Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, Miszellen, S. 238 |
Download: | XML |
[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Ueber elektrolytische Zerlegung durch Wechselströme.
J. Chappuis und G.
Maneuvrier theilen in den Comptes rendus, 1888
Bd. 107 S. 31, folgende Erfahrungen über die Elektrolyse durch Wechselströme mit.
Nimmt man in dem Platindraht-Voltameter statt des angesäuerten Wassers eine
concentrirte Kupfervitriollösung, so geben Ströme von 2,5 Ampère mittlerer Stärke,
welche vorher reichliches Knallgas lieferten, in dem Sulfat auſser einer starken
Erwärmung nichts mehr. Verkleinert man aber alsdann Durchmesser und Länge der
Elektroden bis zu bezieh. 0mm,1 und 20mm (ungefähr (6qmm Oberfläche), so entsteht auf einmal eine Gasentwickelung und
Kupferausscheidung. Ebenso gut gelingt die Elektrolyse mit Kupferelektroden von
derselben Dimension. Man sieht beim Durchgang der Ströme einen Strom feiner
Glasbläschen gleichzeitig mit einer braunrothen Wolke Kupferpulvers aufsteigen, und
die Elektroden selbst nehmen rasch das Aussehen schwammigen frischreducirten Kupfers
an.
Aus den Versuchen beider Physiker scheint im Ganzen hervorzugehen, daſs es bei der
Elektrolyse durch Wechselströme immer möglich ist, eine Art Gleichgewicht zwischen
der Geschwindigkeit der Zerlegung des Elektrolyten und
der Geschwindigkeit der Wiedervereinigung seiner
Elemente zu bewerkstelligen. Ist dieses Gleichgewicht einmal hergestellt, so hört
die eigentliche Elektrolyse auf. Dann aber werden alle Umstände, welche die
Geschwindigkeit der Zerlegung über die der Wiederverbindung vorherrschen lassen, die
Producte der Elektrolyse wieder zum Vorschein bringen,
dagegen alle diejenigen, bei welchen das Umgekehrte der Fall sein wird, dieselben
von Neuem verschwinden lassen.
Unter den die Elektrolyse beschleunigenden Umständen nimmt die Stromdichte, d.h. das Verhältniſs der mittleren
Stromstärke zur Oberfläche der Elektroden den ersten Rang ein. Es ist einleuchtend,
daſs durch die Vermehrung der den Elektrolyten durchströmenden Elektricitätsmenge
einerseits, und die Verminderung der Elektrodenfläche andererseits die Schnelligkeit
der Zerlegung gröſser, als die der Wiederverbindung gemacht und das Auftreten der
Producte der Elektrolyse begünstigt wird. Die Versuche haben dieses bei der
Elektrolyse des Wassers bestätigt. Ebenso ist es begreiflich, daſs die Elektroden
und der Elektrolyt vermöge ihrer chemischen Verwandtschaften oder ihrer
physikalischen Eigenschaften auf die Schnelligkeit der Wiederverbindung einen
Einfluſs haben können. Die Leichtigkeit der Elektrolyse muſs also auch von der Natur
der Elektroden und des Elektrolyten abhängen. Und dieses haben die vergleichenden
Versuche der Herren Chappuis und Maneuvrier bei der Elektrolyse des Wassers und des
Kupfervitriols mittels Elektroden aus Platin und Kupfer bewiesen.
Es läſst sich endlich voraussehen, daſs die mehr oder weniger groſse Geschwindigkeit
der Stromwechsel unter gleichen übrigen Umständen eine wichtige Rolle im. Auftreten
und Verschwinden der elektrolytischen Erscheinungen spielen muſs. Denn angenommen,
die Aufeinanderfolge der beiden Ströme wäre so langsam, daſs die Producte der
Elektrolyse des ersten Stromes schon vor Erscheinung derjenigen des umgekehrten
Stromes, sei es durch direkte Lösung oder durch Diffusion, verschwunden sein würden,
so wäre eine Wiederverbindung nicht mehr möglich: jeder der Wechselströme würde sich
in dem Voltameter, einer nach dem anderen, verhalten, wie ein stetiger Strom von kurzer Dauer. Man
sieht also, daſs die Verlangsamung des Stromwechsels unter gleichen übrigen
Umständen das Auftreten der Elektrolyse erleichtern, die Beschleunigung desselben
aber das Umgekehrte bewirken muſs. Direkte Versuche haben dieses bestätigt.
