Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, Miszellen, S. 141 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Physikalischer Verein.
Nach dem JahresberichtFrankfurt a. M. bei
C. Naumann. für das
Rechnungsjahr 1888/89 hat der Physikalische Verein zu
Frankfurt a. M. 426 Mitglieder. Das Vermögen des Vereins ist seit 1885 von 51000 M.
auf 140000 M. gewachsen. Durch gröſsere Ausgaben im neuen, vor zwei Jahren bezogenen
Vereinshause, und durch die neu gegründete, am 24. April v. J. eröffnete
elektrotechnische Anstalt ist das jährliche Budget auf 20000 M. gestiegen, zu
welchem Bedarf der Staat 2000 M., die Stadt 3500 M. beisteuert. Der ausführliche,
ein reges Vereinsleben bekundende Jahresbericht enthält das Programm und den
Lehrplan der genannten elektrotechnischen Lehranstalt, ein Verzeichniſs der im
Vereine gehaltenen Vorlesungen, Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium und
meteorologische Arbeiten. Den letzteren Arbeiten sind umfangreiche Tabellen und Diagramme über vom
Verein veranlaſste Beobachtungen beigegeben.
Deutsche Eisenerze.
Nach einer Mittheilung in „Stahl und Eisen“ 1890
S. 372 schätzt Wedding die Luxemburger Minetten auf
einen Vorrath für 80, die Lothringer auf 150 bis 300 Jahre. Die Siegerländer
Spatheisensteine sind noch als unerschöpflich anzusehen und die Lahnerze werden noch
für ein Jahrhundert ausreichen. Oberschlesien steht an der Grenze der
Leistungsfähigkeit und dürften auch hier die Erze in einem Jahrhundert zur Neige
gehen, Ilseder Erze reichen noch für 220 Jahre, Osnabrücker für 60. Nur wenige der
deutschen Erze eignen sich für Erzeugung von Gieſserei- und Bessemer-Roheisen, für
ersteres zum Theil nur die Lahnerze, ganz die des Mittelharzes, zu letzterem nur die
Osnabrücker Erze, so daſs es zur Darstellung des Bessemer-Roheisens der Einführung
fremder Erze bedarf. Die Siegerländer Erze liefern Spiegeleisen und Weiſsstrahl, die
Minetten und die Ilseder Erze Thomas-Roheisen, alle anderen Erze ohne phosphorhaltige Zuschläge nur Puddel-Roheisen, mit solchen Thomas-Roheisen. Der Haupttheil des
deutschen Eisenhüttengewerbes stützt sich auf die Verwerthung der Minette und
dieselbe spielt mit ihrem Antheil von fast 57 Proc. der gesammten Eisenerzförderung
eine weit wichtigere Rolle, als die Förderung des Obernsees mit nicht ganz 40 Proc.
in den Vereinigten Staaten und eine gleiche wie die Förderung des
Cleveland-Districtes in Groſsbritannien.
Vergleichsschieſsen zwischen Kruppschen und Bange'schen
Geschützen.
Ueber ein solches ist nach dem chilenischen Blatte „Ferrocarril“ folgendes zu berichten: Zuerst wurden mit
Feldgeschützen auf 1000m Entfernung von jedem
Geschütz 25 Schuſs abgegeben. Von der Bange-Kanone
trafen 16 das Ziel sehr zerstreut über die ganze Fläche, während von der Krupp-Kanone 19 Treffer mit bedeutend weniger Streuung
waren. Beim Probeschieſsen mit Berggeschützen wurden aus jedem Geschütz 20 Granaten
und 20 Shrapnels in einer Entfernung von 1500m auf
drei Ziele von 20m Breite und 2m,70 Höhe, die je 20m hintereinander entfernt standen, abgefeuert. Das Feuern begann auf
Commando aus beiden Geschützen zugleich. Die Krupp-Kanone gebrauchte zum Abfeuern der 20 Granaten 17½ Minuten, während bei
der Bange-Kanone 24 Minuten nöthig waren. Das Ergebniſs
war folgendes: erstes Ziel Krupp 180 Punkte, Bange 101; zweites Ziel Krupp 132, Bange 34; drittes Krupp 45, Bange 11. Gesammtwirkung: Krupp 357 Punkte, Bange 146. Zum Abfeuern der
Shrapnels gebrauchte Krupp 24 Minuten und Bange 62 Minuten. Die Wirkung war folgende: erstes Ziel
Krupp 327 Punkte, Bange 134; zweites Krupp 215, Bange 82; drittes Krupp
120, Bange 35. Gesammtwirkung also Krupp 662 Punkte, Bange
251. Es muſs noch bemerkt werden, daſs verschiedene Shrapnels in der Bange-Kanone platzten, ein Beweis, daſs das
Schieſsmaterial sowohl als das System bei Bange
schwerwiegende Uebelstände aufweist. Ein weiteres Probeschieſsen fand einige Tage
