Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, Miszellen, S. 478 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Die Prüfung des Schweiſseisens der Kettenbrücke in
Kiew.
bildete den Gegenstand einer Mittheilung, welche der Brückenbau-Ingenieur Professor
Belelubski in einer Sitzung der Kaiserlich
Russischen Technischen Gesellschaft vorgetragen hat. Die in Rede stehenden Prüfungen
sind im mechanischen Laboratorium des Petersburger Instituts der Verkehrsingenieure
ausgeführt und liefern einen werthvollen Beitrag zur Beantwortung der Frage, ob das
Eisen der Brücken nach langjähriger Beanspruchung einer Aenderung seiner
mechanischen Eigenschaften ausgesetzt ist oder nicht. Der Frage konnte nähergetreten
werden, da sich im Magazin der Kiewer Kettenbrücke einige Kettenglieder befanden,
die bei der Herstellung des Bauwerkes übrig geblieben waren. Die Prüfungen fanden an
zwei Gruppen von Probestücken statt, von denen die einen aus einem der Brücke
entnommenen Kettengliede, die anderen aus einem der im Magazin vorhandenen
Vorrathsglieder, und zwar unter Benutzung einander entsprechender Stellen der Stäbe,
hergestellt waren. Die mittels einer Werder'schen
Maschine ausgeführten Versuche haben ergeben, daſs:
1) das vor mehr als vierzig Jahren zubereitete Eisen vollständig den Bedingungen
entspricht, welche gegenwärtig an das Brückeneisen gestellt werden; 2) daſs
nennenswerthe Aenderungen der mechanischen Eigenschaften des Eisens durch dessen
vierzigjährige Beanspruchung nicht hervorgerufen worden sind. Das letztere Ergebniſs
deckt sich mit den Schluſsfolgerungen über die Beständigkeit der Eigenschaften des Eisens, zu welchen
Professor Bauschinger in München auf Grund seiner
Untersuchungen des Eisens aus alten Brücken und bei Prüfungen mit wiederholten
Beanspruchungen gelangt ist.
Die Länge derjenigen Probestücke der Kiewer Brücke, bei welchen die Beanspruchung
parallel zur Walzrichtung erfolgte, betrug 200mm.
Das aus einem der Kettenglieder der Brücke entnommene Eisen zeigte eine
Zugfestigkeit von rund 34k,5 auf 1qmm, eine relative Ausdehnung von rund 14 Proc.,
eine Zusammenziehung des Querschnittes von rund 17,4 Proc.; das aus einem der
Vorrathsglieder entnommene Eisen dagegen zeigte eine Zugfestigkeit von rund 35k auf 1qmm, eine
relative Ausdehnung von rund 13,4 Proc. und eine Zusammenziehung des Querschnittes
von rund 18,8 Proc. (Nach Centralblatt der
Bauverwaltung vom 24. August 1889.)
Schwungrad mit aus Draht gewickeltem Schwungringe.
Die sich stets wiederholenden und namentlich im Walzwerksbetriebe (vgl. 1887 265 * 65) vorkommenden Schwungradexplosionen haben
wiederholt die Frage angeregt, ob das bisher zu den Schwungrädern benutzte Material
nicht durch ein widerstandsfähigeres zu ersetzen sei. Aus diesem Bestreben gingen
die Constructionen aus Schmiedeeisen hervor, in denen entweder das ganze Schwungrad
aus Schmiedeeisen hergestellt wurde oder aber es wurde wenigstens der Schwungring
aus Schmiedeeisen hergestellt. Im ersteren Falle wurden die Speichen durch zwei
geschlossene, flach kegelförmige Wände von Kesselblech ersetzt, deren radiale
Verbindungsstellen durch Laschen vernietet wurden, welche zugleich zum Abstützen
dienten. Der Schwungring besteht aus Flacheisen, welche in einfacher Weise und mit
versetzten Stöſsen entweder hochkantig oder flach gebogen, zum Ringe zusammengebaut
werden. Im anderen Falle beschränkte man sich darauf, nur den Ring aus Schmiedeeisen
herzustellen oder aber den Guſseisen-Schwungring durch warm umgelegte
schmiedeeiserne Ringe zu verstärken; wobei in Folge des Schwindens des Ringes ein
für das feste Gefüge des Schwungringes vortheilhaftes Zwängen entsteht. Nicht selten
wählte man zu diesem Verstärkungsringe ein breites Flach eisen, um dasselbe zugleich
als Riemscheibe benutzen zu können.
Neuerdings hat sich R. Mannesmann eine
Schwungradeinrichtung patentiren lassen (D. R. P. Nr. 47209 vom 12. August 1888),
bei welcher der Schwungring aus straff gewickeltem Drahte besteht und welche stab-
oder ringförmige Speichenstützen aufweist. Die Absicht des Erfinders ist, alle auf
Ueberwindung von Zugkräften berechneten Verbindungen des Schwungringes mit den
zwischen dem Schwungringe und der Nabe befindlichen Gliedern des Schwungrades zu
vermeiden.
