Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 281, Jahrgang 1891, Miszellen, S. 287 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Schuppenpanzerfarbe
benennt die chemische Fabrik von Dr. Graf und Co. in Berlin eine von ihr seit einigen Jahren versuchsweise,
nunmehr aber im Grossbetrieb hergestellte Rostschutz-Anstrichmasse, welche auch unter den schwierigsten
Verhältnissen sich durchaus beständig erweisen soll.
Das Farbematerial besteht aus einem in kochendem Wasser noch haltbaren zähen Firniss,
in welchem eine schwer angreifbare feuerbeständige, aus kleinen metallglänzenden
Schuppen bestehende Masse suspendirt ist. Diese Schuppen, von welchen wohl über
hundert die Dicke eines Millimeters kaum erreichen, lagern sich beim Anstrich
fugendeckend über einander und schützen derart die zwischeneingeschlossenen
minimalen Firnissschichten gegen die Angriffe der Atmosphärilien, sowie gegen in der
Luft bezieh. im Wasser enthaltenes Ammoniak, Säuren und Salze. Die Einwirkung dieser
Substanzen kann deshalb nur ganz allmählich vor sich gehen.
Auf Grund eingehender Versuche haben denn auch neuerdings bedeutende Gaswerke ihre
Glocken und Reinigerdeckel mit diesem Anstriche versehen, ebenso wie
Eisenbahnbehörden damit ihre Brücken streichen lassen.
Ganz besonders dürfte ins Gewicht fallen, dass sowohl die mineralische Masse wie der
angewandte Firniss durchaus „giftfrei“ sind und
daher dieser Anstrich sich besonders zu Trinkwasserbecken und anderen Einrichtungen
empfiehlt, bei welchen jegliche Vergiftungsgefahr vermieden werden muss.
Die ausserordentliche Billigkeit der Masse, mit welcher bei zweimaligem Anstriche
vollkommen sichere Deckung erzielt wird, bei einem Kostenaufwande von rund 30 Pf.
für 1 qm Fläche, begünstigt auch die versuchsweise Anwendung.
Prüfung von Petroleumbenzinen.
Die Untersuchung von Petroleumbenzinen, welche unter Gewährleistung bestimmter
Siedegrenzen verkauft werden, soll nach R. Kissling wie
folgt vorgenommen werden: Man verbindet ein mit 100 cc Benzin beschicktes Engler'sches Fractionirkölbchen mit einem Liebig'schen Kühler, dessen Kühlröhre etwa 60 cm lang
sei, und erhitzt den auf ein dickes Drahtnetz (Drahtgewebe der in Zuckerfabriken
benutzten Filterplatten) gestellten Kolben mit grosser Flamme des Bunsenbrenners,
welche man entsprechend mässigt, sobald die Flüssigkeit dem Sieden nahe ist. Das
Destillat fängt man in einem graduirten Cylinder auf, dessen Theilung das
zuverlässige Ablesen von halben Cubikcentimetern gestattet. Was die Schnelligkeit
der Destillation betrifft, so empfiehlt es sich, in der Minute 2 bis 2,5 cc
überzutreiben.
Im Beginn der Destillation steigt das Quecksilber des Thermometers wie gewöhnlich
zunächst rasch, dann langsamer in die Höhe, und es tritt alsbald eine mit genügender
Schärfe wahrzunehmende relative Constanz des Quecksilberstandes ein. Dieser Punkt
wird als „untere Siedegrenze“ des betreffenden Benzins bezeichnet. Man führt
die Destillation dann in der angegebenen Weise durch und liest von 10 zu 10° (mit
dem niedrigsten vollen Zehner beginnend) das Volumen des Destillates ab. Zum
Schlusse, wenn der Boden des Kölbchens flüssigkeitsfrei geworden ist, gibt man die
volle Flamme des Bunsenbrenners und bezeichnet als „obere Siedegrenze“ den
hierbei beobachteten höchsten Quecksilberstand. Die Flamme wird hierauf entfernt und
das Kölbchen nach dem Erkalten gewogen. Aus dem Gewicht des Destillationsrückstandes
berechnet man unter Annahme eines spec. Gew. von 0,8 das Volumen desselben.
Bezeichnungdes
Benzinproductes
GewährleisteteSiedegrenzen
Es destilliren über cc bis
UntereSiede-grenze
ObereSiede-grenze
Rück-standcc
30°
40°
50°
60°
70°
80°
90°
100°
110°
120°
130°
140°
1. Gasolin (Petroläther)
30–110° C.