später mit Feldgeschützen und Granaten statt. Die Krupp-Kanone gebrauchte, um 20 Granaten abzufeuern, 28 Minuten, während die
Bange-Kanone sogar 1 Stunde und 32 Minuten
bedurfte. Die Ziele und Entfernungen waren dieselben wie früher und die Wirkung
folgende; erstes Ziel Krupp 692 Punkte, Bange 359; zweites Krupp
643, Bange 514; drittes Krupp 304, Bange 519. Gesammtwirkung: Krupp 1639 Punkte und Bange 1392. Von den Geschossen der Krupp-Kanone auf das erste Ziel platzten 4 Granaten im Ziel, zerstörten es in
groſser Ausdehnung und schlugen 4 groſse Löcher hinein, während dies bei der Bange-Kanone nur bei einem Schuſs vorkam. Nach den
europäischen Regeln werden für jeden Schuſs, der ein solches Loch in das Ziel
schlägt, 100 Punkte gerechnet. So ergaben sich für Krupp noch 400 Punkte und für Bange 100, was
zu obiger Gesammtwirkung gezählt für Krupp 2039 Punkte
und für Bange 1492 Punkte, also 547 Punkte zu Gunsten
Krupp's ergab. Hierauf sollte ein Probeschieſsen
mit je 20 Shrapnels aus jeder Kanone erfolgen. Nachdem jedoch aus der Krupp-Kanone 10 Schüsse in 14 Minuten abgefeuert worden
waren, welche auf dem Ziel 645 Punkte ergaben, wurde auf Befehl des Vorsitzenden der
Commission, Generals Gana, das Schieſsen eingestellt, weil von den sieben Schüssen der
Bange-Kanone nur zwei das Ziel getroffen hatten, da
fünf Schüsse in der Kanone selbst geplatzt waren. Darauf trat die Commission
zusammen und erklärte einstimmig, daſs eine Probe bei Schieſsmaterialien von solcher
Verschiedenheit unnütz sei. Der Vertreter Krupp's
stellte der chilenischen Regierung sein ganzes noch übriges Schieſsmaterial zu
weiteren Versuchen zur Verfügung. (Durch Uhland's techn.
Rundschau.)
Das Härten von Gegenständen aus Papierstoff.
Vielfach werden Gegenstände für den Haus- und gewerblichen Gebrauch von gehärtetem
Papierstoff hergestellt und finden wegen ihrer Unzerbrechlichkeit willige Aufnahme.
Die Herstellung wird bei uns meist als Fabrikgeheimniſs behandelt.
Die Papierzeitung theilt ein in Amerika patentirtes
verbessertes Verfahren zum Härten von Papierstoff-Gegenständen mit, nach welchem
gleiche Gewichtstheile Leinöl und Colophonium in einem gleichen Volumen Naphta oder
einem anderen Lösungsmittel gelöst werden. Der zu härtende Gegenstand wird, nachdem
die hygroskopische Feuchtigkeit ausgetrieben ist, so lange darin eingetaucht, bis
keine Blasen mehr entstehen. Bei Benutzung von Naphta verwendet man wegen der
Flüchtigkeit desselben geschlossene Kessel. Da die Lösung von Leinöl und Colophonium
in Naphta sehr dünnflüssig ist, so dringt dieselbe mit Leichtigkeit in den
Gegenstand ein und tränkt dessen ganze Masse durchaus gleichmäſsig, was nach dem
früheren Verfahren (Verwendung von Leinöl und Colophonium direkt, d.h. ohne
Lösungsmittel) nicht der Fall war. Nach beendeter Tränkung wird der Gegenstand aus
dem Bade genommen und das Naphta aus letzterem durch freiwillige Verdunstung oder
künstliche Wärme ausgetrieben, wobei sich ebenfalls die Verwendung eines
geschlossenen Kessels empfiehlt, um das verdampfende Naphta wieder zu gewinnen. Der
Gegenstand muſs nunmehr etwa drei Stunden in einem mit Luftzufuhr versehenen Ofen
bei etwa 133° trocknen, bis keine Dämpfe von oxydirendem Oel mehr entweichen.
Hierdurch wird das Leinöl in der ganzen Masse oxydirt und dieselbe undurchdringlich
für Feuchtigkeit gemacht. Der Gegenstand hat jetzt ein kornähnliches Gefüge, ist
leicht und porös, aber wasserdicht, zugleich sehr biegsam und elastisch.
Eine Wiederholung des Verfahrens, ohne Naphta, verschlieſst die Poren vollständig und
macht den Gegenstand in seiner Masse der Feuchtigkeit gänzlich unzugänglich.
Steinerner Brückenbogen.
Ein Brückenbogen von der bemerkenswerthen Spannweite von 45m,7 wurde nach Engineering
News vom 21. Juni 1890 in Elyria, Ohio, Nordamerika, gebaut. Der Bogen hat
7315mm Pfeilhöhe, 39m,38 Radius, für die innere Laibungsfläche im
Scheitel 1145 und am Widerlager 1375mm
Gewölbestärke. Als Baumaterial diente an Ort und Stelle gewonnener Sandstein.
Herstellung dichter Kupfergüsse.
