Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, Miszellen, S. 46 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Einheitliche Benennung der im Eisenbahnbetriebe zur Verwendung
kommenden, aus Eisen oder Stahl bestehenden Materialien.
Das königl. Preuſsische Ministerium für öffentliche Arbeiten bestimmt durch
Cirkularerlaſs vom 29. Januar 1889, für das im Eisenbahnbetriebe zur Verwendung
kommende Eisen- und Stahlmaterial im amtlichen Verkehre ferner nachstehende
Benennungen in Anwendung zu bringen:
A) Nach der Herstellungsweise des
Materials
sind zu unterscheiden als Hauptgattungen von Eisen und
Stahl:
1) Roheisen, 2) Guſseisen, 3) Schweiſseisen, 4) Schweiſsstahl, 5) Fluſseisen und 6)
Fluſsstahl.
Es ist zu bezeichnen:
1) mit Roheisen das Erzeugniſs des Hochofens. Dasselbe
ist leicht schmelzbar, aber nicht schmiedbar. Es kann nach seiner Herstellungsart
als Koksroheisen oder Holzkohlenroheisen, nach seiner Farbe und seinem Gefüge als
weiſses (Spiegeleisen, Weiſsstrahl, Weiſskorn) graues oder halbirtes Roheisen
bezeichnet werden.
2) mit Gußeisen das in besonderen Formen gegossene, in
der Regel vorher in einem Cupol- oder Flammofen umgeschmolzene Roheisen. Werden dem
Roheisen beim Umschmelzen Stahlabfälle zugesetzt, so nennt man das Erzeugniſs „Stahlguß“.
Sind Guſswaaren nachträglich schmiedbar gemacht worden, so tritt die Bezeichnung „schmiedbares Gußeisen“ oder „Temperguß“ ein.
Wird Guſseisen durch Gieſsen in eisernen Formen an seinen Auſsenflächen besonders
hart gemacht, so heiſst es „Hartguß“.
Sind Guſsstücke in offenen Formen oder in Sand., Masse oder Lehm geformt, und sollen
sie nach dieser Art der Herstellung besonders gekennzeichnet werden, so sind
dieselben mit Herdguſs, Sand-, Masse- oder Lehmguſs zu bezeichnen.
3) mit Schweißeisen das im teigigen Zustande gewonnene,
in der Regel im Puddelprozeſs hergestellte, schmied- und schweiſsbare, aber nicht
merklich härtbare, gegenwärtig meist Schmiedeeisen genannte Material.
Wird Schweiſseisen zu Blechen oder Stäben ausgewalzt, ausgeschmiedet oder zu Draht
gezogen, so kann es Blech (Wellblech, Weiſsblech u.s.w.), Walz- oder Stabeisen, auch
Quadrat-, Rund-, Flach-, Profil-, Bandeisen u.s.w. Walzdraht oder Zugdraht genannt,
und diese Bezeichnung der Bezeichnung „Schweiſseisen“ hinzugefügt oder
dahinter in Klammer eingeschaltet werden (z.B. Schweiſseisenblech,
Schweiſseisendraht u.s.w.).
Die Bezeichnung „Schmiedeeisen“ fällt aus.
4) mit Schweißstahl das im gleichen Zustande wie zu A 3)
gewonnene, aber merklich härtbare Material. Soll dabei das Herstellungsverfahren
noch besonders hervorgehoben werden, so ist diese Bezeichnung hinter der Bezeichnung
„Schweiſsstahl“ in Klammer einzuschalten (z.B. Puddelstahl,
Raffinirstahl, Cementstahl u.s.w.). Soll die Form als Blech, Stab, Draht,
gekennzeichnet werden, so ist unter Anwendung der Bezeichnung „Schweiſsstahl“
wie unter A 3) zu verfahren (z.B. Schweiſsstahlblech u.s.w.).
5) mit Flußeisen das im flüssigen Zustande gewonnene, im
Bessemer-, Thomas- oder Martin-Verfahren hergestellte schmiedbare, aber nicht
merklich härtbare Material.
Soll dabei das Herstellungsverfahren besonders hervorgehoben werden, so ist statt der
einfachen Bezeichnung „Fluſseisen“ die Bezeichnung „Bessemer-, Thomas-
oder Martin-Fluſseisen“ zu wählen oder eine dieser letzteren Bezeichnungen
hinter der Bezeichnung „Fluſseisen“ in Klammer einzuschalten.