0
42
68
77,5
92
96
97
98
–
–
–
–
31°
122°
0,50
2. Leichtbenzin
60–110° C.
–
–
–
–
57,5
89,5
97,5
98
98,5
–
–
–
64°
113°
0,55
3. Mittelbenzin
80–120° C.
–
–
–
–
–
–
50
94
98
–
–
–
83°
116°
0,60
4. Schwerbenzin
100–140° C.
–
–
–
–
–
–
–
–
42
82
96
98
102°
141°
0,65
Verf. gibt folgende nach seiner Methode erhaltenen Resultate. (Chemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15 Nr. 20 S. 328.)
Beobachtungen über
Schwefelsäure-Concentrationsapparate.
Im Gegensatz zu den seitherigen Annahmen, dass möglichst reines Platin mit einem
durchschnittlichen Iridiumgehalt von 0,5 Proc. am haltbarsten als
Schwefelsäurekessel sei, stellt W. C. Heraeus fest,
dass ein Iridiumgehalt von 5 und 10 Proc. das Platin wesentlich widerstandsfähiger
macht. Vergleiche von reinen Platinblechen mit solchen von 95 Proc. Platin und 5
Proc. Iridium, 90 Proc. Platin und 10 Proc. Iridium (bei 40tägiger Einwirkung von
98er Säure) ergaben, dass die Gewichtsabnahme bei 5 Proc. Iridium 73, bei 10 Proc.
nur 58, wenn die reinen Platins = 100 gesetzt wird. Ausserdem prüfte Verf. das
Verhalten des Goldes gegen die Säure und fand, dass dessen Abnahme = 13 (Platin =
100), also der siebente Theil des Platins beträgt. Man kann also sehr gut Löthungen
mit Gold vornehmen und will Verf. nun Concentrationskessel mit einem Ueberzug von
Gold versehen, welcher fest auf dem Platin haftet. (Chemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15 Nr. 15. Repertor. S. 36.)
Die Reinigung des Alkohols für Laboratoriumsgebrauch.
Bei der Bereitung von alkoholischer Kalilauge und alkoholischer Silbernitratlösung
(zur Prüfung von Fetten u.s.w.) ist der käufliche Alkohol in Folge seiner
Verunreinigungen oft nicht verwendbar. Wird z.B. 93proc. Alkohol in Zinngefässen
aufbewahrt, so bilden sich oft wolkige Trübungen von Zinnoxyd, welche sich nicht
filtriren lassen. Zur Reinigung des Alkohols kann man nach E. Waller (Journ. Am. Chem. Soc.) zweckmässig folgendes Verfahren
anwenden: Man pulverisirt krystallisirtes Kaliumpermanganat und setzt der zu
reinigenden Menge Alkohol so lange von diesem Pulver zu, bis die Flüssigkeit
deutlich roth gefärbt erscheint. Nach einiger Zeit wird sich ein brauner
Niederschlag von Mangansuperoxyd bilden, welchen man absitzen lässt. Man setzt dann
zu dem Alkohol eine geringe Menge kohlensauren Kalk und destillirt den Alkohol ab.
Es ist rathsam, die ersten Mengen des Destillates der zweiten zu reinigenden Portion
Alkohol zuzusetzen. Das Kaliumpermanganat scheint Fuselöle, Furfurol und ähnliche
Verbindungen, welche sich im Alkohol als Verunreinigungen finden, zu oxydiren, und
um die gebildeten Säuren zu fixiren, setzt man Calciumcarbonat zu. Kaustische
Alkalien zuzusetzen, ist nicht zu empfehlen, da dieselben leicht zur Bildung von
Aldehyd Anlass geben können. Das Destillat wird so lange zurückbehalten, bis es, mit
stärkster Kali- oder Natronlauge gekocht, nach dem Abkühlen nicht mehr gelb
erscheint.
B.
Bücher-Anzeigen.
C. B. Swoboda„Die Farben zur Decoration von Steingut, Fayence und
Majolika.“ Wien, Pest und Leipzig. Hartleben's Verlag. (Bd. 191 der
Technischen Bibliothek.)