Dieselben werden in der Metallgieſserei von Dango und
Dienenthal zu Siegen-Sieghütte dadurch erzielt, daſs man Kupfer in einem
Graphittiegel mit dicht verschmiertem Deckel, welcher eine mit einem Lehmpfropfen zu
verschlieſsende kleine Oeffnung hat, im Windofen einschmilzt, nach Entfernung des
Lehmpfropfens controlirt, ob die Schmelzung stattgefunden hat, die Oeffnung aber
rasch wieder verschlieſst, damit das Kupfer keine schweflige Säure aus den
Feuergasen absorbirt. Man nimmt jetzt den Tiegel aus dem Ofen und fügt nach
abgenommenem Deckel so oft reines Phosphorkupfer hinzu, bis eine genommene
Löffelprobe beim Erkalten nicht mehr steigt und einen dichten Bruch zeigt.
Bücher-Anzeigen.
Stammer K., Dr., Muster, Herstellungsweise und Zusammensetzung von 24
Verbrauchszuckern. Magdeburg 1890. Verlagsbuchhandlung von Albert Rathke.
Preis 8 Mk.
So viel auch auf dem Gebiete der Waarenkunde und praktischen Fabrikenkunde in der
Gegenwart geleistet ist, so auffällig bleibt es, daſs gerade bei
volkswirthschaftlich und technologisch sehr wichtigen Producten der chemischen
Industrie trotz der gewaltigen Fortschritte des letzten Jahrzehntes noch recht
merkliche Lücken bestehen. Dies ist in Fachkreisen seit langer Zeit in hohem Grade
in Bezug auf die verschiedenen Zuckersorten des Handels
empfunden worden. Hier herrscht zur Zeit noch durchaus nicht die wünschenswerthe
Einheitlichkeit und Sicherheit in der Bezeichnung, welche man bei den Massen, in
welchen diese Producte auf den Markt geworfen werden, erwarten müſste, und daher
erklären sich die oft weit aus einander gehenden Angaben über einen Zucker von
bestimmtem Handelsnamen. Dieser Uebelstand macht sich namentlich in Laboratorien
geltend, welche sehr verschiedene Handelszucker zu untersuchen haben. Andererseits
hat das Fehlen von allgemein anerkannten Standmustern für Handelszucker die
analytischen Chemiker dazu verleitet, meist allein nach der quantitativen chemischen
Analyse den Zucker zu beurtheilen, während doch in vielen Fällen auch der
eigenthümliche Geruch, welcher dem Zucker je nach der Fabrikationsmethode noch
anhaftet, die Modification des Zuckergeschmackes (ob rein süſs, honigartig, durch
den Geschmack des Kalks und der Salze ungünstig beeinfluſst u.s.w.), die
verschiedene Abtönung der Farbe, der Umstand, ob das Fabrikat mehr oder weniger frei
ist von mechanisch beigemengten Fremdkörperchen, ob es eine absolut krystallklare
Lösung gibt oder nicht, für den Gebrauch, für die Verwendung durchaus nicht gleichgültig ist. Es ist
daher lebhaft zu begrüſsen, daſs der bekannte Verfasser des „Lehrbuches der
Zuckerfabrikation“ und der „Jahresberichte des Vereins für die
Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reiches“, welcher allen Fortschritten der
Neuzeit beständig gefolgt ist und reiche Erfahrung auch in der Praxis des
Laboratoriums besitzt, es unternommen hat, der Zuckerindustrie hier einen weiteren
Dienst zu leisten. Die mit einem Buchumschlag versehene, sehr praktisch
eingerichtete Probensammlung enthält 24 Proben der gebräuchlichsten Handelszucker,
wie sie dem Verkehr als Normaldurchschnittsmuster entnommen werden können: die
verschiedenen Sorten Kandis, Würfelzucker, Kornzucker, Raffinaden, Farine,
Rohzucker, auch aus Colonialgebieten, stark raffinosehaltigen Zucker u.s.w., und in
einer die Sammlung begleitenden Broschüre ist von jedem der Zuckermuster in ganz
kurzen Zügen das Charakteristische der Herstellungsweise und die quantitative
chemische Analyse angegeben, so daſs jetzt die Charakteristik dieser
Massenerzeugnisse groſser Fabrikbetriebe als technologisch ausreichend festgelegt
gelten kann.
Die Stammer'sche Probensammlung kann hervorragenden
Fachleuten anderer Industriezweige als Vorbild dafür dienen, diejenigen Kenntnisse
in der Fabriken- und Waarenkunde, für welche Beschreibung und Zeichnung nur ein
unvollkommenes Belehrungsmittel bilden, welches der Ergänzung durch
Demonstrationsmittel bedarf, den Fachgenossen ihres Industriezweiges allgemein
zugänglich zu machen. Ich erinnere hierbei auch an die Färbe- und Druckmuster, die
Muster für lithographische und zinkographische Verfahren u. dgl., welche schon seit
Jahren ein geschätztes Hilfsmittel der Veranschaulichung für die betreffenden
Fachzeitschriften und Handbücher bilden, und die verschiedenen Proben- und
Mustersammlungen, welche bisher für Zwecke wissenschaftlicher Studien
zusammengestellt wurden.
Dr. Kronberg, Berlin.