Textabbildung Bd. 273, S. 478
Demgemäſs wird Draht um eine Nabe, mit oder ohne Einschaltung
loser, lediglich Druckkräften Widerstand leistender Zwischenglieder mit einer so
hohen Spannkraft aufgewickelt, daſs bei der für das Schwungrad bestimmten
Umfangsgeschwindigkeit die beim Aufwickeln dem Drahte ertheilte Zugspannung
einschlieſslich der durch die Fliehkraft in der Bewickelung erzeugten Zugspannung
noch eben unter der zulässigen höchsten Beanspruchung des Drahtes bleibt. Die Zwischenglieder
brauchen demnach nur die durch die Wickelung erzeugten Druckspannungen auszuhalten
und kann deshalb die Umfangsgeschwindigkeit gegenüber der gebräuchlichen um das
Doppelte erhöht werden, ohne daſs Explosionen zu befürchten wären. Das Schwungrad
besteht nach der Textfigur aus der Guſseisennabe a, den
daran geschraubten zwei seitlichen Blechscheiben b und
den Stützen c, welche mit b verschraubt sind. Der Draht wird so über die Stützen gewickelt, daſs er
sich gleichmäſsig zwischen die Scheiben b legt. Der
Stahldraht hat am besten einen Durchmesser von 4mm
und wird auf das Schwungrad gewickelt, während die fertig aufgestellte Maschine
dieses langsam dreht.
Zum Anspannen des Drahtes dient ein Richtwalzwerk, durch welches derselbe über drei
untere Rollen streicht, auf welche er durch zwei obere, anstellbare Rollen
aufgedrückt wird. Zur genauen Regelung der Spannung ist zwischen dem Richtwalzwerke
und dem Schwungrade ein Gewicht angebracht, welches mit einer Rolle auf dem Drahte
gleitet. Zur Führung des Drahtes behufs richtiger Aufwickelung dient ein nahe vor
der Aufwickelungsstelle angebrachtes Führungsauge. Es bedarf wohl nicht der
Erwähnung, daſs es nicht genügt, das Schwungrad lediglich gegen die Einwirkung der
Fliehkraft zu sichern. Mit besonderer Sorgfalt wird man auch darauf zu achten haben,
daſs die Construction bei Störungen in der Bewegungsrichtung, wie es bei Walzwerken
gar häufig vorkommt, hinreichend fest ist. Dieser Bedingung kann durch die Wahl der
Blechstärke b in jedem Falle genügt werden.
Verhütung des Abblätterns von Oelfarbenanstrich auf
Cementverputz.
Dem bekannten Uebelstand des Abblätterns von Oel färben an strich von Cementverputz
wird bekanntlich durch sogen. Tödten des freien Aetzkalkes begegnet. Bisher wurde
für diesen Zweck Eisenvitriol verwendet; viel besser kommt man nach Dr. Sels zum Ziele, wenn man statt Eisenvitriol freie
Leinölfettsäure anwendet. Der frische Cementverputz ist mehrmals mit Wasser gut
abzuspritzen, um das Alkali zu entfernen, die Fläche zweimal mit Leinölfettsäure zu
tränken, worauf man nach dem Trocknen die Leinölfarbe streichen kann (Chemiker-Zeitung, 1889).
Zg.
Neues optisches Glas.
Ueber ein neues optisches Glas, das in Schweden seit
Kurzem hergestellt werden soll, haben schon mehrfach kleinere Notizen die technische
Literatur durchlaufen. Nach einer Notiz im Diamant,
1889 S. 347, ist das neue Glas absolut durchsichtig, sehr hart und nimmt eine
vorzügliche Politur an. Es wird dies durch geringe Zusätze von Phosphor und Bor
erreicht, von Stoffen, welche bisher niemals in der Glasfabrikation Verwendung
fanden. (Diese Angabe ist wohl auf einen Irrthum zurückzuführen, indem Bor oder
Phosphor, als solche dem Glassatze zugesetzt, sich entweder verflüchtigen oder
Färbungen hervorrufen würden; es soll wohl heiſsen Borsäure und Phosphorsäure, Körper, mit denen
Schott auch gute Erfolge erzielt hat. Vgl. 1889 273 129. D. Ref.)
Die werthvollste Eigenschaft der neuen Glasmasse soll darin liegen, daſs sich daraus
mit Leichtigkeit vollkommen achromatische, d.h. keine störenden Farbenränder
zeigende Linsen herstellen lassen. Die bisher gebrauchten Mikroskoplinsen gestatten
das Erkennen von 1/16000mm; die neuen Linsen sollen 1/8200000mm noch erkennen lassen, also mehr als 500mal so
leistungsfähig sein als die bisher gebräuchlichen Gläser (!). Daſs der Besitz eines
solchen Glases allerdings bedeutende Umwälzungen hervorrufen würde in jenen
Wissenschaften, deren Entwickelung auf die Brauchbarkeit optischer Instrumente
angewiesen ist, liegt klar auf der Hand; vorläufig müssen wir die Nachricht etwas
vorsichtig aufnehmen.