Soll die Form als Blech, Stabeisen, Draht gekennzeichnet werden, so ist unter
Anwendung der Bezeichnung „Fluſseisen“ wie unter A 3) zu verfahren.
6) mit Flußstahl das im gleichen Zustande gewonnene,
aber merklich härtbare Material.
Soll dabei zugleich das Herstellungsverfahren noch besonders hervorgehoben werden, so
ist statt der einfachen Bezeichnung „Fluſsstahl“ die Bezeichnung „Tiegel-,
Bessemer-, Thomas- oder Marin-Fluſsstahl“ zu wählen oder eine dieser
letzteren Bezeichnungen hinter der Bezeichnung „Fluſsstahl“ in Klammer
einzuschalten.
Soll die Form als Blech, Stab, Draht gekennzeichnet werden, so ist unter Anwendung
der Bezeichnung „Fluſsstahl“ wie unter A 3) zu verfahren.
Die Bezeichnung „Guſsstahl“ fällt aus.
Schweiſs- und Fluſseisen bezieh. Stahl können, auſser nach Herstellung und Form, auch
nach der Beschaffenheit – z.B. als sehniges Schweiſseisen, Feinkorneisen – oder nach
der Bearbeitung – als gehämmertes Eisen, Raffinirstahl u.s.w. – bezeichnet werden.
Da die Grenze zwischen härtbarem und nicht härtbarem Material schwer festzustellen
ist, so ist in der Regel ein Material mit einer Zerreiſsfestigkeit von 50k für 1qmm und
darüber mit Stahl, ein Material von geringerer Festigkeit mit Eisen zu
bezeichnen.
B) Bezeichnung nach den
Verwendungszwecken.
Soll das unter A) bezeichnete Material nach seiner verschiedenen Verwendbarkeit
besonders gekennzeichnet werden, so sind dafür die folgenden Nebenbezeichnungen zu
wählen und diese in der Regel in Klammer hinter die unter A) bezeichneten
Hauptgattungsnamen einzuschalten.
1) Roheisen ist, je nachdem es zum Gieſserei-, Puddel-,
Bessemer-, Thomas-Betrieb u.s.w. als besonders geeignet gekennzeichnet werden soll,
mit „Gieſserei-, Puddel-, Bessemer-, Thomas-Roheisen u.s.w.“ zu
bezeichnen.
2) Gußstücke im Allgemeinen, welche aus Gußeisen bestehen, heiſsen „Guſswaaren.“ Sollen
Guſswaaren einer weiteren Bearbeitung auf Werkzeugmaschinen unterliegen, so heiſsen
sie „Maschinenguß“. Zum Umschmelzen bestimmte Guſswaaren oder
Bruchstücke derselben heiſsen „Gußschrott“.
3) Dem Schweißeisen können die seiner verschiedenen
Verwendung entsprechenden Bezeichnungen z.B. Niet-, Mutter-, Ketten-, Brückeneisen,
Kesselblech u.s.w. gegeben werden. Alte abgängige Schweiſseisentheile werden
„Schweiſseisenschrott“ bezieh. „Blechschrott“ genannt.
4) Dem Schweißstahl kann die besondere Bezeichnung
„Stählstahl“ gegeben werden.
5) Flußeisen wird im Eisenbahnbetriebe vorzugsweise zur
Anfertigung von Schwellen, Laschen, Achsen, Wagenradreifen, Trägern,
Maschinentheilen, Blechen
u.s.w. verwendet und ist hiernach in ähnlicher Weise wie das Schweiſseisen unter B
3) zu bezeichnen. Das zu diesen Gegenständen bestimmte Fluſseisen wird als
„Schwellen-Fluſseisen u.s.w.“ bezeichnet. Die rohen Stücke heiſsen „Blöcke“. Das Wort „Ingot“ lallt aus. In fertiger Form
gegossene Stücke aus Fluſseisen (besonders Maschinentheile) heiſsen Flußwaaren.
6) Flußstahl wird im Eisenbahnbetriebe vorzugsweise zu
Trag- und Spiralfedern, Schienen, Locomotiv-Radreifen, sowie zur Anfertigung von
schneidenden Werkzeugen verwendet.
