfiehlt es sich nicht, die ganze dem verwendeten Fluſsspath äquivalente
Kieselsäuremenge zuzusetzen, da sonst die Auslaugung des Schmelzgutes erschwert
wird. Soll das schwefelsaure Alkali-Aluminiumfluorid dargestellt werden, so setzt
man der Alkalifluoridlauge ebenfalls 13 G.-Th. schwefelsaure Thonerde zu, verdampft
und sintert die trockene Masse mit 3 G.-Th. Soda. Diese
Natriumaluminium-Doppelverbindung wird durch Wasser nicht in ihre Bestandtheile
zerlegt.
Einwirkung von Benzaldehyd auf käufliches Xylidin.
Im Journal of the American Chemical Society, 1886 Bd. 8
S. 173 berichtet J. H. Stebbins in einer vorläufigen
Mittheilung über die Darstellung von Homologen des Diamidotriphenylmethans durch Einwirkung von Benzaldehyd auf käufliches Xylidin. Diese
zuerst von O. Fischer (vgl. 1879 233 166. 1880 237 155) beim Malachitgrün vorgeschlagene Methode wurde vom Verfasser
insofern abgeändert, als zur Wasserabspaltung statt des von Fischer benutzten Chlorzinkes ein Ueberschuſs von rauchender Salzsäure mit
Erfolg verwendet wurde. Stebbins hat 2 Basen erhalten,
welche sich durch ihre verschiedene Löslichkeit in Säuren unterscheiden, und sie als
Diamido-o-Dixylylphenylmethan und Diamido-p-Dixylylphenylmethan bezeichnet. Aus der einen
dieser Basen wurde durch Einführung von Aethyl-Gruppen
mittels Aethyljodid und darauf folgende Oxydation mit
Bleisuperoxyd und Schwefelsäure eine Base gewonnen, welche in Säuren mit grüner
Farbe löslich ist und gemäſs ihrer Bildungsweise für ein Homologes des Malachitgrün angesehen wird.
M. Strasser's Klebmittel als Ersatz für arabisches
Gummi.
Ein billiger als das arabische Gummi herzustellendes Klebmittel, welches in kaltem
wie warmem Wasser löslich ist und sich durch einen angenehm süſslichen Geschmack
auszeichnet, gewinnt M. Strasser in Niederschönhausen
bei Berlin (D. R. P. Kl. 22 Nr. 37074 vom 20. März 1886) auf folgende Weise: 20k weiſser Candiszucker werden fein zerstoſsen, mit 7k frischer Kuhmilch aufgekocht und dieser
kochenden Mischung 50k etwa 36procentiges Natronwasserglas zugesetzt. Das Ganze läſst man dann
entweder bis auf 50° erkalten und gieſst, um das Klebmittel in Körnern zu erhalten,
in Formen ab, oder man verdampft das überschüssige Wasser und erhält das Klebmittel
zur Aufbewahrung unter Luftabschluſs in flüssigem Zustande. (Vgl. R. Wagner 1856 140 301. Kayser 1885 256 96.)