Zg.
Tafelgeschirre aus Metallschlacken.
Gegenwärtig sollen in groſsem Maſsstabe in dem Staate Colorado der Vereinigten
Staaten Amerikas Tafelgeschirre aus Metallschlacken erzeugt werden. In den Gold-,
Silber- und Kupfer-Schmelzhütten, welche die Stadt Argo umgeben, wird jährlich eine
kolossale Menge von Metallschlacken erzeugt. Nach langem, vergeblichem Sinnen,
diese Abfälle zu verwerthen, hat man neuerdings angefangen, diese Schlacken nochmals
einzuschmelzen, um alle möglichen Tafelgeschirre und Ziergefäſse daraus
herzustellen. Trinkgefäſse, Schüsseln, Teller, Schalen, Vasen, Krüge u.s.w. aus
diesem Materiale bilden gegenwärtig einen beliebten Luxusartikel in den Vereinigten
Staaten.
Da die geschmolzenen Schlacken sich sehr flüssig erweisen, so lassen sich die
zartesten Formen daraus gieſsen. Die hergestellten Gegenstände nehmen sich ganz
reizend aus, und die wellenförmigen, in herrlichen Farben schillernden Flammen und
Linien, welche das Material durchziehen, geben demselben eine Auſsenfläche von
opalartigem oder onyxähnlichem Aussehen, Dazu kommt noch, daſs die Geschirre aus dem
metallischen Glase groſse Widerstandsfähigkeit gegen Zerbrechen zeigen, welche nach
Scientific American sogar der des Guſseisens nahe
kommen soll.
Die Schlacke soll zunächst bei intensiver Hitze geschmolzen und dann in Wasser
abgelassen werden. Nach dem Abkühlen wird die Schlacke mit einem sauren Zuschlag
versehen, nochmals eingeschmolzen und gegossen. Die als färbende Zusätze verwendeten
Metalloxyde sind Geheimniſs der Fabriken. Jedenfalls verdient die neue Industrie
auch bei uns volle Beachtung (Bayerisches Industrie- und
Gewerbeblatt).
Zg.
Darstellung von Cement unter Benutzung von
Alkalisalzen.
Ein verbessertes Verfahren der Fabrikation von Cement unter Anwendung von
Alkalisalzen lieſsen sich A. Brandreth und O.
TrappTropp in Wien patentiren. Die Schlacke, wie man sie bei der Roheisenerzeugung
erhält, Kalkstein, Dolomit oder Kreide, und, wenn die Schlacke arm an Thonerde ist,
auch noch BauxitBantit oder ein demselben gleich zusammengesetztes künstliches Gemenge, werden
fein gepulvert und gemischt, so daſs das Gemenge
60
bis
65
Proc.
CaO
22
„
26
„
SiO2
6
„
10
„
Al2O3
enthält; die Mischungsverhältnisse werden aus der chemischen
Analyse berechnet. Dieses Gemenge wird mit der wässerigen Lösung eines Alkalisalzes,
z.B. Chlorkalium, Steinsalz, Salpeter, Soda u.s.w. gemengt, zu Klumpen oder Ziegeln
geformt, welche getrocknet, gebrannt, zerkleinert werden, und zwar in derselben
Weise, wie dies gewöhnlich bei der Fabrikation von Portland-Cement gebräuchlich, bis
derselbe zum Gebrauch fertig ist. Die Menge des zugesetzten Alkalisalzes beträgt 0,3
bis 1 Proc. des Rohmateriales (Oesterreichisch-Ungarisches Patent vom 27. Januar
1889).
Zg.
Bücher-Anzeigen.
Technisch-chemische Rechenaufgaben von Kalmann und Morawski.
Wien. A. Holder. 44 S.
Die Verfasser haben ihre Aufgaben dem Gebiete der chemischen Technologie entnommen,
um dem Unterrichte in demselben mehr Anregung zu geben. Die ersten 7 Abschnitte
behandeln Theile aus der anorganischen Chemie: 1) Verbrennung, 2) Schwefel und
Salpetersäure, 3) Kochsalz, Sulfat, Salzsäure, Soda, Natron, Chlor, 4) Kalisalze,
Brom, Jod, Ammoniak, 5) Kalk, Cement, Glas, Keramik, 6) Eisen, 7) Beizmittel. Die
folgenden Abschnitte sind 8) der Stärke- und Zuckerfabrikation, 9) Bierbrauerei, 10)
Spiritus-, Liqueur- und Essigfabrikation, 11) Fettindustrie, 12) der
Düngerfabrikation gewidmet. Die Aufgaben sollen den Sinn für die Praxis wecken und
als Wiederholung der betreffenden Theile der Technologie dienen. Wenngleich die
Sammlung zunächst nur für Gewerbeschulen (technische Mittelschulen) bestimmt ist, so
wird sie doch auch anderen Kreisen willkommen sein.