Das zu diesen Gegenständen bestimmte Material ist dementsprechend mit
„Federfluſsstahl u.s.w.“ zu bezeichnen, auch kann der Bezeichnung
„Federstahl, Werkzeugstahl, Drehstahl, Meiſselstahl, Gewindebohrstahl,
Döpperstahl, Lochstempelstahl u.s.w.“ das Wort „Fluſsstahl“ in
Klammer nachgesetzt werden. Die zur Herstellung dieser Gegenstände bestimmten rohen
Stücke heiſsen „Flußstahlblöcke“, die daraus
durch Guſs in fertiger Form hergestellten Gegenstände „Flußstahlwaaren“.
Schlußbemerkung.
Soll der Verwendungszweck eines Materials mehr betont werden als die
Herstellungsweise, so kann die unter B) angegebene besondere Bezeichnung
vorangestellt werden, während die unter A) angegebene in Klammer dahinter gesetzt
wird, z.B. Nieteisen (Schweiſseisen), Werkzeugstahl (Tiegelfluſsstahl), Federstahl
(Fluſsstahl), Lascheneisen (Fluſseisen), Achsen (Martin-Fluſseisen), Kesselblech
(Schweiſseisen) u.s.w., oder es kann die Silbe „Schweiſs“ oder „Fluſs“
vorangestellt werden, z.B. Schweiſsnieteisen, Fluſsiederstahl u.s.w.
Die Aufnahme von weiteren, namentlich im Eisenhütten betriebe gebräuchlichen, die
Herstellung oder die Verwendung kennzeichnenden Benennungen, welche indeſs für den
Eisenbahnbetrieb entweder von keiner oder von nur untergeordneter Bedeutung sind,
wird nicht beabsichtigt; erforderlichenfalls sind die in den benachbarten
Industrierevieren gebräuchlichen Bezeichnungen anzuwenden.
Behandlung feuchter Wände.
Bekanntlich hält man die in den Umfassungsmauern fertiger Gebäude vorhandene
Feuchtigkeit von dem inneren Wand verputz dadurch ab, daſs der Putz von den Wänden
abgeschlagen wird, und nachdem die Fugen 1 bis 2cm
tief ausgekratzt und die Mauern mit dünnflüssigem Asphalt bestrichen sind, der neue
Putz, sobald der Asphalt vollständig angetrocknet ist, aufgebracht wird. Das
Auskratzen der Fugen allein genügt aber nicht, um das Haften des Putzes auf der
durch den Asphaltüberzug geglätteten Fläche zu bewirken. Es ist vielmehr
erforderlich, daſs, sobald der Asphalt aufgestrichen ist, der Ueberzug mit reinem
scharfen Sande, ungefähr zwei Hände voll auf 1qm
Fläche, beworfen wird. Die Sandkörner trocknen mit dem Asphalt an und geben der
Fläche diejenige Rauhheit, welche nöthig ist, um das feste Anhaften des Putzes zu
ermöglichen. Ferner soll auch darauf aufmerksam gemacht werden, daſs bei Anwendung
dieses Dichtungsmittels, und zwar dann, wenn der Putz aus gewöhnlichem Kalkmörtel
gefertigt ist, in den trocken gemachten Räumen der Asphaltgeruch mehrere Jahre lang
mehr oder minder stark wahrnehmbar ist, und daſs dadurch die Bewohnbarkeit eines
solchen Raumes, mindestens innerhalb des ersten Jahres, in Frage gestellt werden
kann. Wenn dagegen der Putz in der Stärke von 15 bis 18mm aus Troßmörtel hergestellt ist, so wird
das Durchdringen des Asphaltgeruches in die Zimmer beinahe gänzlich verhütet. Bei
freistehenden Giebelwänden, namentlich solchen, die viel vom Schlagregen zu leiden
haben, müssen nicht nur die inneren Wandflächen des Giebels und bei vorhandenen
Fenstern auch die Leibungen der Fensternischen in der angegebenen Weise mit der
Dichtungsschicht versehen werden, sondern dieselbe ist auch auf die an die Giebel
anstoſsenden Theile der Seitenwände in etwa 1 bis 2m Breite auszudehnen (nach Centralblatt der
Bauverwaltung durch Sprechsaal. 1889 Bd. 22 Nr. 4).