Die Anwendung dynamo-elektrischer Maschinen mit getrenntem
Erreger gestattet die Geschwindigkeit des Stromwechsels, unbeschadet der
mittleren Stärke und Dichte der Ströme, zu ändern. In der That, wurde einerseits
durch Steigerung der Geschwindigkeit der Maschine von 1500 Umdrehungen in der Minute
auf 2600 die Zahl der Strom Wechsel von 100 auf 173 in der Secunde gebracht;
andererseits konnte durch geeignete Aenderung der Intensität des magnetischen
Inductionsfeldes mittels des Erregerstromes die mittlere Stärke der inducirten
Ströme constant erhalten werden.
Folgendes ist das Ergebniſs zweier unter diesen Bedingungen angestellter
Versuche.
1) Wenn die Maschine mit ihrer gewöhnlichen Geschwindigkeit, d.h. 2000 Umdrehungen in
der Minute und 133 Stromwechseln in der Secunde umläuft, so stellt man durch
geeignete Regelung der Stromstärke den Gleichgewichtszustand her, wobei alle Gasentwickelung im Voltameter
aufhört. Mindert man in diesem Augenblicke die Geschwindigkeit bis zu 1500
Umdrehungen, so sieht man das Gas wieder erscheinen und sich reichlich an den
Elektroden entwickeln.
2) Wenn die Maschine mit ihrer gewöhnlichen Geschwindigkeit im Gang ist, leitet man
durch Regelung der Stromdichte eine kräftige und regelmäſsige Gasentwickelung ein.
Steigert man nun die Geschwindigkeit auf 2600 Umdrehungen, so hört die
Gasentwickelung sofort auf. In dem einen oder dem anderen Falle läſst sich übrigens
die Wirkung dieser Geschwindigkeitsänderung durch entsprechende Aenderung der
Stromdichte aufheben. Ebenso kann man beim ersten Versuch durch Vergröſserung der
Elektrodenfläche das Gas verschwinden, beim zweiten Versuch durch Verminderung
dieser Fläche wieder erscheinen lassen.
Man sieht also, daſs die Geschwindigkeitsänderungen der Stromwechsel und die
Dichtigkeitsänderungen der Ströme die Elektrolyse in entgegengesetztem Sinne
beeinflussen, und daſs man die Elektrolyse mit Strömen von mittelmäſsiger Dichte
erzielen kann, wenn man nur die Stromwechsel hinreichend verlangsamt. So erklärt es
sich, daſs de la Rive schon im J. 1837 das angesäuerte
Wasser durch die wechselnden Ströme der damals erfundenen magnet-elektrischen
Maschinen leicht zerlegen und an groſsen Platinelektroden bis zu 8qc Oberfläche Knallgas erzeugen konnte. Für ihn
scheint die Beseitigung der Gase schwer gewesen zu
sein, während die Schwierigkeit für uns darin besteht, sie zum Vorschein zu bringen.
Dieser Unterschied kommt daher, daſs der Elektromotor, dessen sich de la Rive bedient hat, höchstens 50 Wechsel in der
Secunde bewirkte, während unsere Dynamomaschinen deren mindestens 100
hervorbringen.
C. V. Boys' Versuche mit Seifenblasen.
In der physikalischen Abtheilung der Royal Society
stellte nach Engineering, Mai 1888 S. 488, C. V. Boys eine Reihe sehr lehrreicher Versuche mit
Seifenblasen an, um zu beweisen, daſs es der Einfluſs einer zwischenliegenden
Luftschicht ist, welche die thatsächliche Berührung zweier Seifenblasen von gleichem
Stoffe verhindert. Er lieſs zunächst eine Seifenblase zwei senkrecht und parallel
einander gegenüberstehenden Drahtringen sich anhängen und erzeugte in ihrem Inneren
eine zweite, kleinere Blase. Durch Entfernung beider Ringe von einander wurde die
äuſsere Blase in ähnlicher Weise, wie dieses schon Plateau an seinen „Gleichgewichtsfiguren“ gezeigt hat, zu einem
Cylinder aus einander gezogen. In diesem Cylinder rollte die kleinere Blase, wenn
der eine oder der andere Drahtring gehoben wurde, von einem Ende bis zum anderen.