Das vorliegende Werkchen (116 Seiten) beschäftigt sich mit einem Gegenstande, welchem
in unserer Literatur ohne Zweifel nur um deswillen bisher so wenig Aufmerksamkeit zu
Theil geworden ist, weil es an berufenen Fachmännern fehlt, denen bei gründlicher
wissenschaftlicher Bildung die nöthigen praktischen Erfahrungen zur Verfügung
stehen. Verfasser des kleinen Buches vereinigt ohne Zweifel diese beiden
Eigenschaften in sich, denn er gibt ein sehr wohlgeordnetes Bild von der Natur der
Rohmaterialien für die keramischen Farben, von der Art der Zubereitung derselben
(mit zahlreichen der Praxis entnommenen Vorschriften), sowie endlich von den
verschiedenen Methoden, nach denen die Farben auf die betreffenden Thonwaren
aufzutragen sind. Vor allem aber hat es Verfasser verstanden, Unwesentliches und
allgemein Bekanntes fortzulassen und nur das zu bringen, was neu und wissenswerth
ist, so dass dem Fachmanne in gedrängter Form gerade das geboten ist, was er zu
seiner Information über den neuesten Stand der behandelten Technik bedarf. Wir sind
deshalb überzeugt, dass dem Verfasser durch allgemeine Verbreitung des Werkchens die
wohlverdiente Anerkennung zu Theil werden wird.
C. E.
Die Entwicklung unserer
Staatseisenbahnen von Indicator. Berlin.
Rosenbaum und Hart. 33 S.
Verfasser vergleicht die deutschen Eisenbahnen mit denen Englands und spricht die
Behauptung aus, dass die Entwickelung unserer Staatseisenbahnen in allen
wesentlichen Punkten eine völlig ungenügende sei. Die Ursache sucht er in erster
Linie in der staatlichen Monopolisirung, der freien Concurrenz in England gegenüber.
– „Caveant consules!“
Traité élémentaire de Cristallographie
géometrique à l'usage des Candidats à la licence et des Chimistes par G. Lion. Paris. Georges Carré. Editeur. Rue St. André
des Arts 58. 149 S.
Nach einer kurzen Zusammenstellung der Formeln der sphärischen Trigonometrie gibt das
erste Kapitel das allgemein Wissenswerthe über geometrische Cristallographie. Im
weiteren Verlauf werden die üblichen schematischen Bezeichnungen nach Weiss, Miller und Levi
erörtert, die auch bei den Einzelformen aufgeführt werden. Dann werden die einzelnen
Cristallsysteme an Beispielen vorgeführt und ihre zeichnerische Darstellung
erörtert. Das Werk ist gut ausgestattet, insbesondere verdienen die sorgfältigen
geometrischen Zeichnungen Anerkennung.
Die elektrische Kraftübertragung von Lauffen nach
Frankfurt.
Im Nachfolgenden geben wir unseren Lesern nach den Mittheilungen der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft eine kurze
vorläufige Darstellung der epochemachenden Kraftübertragung, welche gegenwärtig von
Lauffen a. N. nach dem Ausstellungsgebäude der Elektrotechnischen Ausstellung zu
Frankfurt a. M. geführt wird, und behalten uns eingehenden Bericht vor. Die
Uebertragung löst ein Problem, welches von vielen Gelehrten und sogar Fachleuten
noch bis in die letzte Stunde als unausführbar bezeichnet wurde, in glänzender Weise
und verspricht der Elektricität die grossartigste Verbreitung auf dem
Erdenrunde.
Es handelte sich darum, eine Wasserkraft von 300 (einen Theil des
Neckarfalles bei Lauffen) in elektrische Energie umzusetzen und letztere in einer
Entfernung von 175 km im Frankfurter Ausstellungsgebäude zu verwenden. Es kam ferner
darauf an, möglichst dünne Leitungen anzuwenden; das hat zur Folge, dass die Ströme,
welche durch die Leitungen geführt werden, sehr hoch gespannt sein müssen. Obgleich
hierdurch die längs der Bahn sich hinziehende Luftleitung gefahrbringend wird, sind
Unfälle in den Krafterzeugungs- und Aufnahmestationen, aufweiche die Thätigkeit des
Personals sich allein beschränkt, wegen der dort herrschenden geringen Spannung fast
ausgeschlossen, und auch die Leitungen sind mit vortrefflichen Einrichtungen
versehen, die eine sofortige Unterbrechung des Stromes sichern.