Wurde die innere Blase mit Wasserstoffgas statt mit Luft gefüllt, so rollte sie auf
der oberen Seite des Cylinders. Bei dem nächsten Versuche zog Boys die äuſsere Seifenblase zwischen beiden
Drahtringen so weit in die Länge, daſs ihr äquatorialer Durchmesser bis zu dem der
Ringe sich verkleinerte. Hatte nun die innere Blase einen gröſseren Durchmesser als die Ringe, so wurde sie
durch die Seiten der äuſseren Blase in Eiforrn gedrückt, zum Beweis, daſs beide
Blasen trotz des verhältniſsmäſsig starken Druckes sich nicht vereinigten. Um diese
Eigenschaft auch noch auf einem anderen Wege zu zeigen, legte Boys eine Seifenblase auf einen Drahtring von bedeutend
kleinerem Durchmesser als die Blase selbst; dann spannte er durch Eintauchen in
Seifenbrühe ein Flüssigkeitshäutchen über einen anderen Drahtring. Mit diesem
Häutchen zwängte er jene Seifenblase durch den Ring, wobei die Blase ganz aus ihrer
Form kam. Sehr hübsch nahm sich folgendes Experiment aus. Innerhalb einer
luftgefüllten Seifenblase, welche an einem Faden eine kleine Papiergondel trug und
auf einem Drahtringe ruhte, wurde eine mit Gas gefüllte kleinere Blase erzeugt,
welche nun die erstere von dem Ringe löste und bis zur Decke des Hörsaales
mitnahm.
Als ein. interessanter Beweis der Diffusion der Gase diente folgender Versuch. Eine
Seifenblase wurde mittels Adhäsion einem befestigten Ringe angehängt, und innerhalb
derselben eine mit einer Mischung von Gas und Luft gefüllte kleinere Blase erzeugt,
welche sofort an die höchste Stelle der äuſseren Blase schwebte. Ueber das Ganze
wurde eine Glasglocke gedeckt, in welche man Leuchtgas einströmen lieſs. Nach
wenigen Secunden sah man die innere Seifenblase auf den Boden der äuſseren
herabsinken, zum Beweis, daſs durch das Häutchen der letzteren Diffusion
stattgefunden, in deren Folge das specifische Gewicht ihrer Füllung abgenommen
hatte. Um die Diffusion noch an einem anderen Beispiele darzulegen, wurde eine mit
Sauerstoffgas gefüllte Seifenblase wenige Secunden in eine Glasglocke getaucht,
welche Aetherdämpfe enthielt. Als die Blase herausgenommen und einem Lichte genähert
wurde, verpuffte sie mit einer Flamme, zum Beweis, daſs in der kurzen Zeit, wo ihre
Oberfläche den Aetherdünsten ausgesetzt war, in Folge eingetretener Diffusion ein
explosives Gemenge von Sauerstoff und Aetherdampf die Stelle des reinen Sauerstoffes
eingenommen hatte.
Die elektrische Beleuchtung der Pariser Ausstellung.
Nach den Mittheilungen, welche H. Fontaine in einem
Vortrage der internationalen Gesellschaft der Elektriker gemacht hat (vgl. Industries vom 19. April 1889 * S. 378), sind die
Gesammtkosten, welche die jetzige Pariser Ausstellung der französischen Regierung
und der Stadt Paris verursacht, auf 40000000 M. zu schätzen. Von den 50000
Ausstellern werden im Mittel 2400 M. gezahlt, so daſs die Kosten im Ganzen auf
160000000 M. steigen. Die Einnahmen aus Ausstellungen hängen u.a. von der Zahl der
Stunden ab, während welcher dieselben besucht werden können. Ohne künstliche
Beleuchtung würde die Stundenzahl der Pariser Ausstellung 1620 betragen, durch die
elektrische Beleuchtung erhöht sich dieselbe auf 2520, und es vermindern sich
dadurch die stündlichen Kosten von 100000 auf ein wenig über 60000 M. Trotzdem hat
die Verwaltung die elektrische Beleuchtung nicht auf eigene Kosten hergestellt, auch
bezahlt sie für das Licht nicht einen festen Preis, wie für Wasser, Dampf, Gas
u.s.w., sondern sie überläſst den Ausstellern die Hälfte der Einnahmen von
Abendbesuchern, für die der Eintrittspreis in der Woche 1,6 M., Sonntags 0,8 M.
beträgt, bis zum Betrage von 2880000 Mk., darüber hinaus nimmt der Staat mehr.
Die Beleuchtung ist einer Reihe von Firmen überlassen worden und bietet prächtige
Gelegenheit zu Vergleichen. Die Maschinenhalle mit 77000qm Bodenfläche und 2000000cbm Inhalt
wird von Bogenlampen von verschiedener Gröſse erleuchtet. Die gröſsten (von 60
Ampère, mit 25mm Kohlen) hängen in 4 Gruppen zu 12
Lampen dicht unter dem Dachfirst. Ferner sind 86 Lampen von 25 Ampère in 5
Längsreihen vertheilt und hängen etwa 15m über dem
Boden. Die Seitengallerien der Maschinenhalle und die anliegenden Räume erhalten 276
Lampen zu 8 Ampère in 5m Höhe über dem Boden.
Auſserdem liefern Woodhouse und Rawson 8 Glühlampen zu
200, Garnot 10 zu 250, Jarriant 360 zu 8 und Crompton 160 zu 8
Kerzen.
Der den Eisenbahnausstellungen eingeräumte Nebenraum von nahezu 600qm Bodenfläche wird durch 5 Lampen zu 25 Ampère
und 30 zu 8 Ampère von
Borssat erleuchtet, während der groſse Mitteldom
von der Société Gramme mittels 48 Glühlampen von 500
Kerzen beleuchtet wird. Verschiedene andere Nebenräume und Höfe erhalten eigene
Anlagen. Die offenen Räume werden vorwiegend mit Gleichstrom und Jablochkoff-Kerzen beleuchtet, worein sich die Pariser Edison Co., die Rothschild-Deprez-Gruppe, Ducommun und die
Société l'Eclairage Electrique theilen. Der groſse
Springbrunnen wird von der Pariser Gramme Co. mit 48
Bogenlampen erleuchtet, die etwa 250 brauchen. Ein zweiter Springbrunnen
wird mit 18 Bogenlampen zu 60 Ampère beleuchtet.
Fontaine gibt folgende Zusammenstellung, in der 1 Carcel
= 10 Kerzen gesetzt sind; streng genommen ist 1 Carcel nur = 9,6 Kerzen, wodurch die
Lichtmenge auf etwa 1700000 Kerzen herabsinkt.
51
Bogenlampen
zu
60
Ampère
510000
Kerzen
100
„
„
25
„
350000
„
10
„
„
15
„
20000
„
726
„
„
8
„
726000
„
97
Jablochkoff-Kerzen
38800
„
16
Sonnenlampen
16000
„
72
Glühlampen
zu
500
Kerzen
36000
„
10
„
„
250
„
2500
„
3500
„
„
10
„
35000
„
6500
„
„
5
„
32500
„
–––––––––––––––
Summe
1766800
Kerzen.
Noch weiter ins Einzelne gehende Mittheilungen enthält der Electrician, Bd. 23 S. 5.
Bücher-Anzeigen.
Musterbuch für Eisenconstructionen von C. Scharotosky. Erster Theil. 4. Lieferung. Leipzig.
Spamer. 1,50 Mk.
Die lange erwartete Schluſslieferung enthält als Schluſs der Abtheilung über Dächer
die flachen Kuppeldächer und als vierte Abtheilung die Treppen, und zwar die
Treppenconstructionen, die eisernen Wangen und Podestträger. In der fünften
Abtheilung werden die Fuſswegbrücken nach Constructions- und Gröſsenverhältnissen
besprochen. Der lehrreiche Anhang zeigt die Anwendung an einem durchgeführten
Beispiele für ein Geschäfts- und Wohnhaus. Die Ausstattung ist ebenso vorzüglich wie
bei den vorhergehenden Lieferungen und die ebenso gewählten als unterrichtenden
Abbildungen verdienen alle Anerkennung.
Das nunmehr in seinem ersten Theile, der als abgeschlossenes Werk angesehen werden
kann, fertige Musterbuch, sollte in jedem Baugeschäfte zu finden sein; es wird sich
als Rathgeber für die gewöhnlich vorkommenden Verwendungen des Eisens bei Bauten
vollständig ausreichend erweisen und sich in kurzer Zeit wegen seiner praktischen
Verwendbarkeit unentbehrlich machen.
Richtigstellung der in bisheriger Fassung unrichtigen
mechanischen Wärmetheorie und Grundzüge einer allgemeinen Theorie der
Aetherbewegungen, von v. Miller-Hauenfels.
Wien. Manz' Verlag. (Vgl. 5. 203 dieses Heftes.)
Elasticität und Festigkeit. Die für die Technik
wichtigsten Sätze und deren erfahrungsmäſsige Grundlage von C. Bach. Erste Lieferung. Berlin. Jul. Springer. 210 S. 8 Mk. (Vgl. S. 206
dieses Heftes.)