Die Einrichtung ist in Kurzem folgende: Eine Turbine in Lauffen treibt eine
Dynamomaschine, die eine grosse Menge elektrischen Stromes von niedriger Spannung
erzeugt. Dieser wird in Stromumwandlern (Transformatoren), die sich in
verschlossenen Räumen befinden oder gegen Berührung geschützt sind, auf die hohe
Spannung gebracht. Aus den Transformatoren gelangt der hochgespannte Strom in drei
für das Drehstromsystem erforderliche Kupferleitungen, von der Stärke gewöhnlicher
Telegraphendrähte; welche ihn seiner Verwendungsstelle Frankfurt zuführen. Als
Stützen dienen 3000 Telegraphenstangen, welche besonders construirte, zum Theil sehr
grosse Porzellanisolatoren tragen. Da diese ohne weiteres die hohe Spannung,
namentlich bei feuchter Witterung, nicht genügend isoliren, so sind im Inneren der
Isolatoren Oelrinnen angebracht; das in diesen befindliche Oel erschwert dem Strome,
der unter Umständen auf der äusseren Oberfläche der Isolatoren sich verbreitet, den
Uebergang zu den Eisenstützen und Holzstangen, die mit der Erde in Berührung stehen.
Das Gewicht der drei, zusammen 530 km langen Kupferdrähte beträgt nicht weniger als
60000 k. 1 k Kupferdraht kostet etwa 2 M. Die Fortleitung der in Lauffen vorhandenen
Energie in Spannungen, wie sie gewöhnliche elektrische Lichtleitungen führen (etwa
100 Volt), würde mehr als das 300fache an Kupfergewicht erfordern; man ersieht schon
hieraus, wie wichtig die Durchführung dieses Versuches ist. – Durch die Leitungen
gelangt der Strom nach dem Ausstellungsgebäude und wird dort, da er in der hohen
Spannung nicht Verwendung finden darf, in entsprechenden Stromumwandlern wieder auf
eine geringe Spannung zurückgeführt. Der erhaltene Strom wird verwendet, theils um
viele Hunderte von Glühlampen, theils eine Centrifugalpumpe in Thätigkeit zu setzen,
deren Wassermengen von mindestens 10 m hohen Felsen herabstürzen – eine anmuthige
Allegorie auf den Kreislauf der Dinge: Der Lauffen er Wasserfall ersteht in
Frankfurt durch seine eigene Kraft von neuem.
Das System, welches den gelungenen Versuch ermöglichte, ist das des Drehstromes, eine
besondere Art der Gewinnung und Fortleitung von elektrischer Energie. Die Allgemeine Elektricitätsgesellschaft zu Berlin und ihre
Licenzträgerin, die Maschinenfabrik Oerlikon, haben
nach diesem die Maschinen erdacht und ausgeführt.
Das Unternehmen verdankt seine Idee dem rührigen Ausstellungsvorstand, Herrn Oskar v. Miller, seine Ausführbarkeit der
Opferfreudigkeit der Behörden und der beiden betheiligten Fabriken, sowie einem
erheblichen Zuschüsse seitens der Ausstellung und hohen Gönnern der Wissenschaft und
Industrie.
Die Kupfer drahte sind von der Firma F. A. Hesse Söhne
in Heddernheim hergeliehen. Die Construction und Herstellung der Leitungen sind vom
Reichspostamt und, soweit sie durch württembergisches Gebiet gehen, von der königl.
württembergischen Postverwaltung hergestellt, während die genannten Gesellschaften
die Isolatoren beschafft haben.
Die Versuche sollen, wenn möglich, auch nach Schluss der Ausstellung fortgesetzt
werden. Den Beobachtungen der zu diesem Zwecke eingesetzten Prüfungscommission der
Ausstellung haben sich mehrere Behörden, voran die technisch-physikalische
Reichsanstalt, angeschlossen.
Mit grosser Spannung sehen diese, ebenso die Eisenbahn- und Bauverwaltungen, sowie
die gesammte Technik auf den Verlauf der Versuche. Dieselben werden bahnbrechend
wirken für eine gänzliche Umgestaltung der Maschinentechnik. In 10, 15 Jahren
braucht kein Dampfschornstein mehr die Luft der Städte zu verunreinigen: Soweit die
„Feuerkraft“ nicht der Wasserkraft gewichen sein wird, wird sie ihre
wohlthätige Macht im Verborgenen üben können. Der elektrische Strom wird bereit
sein, ihre Wirkung untadelhaft in die weiteste Ferne zu übertragen.